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Gutachterverfahren | 02/2016

St. Barbara Duisburg

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

Döll Architecten

Architektur

coido architects

Architektur

Karres en Brands

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Identität Gartenstadtsiedlung
Die zentrale Frage ist für uns, wie ein attraktives gemischtes Wohnquartier mit Wohnformen für unterschiedliche Lebensphasen und Lebensmodelle und mit maximalem Nutzerkomfort und hoher Gestaltqualität entstehen kann. Gleichzeitig ist die Frage wie man das geforderte Wohnungsbaupro-gramm (und die geforderte Stellplatzanzahl) unterbringen kann. Diese Aufgabe steht damit im Spannungsfeld zwischen verträglicher baulicher Dichte und gewünschtem Freiraum. Zusätzlich ist uns der sensible Umgang mit den angrenzenden Wohngebieten und der Herstellung der Verbindung an die ehemalige Werksiedlung wichtig. Wie können wir die Gartenstadtidee neu interpretieren?

Phase 2
Die allgemeinen und insbesondere die individuellen Hinweise aus dem Protokoll der Jurysitzung zur Phase 1 haben zu einigen wesentlichen Änderungen geleitet. Die eindeutige und robuste städtebauliche Anordnung ist weniger schematisch als in Phase 1, reagiert mehr auf die Situation und hat damit mehr Variation. Der Ansatz die „Wohnsiedlung“ konzeptuell neu zu interpretieren ist im Norden entlang der Bastenstraße und Schroerstraße wie zuvor gut ablesbar. Die verschiedenen Baufelder oder Wohn-Cluster unterscheiden sich im Vergleich zur erster Phase sowohl typologisch als auch gestalterisch stärker.

Die positiv bewertete Grundstruktur mit den Ost-West- und Nord-Süd Verbindungen im öffentlichen Raum wurde erhalten und weiter optimiert. Statt einem „shared space“ im Grünen kennzeichnet sich das Erschließungskonzept jetzt durch eine klare Trennung zwischen Straßen und Parkplätze für PKW und Grünräume mit Wege für Fußgänger und Radfahrer (sowie für Rettungsdienste). Damit ist eine fußläufige Durchwegung mit Aufenthaltsqualitäten und Kommunikationsmöglichkeiten gewährleistet.

Die Gebäudetypologie ist grundsätzlich überdacht und sowohl für die Stadthaustypen als auch für die Geschosshaustypen konkretisiert. Für die Stadthäuser sind zwei Basistypen entwickelt, mit zusätzlichen Varianten im Dachgeschoss. Es gibt eine größere Variation von Reihenhäusern (drei bis acht Häuser).
Die Lärmschutzbebauung entlang der Gartenstraße ist überprüft und jetzt in längere Zeilen angedacht. Die Geschosshaustypen sind als Dreispänner entworfen, mit Sonderlösungen in der Eckbebauung.

Die Kapelle wird zusammen mit dem alten Haupt-Gebäudetrakt St. Barbara erhalten und umgenutzt zu attraktive Wohnungen.

Das nordwestliche Geschoßhaus – dessen mögliche Wohnqualitäten bei seiner Orientierung zum Kleingarten-Park erkannt wurde – ist jetzt nicht mehr als ein deutlicher Sondertypus ausgeprägt sondern als Teil des nördlichen Baufeldes bzw. Wohn-Clusters entworfen.

1. Besonderheit des Ortes
Die Integration des neuen Wohnquartiers St. Barbara im Stadtteil Neumühl ist für unseren Entwurf identitätsstiftend. Die städtebauliche Anordnung und die Freiraumgestaltung orientieren sich an den bestehenden umgebenden Strukturen. Die Betrachtung des Gebietes zwischen Dörnbergstraße, Bastenstraße, Obermarxloher Straße und Gartenstraße als ein einheitliches Quartier, jedoch mit unterschiedliche Wohn-Clustern, sorgt für eine starke Identität und stellt somit eine Aufwertung des Gebietes im städtebaulichen-freiraumplanerischen und funktionalen Kontext dar.

Im Norden (Realisierungsteil 3) orientieren sich die neuen Baumassen am Maßstab und der Körnung der stadtbildprägenden ehemaligen Werksiedlung. Diese kleinmaßstäbliche Struktur wird sowohl südlich der Bastenstraße als auch südlich der Schroerstraße umgesetzt in eine kompakte städtebauliche Struktur. Im westlichen Teil (Realisierungsteil 2: Bereich rund um die Kapelle) bildet der alte Haupt-Gebäudetrakt St. Barbara mit der Kapelle als historische Keimzelle der Entwicklung des Geländes mit den neuen Stadthäusern ein weiteres Baufeld. Die gestaffelten Geschosshäuser entlang der Gartenstraße (Realisierungsteil 1: Lärmschutzbebauung) nehmen im Süden den Maßstab und die Struktur der angrenzenden 60er-Jahre-Siedlung auf. Die ehemalige Adolph-Kolping-Schule mit KITA ist Teil dieser Lärmschutzbebauung.

