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Offener Wettbewerb | 09/2017

Carusallee

3. Preis / 2. Stufe

Preisgeld: 9.000 EUR

grabner huber lipp landschaftsarchitekten und stadtplaner partnerschaft mbb

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept
Mit der Konversion der Ledward-Barracks wird die Geschichte des Geländes fortgeschrieben. Der Masterplan bezieht sich dabei in Dichte und Raumbildung auf die vergangene Nutzung und verzichtet auf eine städtebauliche Überformung - der Genius loci mit seinen großzügigen Räumen und langen Fluchten prägt auch zukünftig den Ort. Dieser Entwurf für die Carusallee folgt den Gedanken des Masterplans konsequent, indem er die ehemaligen Avenues und Lawns zitiert und zeitgemäß interpretiert.

Die Avenue - neuerdings nicht nur schnelle Verbindungswege, sondern auch Flaniermeilen - führt die Besucher und Nutzer, traditionell in einem nördlichen und einem südlichen Strang, großzügig und geradlinig entlang der Gebäude und vernetzt sich mit den Nord-Süd-Achsen.
Eine völlig neue Rolle wird den ehemals zweckmäßig übersichtlichen Lawns zuteil. Die Rasensoden werden bildlich abgehoben, das Gelände dort auf den rohen Boden rückgeführt, Oberflächen werden aufgebrochen, Schürfflächen perforieren - es erfolgt eine Konversion zu Paradeplätzen standortgerechter, artenreicher Vegetation, denen Wiesen- und Wildstaudengesellschaften als Krautschicht zugrunde liegen. Die üppigen und raumwirksamen Pflanzstrukturen verleiht der Carusallee die Kraft und die Aufenthaltsqualität, die das grüne Rückgrat des neuen Stadtquartiers benötigt und kann gleichzeitig aus stadtökologischer Sicht den Ansprüchen der Stadt an eine nachhaltige Planung gerecht werden. Ein feines Netz an Pionierpfaden mit Aufenthaltsnischen lädt dazu ein, diese grünen Bausteine der Carusallee zu entdecken, zur Erholung zu nutzen und die Naturbilder nicht nur von den Avenues aus zu betrachten. Drei offene Plätze unterbrechen die Abfolge der grünen Lawns, um darüber hinaus stadträumliche Akzente zu setzen und Nutzungsschwerpunkte auszubilden:

Der Erste Garten stellt aus Westen kommend die erste offene Fläche innerhalb der Allee dar. Er ist das Eingangspodest in das zukünftige Gartenschaugelände und integriert die Mehrgenerationennutzungen in einen von Obstgehölzen überstanden gärtnerischen Rahmen. Es besteht die Möglichkeit den Garten nach Süden zu erweitern.

Die Paradefelder eröffnen sich weiter östlich. Eingesenkte Flächen bieten geschützte Plätze für aktive Freizeitsportler, welche beim "Exerzieren" hervorragend durch Sportinteressierte von den Avenues und Natur-Tribünen aus betrachtet werden können. Die alten Bäume im südlichen Teil werden zum Großteil erhalten und spenden Schatten für die großzügigen Ruhe- und Sonnenwiesen.

Der zentrale Ort der Carusallee ist der neue iSquare. Von technischen Ausleger-Mastleuchten überstanden eröffnet er eine große, vielseitig nutz- und bespielbare Fläche inmitten des i-Campus, welche mit wertigen und in Rauigkeit abgestuften Ortbetonplatten belegt wird. Ein bodenbündiges Wasserspiel belebt und erfrischt, insbesondere zu den heißen Jahreszeiten.

Pflanzenverwendung
In den leicht ausgemuldeten Bereichen der Lawns wächst, angepasst an den etwas feuchteren Standort, die Glatthaferwiese. Diese geht in die blütenreiche Trespenwiese über, die zum gemütlichen Picknick einlädt und bei mehrmaligem Schnitt im Jahr für Sport und Spiel geeignet ist. Im Übergang zu den harten Avenues finden sich ruderal geprägte Wildstaudenflächen, welche trotz ihres attraktiven Blühaspekts ausdauernd und widerstandsfähig ist.
Überspannt werden die Lawns von Schatten spendenden Bäumen, die zur Mitte der Lawns kleiner und lichter werden. Die Blumenesche sorgt zudem für einen schönen Blühaspekt im Frühjahr. Alle ausgewählten Arten sind besonders hitze- und trockenheitsresistent und werden langfristig mit dem in der Folge des Klimawandels zu erwartendem erhöhten Stress zurecht kommen.

