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Einladungswettbewerb | 11/2016

Garden Campus Vaihingen

gcv lageplan steidle architekten

gcv lageplan steidle architekten

Gewinner / Nach Überarbeitung

steidle architekten, Gesellschaft von Architekten und Stadtplanern mbH

Architektur

realgrün Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

PMI Ingenieurgesellschaft für Technische Akustik, Schall- und Wärmeschutz mbH

Akustikplanung, Bauphysik, TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Der Garten Campus Vaihingen

Mit dem neuen Garden Campus in Vaihingen besteht die einmalige Chance einer zukunftsorientierten städtebaulichen Entwicklung. Insbesondere die Einflüsse von E-Mobilität, Car-Bike-Bus-Sharing und gemischten Wohn- und Arbeitswelten können auf den speziellen Ort zugeschnitten werden und damit sichtbar und erlebbar gemacht werden.

Die Insellage
Die Insellage mitten in einem vom Schall beeinträchtigten Waldgebiet sehen wir als Herausforderung auf die gesteckten Ziele des Pilotprojekts und reagieren mit präzisen städtebauliche Maßnahmen. Gleichwohl wird eine weitergehende Vernetzung mit den angrenzenden Stadtteilen und den umgebenden Waldgebieten angestrebt. So müssen für die Bewohner der anderen Stadtteile, aber auch Besucher der Stadt Stuttgart Anreize geschaffen werden den Garten Campus zu besuchen und zu nutzen.

Schaffung von Attraktivität
Neben Freizeitaktivitäten und Einkaufsmöglichkeiten wird im Kontext mit den umgebenden Baufeldern ein größtmöglicher, zusammenhängender zentraler Park, der Waldpark entwickelt, der die bestehenden Waldflächen integriert und mit einer Naturwasserfläche erweitert wird. Der Waldpark ist im Kontext mit den angelagerten Bebauungsclustern und dem Denkmalensemble bestimmendes Element der städtebaulichen Grunddisposition. Er trägt maßgeblich zur Identitätsbildung des Gesamtareals bei.

Die Aufenthaltsqualität im Freiraum
Die unter Denkmalschutz stehenden Gebäude von Egon Eiermann und die Freianlagen von Walter Rossow verzahnen sich mit dem neuen Freiraum. Die schalltechnischen Voruntersuchungen haben allerdings gezeigt, dass trotz sechs Meter hohen Lärmschutzwänden die Belastung der Außenräume, speziell im Bereich der Eiermann Bauten, wesentlich über den erlaubten Grenzwerten für Freiräume zum Aufenthalt und Erholung liegen. Deshalb wird im Norden und Westen eine dem Waldsaum folgende durchgehende Schallschutzbebauung vorgeschlagen, die sich schützend um die Eiermann Häuser schmiegt.

Das Schleifenhaus
Das Freistellen der Eiermann Bauten zur Autobahn hin war bereits in den 70-er Jahren eine adressbildende Planungsabsicht. Durch das Schleifenhaus soll die alte, bekannte IBM Adresse wieder aktiviert werden und als unverwechselbares Landmark den Garden Campus Vaihingen überregional verorten.
Das besondere Bild einer verdrehten Schleife mit sich verändernden Haustiefen ist zur schallbelasteten Außenseite hin mit einem transparenten Erschließungsflur geplant. An den Engstellen, an denen sich auch die Eingänge befinden, verbleiben lediglich kaskadenartig angeordneten Treppen. So bleiben die Eiermann Bauten hinter einem interessanten Filter weiterhin präsent als Teil des Landmarks und der Adresse.
Die Wohnungseinheiten werden auf der Flurseite einer vorgegebenen Farbreihe folgend unterschiedlich gestaltet. Die im Grundriss variierenden Wohnungsbreiten werden so in die Fassade projiziert und generieren ein eigenständiges unverwechselbares Bild.
Das Schleifenhaus versteht sich als Kontinuum unterschiedlicher Nutzungen, beziehungsweise Abschnitten mit eigenen Zugängen, welches trotz der Großform überschaubare Einheiten abbildet und gut auffindbare Adressen aufzeigt. Das Gebäude kann als Studentenwohnheim, Boardinghouse oder Longstay Hotel genutzt werden. Im Bereich des Waldparks wird in den unteren Ebenen eine Kindertagesstätte und am östlichen Ende der Schleife zusätzlich Seniorenwohnungen vorgeschlagen. Der Anregung aus der Bürgerschaft, auf dem begrünten Dach des Schleifenhauses einen umlaufenden Panorama Fußweg anzubieten, könnte über spezielle, öffentlich zugängliche Treppenräume entsprochen werden.

