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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2017

Bahnhofsareal – Stadteingang Nord

Anerkennung

Preisgeld: 3.500 EUR

A-U-R-A - Architecture, Urbanism + Research Agency GbR

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

KONZEPT
Derzeit ist das Gebiet geprägt von weiten offenen Räumen, sowohl nördlich des Bahnhofs (Stadteingang Nord) als auch südlich des Bahnhofs (ehem. Holzverladeplatz). In diesen wirkt das Bahnhofsgebäude ohne räumliche Bezüge verloren. Der städtebauliche Entwurf formuliert neue Raumkanten, die den Stadteingang von Norden räumlich erlebbar machen und setzt auf die derzeit als Parkplatz genutzte Brache entlang der Gleise neue Nachbarschaften, deren Gebäude dem Stadtkörper der Innenstadt einen räumlichen Abschluss geben. Besonderes Augenmerk wird auf die West-Ost-Verbindung „Heuberg - denkmalgeschützter Steg – Bahnhofsvorplatz – Landesgartenschaugelände an der Eyach“ und die funktionale und atmosphärische Gliederung des Bahnhofareals in die Bereiche P+R, ZOB, Fahrräder mit Taxis, Platz, grüne Diagonale und Steg (von Norden nach Süden) gelegt. Weitere Querverbindungen vernetzen die neuen Nachbarschaften mit den angrenzenden Bereichen.

STÄDTEBAULICHER IDEENTEIL
Auf der derzeitigen P+R-Freifläche wird ein viergeschossiges Parkhaus (davon ein Geschoss als Untergeschoss) vorgeschlagen, für P+R-Nutzer, Stadtbesucher und Nutzer der vormaligen Sparkassengarage.
Auf Höhe des ZOBs wird die Bahnhofstraße auf 6,5 m Fahrbahnbreite reduziert. Das ermöglicht die Errichtung einer viergeschossigen straßenbegleitenden Bebauung mit kleinerem Einzelhandel wie Kiosken und Imbissen im Erdgeschoss und Dienstleistungen in den Obergeschossen. Diese kragen etwas über den ZOB aus, der in seiner Lage und Größe gänzlich unverändert bleibt. Seine bereits bestehende „grüne“ räumliche Qualität wird mit wenigen zusätzlichen Bäumen verstärkt. Eine neue Möblierung für die Fahrgastüberdachungen, Bänke und elektronischen Anzeigen gibt dem Bereich ein frisches Gesicht. Die Mauern zwischen dem ZOB und den Gleisen werden entfernt, die Flächen begrünt. Die neue Bebauung bildet jetzt einen räumlich erlebbaren Eingang in die Stadt. Vor dem Bahnhof öffnet sich dann der Raum als spürbarer Platz, bevor man sich in die südliche Bahnhofstraße mit ihren Geschäften hineinbewegt. Das Bahnhofsgebäude erfährt von beiden Seiten eine räumliche Fassung.
Die Südkante des Stegs wird mit dem Ersatzgebäude der „alten Bahnhofgaststätte“ aufgenommen, mit Gastronomie im Erdgeschoss und Dienstleistungen wie zum Beispiel Arztpraxen in den Obergeschossen.
Der Bereich auf dem ehemaligen Holzverladeplatz, hier als „Lindle-Areal“ bezeichnet, und dem „Klöckner-Areal“ erfährt eine städtebauliche Setzung mit einer durchmischten Bebauung in angemessener Dichte. Entlang der Bahngleise finden sich Wohngebäude, die mittels MIV über die Straße „Am Lindle“ erreicht werden können. Die Erschließung ist hier als verkehrsberuhigte Mischfläche ausgebildet, wo Fußgänger, Radfahrer und Autos gleichberechtigt den Raum nutzen. Zwischen den beiden Quartieren öffnet sich der Raum in Verlängerung der Straße „Am Lindle“ und gibt den Blick über die Gleise auf den Heuberg frei. Auf den Grundstücken Bahnhofstraße Nr. 15 – 19 werden Geschäftsgebäude platziert, mit zwei Einzelhandelsgeschäften in Größen von 300 und 600 m² und Büros in den Obergeschossen. Auf den Grundstücken in der Wilhelmstraße, dem Klöckner-Areal finden sich Gebäude mit zwei Einzehandelsgeschäften in Größen von 1.000 und 800 m² und Büros und Wohnungen in den Obergeschossen. Zwei fußläufige West-Ost-Verbindungen an diesen beiden Standorten verknüpfen das neue Areal an der Bahn mit der Bahnhofstraße und der Wilhelmstraße und weiter in die Innenstadt. An deren Ausgangspunkten finden sich zwei Nachbarschaftsplätze, der „Lindle-Platz“ und der „Klöckner-Platz“.

KFZ-STELLPLÄTZE
Die geforderten 300+ Kfz-Stellplätze werden entsprechend ihrer Verwendung im Plangebiet verteilt.
Das viergeschossige Parkhaus (davon ein Geschoss als Untergeschoss) verfügt über 270 Kfz-Stellplätze für P+R-Nutzer, Stadtbesucher und Nutzer der vormaligen Sparkassen-Garage. Entlang der Bahnhofstraße werden 14 Stellplätze vorgesehen. Unter dem Baumfeld am Bahnhof finden sich 7 Stellplätze für Kurzzeitparken und 4 für Car-Sharing. Auf der räumlichen Öffnung entlang der Gleise entstehen 16 Stellplätze für Bewohner und Besucher. 20 Stellplätze sind in 2-er und 3-er Gruppen den Wohngebäuden direkt zugeordnet. 8 Stellplätze werden vor dem größeren Einzelhandel an der Wilhelmstraße angeordnet; die 2 Stellplätze in der Straße „Am Lindle“ werden beibehalten. Weitere insgesamt ca. 60 Stellplätze befinden sich in 3 Tiefgaragen, von denen 2 von der Wilhelmstraße aus und 1 von der Bahnhofstraße aus befahren werden.

