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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2015

Neubau eines Lehr- und Forschungsgebäudes für Nachhaltige Chemie

3. Preis

Preisgeld: 21.000 EUR

Lemke Fukerider Architekten GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Mitarbeiter:

Baumbusch, Petra Dipl. Ing. (FH) Arch. / Blanarsch, Gabriele Dipl.-Ing. univ. Arch. / Fertl, Stefan M.A. Architektur


Zum Entwurf:

In die Au gesetzt

Der Neubau wird als kompakter, geometrisch unregelmäßiger und plastisch gegliederter Baukörper frei in die Auwiesen gesetzt, so als wäre er von der Donau angetrieben worden. Er legt an den Stadtkörper nur an einer Stelle an - dort wo man aus der Petersgasse auf ihn zugeht und ihn betritt. Zwanglos liegt er im fließenden Landschaftsraum. Seine Aufständerung löst ihn ab vom Grund. Sollte es Hochwasser geben, scheint er zu schwimmen.


Wege

Treppen und Rampen führen von der Uferstraße hinauf auf die Stadtterrasse und zum Haupteingang. Autos und Fahrräder bleiben unten. Eine neue Bushaltestelle liegt seitlich.
Zwei große Erschließungsräume koppeln die Wege und führen von der Stadt durch das Haus zur Uferpromenade an der Donau – ein sich zur Stadt öffnendes, luftiges Atrium über zwei Geschoße mit umlaufenden Galerien sowie eingestellter Cafeteria auf der einen Seite, ein durch eine Abfolge aus Kernräumen und kleineren Lufträumen zonierter Erschließungsraum, der sich zur Flussterrasse öffnet, auf der anderen Seite.
Die Erschließungsbereiche weiten sich konisch zu Aufenthaltsbereichen und fassen wichtige Blickbezüge nach außen. Wege werden zu Räumen, die zum Verweilen und zum Austausch einladen. Interdisziplinäre Kooperation und Kommunikation werden angeregt.
Eingestellte Treppenhäuser und Aufzugstürme verbinden die einzelnen Hausbereiche mit ihren nach den Nutzungen unterschiedlichen Geschoßhöhen.


Einblicke – Ausblicke

Die Stadtterrasse und das Atrium empfangen auf der der Stadt zugewandten Seite, von unten bieten sich Einblicke in das Institut, von oben öffnet sich der Blick auf die Stadtsilhouette und die Kernbereiche des Wissenschaftscampus - das ehemalige Schulhaus und das Alte Kloster.
Auf der Donauterrasse genießt man den erhöhten Ausblick auf Auen und Ufer der Donau, gerade in die hier angrenzenden Laborbereiche wird das Grün hereingesogen.
Die Galerie der Hörsäle und Seminarräume liegt auf der Sichtachse zwischen Altem Schloss und St Peter.
Die vielfältigen Bezüge zur Umgebung werden aus allen Bereichen des Hauses erlebbar.


