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Offener Wettbewerb | 06/2017

Regierungsviertel Frauenfeld: Ergänzungsbauten Regierungsgebäude

dino

1. Rang / 1. Preis / nach Überarbeitung

Preisgeld: 70.000 CHF

GÄUMANN LÜDI VON DER ROPP Architekten SIA

Architektur

Fischer Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

SJB Kempter Fitze

Bauingenieurwesen, Brandschutzplanung

Edelmann Energie

sonstige Fachplanung

Beurteilung durch das Preisgericht

Konzept, Städtebau, Architektur, Aussenraum
Das Regierungsviertel in Frauenfeld entlang der Promenadenstrasse ist geprägt durch die Kette von Verwaltungsgebäude, Bibliothek, Verlag und Regierungsgebäude. Am Regierungsgebäude macht die Promenadenstrasse einen Knick und läuft am Staatsarchiv vorbei stadtauswärts nach Osten. Dieser Boulevard öffentlicher Bauten wurde in seiner Anlage am Anfang des 19. Jahrhunderts erstellt. Ende der sechziger Jahre wurde das Verwaltungsgebäude errichtet, das heute den südlichen Auftakt der Promenadenstrasse markiert und die Kette der gründerzeitlichen Bebauung in seiner modernen Formensprache kontrastiert und zugleich perfekt ergänzt. Der vorgesehene Ort für die Erweiterung liegt hinter dem Regierungsgebäude, bereits abseits der abknickenden Promenadenstrasse, räumlich aber in der geraden Flucht der am Verwaltungsgebäude beginnenden Raumsequenz. „ dino“ erinnert in seinem strukturellen Aufbau an das Skelett eines kleinen Reptils, das im Rücken des prominenten Regierungsgebäudes sowohl baukörperlich wie stilistisch zwischen den unterschiedlichen Massstäben und Architekturen des Ortes zu vermitteln vermag. Ein über die Längsachse versetzter und in der Höhe gegliederter zweiseitiger Kamm bildet je drei klassische Bürotrakte zur Staubeggstrasse und zur Hofseite der kleinteiligen historischen Bebauung der Zürcherstrasse aus, mit dazwischen liegenden kleinen Halbhöfen. Angesichts der Grösse der Gesamtbaumasse gliedert sich diese Struktur verblüffend selbstverständlich in den Kontext ein und bildet zugleich eine selbstbewusste, zeitgemässe Erscheinung aus, die das repräsentative Regierungsgebäude stimmig komplettiert.

Den geschlossenen Stirnfassaden des Erweiterungsbaus stehen über die ganze Länge geöffnete Seitenfassaden gegenüber. Aus der Sichtachse der Promenade zeigt sich so eine Abfolge von drei viergeschossigen Einzelbauten, die in Stil und Art an die Modernität des Verwaltungsgebäudes anknüpfen und so die Promenade bis in die Staubeggstrasse verlängern. Die Feingliedrigkeit der Anlage lässt gut proportionierte Aussenräume entstehen. D er erste Gebäudetrakt zur Staubeggstrasse ist aufgeständert und überdeckt die Tiefgarageneinfahrt. Über einen quadratischen Hof gelangt man zwischen Regierungsgebäude und Erweiterungsbau in eine Eingangshalle. Ein zweiter Eingang erschliesst das Haus über den mittleren Halbhof von der Blockinnenseite. Je ein separater Tiefgaragenausgang liegt in den Aussenanlagen zum Regierungsgebäude hin und nach Osten Richtung Staatsarchiv. Der Innere Bau ist streng modular auf einem klassischen Büroraster aufgebaut. Dadurch entsteht ein langfristig flexibles, sehr gut belichtetes Bürohaus, das durch die versetzten Halbhöfe in der inneren Erschliessungszone zugleich einen lebendigen Wechsel von unter- schiedlichen Situationen des Einblicks und Durchblicks erzeugt.

Identität, architektonischer Ausdruck, Struktur und Erscheinung
Das Gebäude ist entlang des Mittelbereichs und der Fluchtwege als Stahlbetonkonstruktion konzipiert, die Seitenflügel der Büroflächen als reine Holzbauten. Die Fassadenöffnungen werden als grossformatige Holzfensterkonstruktionen vorgeschlagen. Die geschlossenen Stirnfassaden, die mit grossen Holzplatten verkleidet sind, suggerieren in der Gliederung eine Holzmassivbauweise aus grossen Balken. Dadurch entsteht ein interessanter, fast archaisch anmutender Bau, der in seiner Ästhetik an die Massivität von Sichtbetonbauten der 60er Jahre erinnert. Die in der Überarbeitung eingeführte horizontale Gliederung der Fassade ist vor allem in den Stirnfassaden nochmals zu überdenken. In der Überarbeitung wurde die Untergeschoss -Parkierung grundsätzlich geklärt, die Fahrkurven und Durchgangshöhen der Tiefgarage sind allerdings nochmals genau zu prüfen.

