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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2016

Stadtstrecke

Anerkennung

West 8 urban design & landscape architecture b.v.

Landschaftsarchitektur, Stadtplanung / Städtebau

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Vermächtnis für Bremen

Im Entwurf für das südliche Weserufer steckt die besondere Aufgabe das liebgewonnene heutige Weserufer vollständig zu ersetzen. Eine neue, hochwassersichere Uferbefestigung wird in den kommenden Jahrzehnten das Stadtbild nachhaltig prägen. Daher sehen wir in der Entwurfsaufgabe keine modische Gestaltungsaufgabe, sondern vielmehr den Auftrag der Stadt Bremen einen zeitlosen robusten und zukunftsorientierten Entwurf für das Südufer der Weser zu entwickeln.

Nachhaltiges Südufer

Die Grundidee unseres Entwurfs beruht auf dem Thema vielschichtiger Nachhaltigkeit. Einerseits gilt es ein zukunftsweisendes Wasserbauwerk zu erstellen, das mehr ist als eine gewöhnliche Hochwasserschutzmauer. Sie ist solide, durchgängig und Stadtbild prägend. Zudem ist die Schutzwand ein städtebaulich zeitloser Ersatz für die heute prägende grüne Stadtansicht des Südufers der Weser. Die Entwurfsaufgabe muss also in einem grünen Weserufer resultieren und beinhaltet damit auch die Uferbänke. Wir sehen in der Aufgabe auch die Chance ein


Mauerbiotop für Flora und Fauna in der Bremer Innenstadt zu erstellen. Eine Mauer, die die Artenvielfalt in der Stadt vergrößert. Schlussendlich soll die neuangelegte Schutzanlage für mehr Aufenthaltsqualität für die Bremer Bürger sorgen. Es geht dabei insbesondere um die Aufenthaltsqualität für die Bewohner und Nutzer der Alten Neustadt. Das Ufer wird zum neuen Treffpunkt der Generationen und Kulturen, ein Ufer für Jedermann.

Weser mit zwei Gesichtern

Die Weserufer zeichnen sich durch einen starken Kontrast in Gestaltung und Nutzung aus. Das nördliche Altstadtufer ist überwiegend städtisch, optimal besonnt und vielbesucht. Das Südufer ist durch Deich und Baumbestand sehr grün, geringer genutzt und schattenreich. Der charakteristische Kontrast soll erhalten bleiben und wird zur Entwurfsidee: Baumbestandenes Ufer mit grüner, nachhaltiger Hochwasserschutzwand zur vorrangigen Nutzung für Fahrradfahrer und die Bewohner der Alten Neustadt.
Grünes Kontinuum an der (Kleinen) Weser


Die nachhaltige Hochwasserschutzwand ist ein Alleskönner. Sie vermittelt zwischen allen unterschiedlichen Anschlusshöhen der Erschließungsstraßen und ermöglicht gleichzeitig alle notwendigen Funktionen. Dabei hält sie, von der gegenüberliegenden Uferseite aus gesehen, eine Höhe entlang der Weser und erzeugt damit ein ruhiges Stadtbild des Südufers. Der obere Balkonbereich ist lediglich im zentralen Bereich zwischen der Langmarkstraße und der Wilhelm-Kaisen-Brücke in der Fläche etwas aufgeweitet und bietet mehr Raum für Fahrradfahrer und Fußgänger, da hier ein höherer Nutzungsdruck zu erwarten ist. In diesem Bereich befinden sich auch drei der fünf Bauwerke, die entfernt an die historischen Bockwindmühlen entlang der Weser erinnern, mit jeweils unterschiedlichen Funktionen. Die Bauwerke sind in Lage und Funktion bewusst den Bedürfnissen ihrer Umgebung abgeleitet:
- Eine offene Pergola dient als Treffpunkt in unmittelbarer Nähe zum Altenheim.
- Eine Treppe neben dem Clubhaus des Kanuvereins ermöglicht den Zugang zum
Wasser und zur Kanutreppe an der Kleinen Weser.
- Ein Bauwerk ist als Klettergerüst für Kinder gestaltet.
- Ein Kiosk befindet sich in Schulnähe und ist in der Morgensonne angeordnet.
- In der Nähe des Becks-piers steht ein Infopavillon für die Brauerei.
Hochwasserschutz und Gestaltung

