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Einladungswettbewerb (nur für Studenten) | 10/2016

Essen Süd-West-Stadt

StadtSCHICHTEN

StadtSCHICHTEN

microCITIES

1. Preis

Preisgeld: 1.500 EUR

Marcel Cardinali

Student*in

Alexa Langhoff

Student*in

Jolanda Steinmetz

Student*in

Erläuterungstext

VISION
Die aktuelle Stadtlandschaft ist geprägt von monofunktionalen Gebieten, denen es an Lebendigkeit und vielschichtigen Nutzungsangeboten fehlt. Das Planungsgebiet nahe der Essener Altstadt ist dabei eins von vielen, seit der Charta von Athen entwickelten, reinen Arbeitsstandorten aufgrund den für andere Nutzungen ungeeigneten Emissionen. Die Folge ist ein mittlerweile umschlossener Fremdkörper in der Stadt, der neben den zahlreichen vorhandenen Barrieren als zusätzliche fungiert.
Doch mit immer neuen Technologien, dem Trend zur Nachhaltigkeit und der innewohnenden Klimaneutralität, sinkt der Anteil der Emissionen von Betrieben des bearbeitenden und produzierenden Gewerbes stetig und wird zur Chance für eine vertikale Nutzungsmischung. Die Bandbreite an wohnungsverträglichen Arbeitsformen nimmt stetig zu, so dass auf lange Sicht die Ausnahme der ZeroEmission-Industrie zur Regel werden kann. Daraus resultierend entsteht eine nie dagewesene Dichte zwischen Wohnen, Arbeiten, Versorgung und Betreuungsangeboten. Eingeschossige Hallenstrukturen stehen nicht mehr allein an monofunktionalen Standorten, sondern bilden den Sockel für eine vielschichtige und diverse vertikale Stadt. Die benötigte Fläche für Städte wird kleiner. Neue Stadtlandschaften können entstehen und liefern für den Bearbeitungsraum das Potential lang benötigte Verbindungen zwischen Norden und Süden, aber auch zwischen Ost und West zu schaffen. Dabei dient die existierende Stadtschicht als Ressource für eine Verbindung aus neuen und alten Formen der Freiraumnutzung. Die dichte kompakte europäische Stadt findet so wieder zu ihren Wurzeln zurück, gibt dabei der Natur nicht mehr benötigte Flächen zurück und schafft so gleichzeitig ein Netz aus grünen Landschaften, das die nachhaltigen Bewegungsformen fördert.
Die Microcities schaffen eine neue Identität, sowie Zentralität und damit in der Folge eine neue fußläufige Erreichbarkeit und den nötigen Begegnungsraum für dieses Stück Stadt. Es ergeben sich neue funktionierende Dynamiken durch die ordnende Wirkung von schnellem und langsamen Fortbewegen, von lauten und leisen Orten, sowie öffentlichen und privaten Nutzungen. Nicht zuletzt ergibt die neue Vernetzung der Freiflächen eine klare Ablesbarkeit der neuen Quartiere. Die mittelalterliche Stadt von vorgestern wird so zur Vorlage für das Quartier von übermorgen.

KONZEPT
Das Plangebiet vernetzt Norden und Süden durch seine großzügigen Landschaftsachsen und setzt ein wichtiges fehlendes Stück in den Grünring von Essen. Das neue Freiraumnetz schafft den Sprung über die jahrzehntelang unüberwundenen Barrieren der Bahntrassen und der A40 durch Landschaftsbrücken. Das gesamte System der Grünräume wird feingliedrig an bestehende Strukturen, auch in Ost-West Richtung angeschlossen und bettet so die Quartiere wie selbstverständlichen in die Umgebung ein. Auf diese Weise entsteht neben der freiräumlichen Anbindung an die Innenstadt auch gleichzeitig der Lärmschutz für die Bahngleise im Norden. Die Revitalisierung durch Freiraum im thematischen Rahmen der grünen Hauptstadt Europas wird durch den Rückbau des schachbrettartigen Straßensystems begleitet und führt zu einer qualitätvollen und hierarchisierten Erschließung durch einfach Bügel einerseits, aber auch zu einer gesteigerten Freiraumqualität ohne kreuzenden MIV. Die neue Zentralität erlaubt Mobilitätsstationen und eine erhebliche Reduzierung des MIV-Anteils so dicht an der Essener Innenstadt. Das entstehende Freiraumnetz sorgt für eine qualitätvolle fußläufige Erreichbarkeit aller Zielorte in der Umgebung und leistet damit auch ein erhebliches Stück Stadtreparatur für umliegende Quartiere. Gleichzeitig dient es als Rahmen für die bauliche Entwicklung.

