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Offener Wettbewerb | 03/2015

Westlicher Neckar

2. Preis

Preisgeld: 16.000 EUR

WICK + PARTNER ARCHITEKTEN STADTPLANER PARTNERSCHAFT mbB

Stadtplanung / Städtebau

Glück Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Mitarbeiter:
Eva Kiesel, Michaela Brummack, Kristin Kalbhenn,
Svenja Blüthgen


Städtebauliche Idee
Die besondere Geschichte der Neckarvorstadt mit ihrem heterogenen Gefüge und ihrer Industriekultur soll im neuen Quartier „Westlicher Neckar“ erlebt und fortgesetzt werden.
Bausteine des industriellen Erbes auf dem Greiner Areal werden erhalten und fügen sich in ein neues gemischt genutztes Quartier. Das Kunst- Kultur- und Bildungszentrum entsteht auf dem Melchior Areal im direkten Gegenüber zur Altstadt und steigert den Erlebniswert des Neckarufers. Die Galgenbergsiedlung wird arrondiert und verzahnt sich mit den Streuobstwiesen. Das Quartier Heinrichshöhe wird weiterentwickelt. Der Garten der Villa Otto wirkt als Scharnier zwischen den verschiedenen Orten. Die Grünstrukturen werden gestärkt, der Galgenbergpark an die Altstadt herangeführt.

Die Quartiere

Kulturquartier Melchior
Das Kunst- Kultur- und Bildungszentrum wird in Blickkontakt zur Innenstadt entwickelt. Die Gebäude gliedern sich in drei Bausteine, Zwischenbereiche verbinden die Nutzungen und wirken als Lärmschutz. In Nachbarschaft zur Freien Kunstschule, die am angestammten Standort bleibt, entstehen Räumlichkeiten für den Kunstverein und Erweiterungsmöglichkeiten für die Freie Kunstschule. Der mittlere Baukörper beinhaltet die Veranstaltungsräume, der Themenschwerpunkt ist Kultur und Musik. Im Nördlichen Baukörper sind die kooperierenden Bildungseinrichtungen untergebracht. Die vorgelagerten Melchiorterrassen sorgen für den nötigen Hochwasserschutz und bieten vielfältige Nutzungs- und Verweilmöglichkeiten am Wasser.

Quartier Otto
Über die Straße hinweg entstehen in den Gebäuden der Villa Otto, die historisch zum Melchiorareal gehören, ergänzende kulturelle und soziale Einrichtungen. Bessere Überwege sorgen für eine gute Vernetzung. Hohe expressive Lichtstelen im Straßenraum definieren den Kulturboulevard. Die Raumkanten werden zurückgesetzt um Raum für Bäume zu erhalten.
Die Villa Otto kann weiterhin als Büro / Verwaltung genutzt werden. Im Kutschenhaus wird der Veranstaltungsraum des Klub Kuckucksei umgenutzt zu einem Theaterraum, das Gartenhaus wird als Atelier in Form eines Künsterstipendiums bespielt.
Nordwestlich des Garten Otto entstehen Baugruppengebäude mit flexibel nutzbarem Erdgeschoss. HomeOffices, kleine Läden oder eine Werkstatt können hier kleinteilig untergebracht werden. Am Übergang zum Hang stehen Stadtvillen. Sie nehmen die Struktur der Heinrichshöhe auf und vermitteln. Das Freie Kinderhaus und die wi-wa-wuschels werden ins Innere des Quartiers verlagert. Fernab vom Lärm erhalten sie ein neues Gebäude an der grünen Hangkante mit ergänzenden Sozialwohnungen im Dachgeschoss.

Greinerhöfe
Im Quartier Greiner werden die prägnanten und charakteristischen Gebäude aus den 50er Jahren erhalten. Umgenutzt als Büro oder als Loftwohnung tragen sie zum besonderen Charakter des Quartiers bei und erhalten den besonderen genius loci. Die EG-Zone wird zur Galgenbergstraße geöffnet und verbessert mit kleinteiligem Handel die Quartiersversorgung des Galgenbergs. An der nordöstlichen Ecke entsteht ein prägnantes höheres Gebäude das den Stadteingang definiert und ein Hotel beherbergen könnte. Im Zentrum wird als zentraler Mittelpunkt und Treffpunkt das Kesselhaus aus dem 19. Jhd erhalten. Die vielfältigen Nutzungen, Wohnen, Handel, Kreativnutzung, Büros, Kita, Hotel, Jobcenter, Gastronomie etc. erzeugen einen lebendigen Ort. Die Höfe sind untereinander verbunden und dienen als Treffpunkte mit urban gardening und Holzdecks. Die Gebäude haben eine privat zugeordnete flexible Zone mit abgesetztem Belag, für Auslagen, Bänke, Tischchen und andere kreative Bespielungen.

