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Einladungswettbewerb | 04/2016

Ortsentwicklung Schönbrunn

atmosphäre ortsmitte: kollonade und markthalle

atmosphäre ortsmitte: kollonade und markthalle

Engere Wahl

LAUX ARCHITEKTEN GMBH

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

TERRA.NOVA Landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Lagegunst inmitten der reizvollen Kulturlandschaft zwischen Glonn und Amper, nahe München und Flughafen, lässt im Rahmen einer Neustrukturierung des Ortes große Potenziale zur Erweiterung, Nachverdichtung und Durchmischung erkennen.
Stellte die Keimzelle des Ortes bislang das topografisch exponiert gelegene Kloster dar, war Schönbrunn in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder additiv erweitert und funktional ergänzt worden.
Das Erscheinungsbild des Ortes zeigt sich heute als ein heterogenes Konglomerat spezialisierter Strukturen, bestehend aus Kloster, Pflegeeinrichtung, Schulkomplex, Gewerbegebiet, Landwirtschaft und Dorf. Charakteristisch und identitätsbildend zeichnen sich eine nord-süd-verlaufende Magistrale als Platzfolge ab, eine in ost-west-gerichtete, baumbestandene Freiraumfolge sowie die grünen Ortsränder.
Das Strukturkonzept greift den Genius Loci auf und ergänzt das Kloster um einen zweiten Schwerpunkt als neue Ortsmitte gegenüber dem Haus der Begegnung.
Als erste großformatige Intervention schafft eine Freiraumkolonnade neue Identität und verbindet den Bestand mit den neuen Nutzungen. Sukzessive arrondieren zusätzliche Wohnflächen im Nordosten den Siedlungskörper und formulieren einen klaren Ortsrand als Übergang zur Landschaft.

Für eine Ortserweiterung durch zusätzliche Siedlungsflächen wird vornehmlich der nord-östliche Ortsrand vorgesehen. Eine neue Ringstrasse entlastet die ursprüngliche Ortsdurchfahrt weitgehend von Erschließungsfunktion. Es entsteht eine maximal verkehrsberuhigte Platzfolge mit barrierefreier Oberflächengestaltung als zentral gelegenes Rückgrat des Ortes.
Die neue Ringstrasse erschließt die sukzessive zu entwickelnden Baufelder am Ortsrand. Zusätzlich zu den dezentralen Stellplatzflächen im gesamten Ort befindet sich hier eine Konzentration des ruhenden Verkehrs, der den Ortskern von Suchverkehren freihält und zugleich mit einer solarbetriebenen E-Mobilty-Station als multimodales Angebot einen nachhaltigen Beitrag zur Nahmobilität und Verkehrsentlastung liefert.
Für eine zukünftige Erreichbarkeit der nördlich gelegenen Sportflächen, des Schulzentrums und des Friedhofs wird die Möglichkeit einer Westumfahrung durch Ausbau eines Feldwegs empfohlen.

Der städtebauliche Entwurfsansatz sieht vor, die Erweiterung Schönbrunns maßstäblich zu entwickeln, die jeweiligen Bereiche individuell zu prägen und zugleich in einen gestalterischen Kanon einzubinden.
Die Siedlungspotenziale werden vornehmlich im nord-östlichen Ortsteil Schönbrunns vorgesehen. Hofartige Strukturen definieren hier klare und übersichtliche Nachbarschaften mit gemeinschaftlich nutzbaren Bereichen und ermöglichen eine sukzessive und marktorientierte Entwicklung.
Der Bestand wird dabei funktional ergänzt und sensibel arrondiert. Parallel entstehen Wohnfolge- und soziale Einrichtungen, die das System der Siedlungsbausteine bedarfsgerecht komplettieren. An der ‚Viktoria-von-Butler-Strasse’ akzentuiert gegenüber dem ‚Haus der Begegnung’ die räumliche Setzung einer Kolonnade die neue Ortsmitte mit zusätzlichen Nutzungen.

Wurde das Areal entlang des Werkstättenwegs aufgrund seiner Lage und geringen Nutzungsdichte bislang als Ortsrandlage empfunden, bietet die neue Bebauung die Chance zur Neuorientierung und Ausbildung einer zentralen Ortsmitte.
Eingebunden in einen überdeckten Kolonnadengang sind hier drei Häuser als Wohncluster vorgesehen. Diese zukunftsorientierte Form des Wohnungsbaus aus autonomen Kleinwohnungen, die zu größeren Gemeinschaften zusammengeschlossen werden, ermöglicht generationenübergreifende Wohnformen und Pflegeeinrichtungen.
In den Erdgeschossen der Wohncluster befinden sich Gemeinbedarfseinrichtungen und Läden, die das Haus mit dem Ort vernetzen.
Zusätzliche Nutzungen, wie Markthalle, Café, Treffpunkte und Aufenthaltsbereiche sind in die Kolonnade integriert, die durch den Mix aus Nutzungen und Freibereichen die Quartiersmitte attraktiv ergänzen.
Das Ortszentrum wird damit sowohl für die Bewohner und die Mitarbeiter des Franziskuswerks, als auch für die zukünftigen Bewohner, Besucher und Tagesgäste zu einem attraktiven und belebten Standort mit Ausstrahlung.
Die Kolonnade als Ort der Begegnung, als gedeckter Wandelgang für den Flaneur, Treffpunkt am Nachmittag, Wochenmarkt und vielfältiger Veranstaltungsort wird das neue Zentrum Schönbrunns und umschreibt eine Gartenlandschaft als vielfältigen Erlebnisraum.