Lehren und Forschen

Die plastische Gliederung des Baukörpers geht einher mit der funktionellen Gliederung in einen winkelförmigen öffentlich zugänglichen Lehrbereich mit Hörsälen und Seminarbereichen, der sich verschränkt mit den ebenfalls winkelförmig zueinander stehenden Forschungsbereichen der Büroräume und der Laborbereiche der Lehrstühle.
Die beiden Winkel sind von unterschiedlicher Höhe und umschließen das Atrium und die zentrale Cafeteria.
Die in ihren Richtungen voneinander gelösten aber in sich orthogonal organisierten Nutzungsbereiche ergeben spannungsvolle Zwischenräume. Die einzelnen Bereiche sind geschoßübergreifend gleichartig auf die Gebäudeteile verteilt. Sie sind über die Erschließungsräume ringförmig und diagonal vernetzt – die Wege zwischen den Bereichen sind kurz.
Der Lehrbereich wendet sich zur belebten Stadtseite, die Büros des Forschungsbereichs orientieren sich zur ruhigeren Aue und dem Uferbereich der Donau. Die Labore spannen sich auf zwischen den Büros und den Seminarräumen.
Die Nutzungsbereiche werden aufgelockert durch eingestreute Einschnitte für informelle Aufenthalte, Teeküchen, Besprechungsräume.
Oberlichter mit außenliegendem Sonnenschutz über dem Atrium sowie über den kleineren Luftträumen des Laborbereiches lassen kontrolliert Tageslicht in alle Geschoßebenen einfallen.
Die Cafeteria im Atrium bildet das kommunikative Herzstück des Institutes mit Sitzmöglichkeiten innen und außen. Das Atrium kann zusammen mit dem Hörsaal- und Seminarbereich für Veranstaltungen genutzt werden. Durch seine der Stadt zugewandten Lage ist dieser öffentliche Bereich im Straßenraum präsent.
Der große Hörsaal steigt vom Atriumniveau auf bis zur Ebene der Seminarräume. Im oberen Bereich lässt er sich durch Koppelung mit dem kleineren Hörsaal entlang der Sichtachse erweitern.
Hölzern belegte Decks und ein hölzerner konstruktiver Sonnenschutz stehen sichtbar als nachwachsender Rohstoff im Wechselspiel mit gläsernen, aber maßvoll transparent ausgebildeten Fassadenflächen. Die hölzerne Fassadenstruktur umgibt den Baukörper allseitig netzartig. Die verschiedenen Trakte werden miteinander ablesbar verwoben. Die gläsernen Flächen dahinter sind differenziert in transluzent anmutende Profilglaselemente mit oder ohne Hinterlüftung bzw. als Bekleidung vor hochgedämmten Außenwänden oder integriert in Trombe-Bereiche sowie transparent aufgeglaste Fensterbereiche.
Die transparenten Fensterbereiche werden durch Holzlamellen verschattet.
Die gläsernen Flächen reflektieren das umgebende Grün und erzeugen so eine leichte und naturbezogene Gebäudeerscheinung.
Nicht nur der nachwachsende Rohstoff Holz wird in das Fassadenbild integriert, sondern auch aktive nachhaltig wirkende Techniken - zwischen die Profilglaselemente sind in freier Folge in gleichem Raster Photovoltaikelemente gesetzt. Auch Partien der Oberlichter sind mit Photovoltaik belegt.
Die Verwendung von Holz wird von außen nach innen intensiver. In den Innenbereichen zeigt es sich in vielfältiger Weise an Wand- und Bodenoberflächen sowie an Einbauten und Möbeln.
Die extensive Begrünung trägt bei zur Regenwasserrückhaltung und Mikroklimaverbesserung.
Die technische Versorgung erfolgt gebäudeintegriert im Schwerpunkt der hochinstallierten Bereiche – vertikal organisiert über mehrere Geschoßebenen und vollständig revisionierbar sind von hier auch alle weiteren Gebäudebereiche kurzwegig technisch erschlossen. Im Lehrbereich befindet sich eine eigene Versorgung.


Im Grünen

Das Gebäude wird umspült von einer robusten und blühenden Wiesenlandschaft. Die Umfahrt aus Schotterrassen liegt etwas tiefer und wird mit Betonblöcken gefasst. Vorhandene Vegetation wie der prägende Gehölzbestand bleibt fast vollständig erhalten. Um die den Blick zur Donau zu ermöglichen können einzelne Bäume leicht ausgelichtet werden.
Der Gehweg der Uferstraße öffnet sich im Eingangsbereich des Gebäudes zu einer kleinen Platzsituation. In die Treppenstufen der großzügigen Freitreppe hinauf zum Eingang sind Sitzblöcke integriert, die nach Süden ausgerichtet sind. Unter dem Dach des Vorplatzes laden Sitzkanten sowie die Außenbestuhlung der Cafeteria zum Verweilen und Treffen ein.
Auf der gegenüber liegenden Seite des Gebäudes schafft eine Terrasse mit Treppen die Verbindung zur Wiesenlandschaft und Donau. Von hier aus knüpft ein Fuß- und Radweg an den vorhandenen Donauweg an.
Die Zufahrt für Autos und Lastwagen erfolgt seitlich des Gebäudes durch eine Öffnung der Schutzmauer, die bei Hochwasser durch ein Schleusentor verschlossen werden kann.
Die Parkplätze für Autos werden unter dem Gebäude auf einer Schotterfläche organisiert, gegliedert mit langen Betonstreifen. Die Eingänge und die Fahrradstellplätze befinden sich auf hellen Ortbetonflächen. Hier werden auch drei behindertengerechte Stellplätze angeboten. Die Anlieferung und Entsorgung wird über die Vorfläche mit einem ausreichend dimensionierten Wendebereich für Lastwagen ermöglicht.
Die überwiegende Anzahl der Fahrradstellplätze wird an der freigelegten und sanierten Hochwassermauer, in unmittelbarer Nähe zum Haupteingang unter einem leichten Dach angeordnet. Dieses Dach wird weitergeführt für den Wartebereich der Bushaltstelle.

