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Offener Wettbewerb | 09/2017

San Riemo - Ein forschendes Bauprojekt zum genossenschaftlichen Wohnen in der Messestadt Riem

3. Preis

Lütjens Padmanabhan Architekten

Architektur

Beurteilung durch das Preisgericht

Die schwarz-weiß gestreifte Fassade macht froh, die mediokre Riemer Normalität wird hier mittels Farbe und Muster überblendet. Ziemlich viel Loos Josefine Baker Haus, ein wenig Hejduks Kreuzberg Tower und Einiges eines namenlosen Bürogebäudes aus den 60ern ergeben ein farbenfrohes Gefüge, das aus zwei Welten zu bestehen scheint. Hier verbinden sich überschwängliche Formgebung und klare Ordnung.

Das Gebäude steht selbstbewusst am Elisabeth-MannBorghese-Platz (der eigentlich eine Straße ist), an dieser Stirnfassade kulminieren die Entwurfselemente. Während die Straßenfassade im gleichbleibenden Rhythmus der Fenster über einer türkisen FaserzementBrüstung aus schmal, breit, schmal, breit, schmal, breit usw. gegliedert ist, zeigt sich auf der kurzen Fassade etwas von der Besonderheit des Gebäudes. Der Portego, aus dem venezianischen Palazzo entlehnte durchgesteckte Wohnhalle, ist ein dem Gebäude einverleibter zum Teil doppeltgeschossiger Außen- und Innenraum, der sowohl die Wohngruppe als auch die Filialwohnungen erschließt und verbindet. Der Portego wird zum ausgedehnten Treppenpodest, an dem die angelagerten Wohnungen (vier bis fünf) über die Nutzungen des Raumes verhandeln müssen. Die Anordnung einer Küche ist hier als eine Empfehlung zu verstehen, da es hier mit den Wohnküchen der Wohnungen zu Dopplungen, nur von einer Flügeltür getrennt, kommt. Innerhalb der Organisation der Nuklei könnte etwas von der Qualität des Portegos erneut auftauchen, hier werden schlicht Räume an einem dunklen Flur aufgereiht: diese können Gäste aufnehmen, hier kann man arbeiten, ein Jugendlicher einziehen und großzügig baden.

Während am Platz dieses räumliche Element einen Teil der Kooperative gemeinschaftlich bindet, ist der nördliche Teil des Hauses sehr kompakt einem konventionellen Wohnhaus entsprechend organisiert.
Hier erschließt ein zweispänniges Treppenhaus die gestapelten Basiswohnungen, die sehr solide mit nutzungsoffenen Qualitäten organisiert sind.

Erdgeschoss und Dach sind als Gemeinschaftsetagen entwickelt, ersteres formal zurückhaltender als öffentlicher Sockel mit großzügigen Raumzuschnitten, das Dachgeschoss wiederum eigenständig als Garten mit einem Küchen-Folly.
Diese Dualität an den beiden Treppenhäusern – einmal brut, einmal venezianisch aufgeladen – wird kontrovers diskutiert. Eine verbindende Klammer mit Gemeinschaftlichkeit stellen Erdgeschoss, Dachgarten und Fassade her. Im Erdgeschoss kann diese Verbindung von Süd nach Nord über einen dunklen Flur an den Ateliers vorbei nicht gänzlich überzeugen.

Die Struktur zeugt von einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den geforderten Wohntypen und setzt diese einfach adaptierbar um. Hierbei erscheint allerdings die Gemeinschaftstyp-Entscheidung vor Einzug (Gemeinschaftsflächen vor der Wohnung oder Gemeinschaftsflächen entfernt zur Wohnung) unumkehrbar.

Dem Entwurf gelingt es, eine eigene, sehr direkte und einfache Antwort auf die Wohnszenarien Basis- wohnen – Filialwohnen - Nukleuswohnen zu geben. Mit der gestreiften Fassade zum «Platz» wird ein unverkennbarer Ausdruck vorgeschlagen, wobei das beabsichtigte Verhältnis von Haus und Stadt ebenso kontrovers diskutiert wurde, wie die Frage der Gemeinschaftlichkeit. In dessen Gestalt werden die beiden Themenkreise eindrücklich miteinander zu verbunden. Die Explizitheit des Portegos an der Platzfassade, das heißt die Konzentration des «Gemeinschaftlichen» an einer Stelle, findet vehemente
Kritiker.