Galgenbergsiedlung
Als Weiterführung der Galgenbergsiedlung entstehen Einfamilienhäuser und Doppelhäuser an den bereits bestehenden Zufahrten. Die Heinrichshöhe wird strukturell fortgeführt durch Generationenhybride aus Reihenhäusern und Geschosswohnungen. Das Seniorenstift wird durch ein Pflegeheim erweitert. Ein kleiner Quartiersplatz mit Spielplatz dient als Treffpunkt. Ein Stäffelesweg führt in die unteren Quartiere und an den Neckar und verbindet somit die historischen Villen. Ein kleiner Quartiersplatz mit Spielplatz bietet Aufenthaltsqualität. Der Siedlungsrand wird definiert, kleine Aussichtspunkte verbinden in die Landschaft. Die Grünen Fugen quer zum Hang am Fuß des Galgenbergs werden freigehalten von Bebauung und spannen als Landschaftsfugen von den südwestlichen Streuobstwiesen bis zum nördlichen Gargenbergpark und vernetzen so den Landschaftsraum.




Öffentliche Räume

Quartiersmitte Garten Otto
Der historische Garten Otto ist Scharnier und Treffpunkt zwischen den Quartieren. Der Charakter eines Gartens soll erhalten bleiben, gleichzeitig soll er dem Quartier als Ruheoase und Aufenthaltsraum zur Verfügung stehen. Kräutergärten, Spielmöglichkeiten, Rasenbereiche und die alten Bäume bieten Verweilmöglichkeiten und Regenerationsorte.

Galgenbergpark
Ein Urbaner Stadtgarten bildet in Form einer Parkplattform den neuen Abschluss des Galgenbergparks und führt diesen bis an die Neckarstraße und Neckarbrücke. Die Plattform ist zugleich Auftakt zum Park und Verknüpfung des Freiraums mit der Innenstadt. Die geometrische Grundform wird durch eingesteckte Freiraummodule, die jeweils eine eigene Nutzung aufweisen, überlagert. Die neue Figur ordnet den Raum und verbessert die Orientierung. Durch die konsequente Figur einsteht ein neuer identitätsstiftender Freiraum mitten in Nürtingen. Der Skatepark im Osten wird als urbanes Element am „Kopf“ verortet und bildet das Entree zum Park. Von der Neckarbrücke kommend führt der urbane Stadtgarten in den landschaftlichen Galgenbergpark. Ein Biergarten lädt die Bürger und Besucher Nürtingens zum Aufenthalt im Park bis in den Abend ein. Am Abschluss des Heinrichsbogens bietet ein Wasserspielplatz einen attraktiven Spiel- und Treffpunkt im Park. Ein Baumraster aus Schnurbäumen überstellt den geometrischen neuen Stadtgarten am Galgenberg.
Die heutigen Stellplätze und weitere für benachbarte Nutzungen werden in einem Parkhaus östlich des Hallenbades untergebracht.

Neckarufer
Den Neckar begleitet ein durchgängiges landschaftliches Ufer. Im Bereich des ehemaligen Melchiorareals lässt die neue Bebauung des Kulturzentrums dem Fluss ein offenes, großzügiges Vorfeld. Großzügige Terrassen orientieren sich zum Neckar und zur gegenüberliegenden Altstadt. Der vorhandene Uferweg bleibt bestehen. Zusätzliche Zugänge zum Necker werden an geeigneten Stellen durch Stufen zum Wasser und vorgelagerte Decks am Neckar geschaffen und verbessern die Erlebbarkeit des Flusses.
Auf der Ostseite des Neckars wird im Entwurf vorgeschlagen, die vorhandene Ufermauer zurückzunehmen und nahe dem Wasserspiegel drei Ruhe - Angelterassen auszubilden. Die Erlebbarkeit des Neckars wird so von Stadtseite signifikant gesteigert und erweitert.