Hochwasser

Die Treppen- und Rampenanlage des Haupteingangs wird eingefügt in den Verlauf der Hochwasserschutzmauer. Dieser barrierefreie Zugang ist auch bei Hochwasser sichergestellt.
Der an dieser Stelle verlorene Retentionsraum wird durch entsprechende Modellierung des Höhenverlaufs im Osten des Grundstücks kompensiert.
Die vom Gebäude auf Geländeniveau heruntergeführten Treppen- und Aufzugstürme werden eingefasst und bei Hochwasser sicher verschlossen. Eine Rettung / Evakuierung im Notfall erfolgt aus dem Erdgeschoß über die große Zugangstreppe sowie auf dem Wasserweg (Vorhaltung Rettungsgerät).


Nachhaltig

Die Nutzungsbereiche sowie die Technikbereiche wurden möglichst kompakt aneinandergefügt, auch hinsichtlich der unterschiedlichen notwendigen Geschoßhöhen. Vier Büroebenen stehen drei Laborebenen gegenüber, die Seminarbereiche korrespondieren mit den Büroebenen. Auf Dachaufbauten konnte verzichtet werden.
Die Zonierung des Gebäudes erfolgte mit dem Ziel der Bündelung gering und hoch installierter Bereiche sowie nach Raumgruppen mit geringen und höheren inneren Wärmelasten. Die Büros liegen nach Norden, die Labore nach Ost und West.
Das Atrium ist nicht nur wichtiger Treffpunkt, es verringert die Hüllfläche und dient als thermischer Puffer.
Über außenliegenden Sonnenschutz lässt sich die Sonneneinstrahlung kontrollieren.
Im Sommer kann warme Luft über geöffnete Oberlicht klappen entweichen, kühle Luft strömt aus einem im Schatten unter dem Erdgeschoßdeck liegenden Luftkanalsystems nach. An das Atrium ist der Erschließungsring angebunden und kann so ebenfalls temperiert werden.
Das Tragwerk ist mit Rücksicht auf die Reduktion der Tragelemente und die Flexibilität bei späteren Nutzungsanpassungen sowie zur Aktivierung als Speichermasse als Stahlbetonskelett vorgesehen, die Außenwände in den wesentlichen Bestandteilen in Stahlbeton und weiteren nicht brennbaren Baustoffen, auch unter dem Aspekt eines grundsätzlich unbedenklichen vorbeugenden Brandschutzes im Sonderbau.
Der nachwachsende Rohstoff Holz ist eingesetzt in einer den Fassaden vorgehängten Sonnenschutzebene,
hier integrierte Lamellenelemente können feststehend oder auch bei Bedarf manuell oder elektronisch gesteuert sein.
Die bei gegebenem Baugrund ohnehin notwendigen Pfähle werden als Erdsonden über Wärmetauscher für den Wärme- und Kältebedarf herangezogen. Der Einsatz von freiliegenden Speichermassen in Kombination mit einer Bauteilaktivierung trägt zu einer stabilen Raumtemperatur in den Arbeitsräumen bei. Im Heizfall dient die Bauteilaktivierung zur Grundlastdeckung, für extrem kalte Tage wird bei den Büros und Laboren ein Heizelement in der Brüstung vorgehalten, wodurch auch eine Einzelraumregelung möglich ist. Im Kühlfall erfolgt die Grundlastdeckung ebenfalls über die Bauteilaktivierung. Spitzenlasten zur Kühlung sollen über Donaukälte gedeckt werden. Zusätzlich zur Bauteilaktivierung sind insbesondere in den Laboren dezentrale Umluftkühler vorgesehen.
Im Sommer trägt eine Querlüftung zwischen Büro- und Seminarbereich zur Nachauskühlung bei. Die geschlossenen Partien innerhalb des hölzernen Sonnenschutzscreens ermöglichen witterungsgeschützte Lüftungsöffnungen.
Jahreszeitlich manuell verstellbare (hochwasserbeständige) Aluminiumlamellen regulieren den Windstrom durch die Stellplatzebene – im Sommer offen zur Förderung der Kühlung (Kältepuffer unterhalb des Hauptdecks),
im Winter geschlossen zur Förderung der Dämmung (Wärmepuffer unterhalb des Hauptdecks). Eine Grundlüftung innerhalb der Garage bleibt über die Ein- und Ausfahrten sowie die Fugenanteile gesichert.
Beiträge zur Stromerzeugung leisten die in den Fassaden und in den Oberlichtern integrierten Photovoltaik-Elemente.
Die nach Süden ausgerichteten Seminarräume nutzen im Winter Beiträge zur Heizlast über Trombe-Außenwände.