Die Quartiere
Städtebauliches Leitbild für die neuen Quartiere sind Cluster aus gewachsenen Altstadtvierteln: nach außen hin wirken sie geschlossen, im Innern bieten sie überraschende Öffnungen und Platzsituationen mit hoher Aufenthaltsqualität. Jedes Baufeld steht im Bezug zum zentralen Park, kann aber separat von der Pascalstraße erreicht werden. Die Quartiere bilden überschaubare Nachbarschaften mit eigenständigen Adressen um jeweils eine gemeinsame, begrünte Mitte, die das Thema Waldquartier aufzeigen. Die vorgeschlagenen Gebäudetypologien ermöglichen eine größtmögliche Flexibilität und Nutzungsmischung innerhalb eines Quartiers. Der urbane Mix von Wohnen, Arbeiten und Versorgung in der Stadt wird hierbei konsequent umgesetzt. Die neuen Quartiere werden bewusst städtisch entlang der Pascalstraße positioniert. Sie nehmen eindeutig Bezug zum Straßenraum auf und wirken so der isolierten Insellage entgegen.
Die Punkthäuser am zentralen Waldpark markieren die Besonderheit des jeweiligen Quartiers. In den Erdgeschossen dieser Häuser befinden sich folglich Sondernutzungen wie Kaffees und die diversen E-Bike, E-Roller und Car Sharing Stationen. Sämtliche Gebäude erhalten einen adressbildenden Eingang vom begrünten Binnenraum. Durch die Mischung verschiedener Haustypologien und unterschiedlicher Architektursprachen um jeweils einen Quartiersplatz entstehen differenzierte Stadträume, welche hohes Identitätspotenzial entwickeln können. Dies gilt gleichermaßen für das Quartier als Ganzes, sowie für das jeweilige Haus im Quartier. Durch die Öffnung der Wohnhöfe nach Süden zur Pascalstraße hin wird eine abwechslungsreiche Abfolge unterschiedlicher Hausvolumen geschaffen, die sich gleichzeitig mit dem bestehenden Waldsaum verzahnen.
Für die schallbelasteten, aber gut besonnten Wohnungen Richtung Autobahn werden ausschließlich durchgesteckte Wohnungen vorgesehen. Die auf der Süd-Westfassade zur Autobahn liegenden Loggien dienen ausschließlich als vorgelagerte, unbeheizte Pufferzonen, die nicht zum dauernden Aufenthalt geeignet sind, den dahinterliegenden Aufenthaltsräumen eine natürliche Lüftung jedoch sicherstellen können. Die für den dauernden Aufenthalt bestimmten Balkone und Loggien orientieren sich zu den ruhigen Innenhofbereichen.

Die IBM-Bauten von Egon Eiermann
Die denkmalgeschützten Bürohäuser und das dazugehörige Gartenensemble können als private Hochschule mit externen Forschungseinrichtungen sowie Büros, beziehungsweise Start Up Center genutzt werden.
Für das künftig überdimensionierte Kantinengebäude wurde alternativ die Nutzung einer Grundschule geprüft. Durch die Schulnutzung bliebe das ehemalige Kantinengebäude als öffentlicher Ort für Ausstellungen, Versammlungen und Veranstaltung weiterhin erhalten.
Die denkmalgeschützten Bürogebäude weisen derzeit hochwertige Teakholz- Festverglasungen auf, die bei einer Umnutzung in jedem Fall mit Öffnungsflügeln ausgestattet werden müssten. Wegen des schallschützenden Schleifenhauses gelten für die neuen öffenbare Fenster reduzierte Schallschutzanforderungen. Somit wäre eine Umrüstung der bestehenden Fassade ohne gestalterische Einbußen möglich.

Das Park-Apartmenthaus
Auf Profil überragende höhere Häuser wurde in den Quartieren bewusst verzichtet. In Verbindung mit dem zentralen Mobility Center mit Seilbahn Anschluss wäre ein höheres Haus mit Kaffee und Aussichtsplattform, das im Dialog mit dem Waldpark und den Eiermann Bauten steht, möglich.

Das Mobilitätskonzept
Die Umsetzung eines zukunftsorientierten Mobilitätskonzeptes zeigt sich insbesondere bei der Gestaltung des öffentlichen und halb öffentlichen Raums. Auf den konsequent umgesetzt Shared Space Zonen wird der motorisierte Individualverkehr weitestgehend ausgeschlossen. Sämtliche Anlieferungen erfolgen über die Tiefgaragen. Dank der Hanglage bei den Zufahrten von der Pascalstraße werden aufwändige Lkw-geeignete Rampenbauwerke vermieden. Die oberirdischen Erschließungsflächen folgen durchgängig dem Prinzip des Shared Space – also einer Gleichberechtigung aller Verkehrsteilnehmer wie auch Fußgängern und Radfahrern in Tempo 20 Zonen.
Im östlichen Bereich wird in Verbindung mit dem Aussichtsturm ein zentraler Mobility Hub vorgeschlagen. An dieser Stelle erfolgt der Wechsel von den öffentlichen Verkehrsmitteln wie Seilbahn oder Busse zu den im Campus Garten genutzten Fortbewegungsmittel wie Fahrräder, E-Bikes oder E-Roller. Hier befindet sich auch eine unabhängige Tiefgarage für Besucher, welche dann auch bei Bedarf das Verkehrsmitteln wechseln können. Einkaufsmöglichkeiten, Bistros, sowie Paket-Verteilstellen ergänzen das Angebot in unmittelbarer Nähe. Zur besseren Vernetzung werden im westlichen Bereich für die Sharing Flotte zwei weitere Stützpunkte sowie Besucherstellplätze unterirdisch angeboten. Für den Radverkehr wird eine separate Brücke über die Pascalstraße mit direkter Waldzufahrt geplant. An jedem Hauseingang befinden sich zudem gut erreichbare und großzügig dimensionierte Fahrradräume mit Lade- und Pumpstation.