Erschließung
Die Erschließung erfolgt über die Neckarstraße und die Galgenbergstraße. Der ruhende Verkehr wird größtenteils in Tiefgaragen untergebracht. Die inneren Gassen bleiben verkehrsberuhigt und werden nur im Notfall befahren.
Die Einfamilien- und Doppelhäuser in der Galgenbergsiedlung haben ebenerdige Stellplätze in Garagen, Carports oder als offene Stellplätze vor dem Haus. Die Wohn- und Handelsnutzungen, sowie das Jobcenter in den Bestandshäusern der Greinerhöfe haben Stellplätze in den benachbarten Garagen. Zusätzlich können Büros und Dienstleistungen Stellplätze im neuen Parkhaus am Hallenbad mieten. Die Erschließung des Parkhauses erfolgt über die Neckarstraße. Zusätzlich kann es auch über die Badstraße (Zufahrt zum Freibad) angefahren werden.
An zentralen Punkten stehen Parkplätze für Carsharing Angebote zur Verfügung mit Ladestationen für Elektroautos. Auch für E-Bikes gibt es zahlreiche Ladestationen. Die bestehenden Radweg-verbindungen werden in die Freiräume integriert.

Nachhaltigkeit
Das robuste Konzept kann flexibel auf veränderte Anforderungen reagieren, insbesondere vor dem Hintergrund der zeitlichen Komponente. Flexible Tyologien ermöglichen eine soziokulturelle Vielfalt, die städtebauliche Figur fördert die Gemeinschaft. Durch den Erhalt von wertigen Gebäuden kann Energie gespart werden.
Durch Regenwassermanagement wird die Qualität des Mikroklimas beeinflusst. Das Oberflächenwasser wird stufenweise zurückgehalten: über Gründächer, Retentionszisternen auf dem Grundstück (Brauchwassernutzung möglich) und Versickerung in Rigolen.
Die Baukörper sind möglichst kompakt bei gleichzeitiger Ausrichtung zur solaren Energienutzung. Die Versorgung des Greinerareals und des Melchiorareals erfolgen je über ein Nahwärmenetz mit Heizzentralen (BHKW). Die Versorgung der Galgenbergsiedlung erfolgt dezentral.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitidee des Entwurfs ist eine städtebauliche Verdichtung auf dem Greiner-Areal mit Hofbebauung unter Beibehaltung einiger historischer Bestandsgebäude. Der Entwurf weist eine relativ hohe Brutto- Grundfläche aus, schafft aber gleichzeitig Hofsituationen mit hoher Aufenthaltsqualität.

Die stadträumliche Fassung des Otto-Areals im Norden ist grundsätzlich vorstellbar, der starke Eingriff in den denkmalgeschützten Park ist jedoch sehr kritisch zu sehen. Die übrige Bebauung des Hangbereichs ist locker und daher gut vorstellbar. Wichtiges Anliegen des Entwurfs ist die Verknüpfung des Galgenberg- mit dem Otto- und Melchior-Areal durch ein System aus öffentlichen Räumen. Dies wird sehr positiv gewürdigt. Der Entwurf positioniert sich mit einer klaren städtebaulichen Kante zur Neckarstraße durch das Kunst-, Kultur- und Bildungszentrum. Hier sind hohe räumliche Qualitäten mit hohen Nutzungspotentialen zu erwarten. Positiv ist die durchgängige Freihaltung des Neckarufers zu sehen. Obwohl eine größere Breite des Freibereichs wünschenswert wäre. Die Wahrnehmung des Galgenbergparks wird durch eine Neugestaltung und Nutzungsintensivierung deutlich verbessert. Hierdurch wird ein guter Zugang zum Galgenbergpark ermöglicht. Das Parkierungsgebäude neben dem Hallenbad ist an dieser Stelle richtig und schafft einen städtebaulichen Akzent, erfordert aber eine Gestaltung, die den hohen Ansprüchen genügt. Die Akzentuierung der Eckbebauung Galgenberg-/Neckarstraße wird positiv gesehen. Die Dimensionen des Gebäudes wurden kontrovers diskutiert; vor allem im Hinblick auf die denkmalgeschützten Bestandsgebäude. Die Grünverbindung am Hangfuß ist richtig gesetzt und schafft eine gute freiräumliche Beziehung. Die angedeutete Verbindung von Neckarwasen zum Schlachthof würde die Idee einer „Bildungsachse“ unterstützen. Die Darstellung der Bauabschnitte ist detailliert und plausibel.

Insgesamt liefert der Entwurf für die Fragestellung des Wettbewerbs gute und realisierbare Lösungen.