Weitere Entwicklung

Der Neubau kann in ähnlichen Modulen stufenweise nach Osten erweitert werden – mikro und makro.Die lockere Setzung und damit die maßstäbliche Gliederung weiterer ähnlich großer Baukörper soll fortgeführt werden.
Ein erstes weiteres Modul könnte beispielsweise die Struktur spiegeln, bis hin zu einer Verdopplung des aktuellen Bedarfes auf dem gegebenen Grundstück. Die Nutzungsbereiche können leicht versetzt an die bestehenden Strukturen angehängt werden, der Hauptzugang kann bleiben.
Weitere Module können darüber hinaus nach Osten auf dem benachbarten Grundstück errichtet werden, die dann beispielsweise mit einem weiteren eigenen Zugang an die bis dahin möglicherweise realisierte Fuß- und Radwegverbindung an die Gstütt anbinden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überzeugt durch die Setzung eines kompakten plastischen Baukörpers an der Nahtstelle zwischen der Stadt und den Auwiesen der Donau. Die unregelmäßige Gebäudefigur und die Staffelung der Kubatur binden den Baukörper hierbei zwanglos in die Auenlandschaft ein. Die Anbindung in Verlängerung der Petersgasse über eine kombinierte Treppen-Rampenanlage ist gut gewählt und bietet im Zusammenspiel mit einer angegliederten Stadtterrasse einen angenehmen Ort des Ankommens. Folgerichtig liegt hier der Haupteingang, der ein wohl proportioniertes, schrägwinkeliges Atrium mit den angelagerten öffentlichen Bereichen der Cafeteria und den Seminarräumen erschließt und über eine gut gesetzte Freitreppe die oberen Seminarbereiche und die Aula anbindet. Hierbei ist die Zusammenschaltbarkeit der großen Hörsäle zu einer Aula in der Anordnung verbesserungswürdig. Die klare Gliederung der öffentlichen Bereiche in einer zweigeschossigen, winkelförmigen Gebäudespange in der Verschränkung mit den ebenfalls winkelförmig angeordneten Forschungs- und Lehrlaboren in vier Geschossen ist spannungsreich inszeniert und vermag in den Anbindungen zu überzeugen. Auch die Ausrichtung der öffentlichen Bereiche zur Stadt und der Bereiche für Forschung und Lehre zur Donauaue hin ist gut gewählt. Hierbei entwickeln sich die Forschungslabore um ein angemessen proportioniertes internes Foyer, das über aufgeglaste Aufenthalts- und Besprechungsräume eine Sichtverbindung zur Donau herstellt. Die in das Foyer eingestellten Technikflächen scheinen zu knapp bemessen. Die Ausrichtung der Forschungs- und Lehrlabore und der zugehörigen Büroflächen ist klug gewählt und überzeugt durch kurze Wege.

Die Anmutung der Fassade mit transluzenten Profilglaselementen und hölzernen Sonnenschutzlamellen unterstreicht den gelungenen Außenauftritt des Gebäudes.
Das Glasdach über dem Foyer ist in seiner konstruktiven Umsetzung problematisch. Durch die etwa mittige Situierung des Gebäudes im Grundstück und die mäßige Verschwenkung des Hochwasserschutzes zeigt die Arbeit einen angemessen schonenden Umgang mit dem Landschaftsraum. Die Positionierung der Stützen im Parkgeschoss bleibt unklar. Im Übrigen erscheinen die wasserwirtschaftlichen Belange hier gut berücksichtigt, die Energiegewinnung (Gründungspfähle) ist genehmigungsfähig.
Die Freiflächengestaltung mit großer Eingangstreppe/-rampe, Stadtterrasse und Donauterrasse verspricht unterschiedliche Bezüge zu Stadt und Landschaft sowie eine hohe Aufenthaltsqualität trotz minimaler Eingriffe in die Fläche. Ebenso werden die begrünten Dächer als positiver Beitrag gewertet.

Insgesamt leistet die Arbeit in ihrer überzeugenden städtebaulichen Setzung und der klugen und spannungsreichen Anordnung der Funktionsbereiche einen wertvollen Beitrag zu der hier gestellten Aufgabe.
Lageplan

Lageplan

Bereichsbildung

Bereichsbildung

Einblicke-Ausblicke

Einblicke-Ausblicke

Ansicht Eingang

Ansicht Eingang

Grundriss Eingangsebene

Grundriss Eingangsebene

Systemschnitt

Systemschnitt