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Nichtoffener Wettbewerb | 10/2017

Neubau Wohn- und Geschäftsgebäude Große Oderstraße

1. Preis

Preisgeld: 25.000 EUR

Architekten BKSP

Architektur

Erläuterungstext

Die Wohnungswirtschaft Frankfurt (Oder) GmbH beabsichtigt, die vorhandene Nachkriegsbe-bauung Große Oderstraße 25-28 durch mehrere Neubauten für Wohnen (OG) und Gewerbe (EG) zu ersetzen und damit einen zentralen Baustein der ehemaligen Altstadt Frankfurt (Oder) als Bindeglied zwischen Marktplatz und Universitätsquartier neu zu entwickeln.

Als südlicher Anschluss an das nach historischem Vorbild wiedererrichtete Bolfrashaus und als direktes Gegenüber des Chors von Sankt Marien soll ein “städtebaulicher Akzent“ unter Berücksichtigung der historischen Gebäudefluchten gesetzt werden. Entlang der Straßen-kante der Großen Oderstraße existieren historische Kellermauern der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Bürgerhäuser, die als Bodendenkmal geschützt sind.

Die fünf neuen Wohn-/Gewerbebauten sind entlang der festgesetzten Baulinie (jenseits der historischen Kellermauern) als geschlossene Bebauung an der Großen Oderstraße geplant. Der südlichste Baukörper ist leicht verschwenkt und leitet über in die geometrische Ordnung des benachbarten Audimax (Universitätsquartier). Die Kubatur der fünf Neubauten ist klar strukturiert und kompakt (A/V-Verhältnis) (und wirtschaftlich zu errichten). Die fünf Neubau-ten variieren in ihrer städtebaulichen Körnung: Sie weisen vier, fünf oder sechs Raumachsen entlang ihrer Straßenfassaden auf (14 - 22 Meter).

Im direkten Anschluss an den neuen (Treppenhaus-)Giebel des Bolfrashauses wird durch die Kubatur der Neubauten eine allseits zurückliegende gläserne Fuge ausgebildet. Die Trauflinie des Bolfrashauses wird für alle Neubauten übernommen. Rhythmisiert wird die neue Zeile durch Zwerchhäuser der drei mittleren Neubauten und den hohen First des südli-chen Endhauses. Zusammen mit dem wieder aufgebauten Bolfrashaus entsteht so eine aus-gewogen akzentuierte Folge von sechs individuellen Einzelhäusern.

Unterhalb der Trauflinie sind drei Geschossebenen vorgesehen; oberhalb – im geneigten Dach – sind weitere zwei Ebenen geplant, so dass insgesamt fünf Ebenen neu geschaffen werden. Das Erdgeschoss nimmt mit großzügiger Raumhöhe flexibel teilbare Gewerbeflä-chen (Büro, Praxis, Gastronomie) auf, während die Obergeschosse ausschließlich dem Wohnen vorbehalten sind. Die Gastronomie im südlichen Haus der neuen Zeile belebt den öffentlichen Raum zum Uniquartier und zur Großen Oderstraße.

Im Kellergeschoss sind alle fünf Häuser miteinander verbunden, um eine maximale Flexibili-tät in der Zuordnung der Nebenflächen / Technikflächen zu erreichen. Darüber hinaus wird so die Möglichkeit geschaffen, alle Fahrradstellplätze über eine Rampe zu erreichen. Die Er-schließung und Adressbildung der Wohnflächen in den vier Obergeschossen erfolgt über re-präsentative Foyers an der Großen Oderstraße und angemessen dimensionierte Treppen-räume mit großzügigen Augen und zentralen Oberlichtern. Die Foyers sind mit “Klön-/Schwatzbänken“ für die Hausgemeinschaft und Abstellflächen für Kinderwagen, Skate-boards etc. ausgestattet. Neben dem mittig angeordneten Bischofsgang schaffen noch zwei nach Osten „durchgesteckte“ Foyers die kurzwegige Verbindung zu den dort vorgesehenen PKW-Abstellflächen.

