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Nicht offener architektonischer Realisierungswettbewerb mit Ideenteil nach RPW 2013 und VOF 2009 | 10/2016

Historische Mitte

Via Culturalis

Via Culturalis

ein 3. Preis

Preisgeld: 66.000 EUR

Durisch + Nolli Architetti

Architektur

Erläuterungstext

Köln ist eine Museumsstadt, die ihrer Vielfalt wegen Menschen aus aller Welt anlockt. Das Domumfeld ist als Magnet mit Millionenpublikum Stadteingang und Drehscheibe zugleich für Besucher der Innenstadt und des Stadtraums Rhein. An dieser historisch bedeutsamen und prominenten Stelle soll eine neue Museumsinsel am Roncalliplatz entstehen, in unmittelbarer Nähe zum Kölner Dom, dem Unesco-Weltkulturerbe.

DREI Institutionen, EIN Gebäude
Das projektierte Gebäude setzt sich kohärent mit den hohen städtebaulichen, architektonischen und funktionalen Anforderungen der Auslobung auseinander. Es wird eine ganzheitliche Architektur vorgeschlagen, die versucht alle Aspekte in einem einheitlichen Gesamtkonzept zu vereinen. Die große Menge an gestellten Bedingungen werden in einem artikulierten Gebäude formuliert, das eine einheitliche, regelmässige Architektur anstrebt. Durch die resultierende Eigenständigkeit fügt es sich selbstbewusst und präzise als Individuum harmonisch in den vorhandenen Stadtraum. Durch ein sorgfältig artikuliertes, starkes architektonisches Gefüge schafft das Bauvolumen auf ideale Weise präzise Bezüge zur Architektur der Stadt aufzunehmen und den Stadtraum zu allen Seiten hin eindeutig zu definieren. Ganz im Sinne Camillo Sittes strebt der Entwurf eine maximale Geschlossenheit des Stadtraumes und der vorgelagerten Plätze an, um eine Sequenz aus wohl proportionierten und gut definierten Räumen zu erlangen. Das Gebäude gliedert sich in drei strukturell autonome Gebäudeflügel, wodurch eine klare Artikulation der drei unterschiedlichen Institutionen ermöglicht wird, ohne dabei das Potential eines kompositorischen Ensembles außer Acht zu lassen. Das Gebäudensemble verfügt über eine einheitliche Fassade, ein verbindendes Dach und eine einheitliche Höhenabstufung. In einer zweiten Hierarchie sorgen leichte Differenzierungen, Unterscheidungen in den Proportionenzu identitätststifenden Merkmalen. Jede Institution verfügt über eine eigene und eindeutige Adresse, die durch die Erkennbarkeit der jeweiligen Institution als eigenständige Einheit innerhalb des homogenen Gebäudeensembles unterstrichen wird. Einerseits werden die drei Institutionen gebündelt, andererseits wird ihnen jeweils ein qualitativ hochwertiger öffentlicher Stadtraum zugewiesen, auf welchen die Einrichtungen sich beziehen und ausrichten. Das typologische Makro-Element des Portikus unterstützt die Ablesbarkeit der drei Institutionen und definiert ihre jeweiligen klar zugeschriebenen Eingänge. Jede Institution verfügt über die ganze Länge der Eingangsfassade über einen vorgelagerten zweigeschossigen Portikus, der den Nutzern und Besuchern einen attraktiven gedecketen städtischen Raum bietet.

