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Nichtoffener Wettbewerb | 07/2016

Plantage Potsdam

Perspektive Plantage

Perspektive Plantage

2. Preis

Preisgeld: 10.000 EUR

Lützow 7 Müller Wehberg Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Plantage Potsdam

Die Plantage als eine der drei ältesten Platzanlagen Potsdams besitzt eine, die Gestaltung betreffende wechselvolle Geschichte, die dem Grunde nach mit der Erstanlage unter Friederich Wilhelm I. (dem Soldatenkönig) begann. Der Trockenlegung des Feuchtgebietes 1730 mittels der Pflanzung einer Plantage mit Linden- und Maulbeerbäumen folgte 1778 die Anlage eines Exerzierplatzes mit doppelter Baumrahmung, die mittig einen Schotterplatz einfasste. Der damals auch als Garnison-Plantage bekannte Platz wurde von Peter Josef Lenné 1850 umgestaltet und verschönert. Dieser erhielt damit erstmalig eine Ausprägung als grüner Stadtplatz mit geschotterter Mitte. Um 1900 wurde der Schotter abgetragen, das Lennésche Andreaskreuz der diagonalen Wegebeziehungen begradigt und eine Rasenfläche mit Solitärgehölzen angelegt. Erst 1969 entstand das heute als Plantage bekannte Ensemble der Freianlage. Der Auffassung nach sehen einige in der Plantage mit Garnisonkirche und Langem Stall ein kulturell herausragendes Beispiel der Epoche des Soldatenkönigs Friederich I.
Die zukünftige Potsdamer Plantage unter Berücksichtigung der Geschichte, sowie der Vielzahl von Anforderungen an eine zeitgemäße Freianlage als grünen Stadtplatz, sehen die Verfasser als die Chance, die wechselvolle Geschichte des Ortes mit der Gegenwart und Zukunft zu verknüpfen. Hierbei steht die stadträumliche Figur des Platzes im Kontext zur Ausdehnung des Langen Stalls und in Ausrichtung auf den Ort der ehemaligen Garnisonkirche im Mittelpunkt der Betrachtung.
Eine Konzeption, auch im Hinblick auf die Szenarien der Stadtentwicklung an der Breiten Straße stellt hierbei den differenzierten Lösungsansatz auch im Rückgriff auf die historischen Planwerke wie selbstverständlich dar. Die dem historischen Umgriff entsprechende identische Figur der Platzanlage im Gesamtkontext beinhaltet bereits eine niveaugleiche und ausgewogen proportionierte Figuration, ebenfalls beim Erhalt des Rechenzentrums. Die gänzliche Orientierung der Tiefe des Raumes ist jedoch auf die Proportionen des Langen Stalls in einer späteren Stufe favorisiert anwendbar.
Der Gesamtentwurf zitiert, interpretiert und integriert Elemente der historischen Planungen in Essentials, wie das Motiv der Plantagenbäume von 1730, das Wegekreuz zur Platzquerung, die Pflanzungen zur nunmehr ruhigen östlichen Platzkante mit Blick auf den Lennéschen Umgriff. Dieser östliche Platzrand wird durch einen Blütengang mit einem schützenden Pflanzboskett für den ruhigen Aufenthalt zum Erschließungsweg am Langen Stall auf dem Platz konzipiert. Die heutigen Anforderungen an Spiel, Sport und Aufenthalt lassen neue Identität und Identifikation zu. Der westliche Platzrand erhält mit dem Spiel- und Sport-Aktionsband eine attraktive und aktive Promenadenseite.
Die grüne Rasenintarsie wird durch einen markanten gestuften Rahmen umschlossen und bietet vielfältiger Nutzung Raum. Rasenspielfeld und Gymnastikwiese integrieren sich auf der großzügigen Fläche der offenen Mitte. Räumlich gefasst wird das weite Rasenparterre, auf dem einige Plantagenbäume wie Maulbeeren etc. sowie ein Großteil des Lindenbestandes Platz finden, durch das Lindenkarree aus überlieferter Planung. Das Parterre ist 45cm eingetieft, wobei die Bestandsbäume und Wegeanschlüsse topografisch aufmodelliert werden. Zum Norden an der angrenzenden Yorckstraße finden Bänke zum Aufenthalt und Kontemplation, sowie die Baulichkeiten für die Unterrichtsutensilien unter einem fliegenden Pergolen-Dach Platz. Im Süden sind Szenarien mit jeweils einem selbstverständlichen Abschluss auf Basis der jeweiligen Baulichkeiten aufgezeigt.