Die vorhandenen Grünstrukturen werden im städtebaulichen Plan aufgenommen und die Grünverbindungen werden im Stadtgebiet ergänzt. Somit wird in der städtebaulich-freiraumplanerischen Struktur eine Verbindung zur Geschichte des Gebietes geschaffen und eine optimale Anknüpfung der Nachbarschaften an das neue Wohngebiet erreicht.

2. Freiraumplanerische Konzeption
Die vier existierenden bzw. früheren nord-süd Grünzüge sind im Entwurf gesichert und werden aufgewertet. Zusätzlich werden zwei ost-west Grünzüge durch das Wohnquartier aufgenommen. Das grüne Netzwerk ist in die vorhandenen Grünstrukturen des Stadtgebietes eingebunden, wodurch das neue Wohnquartier für Fußgänger und Radfahrer im Stadtraum vernetzt ist und die vorhandenen Freiraumpotenziale optimal genutzt werden. Diagonal durch das Quartier läuft eine „Grüne Ader“, die das neue Wohnquartier auch im größeren Maßstab mit der Umgebung verbindet. Die Schroerstraße wird zu einer „Parkallee“ aufgewertet.

Im Innenbereich bilden die Grünflächen die Identität des autofreies Wohnquartiers. Die Freiräume sind zum Teil öffentlich, teilweise bestehen sie aus privaten, halböffentlichen oder gemeinschaftlichen Flächen. Die Freiräume um den alten Haupt-Gebäudetrakt St. Barbara ermöglichen die Nutzung im Zusammenhang mit kollektiven Aktivitäten im Gemeinschaftshaus. Ein „Spielnetzwerk“ mit natürlichen Spielelementen erstreckt sich verteilt durch das gesamte Quartier. Die existierenden markanten Bäume im Plangebiet werden soviel wie möglich erhalten und zusätzlich durch neue Bäume ergänzt.

Die Topographie des Plangebietes ist in der Planung aufgenommen. Vertiefte Teile der Grünanlagen werden als Versickerungsflächen genutzt und tragen somit bei an der lokalen Wasserspeicherung. Flachdächer werden mit einer extensiven Begrünung ausgestattet und tragen somit auch zum Auffang und der Speicherung von Niederschlagswassers bei.

Südlich der Adolph-Kolping Schule befindet sich ein erhöhter Außenraum der KITA, sowie eine Vorfahrtmöglichkeit und zusätzliche Parkplätze.

3. Bauliche Ausnutzung und Lärmschutz
Im Norden (zur Bastenstraße / Schroerstraße) bilden die Stadthaus-Typen den Übergang zur ehemaligen Werksiedlung und nehmen deren Maßstab und Struktur auf. Im Süden (zur Gartenstraße) sind die Gebäuderiegel in einer gestaffelten Struktur auf einer halbvertieften Parkgarage positioniert, wobei die anwesenden Höhenunterschiede im Gelände optimal aufgenommen werden. Die gestaffelte Geschosshäuser mit Wintergärten oder Loggias formen eine Lärmschutzbarriere zur Gartenstraße.

Im Osten (Richtung Obermarxloher Straße) sorgen die geplanten Conesta Gebäude für einen entsprechenden Lärmschutz. Im Nord-Westen (entlang der Dörnbergstraße) ist ein weiteres Geschosshaus auf einer halbvertieften Parkgarage geplant.

4. Wohnungsbauprogramm
Die eigentumsorientierten Stadthaus-Typen (zwei Vollgeschosse mit Dachgeschoss bzw. Staffelgeschoss) sind kostengünstig und flexibel nutzbar. Die Häuser können als Einfamilienhäuser mit kleinen Privatgärten genutzt werden. Gleichzeitig sind sie sehr gut für Sonderwohnformen, Mehrgenerationshäuser oder Baugruppenmodelle mit Gemeinschaftsgärten geeignet. Das zu erhaltene Haus an der Ecke der Schroerstraße und Bastenstraße wird renoviert und enthält zukünftig drei Wohnungen. Insgesamt werden 124 Häuser realisiert.

