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Gutachterverfahren | 06/2017

Neubau eines Büro- und Geschäftshauses am Rudolfplatz / Habsburgerring

2. Rang / Nach Überarbeitung

VALENTYNARCHITEKTEN

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau und Baukörpergliederung
Die zur Lösung der Aufgabenstellung dominierenden Rahmenbedingungen sind durch die Auswahl des Momeni-Gebäudes im Wettbewerbsverfahren und die Aussagen des städtebaulichen Masterplans definiert worden. Zur Frage nach der angemessenen Höhe der Bebauung am Ring ist bereits im Masterplan eine Überschreitung der üblichen Gebäudehöhe empfohlen worden, die den Block als Schnittstelle der kilometerlangen Ost-Westachse mit dem Ring betonen soll. Auf Grund dieser städtebaulichen Überlegung werden die Wallarkaden als 8-geschossige Bebauung, die z.T. als Voll- und z.T. als Staffelgeschosse in Erscheinung treten, geplant. Diese Bebauungshöhe, nehmen wir am Giebel zum Rudolfplatz hin auf und führen sie in Form eines Staffelgeschosses an den Habsburger Ring weiter. In der Abfolge der Gebäudehöhen entlang des Rings ergibt sich somit eine leichte Betonung durch die Ergänzung eines Staffelgeschosses über die Höhen der angrenzenden Gebäude im Süden und Norden hinaus, die auf Grund der städtebaulichen Bedeutung des Ortes und der Aufweitung des Stadtraums durch das zurückgesetzte Hotelgebäude- gerechtfertigt ist.

Baukörpergliederung, gestalterische Ansätze
Prägender Ansatzpunkt für die gestalterische Ausformulierung ist die Baukörpergliederung des Momeni-Gebäudes an der Nordfassade zum Rudolfplatz. Der Baukörper weist auf Grund der Nähe zur Hahnentorburg einen prägnanten Rücksprung in etwa 19,00m Höhe auf, der etwas ungewöhnlich erscheint, weil darüber noch zwei Geschosse liegen, auf die dann erst das eigentliche, kronenartig ausgebildete Staffelgeschoss aufgesetzt ist.
Bei der Überarbeitung unserers Konzeptes in Hinsicht auf die Kritikpunkte der ersten Phase hatten wir neben der Frage wie die Anbindung an den oben beschriebenen komplizierten Baukörper zu erreichen war, einen Schwerpunkt auf die Qualität des Stadtraums um den vorhandenen U-Bahnzugang und die geplante 2-geschossige Geschäftsnutzung gelegt.
Um den Bereich um den U-Bahnzugang optimal freizuspielen und dennoch sowohl die Nutzflächen, wie auch die städtebauliche Präsenz des Gebäudes an der Ecke zu erhalten, kragen die Büroetagen ab dem 2.OG stützenfrei über diese Fläche aus.
Der Rücksprung aus der Flucht des Momeni-Gebäudes am Rudolfplatz und der Übergang zum Habsburgerrring in den Geschäftsetagen wird harmonisch durch eine doppelte Ausrundung der Gebäudeecken erreicht. Der entstehende großzügige Vorbereich verbessert sowohl die Qualität der Wegeverbindung wie letztlich auch die Zugänglichkeit und Akzeptanz der Läden. Die Ausrundung der Gebäudeecke signalisiert auch für einen Passanten vom Rudolfplatz die Fortführung der Geschäftsnutzung in den Habsburgerring hinein.
Auch in den Obergeschossen wird ein harmonischer Übergang des Baukörpers von den Wallarkaden zum Habsburgerring durch die Ausrundung der Gebäudeecke erreicht, in der die zwei Fluchten der Rudolfplatzfassade in die Ringfassade flüssig übergeleitet werden.
In Fortentwicklung der Lösung der zweiten Wettbewerbsphase schließt das etwas zu zurückhaltend vorgesehene Staffelgeschoss jetzt wieder als steinerner Baukörper bündig an das Momeni-Gebäude auf der Rudolfplatzseite an, und ist auch insgesamt nach vorne gerückt so dass es einen deutlich prägnanteren Abschluss des Gebäudes bildet.

