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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2015

Freiwillige Feuerwehr Arheilgen

2. Preis

Preisgeld: 9.000 EUR

KERSTEN KOPP ARCHITEKTEN GmbH

Architektur

Schwarz & Partner Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungen

A_Entwurfskonzept
Die Freiwillige Feuerwache Arheilgen erhält an der Frankfurter Landstraße ein Gebäude, welches den Eingang in den Stadtteil Arheilgen neu interpretiert. Ein kompakter Baukörper, bestehend aus der hellen Fahrzeughalle, dem zweigeschossigen Volumen für die Besatzung und dem dreigeschossigen Schulungsbereich bildet den neuen Auftakt zum Stadtteil. Dabei wird der Ankommende durch die Gebäudefügung besonders willkommen geheißen. Auch von Süden/Arheilgen her kommend erhält der Besucher schon von weitem einen Einblick in die Abläufe der Freiwilligen Feuerwehr. Das Gebäude erhält eine Signalkraft als Tor zur Stadt.
Die verschiedenen Bereiche
Das Gebäude gliedert sich sowohl horizontal als auch vertikal in verschiedene Bereiche:
Im Erdgeschoß befinden sich der (für die Besucher) großzügige Eingang sowie der (für die Besatzung) direkte Zugang zu den Umkleiden und damit zur Fahrzeughalle. Das Erdgeschoß ist mit allen notwendigen Nutzungen (Umkleide/Sanitär, Schleuse, Fahrzeughalle, Werkstatt, Lager) dem Alarmfall zugeordnet. Die Werkstatt nutzt im Außenraum die Kubatur des Gebäudes: Es entsteht ein ungestörter und nicht störender überdachter Außenbereich zum Arbeiten im Freien.
Im 1.Obergeschoß ist die Einsatzzentrale mit dem Wehrführer, der Funkzentrale und der Lagebesprechung vorgesehen. Ebenso befindet sich hier der Bereitschaftsraum mit Zugang zur Terrasse (Freisitz mit Ausblick in die Auenlandschaft ebenso wie in die Fahrzeughalle). Über Rutschstangen erreicht die Besatzung auf schnellstem Wege die Alarmebene, ebenso über eine Treppe oder den Fahrstuhl. Im 1.Obergeschoss sind ebenso die Büros der Jugend-/Kinderfeuerwehr, der Stadtjugend, des Vereins sowie das Lehrgangsbüro vorgesehen. Der Schulungsraum 1 orientiert sich als größter Raum zum Alarmhof. Die großzügige Terrasse ermöglicht allen Nutzern des Obergeschosses einen angenehmen Freisitz, ohne den Alarmablauf im Erdgeschoß zu stören.
Im 2.Obergeschoß befinden sich alle weiteren Schulungsräume. Ein großes Panoramafenster des Schulungsraumes 2 in Erweiterung durch den Gruppenraum der Jugendfeuerwehr heißt als „Gastgeber Arheilgens“ die Besucher des Stadtteils willkommen. Hier können große Veranstaltungen stattfinden. Die körperliche Fitness der Besatzung ist von großer Bedeutung: An den Übungsraum/Fitness grenzt die Sportterrasse an. Hier kann im Freien trainiert aber ebenso entspannt und gechillt werden.
Neben der Arbeitszeit in der Fahrzeughalle (Wartung der Fahrzeuge) verbringt die Besatzung viel Zeit im Alarmbereitschaftsdienst. Diese Zeit so angenehm wie möglich in unmittelbarer Nähe zu der Alarmhalle zu verbringen ist ein wesentlicher Gedanke des Entwurfes: Trotz der kompakten Kubatur des Gebäudes entstehen viele unterschiedliche Bereiche, die den verschiedenen Nutzungen zugeordnet werden. Dabei steht der rationale Alarmeinsatz im Vordergrund. Jedoch bietet das Gebäude im Inneren - und auch mit den gestalteten Außenbereichen (Terrasse, Sportdach), ein hohes Potential an angenehmen Aufenthaltsräumen. Die Einbeziehung der verschiedenen Aus- und Einsichten betten das Gebäude zudem in die Stadtlandschaft Arheilgens ein.
Ein Haus der schnellen Wege
Die Fahrzeuge_Die Arbeitswelt der Freiwilligen Feuerwehr ist von rationalen Handlungen und logischen, funktionalen Abläufen geprägt. Die Feuerwache Arheilgen erhält ein Gebäude, das diesen Bedingungen mit kurzen Wegen und räumlich klaren Strukturen antwortet. Die reibungslosen Abläufe im Alarmfall geben dem Gebäude im EG, der Ebene des Alarmeinsatzes, einen klaren Charakter. Sämtliche abfahrbereite Fahrzeuge verlassen back-to-back das Gebäude auf direktem Wege, zwei Ausfahrten ermöglichen das gleichzeitige Ausrücken von 1. und 2. Abmarsch. (Ein Ausrücken nacheinander der hintereinanderstehenden Fahrzeuge nach Westen wäre ebenso möglich – Flexibilität der Nutzung). Servicefunktionen wie die Schlosserwerkstatt und alle Lager sind von der Fahrzeughalle aus erreichbar.
Die Besatzung_Die Besatzung erreicht im Alarmfall von den Parkplätzen aus das Gebäude mit einem direkten Weg in den Umkleidebereich. Die Stiefelwäsche bildet die Schleuse zwischen dem weißen und den schwarzen Bereich. Aus dem 1.Obergeschoss kommend führen die Rutschstangen direkt in den Umkleidebereich, langsamer geht es über die Treppen oder den Fahrstuhl.