Die Mischung von großzügigen, vielseitig nutzbaren Freiräumen und gleichzeitiger urbaner Dichte mit einem konsequenten Mobilitätskonzept lassen einen zukunftsorientierten, eigenständige Campus Garden Vaihingen möglich erscheinen, der dennoch eine Ikone der Architekturgeschichte, die Bauten für die IBM von Egon Eiermann bewahrt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept für den Garden Campus Vaihingen besticht durch zwei starke, überraschende und doch außerordentlich sinnfällige Entwurfselemente:
Einen zentralen Freiraum, der durch das erhaltene Wäldchen im zentralen Bereich und einen dort angesetzten See als lichtungsartiges Element der umgebenden Waldlandschaft zelebriert wird. Dieser Freiraum prägt die Haupterschließung und damit die Identität des vollkommen neuen Quartiers. Das neue Quartier erhält damit eine Mitte, die Erholung und Nahversorgung im öffentlichen Raum integriert. Darüber hinaus hat der Freiraum das Potenzial, dass seine Attraktivität über das Quartier hinaus wirksam wird und eine – so die Verfasser – „Sonntagsstadt“ entsteht; ein Stadtquartier, das so attraktiv ist, dass der Sonntagsausflug am Wohnort stattfinden kann.

Die „Rahmung“ der denkmalgeschützten Pavillons von Egon Eiermann durch eine bewohnbare Schallschutzwand, die ein Angebot an unterschiedlichen Wohnformen für Studenten, Senioren etc. vorhält. Diese als „Schleife“ bezeichnete Wohnspange schirmt das gesamte Wohnquartier wirksam gegen den Verkehrslärm der Autobahn ab. Der klare Rand umschließt die bestehenden Gebäude und respektiert zugleich die Eigenständigkeit und Integrität des denkmalgeschützten Ensembles. Sie ist in Höhe und Dimensionierung so ausgelegt, dass tatsächlich Werte von unter 60dB(A) im Gebiet erreicht werden und eine hohe Wohnqualität im neuen Quartier denkbar wird.

Vervollständigt wird das Konzept durch frei flexibel nutzbare Baufelder.
Die Zukunftsfähigkeit zeigt sich in der Flexibilität der drei Quartiere. Innerhalb eines stabilen städtebaulichen Gerüsts kann im Laufe der Entwicklung an sich neu ergebende Anforderungen sowohl hinsichtlich der Baumassen als auch hinsichtlich der Nutzungen angepasst werden. Die prägnante städtebauliche Anordnung verhindert dabei Beliebigkeit und bildet eher ein robustes Gerüst. Dies zeigt sich auch in der Grundrissplanung.

Mit diesen drei städtebaulich eher zurückhaltenden Baufeldern als „Fond“ wird das Entree zum neuen Startquartier durch ein vertikales Gebäude entspannt und doch wirkungsvoll markiert. Es wird deutlich, dass „Urbanität“ nicht immer in der Vervielfachung maximierter Bauhöhen, sondern ihre Qualität durchaus in der präzisen Setzung einzelner Hochpunkte gewinnen kann.

Die Ausprägung des neuen Quartiers ist einerseits zukunftsweisend, andererseits Respekt gegenüber der Planung zum Zeitpunkt der Entstehung der Bürogebäude und des Gesamtensembles verpflichtet, so ist die Freiraumgestaltung an die damalige Planung von Walter Rossow angelehnt. Allerdings erscheint die darstellte Nutzung der Wasserfläche (Segelboote, großer Sprungturm) eher optimistisch.

Mobilitätskonzept:
Es sind Mobility Hubs vorgesehen, an denen auch die stationären Einrichtungen für eine Quartiers–Lieferlogistik angedockt werden können.
Insgesamt erfüllt der Beitrag die Erwartungen an ein besonderes, für zukünftige Lebensweisen programmatisches Quartier in höchstem Maße.

Das neue Quartier kann mit seinem starken städtebaulichen Ausdruck und der bewohnten Wand eine innovative und attraktive Prägung bekommen, eine Eigenständigkeit, deren Ausgangspunkt und urbaner Nukleus die Bauten von Egon Eiermann sind.
Lageplan M1000

Lageplan M1000

gcv schleifenhaus steidle architekten

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gcv waldpark steidle architekten

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gcv modell steidle architekten

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gcv schwarzplan steidle architekten

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