Gelenk & Vermittler
Der Entwurf für die Historische Mitte Köln geht von der Annahme aus, dass eine städtebauliche Verankerung nur mit einer intensiven Auseinandersetzung mit dem geschichtsträchtigen Ort erreicht werden kann. Das projektierte Gebäude nimmt daher an möglichst vielen Stellen ganz präzise Bezüge zu seiner Umgebung auf. Das Gebäude operiert nicht ausschliesslich aus dem unmittelbaren, bereits komplexen Kontext heraus, sondern nimmt ebenso großmaßstäbliche Bezüge wie die zum Rheinufer auf. Der Stadtraum wird als fliessende Verbindung in Ost-West-Richtung zum Rhein gelesen. Hier setzt das Projekt an und entwickelt das Potential eines lenkenden Verteilers, das vom öffentlichen Raum kontrolliert umspült wird. Das Gebäude wird somit nicht ausschliesslich auf den Abschluss und Auftakt des Roncalliplatzes beschränkt, sondern nutzt die Chance den vorhandenen allseitig umgebenden Stadtraum authentisch mit kleinen Korrekturen zu transformieren und zu verbessern. Es ist dem Domhotel ein starkes Gegenüber, es wertet das Römisch-Germanische Museum durch einen neuen attraktiven öffentlichen Aufenthaltsraum auf und ist räumlich inszenierte Verbindung nicht nur zum Kurt-Hackenberg-Platz, sondern gar zum Rhein hin. Betrachtet man im erweiterten Situationsplan den weiträumigen Bezug mit der Architektur der Stadt, von Domplatte bis Rhein, besticht das neue Gebäudeensemble im Stadtgefüge durch seine klare Form.

Volumetrie
Ein sowohl in der Höhenentwicklung als auch in der Baumassenverteilung fein abgestufter Baukörper fügt sich differenziert in das Gefüge des vorhandenen Stadtraumes. Durch die Abstufung der drei Gebäudeteile wird sorgsam zwischen der Höhe des zukünftig aufgestockten Domhotels auf Roncalli-Ebene, als auch mit dem am Kurt-Hackenberg-Platz befindlichen Hotel Mondials vermittelt. Der Neubau klärt bestehende Raumbezüge und schafft zugleich neue. Durch die beidseitige Abstufung der Volumina ensteht eine klare Insula, die die umliegenden Plätze verbindet. Analog zur vertikalen Abstufung auf Dachebene, fügt sich das Gebäude auf der Strassenebene ebenfalls gestuft in den städtischen Raum ein und generiert definierte Aussenräume, differenzierte Sichtachsen und Bezüge durch präzis abgestimmte Fluchtlinien zur Umgebung. Das Kurienhaus steht am Roncalliplatz, lässt die bedeutsame Sichtachse von der Via Culturalis kommend auf das Südportal der Kathedrale frei und fasst den intimen Taschenplatz „Am Hof“ räumlich. Das Kölnische Stadtmuseum stellt sich in ein direktes Vis-à-Vis zum Römisch-Germanischen Museum, ihre inhaltliche Zusammengehörigkeit wird durch gegenüberliegende Eingänge und Foyers unterstrichen. Das Studiengebäude ist zum zukünftig neu gestalteten Kurt-Hackenberg Platz ausgerichtet und fasst diesen zu einem präzisen Carré. Während das Kurienhaus der Hohen Domkirche auf den Roncalli-Platz und zum Dom ausgerichtet ist, so entsteht vor der transformierten Römergasse ein neuer öffentlicher Raum. Die notwendige Schliessung des überdachten Durchgangs des Römisch-Germanischen Museums bietet neue Gestaltungsmöglichkeiten für das Entrée beider Museen. Eine neue hochwertige Passage kann entstehen, die Aufenthaltsqualitäten verspricht mit Programmen wie Café, Museumsshop und Foyer, die diesen öffentlichen Raum beleben. Die feine Degradierung der Südfassade zum Hof erlaubt die Artikulierung des großen Neubauvolumens zur kleinteiligen Bebauung der Altstadt mit ihren unregelmäßig großen Blockrandbebauungen bei gleichzeitiger Gestaltung des Straßenraumes mit Aufenthaltsqualiäten.