Übungsturm
Der Übungsturm befindet sich als schmaler Solitär im rückwärtigen Übungshof. Nahe der Waschhalle und (im 2.BA) der Schlauchpflege können hier Rettungssituationen auch in der Höhe simuliert und geprobt werden.

Erweiterungen
Die Erweiterungen der Freiwilligen Feuerwehr mit der Schlauchpflege- und dem Schlauchlager, einem weiteren Stellplatz sowie Stauraum werden folgerichtig als Erweiterung der Halle um zwei Achsen Richtung Norden vorgeschlagen.




Konstruktion und Material

Fahrzeughalle

Tragwerk
Aufgrund des regelmäßigen Rasters sowie der großen Spannweiten wird eine Skelettbauweise aus Stahlbeton-Fertigteilen mit folgenden Vorteilen gewählt:
- hoher Rationalisierungsgrad und somit eine sehr wirtschaftliche Bauweise
- kurze Montagezeit, der Ausbau kann unverzüglich beginnen
- große, stützenfreie Spannweiten und somit maximale Flexibilität in der Nutzung

Als Dachkonstruktion spannen vorgespannte StB-Hohlplatten in Gebäudelängsrichtung jeweils über die Breite eines Fahrzeugstellplatzes von 4,50m. Jeweils in diesen Querhauptachsen liegen sie auf Stahlbeton-Fertigteilbalken auf, die als Einfeldträger mit 12,50m Spannweite wiederum auf Stahlbeton-Fertigteilstützen aufliegen. Die Stützen sind in den drei Längshauptachsen entlang der Fassaden bzw. in der Gebäudemittelachse angeordnet. So ergeben sich stützenfreie Felder in Größe der Fahrzeugstellplätze.

Die Gründung erfolgt ausschließlich über Köcher-Einzelfundamente, die Bodenplatte wird selbsttragend, bodengebettet auf einer druckfesten Wärmedämmung ausgebildet, umfasst von einer frosttiefen Schürze.

Horizontallasten werden in Querrichtung durch die eingespannten Stützen, in Längsrichtung über die Fertigteil-Dachelemente in aussteifende Wandscheiben an den Hallenenden abgeleitet, wo sie in die Fundamente abgeleitet werden. Die Dachelemente werden dazu mit umfassenden Ringbalken zu Scheiben zusammengefasst.

Hülle
Die geschlossenen Bereiche der Fassade sind mit einer hinterlüfteten Aluminium-Glattblechfassade verkleidet, die auf einer Unterkonstruktion aus wärmegedämmten horizontal zwischen den Stahlbetonstützen spannenden Stahlblechkassetten befestigt sind.

Die Feuerwehrtore sind als Falttore aus Stahlrahmenkonstruktionen mit Glas-, bzw. Glattblechfüllung geplant, die an einem horizontal angeordneten Stahlriegel im Sturzbereich geführt werden. Durch die Ost-West-Ausrichtung der Hauptfassaden und den Einsatz von Sonnenschutzglas kann in der Fahrzeughalle auf weitere Sonnenschutzmaßnahmen verzichtet werden.

