modgnikehtotsyek
ALLE WETTBEWERBSERGEBNISSE, AUSSCHREIBUNGEN UND JOBS Jetzt Newsletter abonnieren
2. Rang 3 / 3

Gutachterverfahren | 06/2017

Neubau eines Büro- und Geschäftshauses am Rudolfplatz / Habsburgerring

3. Rang / Nach Überarbeitung

6a Architects

Architektur

Erläuterungstext

Stadtraum
• Der offene Vorraum am Rudolfplatz wurde verkleinert, die Innenecke eliminiert
• Verbesserte Sichtbarkeit von U-Bahn Zugang und Handelsflächen durch Verzicht auf Pfeilerstruktur im Erdgeschoss des Vorraums

Grundrissorganisation
• Erweiterung der Nutzfläche durch: Verkleinerung Vorraum Erdgeschoss und 1. OG, Ausnutzung der Maximalfläche im 1. Obergeschoss, Anpassung des Rücksprungs am Rudolfplatz 5.-7. OG, Anpassung des Rücksprungs am Habsburgerring 7. OG, Integration zusätzlicher Technikflächen auf dem Dach
• Reorganisation Handelsflächen und Büroeinheiten nach Angaben Bauherrschaft
• Flächenoptimierung des Kerns
• Neupositionierung und Flächenoptimierung der Bürolobby nach Angaben Bauherrschaft • Schaffung zusätzlicher Stellplätze

Fassadenkonstruktion
• Der Glasanteil der Fassade wurde durch die Integration geschlossener Brüstungsbänder erheblich reduziert
• Geschossweiser Brandüberschlag durch umlaufende 1.0 Meter hohe F90 Brüstungen ausgeschlossen
• Ein außenliegender Sonnenschutz wurde integriert um den sommerlichen Wärmeschutz zu erfüllen
• Unterteilung der Glasflächen in 0.9 Meter breite Flügel um manuelle Fensteröffnung zu ermöglichen • Durch öffenbaren Fensterflügel kann die komplette Fassade ohne zusätzliche Hilfsmittel, wie Hubsteiger oder Fassadenbefahranlage, gereinigt werden
• Der Schallschutz an der Straßenfassade konnte durch die Integration von MineralwollePaneelen erhöht werden


Städtebau und Volumen

Verwoben in das dichte Netz von urbanen Zusammenhängen, liegt das neue Eckgebäude am Rudolfplatz an der historischen Stadtgrenze des mittelalterlichen Kölns. Flankiert von der gründerzeitlichen Ringstraße Habsburgerring wird es räumlich und stilistisch durch zwei denkmalgeschützte Bauwerke, der mittelalterlichen Hahnentorburg und dem modernistischen Steigenbergerhotel, eingespannt. Zwischen diesen beiden Architekturstilen entfaltet der Entwurf eine zeitgenössische Formensprache und liefert einen neuen Beitrag zur vielschichtigen Baugeschichte Kölns.

Das Projekt entwickelt sich einerseits aus dem Bedürfnis die urbane Kontinuität der Ringstraße wieder herzustellen und andererseits der Torsituation am Rudolfplatz, dem alten Westtor zur Stadt, gerecht zu werden. Dies geschieht primär durch die urbane Kubatur des Baukörpers und der architektonischen Artikulation in zwei Gebäude. Das neue Stadthaus komplettiert den Block und vermittelt zwischen Ringstraße und Stadtplatz, gleichsam die unterschiedlichen Situationen betonend.

Am Platz springt das Volumen ab dem fünften Obergeschoss zurück und bildet einen urbanen Stadtbalkon auf der Höhe der Hahnentorburg aus. Grenzständig am Habsburgerring, akzentuiert das Volumen die Ecke und zelebriert den Übergang zum höheren Straßenbild. Der Büroeingang liegt zentriert am Habsburgerring, hervorgehoben durch übergroße Messingletter auf einem Basaltfries.

Aus ähnlichen Elementen entworfen und zusammengesetzt, unterscheiden sich die zwei Gebäude im Duktus der Fassadenstruktur. Von weitem sehr subtil, wird der Unterschied zwischen den Fassaden für den Passanten in der Bündelung der einzelnen filigranen Säulen erfahrbar. Eine autonome Erscheinung beider Gebäude wird durch eine Verdoppelung der Fassadenelemente an der Nahtstelle erreicht.


Städtebau und Materialität

Städtebau ist nicht nur eine Frage der Volumetrie. Konstruktion und Materialität geben der Stadt haptischen Sinn. Materialität und architektonische Artikulation führen die städtebauliche Idee im Duktus des Bauwerkes fort. Das schwere, tragende Mauerwerk der Hahnentorburg etabliert eine elementare urbane Zone aus schwarzem Basalt. Sie trägt zwei blasse Geschosse aus Tuffstein. Heute, lange nachdem ihr abwehrender Zweck der Vergangenheit angehört, behauptet sich die Hahnentorburg mit ihrer Materialität und formaler Ordnung als Zentrum des Stadtquartiers.