Umsetzung Raumprogramm
Die drei Einrichtungen Kurienhaus, Kölnisches Stadtmuseum und Studiengebäude verfügen über einen gemeinsamen öffentlichen Raum im Erdgeschoss auf Roncalli-Ebene, der großes Interesse wecken und flexibel nutzbar sein soll. Das Foyer ist schwellenlos von der Roncalli-Ebene erschliessbar, von dem der größte Besucherstrom zu erwarten ist. Zur Strasse Am Hof hin ist das Foyer ein Stadtbalkon, zum Kurt-Hackenbergplatz ist sogar der Blick in die Baumkronen des zukünftig neu angelegten Stadtgartens möglich. Das Foyer des Kölnischen Stadtmuseums ist als eine große Drehscheibe gedacht, eine Plaza auf Roncalli-Ebene, die dem Besucher ermöglicht sich frei zu bewegen. Von dort wird verteilt, horizontal und vertikal. Hier befinden sich Kassen, Audioguides, das große Stadtmodell als Auftakt, angegliedert der Veranstaltungsraum und öffentlich einsehbar die gemeinsame Museumpädagogik von RGM und KSM. In unmittelbarer Nähe zum Foyer sind die Verkaufsflächen im Bereich der Kurie. Hier finden die Besucher den Museumsshop, das Café und die Fachbuchhandlung, die im ersten Obergeschoss über eine prominente Fläche verfügt, welche gleichzeitig die Galerie bildet für das darunter liegende Café. Der Entwurf bietet durch das gemeinsame Gefäß die Möglichkeit alle 3 Institutionen auf Foyerebene zu durchwandern. Eine formal starke skulpturale Museumstreppe erschliesst alle Museumsebenen und die halböffentlichen Bibliotheken. Sie ist durch die Ausformulierung großzügiger Podeste bereits Teil der Ausstellungsdramaturgie, da sie unterschiedliche Blickwinkel auf das große Stadtmodell ermöglicht. Bibliotheken und Studiensammlung sind in den Ausstellungsparcours eingebunden, sodass trotz der Realteilung, der Museumsbesucher die Einblicke in die anderen Einrichtungen haben kann, ohne dabei die internen Abläufe zu stören. Die Ausstellung beginnt nach dem Auftakt mit der vertikal erschlossenen Zeitmaschine Dom und der kontinuierlich verlaufenden „Chronologischen Achse“. Im mittleren Museumsgeschoss schließen nach dem großen Luftraum über dem Stadtmodell Themenräume an. Auf der obersten Museumsebene wird ein großes Raumgefüge angeboten unter einem attraktiven Dach mit diffusem Oberlicht. Schlaglichtartige Ausblicke zum Dom, zum Rhein und zur Altstadt inszenieren den Parcours.

Synergien
Der Entwurf nutzt das Potential die vom Auslober vorgeschlagenen Synergieflächen alle zu nutzen bei gleichzeitiger Gewährleistung der Realteilbarkeit. Desweiteren werden alle Bibliotheken auf der selben Ebene angeboten und die Verwaltungen der drei Einrichtungen so angeordnet, dass sie - wenn die Einrichtungen es wünschen- direkt horizontal miteinander verbunden sein können. Durch dieses Konzept kann auch die gemeinsame Erschliessung zwischen KSM und RGM optimiert werden. Teeküchen, WC’s und die gemeinsame Nutzung von Besprechungsräumen oder kontemplativer Höfe sind grundsätzlich möglich.

Tragwerkskonzept | Struktur
Die architektonische Intention einer auf einem orthogonalen Raster stehenden Bauwerks mit großzügigen der Kommunikation fördernden, lichtdurchfluteten Innenhöfen und einem weit gespannten Dach wird durch eine adäquate strukturelle Antwort begegnet. Das Tragwerkskonzept basierend auf einem Raster von 2.80 m nimmt insbesondere auf die standortspezifische Bodendenkmäler Rücksicht ohne dabei die wirtschaftlichen Aspekte eines Tragwerksentwurfs außer Acht zu lassen. Die Tragwerkselemente werden gebildet durch in 2.80 m respektive 5.60 m Abstand stehenden vorgefertigten Fassadenstützen, die in 11,20 m Abstand stehenden inneren Masterstützen und zusätzlich 8 lastabtragenden Erschliessungskernen, welche auch für die Erdbebensicherheit maßgebend sind. Die aus hochfesten Schleuderbeton gefertigten Innenstützen sind ebenfalls vorgefertigt angedacht und weisen einen Durchmesser von gegen 60 cm auf. Kerne und Stützen sind durch eine übergeordnete Unterzugsdecke verbunden, auf welcher die teilvorgefertigten Rippenplatten der Decken gelagert sind. Es wird großen Wert auf eine industrielle Bauweise und damit auch auf eine direkte vertikale Lastabtragung gelegt, welche trotz der großzügigen inneren Spannweiten ein wirtschaftliches Tragsystem ermöglicht. Die Krönung des Hauses bildet ein aus vorgefertigten, v-förmigen im Spannbett vorgespannten Trägern gebildetes Dach. Die Fundation ist mittels einer immissionsarmen und platzsparenden Mikropfählung angedacht, um Stützenlasten gezielt an nur bestimmten Orten in den anstehenden Baugrund abzuteufen. Licht, Raum und Struktur sollen das zukünftige Bauwerk nachhaltig prägen. Der ökonomische Ansatz mit einer Vorfertigung große Spannweiten zu überbrücken, ermöglicht nebst Großzügigkeit der modular zu bespielenden Räume und maximierte Flexibiliät für den Nutzer eine angemessene Wirtschaftlichkeit an.

