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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2017

Neubau Bundesamt für Strahlenschutz in Neuherberg

Perspektive Campuspark

Perspektive Campuspark

ein 3. Preis

Preisgeld: 63.000 EUR

Max Dudler GmbH

Architektur

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

Mathes Beratende Ingenieure GmbH

Tragwerksplanung

Müller-BBM Building Solutions GmbH

Brandschutzplanung

MMB - Modellbau Milde Berlin

Modellbau

Erläuterungstext

„DAS BEWÄHRTE IN FORM DES ARCHETYPISCHEN RUNDBOGENMOTIVS IST EINE SUBTILE ANSPIELUNG AUF DIE GRENZEN DER TECHNISCHEN INNOVATION“

Um die Aufgaben des Bundesamts für Strahlenschutz auf dem Forschungscampus Neuherberg zu repräsentieren, muss das neue Gebäude mit einer eigenständigen Architektur und einer klaren Haltung auftreten. Das Gebäude will keine technische oder gar futuristische Sprache sprechen, sondern im Gegenteil die Rückbesinnung darauf ausdrücken, was sich in der Geschichte bewährt hat: Natürliche und regenerative Energien, Nachhaltigkeit, Grüne Höfe, Speichermassen und robuste Gebäudestrukturen. Diese Haltung zeigt sich am deutlichsten in unserem Rückgriff auf einen Archetypus der Architektur: den Rundbogen.

VIER HÖFE
Der geplante Neubau muss aus sich heraus eine starke Eigenständigkeit und Präsenz entwickeln, da jegliche typologischen und maßstäblichen Anknüpfungsmöglichkeiten an die Umgebung fehlen. Mit dem großen, flachen Volumen entwickeln wir einen Baukörper, der die unterschiedlichen Anforderungen der Aufgabenstellung auf ebenso elegante wie stringente Art zu einer architektonischen Einheit verschränkt. In Analogie zu einem römischen Hofhaus – hier allerdings in übergroßer Dimension – wird eine Innenwelt mit vier Höfen entworfen, die sich sowohl nach innen als auch nach außen hin orientiert.
Die vier vertikal eingesetzten Höfe stellen die vielschichten Beziehungen zum landschaftlichen Kontext her und sind zugleich die Grundpfeiler der inneren Organisation des Hauses. Mit ihrer unterschiedlichen Funktionalität, die sich in der jeweiligen Gestaltung und den Namen „roter Hof“, „gelber Hof“, „blauer Hof“ und „grüner Hof“ widerspiegelt, sind sie ebenso Orientierungspunkte wie identitätsstiftende Orte. Um die Höfe herum sind die verschiedenen Nutzungsbereiche gruppiert. Die Komplexität des inneren räumlichen Geflechts wird von einer stringenten Fassadenhülle gefasst und gleichsam „verborgen“. Je nach Blickwinkel erlaubt die Hülle mal mehr, mal weniger Einblicke und Durchblicke in das Innere. Die Rigidität der Gebäudehülle in einem Achsabstand von 1,35 m ermöglicht der inneren, thermischen Fassadenschicht einen pragmatischen und flexiblen Umgang mit den nutzungsbedingten Anforderungen. Außen wie innen besteht das Gebäude aus einer einfachen Sichtbetonstruktur, die in ihrer Direktheit den Bau sinnfällig gliedert und gleichzeitig durch Massenaktivierung Aspekten wie zum Beispiel der Nachtauskühlung gerecht wird.
Der durch die Hauptfassade durchscheinende rote Hof markiert die gebäudehohe Eingangshalle, über die Mitarbeiter und Besucher das Gebäude betreten. Die Halle ist mit Foyer und Infotheke erste Anlaufstelle, bietet aber gleichzeitig auch die Nutzung als multifunktionalen Ausstellungs- und Veranstaltungsraum an. Der Raum ist überdacht und wird über Oberlichter belichtet. Der gelbe Hof im südlichen Gebäudebereich ist erhöht im 1. OG angeordnet und bietet dadurch ein „Fenster“ in die Landschaft. Er ist als Aufenthaltsbereich mit Sitzmöglichkeiten für die Mitarbeiter konzipiert. Der als Wasserbassin konzipierte blaue Hof ist nicht begehbar (Bodenaufbau ca. 1,5 m über der Tiefgarage) und dient der Wasserrückhaltung. Er kann ebenso als Wasserbiotop genutzt werden. Der grüne Hof wiederum dient den Mitarbeitern als begehbarer Garten mit Bäumen, Sitzbänken und Liegewiese.

Mitarbeiter: Matyas Enz, Annette Kern, Aysin Soydan, Jochen Soydan

Beurteilung durch das Preisgericht

Dem Verfasser gelingt es mit seinem Entwurf eine kontroverse Diskussion anzustoßen.
Er setzt einen sehr kompakten Baukörper mit einer rigiden Lochfassade mit Rundbogenfenstern an die Fröttmaninger Heide.
Es wird argumentiert, man wolle städtebaulich an dieser Stelle eine Rückbesinnung auf die Errungenschaften der Vergangenheit eine architektonische Antwort geben, die somit in die Zukunft weist. Der Bogen als ein Archetypus der Architektur in seiner regelmäßigen Verwendung soll diesen konzeptionellen Ansatz unterstützen.

Der Kubus mit seiner umlaufenden Fassade widersetzt sich aber einer Erweiterung. Dies löst der Verfasser mit einem weiteren abgesetzten Baukörper, der mit einer Brücke abgesetzt wird, was weder unter architektonischen noch aus funktionalen Gründen als befriedigende Lösung angesehen wird.

Dem Verfasser gelingt es den sehr komplexen Raumanforderungen eine poetische, dem Menschen zugewandte Antwort zu geben. Die Wege durch das Gebäude werden durch die eingestellten farblich und thematisch abwechslungsreichen Höfe strukturiert. Trotz dieser lebendigen Innenwelt gelingt es dem Verfasser die technischen Anforderungen an die Labore auch in Hinsicht von Flexibilität und Zukunftsfähigkeit zu erfüllen. Der sehr effizienten Organisation, die in den sehr guten Kennwerten ihren Niederschlag finden ist allerdings eine gewisse Enge geschuldet. So gibt es Büros, die nur über einen Flur hinweg belichtet sind oder Flure, die als Sackgasse enden.
Auch die Tiefe besonders des Blauen Hofes scheint bei drei Geschossen zu knapp bemessen zu sein. Auch die angedachte Wasserfläche wird als zu wartungsaufwändig angesehen.
Der Lastenaufzug geht nicht bis in den Keller, da dort nicht unterkellert ist.
Auch liegen die Besprechungsräume und die Videokonferenz nicht wie gefordert auf einer Ebene.

Insgesamt handelt es sich aber um einen mutigen, selbstbewussten Entwurf, der dem Bundesamt für Strahlenschutz mit einer kräftigen Handschrift dem gestellten Thema antwortet.

Die Fassade polarisiert das Preisgericht: Die einen sehen den Vorschlag als innovative und mutige Antwort auf das gestellte Thema, die Anderen empfinden das Projekt als Provokation.
Dieser Spagat beschreibt das Projekt und die Diskussion darüber.
Grundriss Erdgeschoss

Grundriss Erdgeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Grundriss 1. Obergeschoss

Perspektive Gelber Hof

Perspektive Gelber Hof