Die Architektur des neuen Bürogebäudes ist grundlegend tektonisch: Bündel von schlanken Säulen stützen bauchige Stürze. Die Horizontalität der Geschosse wird durch einen wogenden Rhythmus zwischen strukturierenden Jochen ersetzt. Der Unterschied zwischen dunklem Sockel und hellem Aufbau wird lediglich durch das Material erreicht: Durchgehende Säulen und Stürze verwandeln schwarzen Basalt in hellen Kunststein. Säulenbündel, Stürze und Kapitelle sind durch Materialinversionen in jedem Knotenpunkt verbunden und betonen den kontinuierlichen Rhythmus des ganzen Gebäudes.


Um die Ecke von Rudolfplatz und Habsburgerring zu markieren, ist der architektonische Ausdruck offener. Säulen sind schlanke Zylinder; am Rudolfplatz paarweise, am Habsburgerring zu viert gebündelt. Sie akzentuieren Vertikalität durch Licht und Schatten, ähnlich einer gotischen Säule oder der klassischen Kannelur, hier mehr an die Abstraktion der Tugendhat Stütze von Mies van der Rohe erinnernd. Die Masse der Hahnentorburg wurde in tragende Leichtigkeit verwandelt. Säule und Sturz öffnen den urbanen Raum, verwandeln Materie in Transparenz. Licht und Blicke durchdringen das Eckgebäude, während die feste Kante zum Habsburgerring durch die Filigranität der Struktur gewahrt bleibt. Die Architektur aus Säule und Sturz kombiniert das abstrakte Raster des Steigenberger Hotels mit der schweren Tektonik der Altstadt.


Städtebau und Straßenleben

Das Treiben auf dem Habsburgerring mündet in einer zweigeschossigen Kolonnade am Rudolfplatz. Der Büroeingang und Ladenfronten sind dicht an den Bürgersteig gerückt und werden durch einen Sockel aus Basaltstein gerahmt Die Kolonnade formt ein urbanes Vestibül zum Platz, ein Ort der Schutz bietet beim Verlassen der U-Bahn, der zum Schaufensterbummel einlädt oder als urbaner Treffpunkt dient. Durch eine kleine städtische Geste bietet das neue Gebäude einen geschützten Ort zum öffentlichen Rudolfplatz. Die Kolonnade bietet auch Gelegenheit zurückhaltende Beleuchtung und Retail-Branding am UBahnhof anzubringen. Am Habsburgerring kann Einzelhandelbeschilderung an den Stürzen zwischen den Säulen platziert werden.


Robuste und flexible Gebäudestruktur

Die Tragkonstruktion des Gebäudes wird in Stahlbeton erstellt. Die einfache Konstruktion ermöglicht eine große Flexibilität und kurze Bauzeit des Gebäudes. Ein hoher Anteil an Rycyclingbeton führt zu einem niedrigen Verbrauch an grauer Energie. Stützen in einem Achsmaß von 8.1 Meter bilden die Primärstruktur, Aufzugskern und Brandmauern dienen zur Aussteifung der Raumstruktur. Das Fassadenraster von 2.7 Meter erlaubt eine wirtschaftliche Umsetzung und flexible Aufteilung der Innenräume in Bürozellen oder Großraum-Strukturen. Jedes Geschoss kann in zwei oder drei Einheiten geteilt werden, auch ein Zusammenschluss zu einer Nutzungseinheit ist möglich. Die vorgehängte Straßenfassade wird durch eine tektonische Assemblage von schlanken Säulen und Stürzen geformt. Die Obergeschosse der Fassade bestehen aus Kunststein mit Tuffstein-Zuschlag, damit wird ihre Farbigkeit der Hahnentorburg angepasst. Um die Vertikalität der Fassade zu unterstreichen, sind die Kunststeinstützen mit einer linearen Textur versehen. Der Sockel wird durch Basaltstein mit Stahlbewehrung farblich abgesetzt.