Das vorhandene Freiraumpotential des Ortes wird konsequent weiterentwickelt, die vorhandenen Qualitäten
werden gesichert, präzisiert und langfristig in eine übergeordnete Freiraumstruktur eingebunden, die eine starke Korrelation zum umgebenden agrikulturellen Landschaftsraum aufnimmt. Über historische Feldwegestrukturen und Straßen wird das Innen stärker mit dem Außen verbunden, die neuen und bestehenden Grünstrukturen der Parklandschaften besser mit der Umgebung vernetzt.
Eine wesentliche Rolle kommt hierbei einerseits dem Ost-West verlaufenden Grünzug, andererseits der zentralen Nord-Süd ausgerichteten Platzfolge zu. Als übergeordnete Freiraumelemente verleihen sie dem Ortsgefüge eine primäre Grundstruktur.
Daran angegliedert greifen sogenannte ‚Freiraumspots‘ vorhandene Besonderheiten auf oder schaffen neue und übertragen diese in identitätsstiftende Grünräume mit eigener Spezifik, wie beispielsweise:

. das Ortszentrum mit seiner ‚Gartenlandschaft‘ im Innern der Kolonnade, eine Art ‚hortus conclusus‘ mit üppiger, gärtnerischer Pflanzenvielfalt
. die Obstgärten der Gärtnerei mit ihren einprägsamen Reihenpflanzungen
. der Schlosspark mit seinen markanten Baumsolitären
. der Gebhardshügel mit seiner ausgeprägten Topographie
. der Lesegarten am Haus der Begegnung
. der Spielpark im talartigen Übergang zur Landschaft
. der alte Friedhof an der Kirche
. etc.

Ausgehend vom Ortszentrum fügt ein feingliedriges, öffentliches Wegenetz die Freiraumspots zusammen und eröffnet die Möglichkeit kleiner oder ausgedehnter Spaziergänge im Freien.
Weitere, kleinmaßstäbliche Freiraumtypologien verfeinern das differenzierte Gefüge der Außenräume bis hin zur Wohnungsebene der bestehenden und neu geschaffenen Haustypologien. Höfe, Straßen, Alleen, Gassen, Privatgärten oder Wohnwege vervollständigen das abgestufte System der gemeinschaftlich und privat nutzbaren Freiräume zu einem großen Ganzen, der Wohnlandschaft Schönbrunn.
Somit ist der Freiraumbezug innerhalb des gesamten Areals erlebbar und zugänglich, schafft in Korrelation mit der Bebauung Identität, Gliederung, Eingang und Adresse und formuliert so einen lebenswerten Wohnstandort.

Beurteilung durch das Preisgericht

Ein Achsenkreuz gliedert und strukturiert den Ort. Es wird gebildet zum einen durch die Viktoria-von-Butler-Straße als vertikaler Magistrale und zum anderen durch einen übergeordneten Grünzug unter Einbeziehung von Kirche, Kloster und Schloss. Sinnfällig an dieses Achsenkreuz angelagert sind das geistliche Zentrum und diagonal gegenüberliegend die neue Ortsmitte. Diese klare Struktur geht in der konkreten Ausformung der Ortsmitte leider etwas verloren. Die Idee, die unterschiedlichen Gebäude mit einer umlaufenden Kolonnade zu fassen und damit einen witterungsgeschützten Aufenthalt im Freien zu ermöglichen, wird grundsätzlich positiv beurteilt. Kritisch hinterfragt wird aber der Umstand, dass diese Kolonnaden zum Teil mäandrierend auch hinter den Gebäuden verlaufen sowie die Tatsache, dass dabei erhebliche Höhenunterschiede zu überwinden sind. Um die gewünschte Wirkung entfalten zu können, müsste die Ortsmitte zudem in einem Zug erstellt werden. Die zentrale Wirkung des freigestellten Trafogebäudes entspricht nicht der Bedeutung und Qualität dieses Bauwerks. Während die Ortsmitte sehr detailliert ausgearbeitet wurde, erscheinen die übrigen Wohnbereiche eher schematisch. Auch wenn sich die aufgezeigten, sehr streng anmutenden Gebäudestrukturen am östlichen Ortsrand nach Norden hin etwas auflösen, entstünde eine bedenklich harte Siedlungskante, die bis auf die horizontale Grünachse bedauerlicherweise kaum einen Bezug zur Landschaft aufweist. Auch der Abschluss mit dem Parkdeck und Versorgungsküche sorgt dafür, dass das Erscheinungsbild von Osten her wenig attraktiv ist. Die aufgezeigten Strukturen sind gut geeignet, um inklusivem Wohnen und Leben den gewünschten Raum und Rahmen zu geben. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die differenziert ausgestaltenden Freiräume, die mit ihrer jeweiligen Charakteristik eine vielfältige Nutzung ermöglichen. Insgesamt trägt die klare Strukturierung von Straßen- und Raumabfolge zu einer guten Orientierbarkeit im Ortsgefüge bei. Die Verkehrsführung ist eindeutig und funktioniert gut. Kritisch gesehen wird der Umstand, dass die Stellplätze nicht immer dort angeordnet sind, wo sie benötigt werden. Der Entwurf verspräche eine wirtschaftliche Umsetzung, insbesondere aufgrund des sparsamen Flächen-verbrauchs. Die als Zielsetzung genannten Orientierungswerte sind übererfüllt. Insgesamt bleibt festzustellen, dass die Potentiale, die sich mit der Grundidee hätten erschließen lassen, leider nicht ausgeschöpft werden konnten. Der Beitrag stellt sich dennoch als ein im Vergleich höchst achtbares Projekt dar.
lageplan: gesamtkonzept

lageplan: gesamtkonzept