Das Flachdach wird mit einer extensiven Dachbegrünung versehen. Oberlichtkuppeln belichten die Fahrzeughalle zusätzlich und sorgen für eine gute natürliche Lüftung.



Einsatzzentrale

Tragwerk
Der dreigeschossige Baukörper der Einsatzzentrale mit den angegliederten Funktions- und Aufenthaltsräumen besteht aus Betonwänden, –decken, und Dachplatten sowie teilweise aus gemauerten, teilweise aus Trockenbau-Innenwänden. Die Aussteifung erfolgt über Stahlbetonwände in Längs- und Querrichtung. Das Gebäude ist teilunterkellert und auf tragenden Bodenplatten flach gegründet.

Hülle
Analog zur Fahrzeughalle werden die geschlossenen Bereiche der Fassade mit einer hinterlüfteten Aluminium-Glattblechfassade verkleidet. Die Blechflächen wechseln mit flächenbündig eingesetzten Festverglasungen aus hochwärmedämmenden Aluminium-Glas-Elementen ab. Zur natürlichen Belüftung dienen durch feststehende Blechlamellen witterungsgeschützte Öffnungsfenster. Diese können auch in den Nachtstunden zur Nachtauskühlung genutzt werden. Alle Fensterflächen erhalten einen zoniert getrennt steuerbaren effektiven außen liegenden Sonnenschutz.

Auf dem Flachdach wird wie auf der Fahrzeughalle eine extensive Dachbegrünung vorgesehen. Auf einer Teilfläche werden Kollektoren zur Warmwassererzeugung angeordnet.


Oberflächen

Die Wand- und Bodenflächen sind bedarfsgerecht mit wasch-, bzw. schlagfesten Oberflächen bzw. Beschichtungen versehen.
Sichtbeton- und geputzte Mauerwerksflächen kontrastieren mit den Blech- und Glasflächen der Fassaden. Die Betondeckenflächen bleiben mit Ausnahme der Sanitärräume unverkleidet und können so als Speichermassen für eine gleichmäßige Temperaturkurve aktiviert werden. In den Aufenthaltsbereichen sind die Decken bereichsweise mit abgehängten Holzlamellen-Akustikelementen versehen. Als Bodenbelag wird ein beschichteter Estrich eingesetzt. Die Wände werden gestrichen, die Nassräume erhalten geflieste Oberflächen. Hölzerne Einbaumöbel bilden zusammen mit den Akustikdecken einen atmosphärischen Kontrast zu den mineralischen Oberflächen.

Die Fahrzeughalle erhält eine rutschhemmende, schlag- und waschfeste Beschichtung der Betonbodenplatte.


Energetisches Konzept

Das Konzept zur nachhaltigen Energieversorgung des Freiwilligen Feuerwehr Arheilgen wurde integrativ mit der Architektur entwickelt. Die wesentliche Leitidee für die Realisation dieses Projektes ist dabei, den Bedarf zu minimieren und den Restenergiebedarf effizient (möglichst regenerativ) erzeugen. Im Vordergrund steht die Reduzierung der Technik auf ein Minimum durch angepasste Regelungen und passive System, was zu niedrige Betriebs- und Unterhaltskosten führt.
Das kompakte Gebäude wird mit geringen U-Werten der Konstruktion und einer sehr luftdichte Gebäudehülle konzipiert, um unterhalb der Anforderungen der ENEV 2014 zu bleiben.
Bis auf innenliegende Räume sollen alle Bereiche natürlich be- und entlüftet werden.

Das Oberflächenwasser der Dachflächen soll in Zisternen gesammelt werden und zur Freianlagenbewässerung, WC-Spülung und zum Reinigen von Einsatzfahrzeugen genutzt werden.
Es erfolgt eine Warmwassererzeugung für die Sanitär- und Duschbereiche über Solarkollektoren in Dachaufstellung.