Den Vorgaben der Vorprüfung zum Technikkonzept folgend ist der darauf sitzende Technikaufbau deutlich vergrößert worden. Seine Form erscheint als Pendant zur u-förmigen Anordnung der Technikfläche auf dem Momenigebäude.
Fassade, Materialität
Da der Ring eine Vielzahl von Gebäuden mit einer Breite von 30-50m aufweist, wird auf eine vertikale Teilung der Fassade am Habsburgerring, die den Eindruck verschiedener Häuser - ohne inhaltlichen Entsprechung - erzeugen soll, verzichtet. Auch die Fassadengliederung der Gebäude am Ring ist in der Regel nicht vertikal, sondern horizontal orientiert, eine betont vertikale Gliederung der Fassade ist deshalb aus dem Ort nicht ableitbar.
Die Fassade des Gebäudes ist in klassischen Proportionen in ein 2-geschossiges Sockelgeschoss mit Ladennutzung und fünf Obergeschosse sowie einem Staffelgeschoss mit Büronutzung gegliedert. Die dahinter befindlichen Nutzung spiegeln sich in den Fassaden wieder.
Das zweigeschossige Sockelgeschoss wird sowohl definiert durch seine großzügigen, vertikal orientierten Schaufensteranlagen, wie auch durch deren horizontale Gliederung mittels der breiten Gesimse zwischen Erdgeschoss und 1.Obergeschoss, die perspektivisch als durchlaufendes Band erscheinen. In seiner Höhenlage entspricht dieses in Baubronze vorgesehene Band dem Deckenband des Momeni-Gebäudes und vermittelt so den notwendigen Höhensprung zwischen der ein- und zweigeschossigen Ladennutzung an den Übergangsstellen.
In den Obergeschossen ist ein der Büronutzung angepasster Fensterrhytmus vorgesehen, der durch natursteinverkleidete Pfeiler, die leicht gegenüber den Geschossbändern zurückgesetzt sind, definiert wird. Diese dezente Betonung der horizonalen Geschossbänder unterstützt die Wirkung der Ausrundung der Gebäudecke.

Um eine plastische Fassadenwirkung zu erzielen ist den Pfeilern eine Steinverkleidung mit ca. 25cm Laibungstiefe aus römischem Travertin vorgeblendet, die in kräftigen Materialstärken mit geschlossenen Fugen hergestellt werden sollen. Geschossdeckenbänder und Untersicht der Auskragung sollen aus Sichtbetonflächen bestehen, deren Oberfläche und Farbton so bearbeitet wird, dass er mit der Travertinverkleidung harmoniert.

Die Fensterrahmen sollen insgesamt im dunklem Farbton von Baubronze ausgeführt werden, wobei nur die Anschlussrahmen der Fenster in den Obergeschossen und die Fensterrahmen der Ladennutzungen mit Baubronzeabdeckungen versehen werden sollen.
Verbundfenster

Die Fenster der Büroetagen sollen als Verbundfester ausgeführt werden, d.h. auf den eigentlichen Fensterrahmen ist ein kleinerer Rahmen mit Einfachverglasung aufgesetzt, der im normalen Betrieb fest mit dem Fensterrahmen verbunden ist und sich mit diesem öffnet oder schließt. Im belüfteten Zwischenraum sind Jalousetten angebracht deren Sonnenschutzwirkung dem eines außenliegendem Sonnenschutz entspricht, der aber wind- und witterungsgeschützt untergebracht ist. Eine Reinigung diese Zwischenraums - und bei Bedarf der Jalousetten - ist mit der normalen Fensterreinigung möglich. Dieser Fenstertyp ermöglicht ein städtisch wirkendes Steingebäude zu errichten, das nicht durch die im klassischen Verwaltungsbau verwendeten, außenliegenden Raffstores dominiert wird. Alle Fenster sind zu öffnen, so dass eine Reinigung ohne Fassadenbefahranlage möglich ist.

