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Mehrfachbeauftragung | 02/2016

Stadthaus am Park

Stadtansicht

Stadtansicht

1. Rang

Preisgeld: 5.000 EUR

Thomas Fabrinsky

Architektur

Erläuterungstext

Situation
Das Gebäude befindet sich an einem städtebaulich wichtigen Punkt am Übergang zwischen kleinteiliger Altstadt und dem Stadtgarten mit großmaßstäblicherer, repräsentativer Platzbebauung.
Es markiert den östlichen Auftakt zur Fußgängerzone in der Leopoldstraße und bildet zugleich den nördlichen Abschluss des Stadtgartens.

Städtebau / Außenraum
Durch die Erhöhung des Eckgebäudes Leopold- / Friedrichstraße auf 3 Vollgeschosse mit Dachgeschoss entsteht ein markanter Kopfbau, der die Funktion als städtebauliches Bindeglied übernimmt.
Die Ausbildung der Giebelfront kräftigt den Baukörper in seiner stadträumlichen Präsenz, die durch die Beibehaltung der Satteldächer noch verstärkt wird und den Gebäudeteilen eine klare Ausrichtung verleiht.
Das L- förmige Anwesen besteht entlang der Leopoldstraße aus 3 verschiedenen Gebäudeteilen und einem senkrecht dazu stehenden nördlichen Flügel, die alle unterschiedliche Fassadengliederungen und teilweise abweichende Geschosshöhen aufweisen.
Unser Entwurf fasst die Gebäudeteile mit einer rhythmisierten Fassadengestaltung zusammen und beruhigt und stärkt damit das Ensemble gleichermaßen. Die ursprüngliche parzellenartige Unterteilung, sowie die Gliederung der Lochfassaden bleiben erhalten.
Durch diesen behutsamen Eingriff bleibt insgesamt so viel als möglich von der Bausubstanz erhalten.
Eingriffe werden nur wo unbedingt notwendig vorgenommen. So werden die Einteilung und Größe der Fassadenöffnungen zur Leopoldstraße weitestgehend übernommen und nur die statisch funktionslosen Brüstungen herausgeschnitten. An wenigen, aber gezielten Stellen werden die Öffnungen der Loggien verbreitert, um eine optimale Belichtung zu erzielen.
Die im Bestand geschlossene 3-geschossige Giebelseite zur Friedrichstraße wird gleichmäßig durch großzügige Fenster geöffnet. Der wichtige Auftakt der Fußgängerzone mit der Gebäudeecke Leopoldstraße - Friedrichstraße wird damit in die Fassadengestaltung einbezogen. Es entstehen hochwertige Wohnräume mit Ausblick über den Stadtgarten und entlang der Schöllbronner Straße. Durch die getaktete Lochfassade ist der notwendige statische Eingriff dabei gering.
Im Dachgeschoss der 2-geschossigen Gebäudeteile bilden fassadenbündige Zwerchgiebel als Dachgauben den Übergang zwischen den Gebäudehöhen der Altstadt und denen der Platzbebauung. Das über die Parzellierung übergreifende Element dieser Dachaufbauten bindet die unterschiedlichen Gebäudeteile im Dach wieder zusammen.
Die Penthouse-Wohnung im Dachgeschoss des Eckgebäudes erhält dagegen zwei große Dacheinschnitte mit Dachterrassen, die einen ungestörten Blick über den Stadtgarten und rückseitig zum Wattkopf bieten. Die Dacheinschnitte sind aus Straßenperspektive nicht sichtbar.
Eine mögliche Einbindung des Gebäudes der Leopoldstraße 41 ( Betten Füger ) in das Gesamtkonzept wurde von uns anhand der Ansichten überprüft ( siehe Alternative Ansicht Leopoldstraße ).
Es ist aus unserer Sicht sehr anstrebenswert das Gebäude in die Maßnahme einzubeziehen, um diesen für die Stadt Ettlingen wichtigen Stadtbaustein, zu vollenden.

Organisation
Vertikalerschließung
Die Erschließung der Obergeschosse erfolgt sowohl über den Wohnhof als auch über die Straßenseiten, durch drei im Gebäudevolumen liegende Treppenhäuser.
Gleichmäßig verteilt, liegen dadurch an jedem Treppenhaus 4 bzw. 5 Wohnungen.
Hierfür wurden die beiden bestehenden straßenseitigen Treppenhäuser jeweils um einen Aufzug ergänzt und ein neues Treppenhaus mit Aufzug hofseitig in das Gebäudevolumen eingefügt.

Erdgeschoss
Die räumliche Einteilung im Erdgeschoss orientiert sich weitestgehend an der Machbarkeitsstudie, die Vorgaben zur Einteilung der Postbank und Briefpost wurden übernommen.
Die Ladenflächen im Erdgeschoss werden über großzügige, bodentiefe Fensterflächen zu den Fußgängerbereichen geöffnet und direkt von der Straße aus erschlossen.
Im Bereich der Leopoldstraße 43 wird der Fußboden wie vorgeschlagen auf Straßenniveau abgesenkt, der Keller darunter wird demnach verfüllt. Dadurch wird auch dieser Gewerbeteil barrierefrei erschlossen und bietet zudem die Möglichkeit der niveaugleichen Anbindung des Ladenbereichs der Firma Betten Füger.