Tragkonstruktion
Das vorgeschlagene Konstruktionsprinzip der Bürotrakte in Holzbauweise ist klar und konsequent. Die geringen Spannweiten erlauben eine Umsetzung ohne den Einsatz von speziellen Holzwerkstoffen. Das Ziel der Verwendung von Holz aus der Region sollte darum in der Planung von Anfang an mit Nachdruck verfolgt werden. Der mögliche Vorfertigungsgrad ist bei der gewählten Skelettkonstruktion als eher niedrig einzustufen, was bei einer am Ende sichtbaren Tragkonstruktion ein Nachteil darstellt. Der konstruktiven Ausgestaltung der Holzfassade und insbesondere dem Übergang zur Umgebung ist in der weiteren Planung besondere Beachtung zu schenken. Die Materialisierung des aussteifenden Mitteltrakts in Stahlbetonbauweise ist pragmatisch und vor allem aus ökonomischer Sicht nachvollziehbar. Die vertikale Lastabtragung wird bei genauerer Betrachtung noch gewisse Anpassungen erfordern. Die unabhängig vom Hochbau konstruierte Tiefgarage bedingt einen Lasttransfer in der Decke über dem ersten Untergeschoss. Bei den gewählten Stützenabständen und unter Berücksichtigung der Leichtbauweise in den Obergeschossen ist das gut zu bewerkstelligen.

Denkmalpflege
Die kammartige Struktur des viergeschossigen, aufgelösten Baukörpers entwickelt einen für den Ort neuartigen Baukörpertypus, der als Scharnier die unterschiedlichen Massstäbe aufzunehmen vermag. Sie schafft interessante kleine Aussenräume und im Inneren qualitativ hochwertige Arbeitswelten. Die Traufkante des Regierungsgebäudes wird aufgenommen. Das Projekt „dino“ schafft unprätentiös einen angemessenen und zeitgemässen Abschluss des Regierungsviertels. Mit dem Verwaltungsgebäude Promenade bildet es gleichsam eine Klammer der modernen Verwaltungsbauten. Der stark gegliederte Baukörper ist raumgreifend und erzeugt verschiedenartige gegliederte Aussenräume. So entsteht ein gutes Gegenüber zur spätmittelalterlichen Vorstadtzeile, das gut auf die kleinteilige Gliederung der rückwärtigen Hoffassaden reagiert. Die Villa Wohlfender wird leicht nach Osten verschoben. Für das Fotoatelier Baer muss noch ein neuer Standort gefunden werden.

Wirtschaftlichkeit in Erstellung, Unterhalt und Betrieb
Um die Büroinnenräume ideal beleben und belichten zu können, stellt das Projekt bewusst relativ viel Grundfläche und eine grosse Fassadenabwicklung her. Die sehr regelmässige innere Gebäudestruktur, das gut alternde Fassadenmaterial Holz und der nicht übertriebene Glasanteil versprechen langfristig auch für Betrieb und Unterhalt eine gute Wirtschaftlichkeit.

Nachhaltigkeit bei Erstellung und Betrieb
Die grosse Fassadenfläche und die bewusst von der direkten Sonneneinstrahlung abgewendeten Fassadenöffnungen führen bei einer Minimierung des sommerlichen Wärmeschutzes zu einer idealen Belichtung der Büroflächen. Wenige, unterschiedliche und getrennt voneinander verbaute, recyclier - und reproduzierbare Materialien versprechen ein hohes Mass an Nachhaltigkeit für ein Projekt, das die Voraussetzungen für eine Zertifizierung nach Minergie schafft. Aufgrund der neutralen inneren Struktur ist das Projekt langfristig flexibel in der Nutzung, auch eine Vermietung oder Teilvermietung der Immobilie ist vorstellbar.

Projektwürdigung
Das Projekt „dino“ löst die gestellte Aufgabe, gewissermassen, im Schatten des imposanten Regierungsgebäudes ein zeitgemässes und flexibel nutzbares Bürogebäude zu entwerfen, das sich dennoch selbstverständlich in den äusserst heterogenen Kontext einschreibt. Das detailliert und feinfühlig ausgearbeitete Projekt verlängert die Kette der Regierungsbauten über die Promenade hinaus in angemessener Weise und besticht durch seine ebenso glaubwürdige wie selbstbewusste Eigenständigkeit.