Nachhaltigkeit und Gebäudetechnik

Die Nachhaltigkeit des Gebäudes wird durch eine geeignete Materialwahl, Reparaturmöglichkeit und Wiederverwertbarkeit sichergestellt. Das Gebäude wird mit einer zentralen mechanischen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung beheizt. Ein Anschluss an das lokale Fernwärmenetz ermöglicht eine geringe Primärenergiekennzahl. Zusätzlich zur mechanischen Lüftung sind die Fenster manuell öffenbar. In den Bürogeschossen wird die Tragstruktur aus Stahlbeton exponiert, um sie für thermischen Bauteilaktivierung nutzen zu können. Durch Nachtlüftung im Sommer können die Betondecken auskühlen und unterstützen damit die passive Kühlung über den Tag. Doppelböden erlauben ein flexibles Verlegen der Gebäudetechnik. Technikflächen sind im Keller und auf dem Dach vorgesehen. Im Staffelgeschoss werden die technischen Aufbauten in einfache Volumen mit Metallverkleidung zusammengefasst. Die Verkleidung verleiht den Dachaufbauten einen edlen Charakter und sorgt für eine ruhige Erscheinung der fünften Fassade. Durch das Zurücksetzen von der Dachkante wird die Sichtbarkeit vom Straßenraum auf ein Minimalmaß reduziert.


Effiziente Gebäudehülle

Das Gebäude zeichnet sich durch eine effiziente Gebäudehülle aus. Hochgedämmte Außenwände und Fenster mit Dreifachverglasung ermöglichen einen geringen Transmissionswärmeverlust. Umlaufende horizontale Fensterbänder werden vertikal in 0.9 Meter breite Fensterflügel unterteilt. Die Flügel können manuell geöffnet werden, um einen hohen Nutzerkomfort zu erreichen. Zwischen den Geschossen verhindern 1.0 Meter hohe geschlossene Paneele mit Mineralwolle-Füllung den Brandüberschlag. Ein manuell steuerbarer außenliegender Sonnenschutz gewährleistet den Blendschutz und die Einhaltung des sommerlichen Wärmeschutzes. Die Öffnungen in der Hoffassade ermöglichen Querlüftung und zusätzliche Belichtung der Büroflächen.


Sommerlicher Wärmeschutz

Die transparente Hülle des Gebäudes ist von einem beweglichen Außenliegenden Sonnenschutz umgeben. Geschlossene Brüstungsfelder haben positive Auswirkungen auf die Energiebilanz und verringern den gemittelten Glasanteil der Fassade auf 52%.


Schallschutz und Raumakustik

Die Gestaltung der Gebäudehülle reagiert auf den relativ hohen Lärmpegel am Habsburgerring. Die dreidimensionale Gliederung der Fassade mit Rücksprüngen hat positive schalltechnische Auswirkung und reguliert den Lärmpegel. Brüstungselemente gefüllt mit Mineralwolle wirken zudem Schallabsorbierend. Abgehängte Decken in den Gewerbeeinheiten gewährleisten eine gute Raumakustik. In den Büroeinheiten sind die Betondecken offenliegend, hier regulieren Doppelböden den Schallpegel.


Reinigungskonzept

Die Reinigung der transparenten Flächen des Gebäudes ist ohne zusätzliche technische Hilfsmittel wie Hubsteiger oder Fassadenbefahranlage möglich. Auf den Bürogeschossen können die Fenster mittels Schlüssel komplett geöffnet werden um die Außen- und Innenseite zu reinigen. Die Festverglasung der Gewerbeeinheiten im Erd- und 1. Obergeschoss werden mittels Teleskoplanzen gereinigt.




Die Überarbeitung der Fassade erfolgte in enger Zusammenarbeit mit den folgenden Fachplanern:

Fassadenplanung: GIG HOLDING GMBH, Montrésor Partnership Bauphysik: Müller-BBM GmbH Brandschutz: KFP Ingenieure Brandschutz Part GmbB

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser entwickeln konsequent mit subtilen Eingriffen das bereits in der letzten Phase sehr positiv bewertete Konzept weiter. Der sparsame Umgang mit dem Material bleibt erhalten: eine feine Struktur aus Glas und Beton. Die Glasschicht wird entsprechend der Hinweise modifiziert und der transparente Anteil verringert sowie vertikal mit weiteren Teilungen versehen. Der in sich schlüssige Ansatz bietet jedoch ein sehr ungewöhnliches Rastermaß an und erscheint vor dem Hintergrund der geplanten Büronutzung weniger kompatibel. Der U-Bahnabgang wird nun deutlicher freigestellt, jedoch ein „Vestibül“ mit in der ersten Ebene hängenden Stützen formuliert. Dies verbessert zwar die Sichtbarkeit und den Zugang zur Handelsfläche im Erdgeschoss, dennoch wird hier nicht die gewünschte Qualität erreicht. Das vormalige hohe Flächendefizit ist nun vollständig ausgeglichen worden.

Ein nach Einschätzung der Jury weiterhin hochinteressanter Beitrag mit einer wohltuend klaren und einfachen Haltung. In der Diskussion wird jedoch die Angemessenheit des immer noch sehr transparent wirkenden architektonischen Gestus für den Ort in Frage gestellt – insbesondere im städtebaulichen Zusammenspiel mit dem denkmalgeschützten Hotel auf der gegenüberliegenden Straßenseite.
2. Rang 3 / 3