Im Sinne einer bestehenden Stadtlandschaft wird ein Großteil der bestehenden Gebäudestrukturen zur Ressource für Stadt und Landschaft. Bisher monofunktionaler Stadtraum wird überformt und in neue Nutzungsformen überführt, so dass es trotz nur 17% neugebauten Bruttogeschossfläche zu einer vollständigen Veränderung der Essener Süd-West-Stadt kommt. Bestehende Gebäudestrukturen und funktionierende Nutzungen werden gezielt mit fehlenden Stadtschichten ergänzt, so dass das Plangebiet eine nie gekannte Urbanität und Durchmischung von Arbeiten, Wohnen, Versorgung und Betreuung erreicht. Der städtebauliche Typus Halle dient dabei als Basis und wird durch eine Aufstockung mit unterschiedlichen Wohn- und Bürotypologien ergänzt. In der Regel nehmen dabei die Bürostandorte die aufgrund der Lichtverhältnisse für das Wohnen ungeeigneten Standorte auf der Halle ein. Erreichbar werden die im OG befindlichen grünen Innenhöfe durch die Symbiose mit der natürlichen Topographie, die es einerseits erlaubt die erforderliche Erschließung für die Halle an der Nordseite sicher zu stellen und die Dachflächen andererseits auf der Südseite barrierefrei begehbar macht. Abseits dieser topographischen Besonderheit wird die Hallenkonstruktion im EG so verformt, dass sie als Rampe für die oben liegenden Nutzungen fungieren kann. Zusätzlich lassen sich die höher gelegenen Nutzungen über Fahrstühle barrierefrei erschließen. Insbesondere die Hallen werden je nach Entwicklungsstatus und Bandbreite an verfügbaren emissionsarmen Nutzungen zu Trägern ganz unterschiedlicher Inhalte. Auf diese Weise lassen sich innerhalb der Microcities gezielt Begabungen herausarbeiten und fördern.

Bert-Brecht Quartier: BILDUNG
Das neue Bert-Brecht Quartier greift die bestehenden Bildungsschwerpunkte auf und siedelt weitere Bildungsangebote im Quartier an, wie z.B. eine Grundschule und eine KITA. Es werden gezielt gemeinsame Nutzungen, wie Bibliothek, Mensa oder Sporthalle herausgearbeitet, um Synergieeffekte zu erzeugen. Die neu gestapelten Wohnformen orientieren sich an den für dieses Gebiet passenden Bedürfnissen, bei gleichzeitiger sozialer Durchmischung. So entstehen neben Stadthäusern und Einfamilienhäusern auf den Dächern der Hallenstrukturen auch deutlich kleinere Wohnungseinheiten für weniger einkommensstarke Gruppen.