Beurteilung durch das Preisgericht

Leitbild: ‘Individuum im Stadtraum‘
Die durch die Verfasser gewählte Leitidee ist im Entwurf überzeugend und nachvollziehbar umgesetzt. Es gelingt die Setzung eines eigenständigen Gebäudekomplexes, der sich sehr gut in die Umgebung einfindet. Die Verfasser schieben ein im Volumen sinnvoll gestaffeltes Gebäude in den Raum zwischen Stadtkante und Römisch-Germanisches Museum. Durch die maßvolle Strukturierung des Gebäudevolumens verortet sich der Baukörper überzeugend in seinem städtebaulichen Kontext. Positiv gesehen wird, dass über die sich verjüngende Staffelung eine Klärung der Räume zwischen dem angrenzenden Museumsbau und entlang der Straße am Hof gelingt. Kontrovers wird dabei allerdings die geringe Distanz zum RGM diskutiert.
Über den symmetrischen Gebäudekomplex wird die Eigenständigkeit des RGMs bewahrt und der Straßenraum sinnvoll strukturiert. Die Symmetrie des Gebäudekomplexes stellt auch ein maßvolles Gegenüber zur Domgeometrie her. Der Gebäudekopf fasst den Roncalliplatz auf überzeugende Weise.
Die feine vertikale Fassadengliederung tritt auf zurückhaltende Weise in den Dialog mit der Domfassade. Dass die Fassaden der unterschiedlichen Nutzungsbereiche unter Verzicht auf eine Hierarchisierung vereinheitlicht werden, wird durch die Jury allerdings unterschiedlich bewertet. Durch die Staffelung des Baukörpers und das detaillierte strukturierte Relief der Fassade entsteht ein interessantes Spiel zwischen offen und geschlossen, das je nach Bewegungswinkel unterschiedlich in Erscheinung tritt. Dem Gebäudekomplex gelingt es dadurch, situativ räumlich präzise zu reagieren. Beispielhaft sind die Arkaden zu erwähnen, die der Adressbildung an den jeweiligen Haupteingängen dienen und zu den drei Hauptnutzungen führen.
Die Dreiteilung des Gebäudevolumens spiegelt auch die inhaltliche Aufteilung des Gebäudes wider. Der Grundriss überzeugt durch eine übersichtliche, einfach angeordnete Struktur und ein hohes Maß an Funktionalität. Die Setzung der Erschließungskerne ermöglicht Flexibilität. Eine große Treppenanlage findet ihren logischen Abschluss mit der römischen Straße, die in sinnvollem Kontext zum römischen Hafentor steht. Der mittig im Gebäudekomplex angeordnete zweigeschossige Ausstellungsraum ist jedoch in seiner Größe zu hinterfragen.
An diesem sehr sensiblen Ort wird auf die große Geste verzichtet. Der vorgeschlagenen Lösung gelingt in ihrer gestischen Zurückhaltung ein kraftvoller und überzeugender Auftritt, der allerdings in seiner einheitlichen Rhythmisierung kontrovers diskutiert wird.
Am Hof

Am Hof

Kurt-Hackenberg-Platz

Kurt-Hackenberg-Platz

Römergasse

Römergasse

Foyer

Foyer

Gelenk & Vermittler

Gelenk & Vermittler

Adressbildung

Adressbildung

Portikus

Portikus

Grauplan

Grauplan

Erdgeschosse, Ebene Roncallli-Platz

Erdgeschosse, Ebene Roncallli-Platz

Volumetrie

Volumetrie

Realteilbarkeit & Synergien

Realteilbarkeit & Synergien