Um den gewünschten Schutzeffekt gegen Hochwasser zu erreichen hat die Auftraggeberin eine Machbarkeitsstudie erstellen lassen, die eine Schutzmauer aus Stahlbeton mit Bodenankern empfiehlt. Dieser Vorschlag wird in unserem Konzept uneingeschränkt übernommen. Die Stahlbetonmauer ist der technische Kern für den Hochwasserschutz. Am Fuße der Schutzmauer befindet sich ein Unterhaltsweg, der in seiner Funktion aufgenommen wird. Er bekommt jedoch in seiner Funktion eine untergeordnete, der Wasserwirtschaft dienende Bedeutung. Am Kopfende der Mauer jedoch entsteht ein Stadtbalkon, der je nach Lage im Quartier dem Aufenthalt und nachbarschaftlichen Leben dient. Gestalterisch entsteht flußnah, rund um den Unterhaltungsweg, ein zeitgenössisches Auenbiotop, während oben vor den Gebäuden am Deich ein gestalteter Balkonbereich entstehen wird.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit entwickelt die neue Ufersituation in der Neustadt in einer ausgeprägten Linearität mit durchgängig parallelen Wegeführungen, bei der unteren Promenade entlang der Weser und bei der oberen Promenade als Rad- und Fußweg den Straßenraum begleitend. Die klare Führung der Promenadenwege und die schlicht-eleganten Übergänge an den Endpunkten Stefanibrücke und an der Piepe überzeugen. Eine stringente einreihige Lindenpflanzung, eingebettet in einen breiten Pflanzstreifen, unterstreicht die einheitliche Linearität der Arbeit über alle Teilabschnitte hinweg. Auf der gesamten Länge der Stadtstrecke droht die Einfachheit und Klarheit dieser Struktur jedoch in Monotonie umzuschlagen und lässt angemessene städtebauliche Akzentuierungen vermissen. Zwar beleben die in die obere Promenade eingelagerten besonderen Nutzungsangebote, wie der Kinderspielplatz und der Rosengarten, die Promenade und sind in Bezug auf die Nachbarschaften stimmig platziert. In ihrer gestalterischen Ausformulierung können diese Elemente jedoch nicht durchgängig überzeugen. Problematisch stellt sich aus der Sicht des Hochwasserschutzes auch die Einlagerung von baulichen Elementen wie dem Kiosk und der Fontäne in der Aufstellfläche am kleinen Weserwehr dar.
Der wichtige konzeptionelle Beitrag, den diese Arbeit leistet, ist die ungewohnte Interpretation der Hochwasserschutzwand als ein durchgängiger vertikaler Stadtbiotop, der die Stadtsilhouette auf einer durchlaufenden Höhe grün und ruhig durchgängig prägt. Er wird ergänzt mit einer als auenartig interpretierten Vegetationsgestaltung entlang des unteren Promenadenweges. So wird ein Stück Flussnatur neu in die Stadt geholt. In dem Vorschlag für die Gestaltung der Hochwasserschutzmauer sieht die Jury einen anregenden und zukunftsträchtigen Beitrag für die Gestaltung von städtischen Infrastrukturbauten, die multifunktional sind und technische Funktionen mit der Gestaltung von Lebensräumen für Flora und Fauna verbinden.
Die Mauer ist aus einem Stahlbetonkern konstruiert, überzogen von Stahlbetonelementen. Deren rautenförmige Öffnungen können mit Klinkern ausgefacht und mit unterschiedlichen Betonfertigteilen besetzt werden, die eine vielfältige sukzessive Besiedlung mit Pflanzen und Tieren ermöglichen, wenngleich die prognostizierten Arten angezweifelt werden. Kritisch wird diskutiert, ob die vorgeschlagene Konstruktionsweise die angestrebte Besiedlung tatsächlich angemessen fördert und einen Erhalt der Mauer ohne allzu intensive Pflegemaßnahmen dauerhaft ermöglicht.
Die Arbeit wird als ein sehr anregender und zukunftsträchtiger Beitrag zur Gestaltung des urbanen Hochwasserschutzes gesehen. Sie kann aber in ihrem städtebaulichen und gestalterischen Gesamtansatz nicht in gleicher Weise überzeugen.
Ansicht von der Altstadt

Ansicht von der Altstadt

Kanutreppe am Wehr

Kanutreppe am Wehr

Rosengarten am St.-Pauli-Stift

Rosengarten am St.-Pauli-Stift

Detail Hochwasserschutzwand M 1 : 20

Detail Hochwasserschutzwand M 1 : 20

13 500 m2 vertikales Biotop

13 500 m2 vertikales Biotop