Europa-Viertel: GESTALTUNG
Das neue Europa-Viertel nutzt die kommenden Leerstände der Telekomgebäude, als Aneignungs- und Eroberungsräume für die nicht wirtschaftlich agierende kreative Klasse, die als notwendiger Multiplikator für das Entstehen kreativer Milieus gilt. Diese Impulse werden gezielt verstärkt, durch kleinteilige Büroflächen für Startups, sowie gemeinschaftlich orientierte Wohn- und Arbeitsformen, wie Co-Working und Wohngemeinschaften. Die niederschwelligen und kostengünstigen Wohn- und Arbeitsformen werden durch die bestehenden höherpreisigen Bürostandorte des Europa-Centers angemessen ergänzt. Es entsteht eine junge, kreative Bewohnerschaft mit starkem Gemeinschaftsgefühl durch gemeinsame Wohnformen, wie Wohngemeinschaften, Mehrgenerationenwohnen und Baugruppen. Offene niederschwellige und kommunikationsfördernde Arbeitsformen wie Co-Working, Werkstätten und Ateliers werden mit Ausstellungsflächen kombiniert und runden das Gesamtbild ab.

Schedernhof: PRODUKTION
Zahlreiche bestehende Hallenstrukturen geben dem Schedernhof einen stark industriell geprägten Charakter. Mit immer emissionsärmeren Produktionsformen ist das Aufeinanderschichten von produzierenden und verarbeitenden Betrieben in Zukunft erstmals bei gleichzeitig hoher Wohnqualität möglich. So können am westlichen Rand des Quartiers ganze Baufelder aus gestapelten Nutzungen als Pioniere einer neuen Form von Urbanität entstehen. In der Folge wird der Schedernhof zu einem Cluster aus verschiedenen gewerblichen Strukturen mit entsprechendem Büroflächenanteil, der nun erstmals durch geeignete Wohnformen, wie Einfamilienhaus, Reihenhaus, aber auch günstigere Wohnformen ergänzt wird.

ENTWICKLUNG:
Mit der Entwicklung des Freiraums als ersten Schritt, ist der Rahmen für die weitere Entwicklung gesetzt. Umliegende Flächen werden so wieder in Wert gesetzt und wirken als Impuls für die nachfolgenden Maßnahmen. Den baulichen Auftakt bilden das WAZ-Areal im Bert-Brecht Quartier und das absehbar leerstehende Ensemble der Telekom im Europa-Viertel. Im neuen Schedernhof bietet sich die leerfallende Druckerei als Pionier in der Zusammenführung von Wohnen und industriellem Arbeiten an. Auf noch leerstehenden Brachflächen können Zwischennutzungen für eine frühzeitige Belebung des öffentlichen Raums sorgen. An die ersten baulichen Entwicklungen grenzen die zentralen Quartiersplätze, die als Flächen für die in Essen bereits etablierten Events genutzt werden können. So entsteht möglichst früh eine eigene Bezirkskultur und Vernetzung mit anderen für die Aktivierung notwendigen Akteuren. Die weitere Entwicklung kann flexibel anhand der freiwerdenden, oder vom Eigentümer selbst umgenutzten Flächen erfolgen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf vernetzt und verknüpft auf gelungene Weise bestehende Strukturen im Norden und Süden durch Landschaftsachsen, die sowohl bestehende Freiräume in die neuen Wegeverbindungen einbetten als auch durch neue Brücken in Verbindung mit der Überdeckelung des U-Bahnhaltes an der A40 neue Grünräume schaffen. Die funktionale und intelligente Teilung in drei unterschiedliche Gebiete – Bert-Brecht Quartier (Bildung), Europa-Viertel (Gestaltung) und Schedernhof (Produktion) – wird begrüßt. Es ist eine Arbeit die im Detail sehr gut durchgearbeitet ist und aktuelle Trends wie urban gardening aufnimmt. Hervorzuheben ist der hervorragende Umgang mit Bestandsstrukturen: Ein großer Teil der bestehenden Gebäudestrukturen wird erhalten, intelligent durch Aufstockung ergänzt und verdichtet und in klare städtebauliche Figuren transformiert.
StadtLANDSCHAFT

StadtLANDSCHAFT

Einbindung 1:5000

Einbindung 1:5000

Lageplan 1:1000

Lageplan 1:1000

Vertiefung 1:500

Vertiefung 1:500

Nutzungen

Nutzungen

Konzept

Konzept

Modell

Modell

Plan 1

Plan 1

Plan 2

Plan 2

Plan 3

Plan 3