Die eigentumsorientierten Geschosshaus-Typen entlang der Gartenstraße (drei Baublöcke mit vier und fünf Vollgeschosse) sind als Dreispanner mit Treppenhaus und Aufzug geplant. Dazu sind zwei Baublöcke mit kostengünstigen Geschosshäusern (drei und fünf Vollgeschosse) als öffentlich geförderte Wohnungen vorgesehen. Die Wohngebäude sind mit gemeinschaftlichen Freiraumanteilen bzw. begrünten Decks ausgerüstet. Die Geschosshäuser eignen sich ebenso für Sonderwohnformen, sowie alternatives Wohnen im Alter oder Servicewohnungen. Des Weiteren enthält das Geschosshaus im Nord-Westen (vier Vollgeschosse) eigentumsorientierte Wohnungen. Der St. Barbara Komplex (vier Geschosse) wird als Apartmentblock mit 27 geförderte Wohneinheiten um genutzt und die ehemalige Adolph-Kolping-Schule enthalt zukünftig 6 geförderte Dachgeschoss Wohnungen. Insgesamt werden 213 Wohneinheiten realisiert.

5. Soziale Infrastrukturen
Die späteren Erweiterungen der ehemaligen Adolph-Kolping-Schule werden entfernt. Sie enthält im EG und 1.OG eine 6-gruppige KITA. Im EG befinden sich zwei Gruppen sowie die zusätzliche gemeinsame Räumen und im 1.OG befinden sich vier weitere Gruppen. Jede Gruppe liegt direkt an eine von zwei Treppenhäusern (mit Aufzug), damit alle Gruppen die Kinderspielflächen im Außenraum an der Südseite einfach erreichen können. Die größeren Gruppenräume liegen immer an der Südseite, damit die kleineren Räume, sowie Schlafräume, an der ruhigen Nordseite liegen. Die Wohnungen im Dachgeschoß werden separat an der Nordseite erschlossen und haben Ihre eigenen Treppenhäuser.

Der alte Haupt-Gebäudetrakt St. Barbara wird umgebaut in 27 markante Wohnungen mit einer zentralen Erschließung. Die Kapelle bietet sich durch ihre zentrale Lage im Wohnviertel für die Nutzung von weiteren sozialen oder kulturellen Einrichtungen an wie beispielsweise als Gemeinschaftshaus. Im UG und EG befindet sich ein Nachbarschaftscafé und Seniorentreff für das neue Wohnquartier.

6. Autoarmes Gesamtkonzept
An der Gartenstraße sind insgesamt drei Anbindungen an das Straßennetz vorgesehen. Zwei Einfahrten dienen der Erschließung der beiden Parkgaragen. Über die Anbindung im Bereich des Vorplatzes der ehemaligen Adolph-Kolping-Schule wird auch der Vorfahrt für die KITA integriert. Ein Mindestabstand von 50 m. zwischen den jeweiligen Einfahrten ist gewährleistet. Im Westen an der Dörnbergstraße sind zwei Anbindungen geplant. Die südliche erschließt eine „Parkgasse“ im südlichen Block und über die zweite Anbindung erreicht man sowohl die Parkplätze für das mittlere Baufeld im Innenbereich als auch die Parkgarage des Geschosshauses. Der alte Haupt-Gebäudetrakt St. Barbara wird über die Bastenstraße oder Schroerstraße erreicht und hat seinen eigenen „Park-Pocket“.

Die Erschließung verläuft also über das heutige Straßennetz. Das innere des Gebietes ist fast autofrei und die Erschließungsflächen sind auf das Notwendige reduziert. Die Erschließung für Zufahrt der Rettungsdienste ist integriert in der Fahrrad- und Fußwegstruktur, die im engen Zusammenspiel mit der Grünstruktur und der fußläufigen Durchwegung entworfen ist.

Der größte Anteil der Parkplätze ist als (halb)öffentliche Stellplätze in direkter Nähe der Wohnungen vorgesehen, entweder als kompakte kleinteilige Bereiche, als Parkgasse oder entlang der Straßenräume. Entlang der Dörnbergstraße und der Gartenstraße sind zusätzliche Parkplätze vorgesehen. In den halbvertieften Parkgaragen unter den Geschosshäusern sind die restlichen Parkplätze untergebracht. Hier werden die anwesenden Höhenunterschiede im Gebiet genutzt. Diese dezentrale Anlagen ermöglichen eine eindeutige Zuordnung zu den Wohn-Clustern.

7. Integration Altenpflegeheim
Das Conesta Ensemble im Süd-Osten ist als ein Sonderbaustein an das Quartier angebunden. Die Gestaltung der Außenanlagen sorgt jedoch durch logische und hochwertige Anbindungen und eine einheitliche Formensprache für eine selbstverständliche Integration dieses Ensembles im Gesamtplan. Die Verkürzung der ehemaligen Adolph-Kolping-Schule bietet mehr Spielraum um diese Integration optimal zu gestalten.