Der historische Stadtkanal wird seitens der Verfasser wieder in seiner ursprünglichen Bedeutung als mit Wasser gefüllter Kanal auch als stadtprägendes Element gesehen. Solange dieses nicht möglich ist wird als Interimslösung vorgeschlagen, die den Kanal rahmenden Mauern durch ein 60 cm breites Bord nachzuzeichnen, die Topografie des Kanalbettes um ca. 50 cm abzusenken und durchgängig mit Lavendel oder Gräsern zu bepflanzen.
Die entwurflich und nutzungsbezogenen verwendeten Materialien nehmen mit Granitpflaster und wassergebundener Decke typische Materialitäten der Stadt Potsdam auf. Das Aktivband erhält einen Sportbelag (EPDM) in einer Farbgebung, welche mit der Tenne der Parkwege korrespondiert. Der gestufte Rahmen wird in hochwertigen Ortbetonoberflächen gesandstrahlt und mit einer Farbbeimischung dunkelwarmgrau hergestellt.
Die Plantage Potsdam wird konzeptionell, unter Berücksichtigung historischer und heutiger Anforderungen und Bedürfnisse, zu einem zeitgemäßen Stadtplatz-Ensemble für vielseitige Nutzungen und Erlebnisse – eine von Bäumen gerahmte grüne Intarsie in Potsdam.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf baut eine Entwicklungslinie von den historischen Schichten der Parkanlage bis in die Zukunft auf. So werden Versatzstücke aus vergangenen Epochen aufgegriffen und in neuer, zeitgemäßer Weise rekombiniert: Plantagenpflanzung, Solitärgehölze, Rasenflächen und Lennésches Andreaskreuz. Dabei entfaltet die Komposition eine große Selbstverständlichkeit. Über diesen Gestaltungsansatz wird eine inhaltliche und gestalterische Verknüpfung zu den anderen historischen innerstädtischen Grün- und Platzanlagen aufgebaut. Der Arbeit gelingt die Synthese von bewährten, klassischen und modernen Gestaltungsgesten. Die Zonierung des grünen Platzes ist auf einen maximal großen Rasenteppich in der ansonsten eher verdichteten Innenstadt ausgelegt. Der nördliche und südliche Wegerahmen aus wassergebundener Wegedecke ist schmal gehalten - im Norden durch einen räumlichen Akzent in Form einer Pergola nochmals gegenüber dem Straßenraum gefasst. Die beiden langen Flanken sind feiner ausdifferenziert. Im Osten wird eine private Zone über die Abfolge von Hecken, Wohnweg, lange Bank, Blütengang und Staudenrabatte angelegt. Kontrastierend wird die westliche Seite als öffentliche Promenade, überlagert mit Sport- und Aktivitätsband, offeriert. Die Grenze zur Straße wird über eine Hecke mit eingelagerten Sitzmöglichkeiten eingerichtet; als Abschirmung des Spielbereichs zur Dortustraße erscheint sie zu schmal. Die intensiveren Nutzungen werden im Westen konzentriert und der Typus der klassischen Promenade durch diese funktionale Aufladung neu dekliniert. Diese Verdichtung ermöglicht den spannenden Kontrast zur großen und multifunktional offenen Wiesenweite im Zentrum. Die Anrampungen des Wegekreuzes und die zum weitestgehenden Erhalt der Bestandsbäume notwendigen Geländemodellierungen lockern in ihrer Willkürlichkeit den ansonsten strengen Rahmen wohltuend auf. Die Ausrichtung des Wegekreuzes über seine grafischen und die Historie referenzierenden Qualitäten hinaus wird von der Jury kritisch diskutiert. Alle geforderten Nutzungen werden zweckmäßig und die Gesamtfigur unterstützend integriert. Bereits mit Realisierung des 1. BA lässt sich eine ansprechende Anlage erwarten, die die wesentlichen gewünschten Angebote enthält. An der südlichen Grenze im Übergang zum Rechenzentrum und der Garnisonskirche zeigt sich die Anlage robust genug, um auf verschiedene Gestaltungsszenarien zu reagieren. Die Arbeit stützt sich auf den Ort eingeschriebene Gestaltungslinien, denen mit Respekt begegnet wird. In der Haltung und Ausdetaillierung lässt die Arbeit dennoch ein solides Grundgerüst und ein klares Bekenntnis für die Zukunft erkennen. Es ist zu erwarten, dass die Arbeit im vorgegebenen Kostenrahmen umsetzbar ist.
Lageplan Umgebung

Lageplan Umgebung

Lageplan Entwurf

Lageplan Entwurf

Detail Vertiefung Spiel/Sport

Detail Vertiefung Spiel/Sport

Detail Vertiefung

Detail Vertiefung