Materialkonzept
Asphalt und Beton als die für Kasernen typischen Beläge bilden die Grundlage der Gestaltung. Die Avenues aus gegrindetem Asphalt erinnern in ihrer rauen Einfachheit an die vergangene Nutzung und entwickeln sich durch besondere Oberflächenbehandlung weiter. Als verbindendes Element zieht sich das weiße Band aus Betonfertigteilen durch die Carusallee und bietet Rahmen und Orientierung. Eine in die Schalung der Fertigteile eingelegte Matrize schafft dabei eine dem Besenstrich ähnliche Rauigkeit.
Der iSquare als zentraler Treffpunkt wird durch großformatige Ortbetonplatten betont. Durch in vordefinierten Mustern aufgebrachte Abbindeverzögerer wird ein elegantes Wechselspiel von ausgewaschenen und glatten Oberlfächen geschaffen. In dem Brunnenbereich wird dieses Wechselspiel verstärkt und durch eine Rillung das Wasser über den Platz geführt.
Beleuchtung
Die technischen Ausleger-Mastleuchten überspannen den i-Square und bilden das zentrale Gestaltungselement, welches nicht nur Nachts für eine einzigartige Atmosphäre sorgt. Durch ihre Höhe von 10 Metern schränken sie den Platz in seiner Vielfältigkeit nicht ein und ermöglichen alle Arten von Veranstaltungen. Die Avenue wird durch eine kleinere Mastleuchten beleuchtet, welche sich in ihrem Stil, wie die großen Platzleuchten, an den schlichten Kasernenleuchten orientieren und nur feuerverzinkt sind.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Gehölzpflanzung wird begleitend zur Fahrbahn und Wegeflächen entwickelt. Im Norden und Süden entstehen dabei lineare Baumreihen, die in ihren Pflanzabständen variieren. An den Rändern der eingeschobenen Plätze verdichtet sich die Gehölzpflanzung. So wird der Raum der Carusallee durch die eingeschobenen Plätze in vier einzelne Grünflächen segmen- tiert. Damit verliert der Raum der Carusallee leide r deutlich an Zusammenhang und Prägnanz. Gleichwohl entwickelt der Beitrag einen ruhig wirkenden Stadtraum der keine Vorder- und Rückseiten produziert, der sich angenehm und unaufgeregt zu den unterschiedlichen an- grenzenden Nutzungen verhält. Über die Bänderung au s hellem Betonwerkstein wird eine gärtnerisch anmutende Gestaltsprache entwickelt, di e versucht den Raum zusammen zu fas- sen. Selbstverständlich lagern sich hieran einzelne Aufenthaltsplätze und Treffpunkte an, die unterschiedliche Nutzungsangebote machen. Die Wegeb eziehung zwischen Norden und Süden sind über die Betonbänderungen und die vorgeschlagenen Wege gegeben. Auf den drei eingeschobenen Plätzen werden unterschiedliche Nutzungen angeboten, die in ihrer gestalterischen Ausprägung ebenso unterschiedlich bewertet werden. Die Baumpflanzung im Bereich der Campusallee führt selbstverständlich auf das Gelenk des „iSquare“. Hier überzeugt der Beitrag auch mit der Gestaltung aus Betonrechtecken auf unterschiedlichen Niveaus. Demgegenüber wirkt die additive Aneinanderreihung von Sportflächen auf den „Paradefeldern“ als Pendent zum Brigadestab-Gebäude eher deplatziert und die Integration der Sportflächen an dieser Stelle erscheint nicht gelungen. Der Jury erscheint eine Verteilung dieser Angebote auf den Grünraum sinnvoller. Die funktionale Belegung im Bereich des „Ersten Gartens“ bleibt offen und wirkt in Bezug auf den vorgeschlagenen Spiel- platz fragwürdig. Der Verfasser beschränkt sich im Wesentlichen auf die Materialien Asphalt und Beton. Der Asphalt wird mit einfachen Maßnahmen veredelt, die Betonwerksteine stellen eine wirtschaftliche und hochwertige Umsetzung sicher. Die Platzgestaltung des „iSquare“ erscheint dem- gegenüber sehr aufwendig, betont aber damit richtig erweise das Gelenk zwischen Cam- pusachse und Carusallee. Insgesamt erscheint die Materialität sowohl in Bezug auf die Erstellung als auch Unterhaltung angemessen und wirtschaftlich. Das Vegetationskonzept für die Vegetationsflächen (unterschiedlichen Wiesen und Ruderalfluren) ist anspruchsvoll und bedarf einer differenzierten und angepassten Pflege , wird in den Unterhaltungskosten aber positiv bewertet. Insgesamt legen die Verfasser einen realisierungsfähigen Beitrag zur Entwicklung der Carusallee vor. Die Jury diskutiert aber, ob die im Ergebnis zu segmentierten Grünräumen führende Strategie eine angemessene Antwort auf den ehemaligen Kasernenstandort darstellt.