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Offener Wettbewerb | 09/2017

San Riemo - Ein forschendes Bauprojekt zum genossenschaftlichen Wohnen in der Messestadt Riem

Engere Wahl

SCHULZE SCHULZE BERGER Architekten Stadtplaner

Architektur

Erläuterungstext

Der Entwurf ‚San Riemo‘ stellt die geltenden Standards im mehrgeschossigen Wohnungsbau in Frage. Die Beantwortung kann nur unter Berücksichtigung der heutigen Bedürfnisse des Menschen erfolgen. Das traditionelle Verständnis von Wohnen ist in Hinblick auf stetige Veränderungen in der Lebensplanung in Familie und Beruf überholt, die Architektur muss folglich Lösungen anbieten, höchst flexiblen und qualitätvollen Wohnraum zu schaffen, der den Anforderungen des Einzelnen als auch der Gemeinschaft Folge leistet.

Die bauliche Struktur des Entwurfs greift den Gedanken des gemeinschaftlichen Zusammenlebens auf ohne die individuellen Rück- zugsräume zu vernachlässigen. Durch die gewählte klare und rati- onale Konstruktion in vorfabrizierten Stahlbetonschottenbauweise ist es möglich, verschiedenste und flexible geforderte Raumkon- stellationen zu ermöglichen. Der Aspekt der Nachhaltigkeit spielt eine ebenso große Rolle, wie der der Flexibilität.
Ausgehend von einer Basiseinheit mit Küche und WC kann eine Wohnung beliebig in jede Richtung erweitert werden. Horizontal um Basiseinheiten und vertikal um Individualeinheiten. Mehrere Individualeinheiten können bei Bedarf zusammengeschaltet oder wieder voneinander gelöst werden, ohne dabei Wohnqualität zu verlieren. Ein Teilen von Individualräumen von mehreren Partei- en ist angedacht und wünschenswert. Die Variabilität wird baulich über standardisierte, leistungsfähige Türen ermöglicht. Sowohl das Schliessen als auch das Umhängen von Türblättern ermöglicht eine Schaltbarkeit mit angemessenem Aufwand. Somit ist ein Wohnungs- mix von einem 1-Bewohner-Haushalt über 10-Bewohner-Haushalte bis Hin zur Utopie des gesamten Hauses als Wohngemeinschaft möglich. Dies ermöglicht eine Bewohnerzahl von 94 bis 115 Ge- noss/innen.

Die Erschließung über die beiden Laubengänge ermöglicht es, den gemeinschaftlichen Charakter des Hauses zu verstärken und inte- ressante Raumfolgen innerhalb der Wohnungen zu generieren. Die Basiseinheiten sind durchgesteckt und orientieren sich mit der Kü- che zum gemeinschaftlichen Laubengang sowie mit zunehmender Privatheit zur Heinrich Böll-Straße.
Im Erdgeschoss befinden sich eine Werkstatt und ein Café, welches zusammen mit dem Entreé des Laubengangs die Adresse des Hau- ses bildet. Im Innenhof befindet sich ein Garten, der ebenso wie der großzügige Dachgarten mit seperater Gemeinschaftsküche, als gemeinschaftlicher Rückzugsort für die Bewohner/innen dient. Am Treppenhaus sind zusätzliche flexibel nutzbare Gemeinschaftsflä- chen zur Aneignung durch die Bewohner vorgesehen.
Die Struktur wird von einer Fassade mit großformatigen Schiebe- fenstern und für die Erscheinung des Gebäudes prägenden Sonnen- schutzelementen umgeben.
Die vorfabrizierten Doppewandelemente werden werkseitig mit den Installationen versehen und zur Bauteilaktivierung vorbereitet. Durch die vorfabrizierten Betonelemente ergibt sich zum einen eine Verkürzung der Bauzeit sowie eine hohe Sichtqualität der roh blei- benden Oberflächen. Zusammen mit den geschliffenen Estrich-Bö- den und den Fertigteiltreppen ergibt sich das Prinzip Rohbau = Ausbau.

Architektonisch möchte das Gebäude mit zurückhaltenden Mitteln identitätsstiftend sein und seinen Bewohner/innen das höchste Maß an Flexibilität und Wohnqualität nach heutigen Gesichtspunkten zu- rückgeben.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Haus mit den unterschiedlichen Wohnformen bilden ein einfaches sechsgeschossiges Volumen. Der seitliche viergeschossige Trakt ist in das Haus eingebunden; er enthält die Erschliessung der Wohnungen sowie gemeinschaftlich zu nutzende Räume. Der Lift führt bis aufs Dach; er stabilisiert als Vertikale die starke Komposition der zwei Trakte.

Das Erdgeschoss steht der Straße entlang gewerblichen Nutzungen und der Werkstatt zur Verfügung. Der Eingang zum Haus liegt am Platz. Er führt in eine Halle, von der aus die Treppe und der Lift Laubengänge im 3. und 5. Geschoss erschliessen. Die zwei Laubengänge erstrecken sich hofseitig vom Platz zum nördlichen Ende des Hauses, wo es eine zweite Treppe gibt. Sie sind breit, dienen den Wohnungen als Raum im Freien und sollen auch gemeinschaftlich genutzt werden. Das Dach dient Nutzungen im Freien. Ein Dachaufbau enthält die dafür erforderlichen installierten Räume. Masten dienen dazu, schützende Segel aufzuspannen.

Die tragende Struktur besteht aus Schotten aus Beton, die auf beiden Seiten einen Meter von der Fassade zurückliegen; im Erdgeschoss sind sie als Rahmen ausgebildet. Der Aussteifung dienen die Wände, die das Haus in der Mitte in zwei Schichten teilt. An sie lagern sich die installierten Räume. Die Schotten folgen sich in einem Abstand, der von der räumlichen Struktur bedingt ist. Er entspricht der gleichbleibenden Breite der Räume und der Treppen.

Das Haus ist eine Maschine, die in systemischer Weise aus Räumen und Treppen zusammengebaut ist. Auf der einen Seite ist seine Struktur starr, auf der anderen Seite scheint sie vielfältigste Arten, die Räume zu verbinden, möglich zu machen. Mit den vielen Treppen sind die Wohnungen aber übermäßig aus- gestattet. Das gilt, auch wenn sie teilweise wegfallen können.

Die Wohnungen reichen vom Laubengang durch das ganze Haus, weisen also eine große Tiefe auf. An drei Stellen setzen die Treppen an, die zu den weiteren Räumen führen, nach oben und/oder nach unten. Es gibt zahllose Verbindung zu einer der verlangten Wohnformen. Diese haben gemeinsam, dass es im ganzen Haus nur eine Art von Räumen gibt, dass die Räume nur eine Grösse haben: sie unterscheiden sich nur gerade in ihrer Lage nach Osten oder Westen. Damit widersprechen die Wohnungen der Forderung nach räumlicher Vielfalt. Negativ ist auch die viel zu hohe Zahl an Maisonette-Wohnungen.

Die Fenster im Erdgeschoss liegen in der Ebene der Rahmen, die oberen Geschosse kragen etwas aus. Das verschafft dem Haus den städtischen Ausdruck eines Wohn- und Geschäftshauses. Die Fassaden bestehen aus einem gleichmässigen Raster mit geschosshohen Fenstern. Dieser Raster überspielt die unterschiedlichen Abstände der Schotten. Er verschafft dem Haus einen selbstbewussten Ausdruck, auch wenn es mit seinen gläsernen Fassaden in der Straße fremd erscheinen mag.
Präsentationsplan 1

Präsentationsplan 1

Präsentationsplan 2

Präsentationsplan 2