Nachhaltigkeit (BNB)

Grundpfeiler der Nachhaltigkeit des vorgelegten Entwurfskonzepts ist die Minimierung des Einsatzes von ökologischen und ökonomischen Ressourcen durch eine hohe Flächeneffizienz.
Durch die kompakte Bauform wird die Flächenversiegelung des Baugrundstücks als auch die Wärme abgebende Gebäudehüllfläche auf ein Minimum reduziert. Das gewählte Fassadenkonzept ermöglicht zudem eine optimale Tageslichtversorgung der Gebäudenutzflächen.
Ansatzgedanke des energetischen und klimatischen Gebäudekonzepts ist, dass Gebäudestruktur und Fassadengestaltung ein „robustes“ Konzept bilden, welches weitreichend passiv die externen und internen Einflüsse selbst regelt und durch den minimierten Einsatz von Technikkomponenten eine Feinjustierung erfolgt. Hierfür wurde ein abgestimmtes Konzept einer hochwärmegedämmten Gebäudehülle mit einem variablen Sonnenschutz- und Lüftungssystem entwickelt.
Einen hohen Aufenthaltskomfort ermöglicht zudem das gewählte akustische Konzept, welches trotz großzügiger Anordnung von akustischen Flächen die Speicherfähigkeit der massiven Raumumfassungsbauteile gewährleistet.
Neben der Komfortsteigerung über die Einflussnahme des Nutzers auf das Raumklima durch die Möglichkeit einer nutzergesteuerten Lüftung tragen die Lüftungsflügel zu einer Reduzierung der Betriebskosten bei, da eine Reinigung der transparenten Fassadenbereiche ohne aufwendige technische Hilfsmittel von innen erfolgen kann.


Barrierefreies Bauen
Das Gebäude ist in allen Bereichen barrierefrei ausgebildet. Im Foyer befindet sich in zentraler Position ein Fahrstuhl.

Beurteilung durch das Preisgericht

Mit einem dreigeschossigen Funktionstrakt im Süden und einer daran anschließenden Fahrzeughalle im Norden mit back-to-back Anordnung schlagen die Verfasser eine Konzeption vor, die trotz beengter Grundstücksverhältnisse die notwendige Feuerwehrumfahrt für den 2. Abmarsch im Westen auch nach der geforderten nördlichen Erweiterung für Fahrzeughalle und Schlauchwaschanlage gut ermöglicht.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang auch die Realisierung des im B-Plan geforderten grünen Randstreifens an den Grundstückgrenzen und der Grünstreifen zwischen Feuerwehr Vorbereich und dem vorhandenen Rad -und Fußweg zur Frankfurter Landstraße hin. Die Lage des Übungshofs wird jedoch kritisiert, da sich die Fläche mit dem Vorbereich der östlichen Fahrzeughallen und den hier ausgewiesenen zusätzlichen Stellplätzen überlagert.

Der dreigeschossige Baukörper an der Südwestecke ist ein markantes Element, das dem Gebäude eine Präsenz in beiden Fahrrichtungen der Frankfurter Landstraße ermöglicht und ein kompositorisches Äquivalent zum Übungsturm in der Nordostecke darstellt. Die Höhe wird mit Blick auf die gegenüberliegende Wohnbebauung jedoch auch kritisch diskutiert.

Der Haupteingang liegt gut auffindbar an der Südwestecke. Der hier vorgeschlagene Bereitschaftsraum ist jedoch überflüssig, da er bereits im Obergeschoss nachgewiesen ist. Die Alarmparkplätze liegen an der Südseite richtig in Bezug zu den Alarmumkleiden, von wo aus auf kurzem Wege die Fahrzeughallen erreicht werden. Die S-W-Trennung ist gut entwickelt, allerdings sind die Umkleiden für die Damen zu knapp bemessen.

Die Klarheit der Organisation des Erdgeschosses lassen die Obergeschosse vermissen. So wäre es wünschenswert, dass sich der Schulungsbereich nicht über 2 Geschosse verteilt, sondern möglicherweise zusammen mit dem Lehrgangsbüro nur im 2. OG angelegt ist.

Die vorgeschlagene Fuge mit Außenbereich im 1. OG ist reizvoll und baukörperlich nachvollziehbar, verhindert jedoch zumindest für die Einsatzleitung einen direkten Sichtbezug zur Fahrzeughalle. Der Flur im 1. OG ist überdimensioniert.

In der Perspektive und der Nordfassade fällt das vorspringende große Fenster der Schulung im 2. OG als Signal in Richtung Norden auf. Die zum Ort hin gewandte Südfassade ist eher unprätentiös.

Die Gebäudekenndaten liegen im oberen Bereich der Arbeiten, was der teilweise etwas großzügigen Ausformulierung der Erschließungsflächen und der Dreigeschossigkeit des Kopfbaus geschuldet ist.

Insgesamt wird ein signifikantes Gebäude entwickelt, welches einen überzeugenden Stadteingang formuliert und in der Gesamtorganisation überzeugt.