Hof
Der bisherige Anlieferungshof an der Rückseite des Gebäudes wird durch eine Grünfläche getrennt. Es entsteht ein Betriebs- und einen Wohnhof, die jeweils getrennt mit Fahrzeugen angedient werden. Der Betriebshof von der Friedrichstraße, der Wohnhof von der Grabengasse.
Der bestehende Fußweg, der die zwei Bereiche verbindet bleibt erhalten. Die Stellplätze für Fahrräder werden ihm links- und rechtsseitig konzentriert angeordnet.
Die Grünfläche zwischen den Bereichen bietet durch Hecken Sichtschutz, schafft Aufenthaltsqualität und ermöglicht Platz für einen Kleinkinderspielplatz.
Der Wohnhof wird durch die Verlegung des bis jetzt geplanten Treppenhausvorbaus in das Gebäudevolumen deutlich beruhigt und aufgewertet.

Obergeschosse
Alle Wohnungen verfügen über großzügige Loggien oder Terrassen, die sich in die Fassadengliederung einfügen und die Wohnungen mit einem Freibereich aufwerten.
Es entstehen insgesamt 13 Wohnungen mit 3 – 5 Zimmern und Wohnflächen von 68 bis 204 m² und bieten Platz für unterschiedliche Anforderungen und Bedürfnisse.

Fassade / Materialität
Die Farbigkeit der umgebenden Bebauung mit ihren Fassaden in Gelb-, Rot- und Brauntönen wird aufgenommen und in eine zeitgemäße Form aus dünnformatigen, beigefarbenen Klinkern übersetzt.
Eine Hülle aus vorgesetzten, hinterlüfteten Steinen bildet eine homogene und einheitliche Fassade.
Die regelmäßigen Einschnitte, deren Kleinteiligkeit im Material sowie die erst auf den zweiten Blick wahrnehmbare Ablesbarkeit der Gliederung der einzelnen Gebäudeteile stehen im Bezug zur historischen Altstadt.
Die in die Laibungen gezogene Klinkerfassade verstärkt die rhythmisierende Lochfassade und bietet Platz für die außenliegenden Verschattungselemente aus senkrechten Stoffmarkisen, die in den Ladenbereichen als Fallarm-Markisen ausgebildet werden.
Das Ziegeldach wird über Sammelleitungen in der kalten Zone an der Innenseite der Klinkerfassade entwässert und über Fallrohre abgeführt, die über mögliche Öffnungen im Sockelbereich revisioniert werden können.
Durch das durchgängige Material, die Ordnung und Taktung der Fassade, die klare, reduzierte Formensprache und die helle Farbgebung wird sich das Gebäude als moderner, zeitgenössischer Baukörper selbstbewusst zu erkennen geben.
Das Gebäude fügt sich so als Vermittler der verschiedenen Maßstäbe und Formensprachen in den Stadtraum zwischen Altstadt und Stadtgarten ein und bildet einen neuen repräsentativen nördlichen Abschluss des Stadtgartens.

Wirtschaftlichkeit / Nachhaltigkeit
Durch den weitgehenden Erhalt des Baubestands und die sorgfältigen ausgewählten Eingriffe in die bestehende Struktur entsteht zusammen mit den geplanten Modernisierungsmaßnahmen ein nachhaltiges und zugleich wirtschaftliches Gebäude, das zusätzlich durch seine klare Organisation, die Verwendung von wirtschaftlichen Konstruktionen und langlebigen Materialien mit geringen Unterhaltskosten überzeugt.
Die gewählte Materialität der Fassade trägt zur Wirtschaftlichkeit bei, denn die Verwendung einer langlebigen, wartungsfreien und vandalismussicheren Klinkerfassade reduziert die Folgekosten erheblich.
Die hochwertigen Fenster in Holz-Aluminium-Ausführung sind mit ihrer wetterbeständigen Außenschale äußerst pflegeleicht und fügen sich harmonisch in die Klinkerfassade ein, zum Innenraum vermitteln sie eine warme und wohnliche Atmosphäre.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf des Büros Thomas Fabrinsky zeigt ein Projekt, welches sich gekonnt aus den unterschiedlichen städtebaulichen Rahmenbedingungen entwickelt. Der Übergang aus der „Altstadtbebauung“ an der Fußgängerzone zu einer „Platzrandbebauung“ am Stadtpark mit starker Eckbetonung überzeugt. Das hierzu u.a. verwendete Stilmittel der Zwerchgaupen (ohne durchgehende Hauptdachtraufe) auf der ganzen Dachlänge bis zum Eckgebäude sollte überprüft werden (siehe Empfehlungen des Gremiums). Insgesamt zeugt die Gestaltung des Gesamtprojekts von einer behutsamen, gleichzeitig zeitgenössisch klaren Haltung.

Die Grundrisse der Ladenflächen im EG werden aus der Vorstudie übernommen und lassen flexible, großflächige Einzelhandelsflächen zu. Das Grundrissangebot der Wohnungen ist vielfältig und berück-sichtigt durch die Typologie die Forderung der Auslobung. Kritisch bewertet wird der (nicht barriere-freie) Zugang der „Penthouse“-Wohnung im DG über eine Treppe aus dem 2.OG.

Die Giebelfassade zur Leopoldstraße und die Nordfassade sollten überarbeitet werden mit dem Ziel einer „gestalterischen Beruhigung“.

Mit der Unterteilung des Innenhofs in einen Wohn- und Gewerbehof werden die künftigen Nutzungsabsichten gut berücksichtigt und Gestaltungsmöglichkeiten aufgezeigt, die bisher nicht erkennbar waren.

Die Entwicklung aus dem Bestand ist machbar. In der Lösung präsentiert sich eine robuste und zu-gleich sensible Arbeit, welche mit wenigen Eingriffen noch differenzierter zu gestalten ist.

Der Entwurf ist von einer starken Idee getragen und bietet ein großes Entwicklungspotenzial.
Ansicht Leopoldstraße

Ansicht Leopoldstraße