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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2015

Mehringplatz

3. Preis

Preisgeld: 5.500 EUR

atelier le balto

Landschaftsarchitektur

KUEHN MALVEZZI

Architektur

Erläuterungstext

Gesamtkonzept
Vom Rondell zum Park. (…) Der Entwurf betont die Umkehrung des Rondells in einen Park als neue Grüninsel in der Stadt. In dieser Umkehrung wird die historische Raumform beibehalten und gestärkt. So wird ein Beitrag zur morphologischen Entwicklung der Stadt geleistet. Geschichtliche Spuren und zeitgenössische Aneignung stellen keinen Widerspruch dar, sondern befruchten einander. (…) Unser Entwurf reflektiert, interpretiert und integriert all diese Spuren, die eine Entwicklungsgeschichte dieses besonderen Ortes erzählen. Die neue Gestaltung wird in diesem Sinne als eine weitere Zeitschicht verstanden. Der Mehringplatz wird von den Verfassern als Teil des umgebenden Grünraumnetzes aufgefasst. Mit dem Leitsatz ‚Die Natur kommt in die Mitte‘, wird der parkartige Charakter des Mehringplatzes aufgegriffen und mit einem Archipel aus Gärtnerischen Inseln und Pflanzbeeten weiter entwickelt. Der Leitsatz ‚Die Urbanität bleibt im Ring‘ beschreibt das Ziel der Verfasser, die Spur der ursprünglichen Form des Platzes als urbanes Rondell in der äußeren Ringstraße zu erhalten und gestalterisch zu stärken.