Die Baukörpertiefe ist durch Abstimmungen mit dem Nachbarn vorgegeben. Die grobe Raumeinteilung lässt also keinen großen Spielraum zu und entspricht in Folge dessen in etwa der der Machbarkeitsstudie. Das vorgeschlagene Erschließungskonzept sieht allerdings - anders als in der Machbarkeitsstudie - die Anordnung eines kompakten Kerns an der Hoffassade vor, der sowohl das Sicherheitstreppenhaus, wie auch die Aufzüge aufnimmt. Für die Bürogeschosse bedeutet dies, dass eine Vermietung nicht nur in verschiedenen Mieteinheiten sondern auch an einen Gesamtmieter störungsfrei mit nur einer Zugangskontrolle am Aufzugsvorraum möglich ist. Die Anordnung ermöglicht auch, dass der Kern ohne Störung der Einzelhandelsfläche im 1.UG und der Tiefgarage bis in das 3.UG fortgeführt werden kann. Vom 1.OG bis in das 3.UG wird dieser Erschließungskern von einem Lastenaufzug begleitet, der im Erdgeschoss an die Zuwegung zum Momeni-Projekt anschließt und die Ladenbereiche sowohl im 1.UG, wie auch im 1.OG - mit optimalem Anschluss an den Lagerbereich - versorgt. Die Zugänge zu Aufzügen und Treppenhaus und die Zuwegung zum Momeni-Gebäude im Erdgeschoss reduzieren natürlich die Nutzfläche in dieser Etage. Durch die Mehrfachnutzung des Zugangsflächen (Zugang Büroetagen gemeinsam mit Fluchtweg Laden 1, Anlieferung gemeinsam mit Zuwegung Momeni und Fluchtweg Laden 1+3) sind die benötigten Flächen jedoch optimal genutzt. Eine weitere Zusammenlegung der Zugangsfläche ist aus brandschutztechnischer Sicht nicht möglich, da der Fluchtweg eines Sicherheitstreppenhauses ohne Türen zu anderen Räumen direkt an die Fassade geführt werden muss. Außerdem entspricht der Waren- und Mülltransport eines ganzen Baublocks über den Bürozugang nicht den Anforderungen an einen repräsentativen Eingang und würde sich demzufolge auf die Vermietbarkeit bzw. die Mietpreise der Büroetagen negativ auswirken.
Die Auslegung der Rettungswege ist brandschutztechnisch mit dem Fachplanungsbüro HHPWest abgestimmt. Zur Vereinfachung der Rettungswegführung und der Brandschutzunterteilungen ist der Einbau einer Sprinkleranlage im Gebäude vorgesehen. Zwar ist nach den Normen grundsätzlich keine Sprinklerung nötig (Hochhaus unter 30m, Verkaufsfläche unter 1.500m2, Anschluss der TGSprinklerung vermutlich an Momeni-Anlage möglich), aber die daraus resultierenden Vorteile wiegen die Mehrkosten auf. Unter anderem führt dies zu einer Vereinfachung der Schleusenkaskade vor dem Sicherheitstreppenhaus (was nicht nur Nutzfläche erzeugt, sondern auch die Nutzungsqualität erhöht), die Größe der Mietbereiche ist variabler, die Fluchtwegsituation der Läden aus dem 1.OG mit offenen Treppen und zweitem Fluchtweg über das Bürotreppenhaus (< 2m Breite) ist begründbar, zur Entrauchung der Ladenflächen kann die normale Lüftungsanlage der Geschäftsflächen eingesetzt werden. Weitere Erleichterungen sind im Detail zu erwarten. Durch die Möglichkeit auch Büromieteinheiten über 400 m2 Fläche herzustellen erhöht sich insbesondere die Qualität des nördlichen Mietbereiches, der nicht mehr durch ein Brandschutzwand in zwei längliche Bereiche mit mäßiger Aussenanbindung unterteilt werden muss. Das Brandschutzkonzept wurde bei der Überprüfung der Ergebnisse der zweiten Wettbewerbsphase als schlüssig bewertet, insofern ist es in die dritte Wettbewerbsphase ohne nennenswerte Veränderungen übernommen worden.
Optionale Anbindung an die Verteilebene der U-Bahnhaltestelle
Die Anbindung ist rein geometrisch machbar, kann relativ flüssig von der Verteilebene in die Einzelhandelsfläche geführt werden und wirkt sich sicherlich positiv auf die Atmosphäre im Untergeschoss aus. Damit der Zugang angenommen wird, ist auf Grund des großen Niveauunterschiedes der Einbau von zumindest einer aufwärts führenden Rolltreppe zu empfehlen. Als Blickfang zur Verteilebene ist im Gelenkpunkt eine kleine Shop-Fläche eingetragen, die natürlich auch der Überwachung dieses Bereiches dienen würde.

Zur Beurteilung der bautechnischen Umsetzbarkeit sind noch detailliertere Angaben der bestehenden Konstruktion erforderlich. Zudem sollte von KVB-Seite geprüft werden, ob die technischen Anlagen in diesen Flächen überhaupt anderweitig untergebracht werden können. In der beigefügten Kostenberechnung sind nur die Neubaumaßnahmen, ohne Abbruch und Umbau der vorhanden Ausstattung enthalten.