REALSISIERUNGSTEIL: BAHNHOFSVORPLATZ UND STEG
Der Binnenraum um den Bahnhof wird von Norden nach Süden in drei Bereiche gegliedert: Die Fahrradstation, den eigentlichen Bahnhofsvorplatz und das Baumfeld.
Ausgehend von der Idee des bestehenden Fahrradladens am nördlichen Ende des Bahnhofgebäudes werden um die Trafostation herum abschließbare Fahrradboxen (40 Stck.) angeordnet. Im Durchgang zum Bahnhof hin befinden sich Ladestationen für E-Bikes (30 Stck.). Eine neue Dachstruktur bindet die derzeit unattraktive Trafostation in die Umgebung ein. Weitere 40 überdachte Fahrradstellplätze sind vor dem Wartebereich bei den Taxis platziert. Im P+R-Parkhaus befinden sich weitere 18 Fahrradboxen.
Direkt vor dem Bahnhof entfaltet sich der eigentliche Platz, mit Sitzgelegenheiten für wartende Reisende unter einem großen Baum. Dieser markiert als Start-/ Endpunkt der Baumreihe in der Karlstraße die grüne Verbindung zum Landesgartenschaugelände an der Eyach.
Südlich daran schließt das Baumfeld auf wassergebundener Oberfläche an. Sein dem Bahnhof zugewandter kleinerer Teil gibt Raum für die Außenbewirtschaftung des „Café de La Gare“ und fungiert durch den Höhenversatz als Podium „La Gare“ für kleinere Aufführungen im Freien. Die diagonale Querung für Fußgänger mit und ohne Fahrrad gibt vom Platz aus den Blick auf den Treppenaufgang des denkmalgeschützten Stegs frei, der mit einem Aufzug in Stahlkonstruktion barrierefrei ertüchtigt wird. Um die gestalterischen Eingriffe zu minimieren, wird lediglich der untere Treppenlauf des Stegs um 90° gegen den Uhrzeigersinn gedreht. Auf dem größeren südlichen Teil des Baumfeldes sind die Kurzzeitparkplätze inkl. einem Stellplatz für Behinderte und die Stellplätze für Carsharing angeordnet.
Die Oberflächen des Platzes sind in Sichtbeton gehalten, die Sitzbänke haben Holzauflagen.
Der westliche Teil des Stegs wird mittels einer Rampe in Stahlkonstruktion an den bestehenden Fußgängerüberweg an der Albrechtstraße angeschlossen; eine kleine Baumreihe markiert den Zugang. Die Oberflächen der Bahnhofstraße (Fahrbahn und östlicher Gehsteig) sind in der gleichen Materialität wie der bereits umgebaute südliche Teil der Bahnhofstraße.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Konzept der Verfasser, mit neuen Raumkanten das Wettbewerbsgebiet zu strukturieren und zu einer gesamträumlichen Einheit zusammenzubinden wird gewürdigt. ‚ Die Setzung des nördlichen Parkhauses ist nachvollziehbar, die vorgeschlagenen Dienstleistungs- und Einzelhandelsgebäude an der östlichen Grenze des ZOB vermögen aber nicht zu überzeugen: Auf minimierter Erdgeschossfläche kragen verhältnismäßig große Kubaturen der Obergeschosse aus, die die darunterliegenden Freiflächen verschatten. Der Fahrweg der Busse wirkt hier sehr beengt. In wirtschaftlicher Hinsicht wird dieser Vorschlag sehr kritisch bewertet.

Die lockere Reihung von Wohngebäuden mit ausreichendem Abstand zur Bahn wird positiv bewertet. Auch die Ergänzung des Lindle- und Klöckner Areals mit Einzelhandel und Dienstleistung wertet den Bestand angemessen auf. Ob die für den Einzelhandel notwendigen Stellplätze ausschließlich in Tiefgaragen angeboten werden können, wird bezweifelt. Neue Freiräume und kleine Plätze bilden gute Raumfolgen.

Der Bahnhofsplatz wird kontrovers diskutiert: Der Platzboden ist großflächig dimensioniert, die Dreiteilung der Fläche in Fahrradstation, Bahnhofsvorplatz und Baumfeld zergliedert den Raum mehr, als sie ihn zusammenbindet. Die Führung des Busverkehrs über die Platzfläche wird grundsätzlich hinterfragt. Die über die Fahrradplätze gestellten Pergolen muten sehr urban an und reagieren nicht angemessen auf den Charakter des alten Bahnhofsgebäudes. Das eingestellte Baumdach wirkt überdimensioniert; der diagonale Schnitt durch die Fläche unruhig und nicht notwendig, da die Verbindung zum Steg für den Fußgänger auch unter den Baumkronen hindurch möglich wäre. Mit der hier beginnenden Baumreihe Richtung Eyach könnte die Verbindung sinnvoll hergestellt werden. Der neue Aufgang zum Steg über die Bahn ist klar und angemessen.

Insgesamt reagiert die vorgeschlagene städtebauliche Körnung gut auf den umgebenden Bestand. Die ideenreich vorgetragene Konzeption erscheint jedoch nicht immer realisierungstauglich; das gilt sowohl für einzelne Baustrukturen wie auch für die innere Erschließung.