Gestaltung und Nutzung
Auf dem Mehringplatz entstehen zehn gärtnerische Inseln in freier Form. Der aufgeastete Baumbestand wird an diesen Stellen ergänzt mit 6-8m hohen Bäumen und Blütensträuchern sowie Klein-Sträuchern und verschiedenen Gräsern (s. Pflanzliste im Erläuterungstext). Die Inseln sind als Korbbeete ausformuliert und werden von einem ca. 80 cm hohen Zaun eingefasst. Die gärtnerischen Inseln werden nach ökologischen Gesichtspunkten angelegt und gepflegt. Das Laub kann in den Korbbeeten verbleiben. Die Verfasser gehen von zwei Pflegedurchgängen pro Jahr aus. Die wiederkehrende Präsenz eines Gärtners ist fester Bestandteil des Konzepts, weil die sichtbare Zuwendung zu den Pflanzen Respekt und Sozialkontrolle erzeugt. Bei Interesse können AnwohnerInnen aktiv in die Gestaltung zweier Inseln für eine andere Nutzung (z.B. Gemüseanbau) einbezogen werden. Nördlich und südlich der Friedenssäule sind zwei weitere, rechteckige Pflanzbeete integriert. Sie sind an ihrer Nordund Südkante von einer 30 cm hohen Mauer gefasst. Zwei kreisförmige Segmente um das Wasserbecken der Friedenssäule bilden Sitzelemente aus. Weitere im Raum verteilte Sitzelemente bestehen entweder aus der traditionellen Berliner Bank oder können aus Eichen-Blöcken hergestellt werden. Als besonderes Ausstattungselement entwickeln die Verfasser ein Belvedere (Sichtbeton) im Zusammenspiel mit dem BVGAufzug. Das Belvedere steht beiläufig im Dialog mit der Friedenssäule. Im Süden wird die Treppenanlage durch zwei Rampen im Bereich der Marmorfiguren ergänzt. An der Uferstraße entsteht ein weiteres, rechteckiges Pflanzbeet. Der Belag der Nord-Süd-Achse changiert und ist mit einem Streifenmuster ausgeführt. Er besteht aus Natursteinplatten mit wechselnder Belegung. Die übrigen Oberflächen des Mehringplatzes sind durch Rasenflächen geprägt, die mit Steinen verzahnt und ebenfalls streifenförmig verlegt sind. Die Rasenfläche reicht bis zu den befestigten Flächen unter den Luftgeschossen. Die Hochbeete der 70er Jahre bzw. deren Einfassungen bleiben teilweise erhalten und können als Sitzgelegenheit genutzt werden. Sie sollen als Relikte wahrgenommen werden. Auch werden die radial verlaufenden Wege der 70er Jahre aufgegriffen, sie sind jedoch zurückgenommen oder als Segment ausgebildet. Die offenen Erdgeschosszonen am Ring sollen als eigene Räume wahrgenommen und genutzt werden. Im Bereich von fünf Luftgeschossen werden Flöße eingeschoben. Sie schweben ca. 20cm über dem Boden und reichen in Richtung Rasenfläche über die Grenze der Luftgeschosse hinaus. Dort knüpfen sie teilweise an das Wegenetz an. Die Flöße sind mit niedrigen Sitzmauern versehen. Sie stellen Plattformen der kurzzeitigen Aneignung dar und können im Dialog mit den Anwohner weiter konzipiert und realisiert werden. In einigen anderen Luftgeschossen wird das Mosaikpflaster mit einer bewegten Oberfläche in Form von Dünen verlegt. Die Bauweise zitiert Freiräume der 70er Jahre. Eine barrierefreie Passage soll weiterhin gewährleistet sein. In der äußeren Ringstraße erhalten die Platanen einen Pflegeschnitt und können durch junge Linden ergänzt werden. Sämtliche Baumscheiben werden vergrößert und teilweise von Sitzmauern gefasst. Der Belag der Ringstraße erhält eine Fahrspur aus Asphalt (5m breit), gefasst von zwei verschieden breiten Borden, Wegeflächen sind mit Mosaikpflaster ausgeführt. In der südlichen Friedrichstraße wird der Bodenbelag des Mehringplatzes fortgeführt, die Bodenplatten der EU-Mitgliedsstaaten sind integriert. Die zwei baulichen Aufweitungen erhalten eine wassergebundene Decke. Auf der Hallesche-Tor-Brücke wird der Belag der Nord- Süd-Achse bzw. des äußeren Rings aufgenommen. In den Grünflächen des Ideenteils wird die Einfassung aus Sträuchern aufgelockert und eine neue Wegeführung vorgeschlagen. Lange Sitzelemente bieten Aufenthalt. Zusätzlich werden drei kleine Platzflächen bzw. Flöße mit Sitzbänken angeboten. In den offenen Erdgeschosszonen der Ringbebauung sind Wandfluter an den Säulen und Mauern installiert. Das Licht kann weiß oder zur besseren Orientierung auch farbig sein. Die Achse des Mehringplatzes ist mit Mastleuchten (bis 4m Höhe) ausgestattet. Für die Ringstraße und die südliche Friedrichstraße werden farbige Lichtelemente – genannt Konstellation – vorgeschlagen. Sie sind zwischen den Fassaden eingespannt.

Realisierung / Kostenrahmen / Wirtschaftlichkeit
Durch die großflächige Neubelegung der befestigten Flächen erscheint die Arbeit im Kostenrahmen kritisch. Die differenzierte Grüngestaltung erfordert einen relativ hohen Pflegeaufwand, welcher durch Anwohnerbeteiligung reduziert werden kann.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit wurde sehr kontrovers diskutiert. Gewürdigt wurde der Mut der Verfasser, die stadträumliche Situation radikal anders zu denken. Die Installation von Intarsien, die das Bild einer „wilden Natur“ auf dem Mehringplatz produziert, wird als eine zeitgenössische Interpretation von Natur in der Stadt gewürdigt. Die Auflösung und Brechung der formalen und räumlichen Hierarchie durch fließende Übergänge zwischen den Bereichen ist ein interessanter Aspekt des Konzeptes. Es bilden sich differenzierte Teilräume aus, die vielfältigen Aneignungen ermöglichen. Die Frage, ob das Konzept für diesen Ort angemessen ist, bleibt offen. Die nicht konsequent zu Ende entwickelte Formensprache und die wenig überzeugende Ausformulierung im Detail spiegelt die Qualität des konzeptionellen Ansatzes nicht wider. Aus Sicht der Denkmalschutzes ist die Arbeit bedenklich. Unterhalt und Pflege werden kritisch gesehen.