Technische Ausrüstung

Die haustechnische Konzeption und realistische Flächenansätze für die Zentralen und Schächte waren in der zweiten Wettbewerbsphase mit dem Fachplanungsbüro DS-Plan abgestimmt und in die Geschossgrundrisse übernommen worden. Die Richtigkeit der Auslegung ist im Wesentlichen auch durch das vom Bauherrn beauftrage Prüfbüro bestätigt worden.
Bei der vorliegenden Überarbeitung haben wir deshalb nur die gewünschte Vergrößerung der Dachzentrale in die Planung übernommen. Die dadurch freiwerdenden Flächen im 2.UG sind im Ausgleich aber noch nicht verkleinert worden, um alle Möglichkeiten einer späteren, optimalen Auslegung zu erhalten. Andere Optionen wie z.B. die Verlegung der Transformatoren ins 2.UG, die wertvollere Flächen im 1.UG freimachen würde, müssen in der Entwurfsphase in einer Kosten/NutzenRechnung abgewogen werden.
Seitens des Prüfbüros gab es auch den Hinweis, dass die vorgeschlagene optionale Fensterlüftung am Ring auf Grund der Luftqualität, Lautstärke und der vorgesehenen Verwendung von HeizKühldecken (wg. Kondensat) problematisch sein kann. Wir gehen auch davon aus, dass die Fenster im tatsächlich Betrieb nur selten zur Lüftung genutzt werden. Da es aber dem allgemeinen Nutzerwunsch entspricht zumindest die Option des direkten Aussenkontakts zu haben und die Fenster zur Reinigung von Innen ohnehin öffenbar sein müssen, sollte diese Option weiterhin angeboten werden.

Da die Rahmenbedingungen der vorgesehenen TGA-Planung derzeit weitgehend abgesteckt und bekannt sind, und der bisherige Berater – auf Grund der Beauftragung eines anderen Planungsbüros- nicht mehr zur Verfügung steht, ist der Phase 3 kein spezieller TGA-Erläuterungsbericht beigefügt.

Statik
Im Allgemeinen wird das Gebäude als Standard-Stahlbetonkonstruktion mit tragenden Außenwänden, aussteifenden Kernen und gängigen Stützenabständen geplant. Besondere Beachtung verdient die Auskragung des 2.-6.OG zum Rudolfplatz hin.

Die Lasten der Auskragung sollten dort über zwei Wandscheiben, die vom 2. bis zum 4.OG reichen und an der Decke des 4.OG rückverankert sind, in die Pfeiler der Ladenfassade abgeleitet werden.
Um die Störung der freien Raumteilung durch die fixe Wandstellung an diesen zwei Stellen zu reduzieren, sind die Wandscheiben durch den vom Bauherrn beauftragten Statiker jetzt in Rahmenkonstruktionen mit jeweils 75cm Rahmenbreite aufgelöst worden, so dass die freie Raumeinteilung auch in diesem Bereich möglich ist. Die verbreiterten Ansichten von Pfeilern und Unterzug können durch die Ausstattung (Möblierung, Kühldecken, Beleuchtung) ohne zu große Störung in die Raumgestaltung integriert werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Den Verfassern gelingt es, ihren Entwurf durch maßvolle Modifikationen nachhaltig zu stärken. Die vormals zahlreichen unharmonischen Versprünge in der Fassade, insbesondere im Anschluss zum Nachbarn sind aufgehoben worden und fügen sich nun gut in die Blockstruktur ein. Der großzügig dimensioniert ablesbare zweigeschossige Sockel wirkt nun schlüssiger gegliedert und als Teil des Gebäudes.

Weiterhin durch die Jury sehr kontrovers diskutiert wird die ausgeprägte Rundung der Ecke und die sehr kräftig formulierte Auskragung im Bereich des U-Bahnabgangs. Deren städtebauliche Herleitung wird von der Jury in Frage gestellt. Die Wahl der Materialen erscheint stimmig, auch im Bereich des Staffelgeschosses ist der Eindruck nun erheblich harmonischer. Funktional erlaubt sich der Entwurf in den Handelslagen und den Obergeschossen nach der Überarbeitung kaum noch Schwächen. Alles ist sehr durchdacht, intensiv durchgearbeitet und zeugt von hoher handwerklicher Qualität. Dennoch vermag die Wahl der städtebaulichen Figur mit der angebotenen Eckrundung nicht zu überzeugen.