8. Gestaltung und Materialität
Von Nord nach Süd entwickeln sich die Bauvolumen von niedrig und kleinmaßstäblich zu groß und robust. Die Stadthäuser entlang die Bastenstraße und Schroerstraße (A-Typen) haben eine niedrige Dachrinne, die Dachfenster unterstützen die Symmetrie des Blocks und verfeinern das Straßenbild.

Die restlichen Stadthaustypen (B-Typen) haben zwei Vollgeschossen mit Satteldach, wobei die Häuser mit Garten in nördlicher Richtung zusätzlich über eine Dachterrasse verfügen. Für die südlichen Stadthäuser und Geschosshäuser (C-Typen) sind extensiv begrünte Flachdächer vorgesehen.

Die Materialität wird geprägt durch Backsteinfassaden und Dachziegeln in unterschiedlichen gelb-rot-braun Farbtönen. Putzakzente reflektieren die Wohnungen der existierenden Gartenstadtsiedlung und verfeinern die Architektur. Die Fenster sind aus Holz-Aluminium und die bodentief verglasten Wintergärten der Geschosshäuser verfügen über eine Faltschiebekonstruktion im Aluminiumrahmen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept der „neuen Gartenstadt “ wurde in Phase 2 weiter ausdifferenziert und die Anregungen aus der Jurysitzung 1 aufgenommen. Vorgeschlagen werden jetzt stärker unterschiedene Wohncluster, die auf dem St. Barbara Areal gut ablesbar sind und deren stufenweise Realisierung in sinnhaften Abschnitten einfach und gut funktionieren kann. Unterschiedliche Wohntypologien für verschiedene Lebenssituationen und -modelle werden ermöglicht. Die detaillierte Durcharbeitung der Grundrisse zeigt eine hohe Flexibilität der Baufelder und eine intensive Auseinandersetzung mit dem gewünschten vielfältigen Wohnungsmix. Von der Altbausubstanz St. Barbara bleibt im Gegensatz zu Phase 1 ein größerer Gebäudeteil erhalten. Er wird in ein Wohncluster integriert, was positiv bewertet wird. Auch die Integration der ehem. Adolph - Kolping - Schule gelingt den Verfassern. Kritisch wird die Herausbildung der Vor- und Rückseiten der Wohncluster gesehen. Zudem offenbart sich im Modell die Massivität der südlichen Bebauung zum „Rest“ des Quartiers. Es entstehen „zwei Welten“, deren Verzahnung nicht so recht gelingt. Die Qualität und Vermarktbarkeit der Reihenhäuser im rückwärtigen Bereich der Geschosshäuser wird durch die Dominanz der Geschosshäuser kritisch gesehen.

Das Freiraumkonzept ist sehr detailliert durchgearbeitet und zeigt eine sehr ausgewogene Mischung von privaten, halböffentlichen und öffentlichen Freiräumen. Die Ost-West- und die Nord-Süd-Verbindung durch das Quartier und damit eine Vernetzung in die umgebenden Stadträume werden wie selbstverständlich ermöglicht. Lediglich das eine nach Süden heraus gesetzte Gebäude im östlichen Plangebiet kann nicht nachvollzogen werden und wird in der Ost-West-Verbindung als störend empfunden. Nachhaltigkeitsthemen wie der Umgang mit Regenwasser sind als integrativer Bestandteil des Freiraumkonzeptes vernünftig behandelt, die markanten Baumbestände werden gut integriert.

Kritisch wird die Verortung der Stellplatzareale, vor allem im Westen gesehen. Die Platzierung eines Parkplatzes vor bzw. hinter dem Cluster der Kapelle wird in der Empfehlungskommission trotz beschriebener Eingrünung kontrovers diskutiert.

Insgesamt stellt der Entwurf einen guten Beitrag dar, deren Stärken in der Clusterbildung, in den Grundrissen und im Freiraum liegen. Er schafft es jedoch nicht, die relativ massive südliche Bebauung gut mit den niedrigeren und von der Körnigkeit kleineren Strukturen nördlich dieser Bebauung zu verzahnen und als ein Quartier zusammenzubringen.
Lageplan

Lageplan

Grüne Ader

Grüne Ader

Nutzungskonzept

Nutzungskonzept

Freiraumkonzept

Freiraumkonzept

Stellplatzkonzept

Stellplatzkonzept

Lärmkonzept

Lärmkonzept

Wasserkonzept

Wasserkonzept

Gruenverbindung

Gruenverbindung

Abschnitt

Abschnitt