Die Gewerbeflächen im Erdgeschoss werden separat von der Großen Oderstraße erschlos-sen. Sie sind flexibel koppel-/teilbar. Eine Anlieferung / Erschließung von Osten ist ebenfalls möglich.
Die fünf Neubauten sind als Zwei- und Dreispänner entworfen: Die Wohnungen sind modular entwickelt, so dass Wohnungsschnitt bzw. Wohnungsgröße variiert werden können. Die Wasserführenden Räume (WC / Bad / Hauswirtschaft / Küche) sind übereinander und in der Regel im direkten Verbund angeordnet.

Es überwiegen 2-Zimmerwohnungen unterschiedlichen Zuschnitts (Durchwohnen oder „Enfilade“-Raumfolgen entlang der Fassade), die durch 3-Zimmer- und 4-Zimmerwohnungen in geringerer Anzahl ergänzt werden. Die großen Wohnungen orientieren sich weitgehend zu zwei Himmelsrichtungen (O-W / W-S / O-S). Für sämtliche Wohnungen sind die (6 m²) Abstellflächen innerhalb der Wohnung nachgewiesen. Etwa 12% der Wohnungen sind Rollstuhlgerecht geplant. Die Wohnungen verfügen über separate Freisitze (Loggia / Dachterrasse), die die Privatheit auch im Außenraum in angemessener Weise schützen (keine trennenden Schamwände erforderlich). Den Penthauswohnungen sind teilweise besonders großzügige Dachterrassen vorgelagert. Vis-à-vis des Denkmals Sankt Marien sind logenartige Loggien geplant.

Die Neubauten sind als massive, hochgedämmte Mauerwerkskonstruktion mit strukturierten Putzoberflächen entworfen. Für jedes Haus ist eine individuelle Oberflächen- und Reliefbehandlung vorgesehen. Die Fassaden sind als ruhige, gleichmäßig perforierte Lochfassade (vier - sechs Raumachsen) ausgebildet. Dabei ist der Wandanteil der Endfelder gegenüber den Mittelfeldern etwas erhöht um die Rhythmisierung in Einzelhäuser zu unterstreichen.

Die Fensterbrüstungen sind niedrig bzw. bodentief (französische Fenster). Die Freisitze nach Westen treten als “Wintergärten“ nicht unangemessen in Erscheinung.

Der Bischofsgang mit seinen “Portalen“ ist als (geschlämmtes) Sichtmauerwerk entwickelt. Damit schafft er eine besondere Referenz zum Chor von Sankt Marien.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Idee, auf die historische Fassung, der von bürgerlichen Einzelhäusern in der Flucht der Großen Oderstrasse geprägt war, mit heutigen Mitteln angemessen zu reagieren, bestimmt durchgängig und überzeugend den Charakter der Arbeit. Entlang der Großen Oderstraße wird an das Bolfrashaus angrenzend eine Reihung von fünf eigenständig erschlossenen durchgehend fünfgeschossigen Gebäuden auf der Bauflucht entworfen. Die Reihe bindet durch Zurückweichen in den Obergeschossen überzeugend niedriger (zurückspringende Geschosse schon ab dem 3. OG) an das Bolfrashaus an. Während die drei folgenden Gebäudeteile dann nur jeweils ein zurückspringendes Geschoss aufweisen und höher erscheinen. Drei Gebäude werden, axial vom Bischofsgang ausgehend, als Zentrum symmetrisch gestaltet. Als Abschluss zum Universitätscampus wird, auch fünfgeschossig, aber im Dach auf die Höhe des Bolfrashaus hochgezogen, quasi als Pendant und Abschluss, ein besonders gestaltetes Gebäude erkennbar. Während die Reihung der Gebäude alle Staffelgeschosse zur Marienkirche aufweisen, erhält der Abschluss ein Schrägdach mit zwei Reihen Gauben. Der Bischofsgang wird, etwas gestalterisch fremd, als ein elliptischer Bogengang (ev. der Form der Bischofsmitra folgend) genügend groß, circa in der historischen Position, in die Gebäude integriert. Die Giebelausbildung zum Universitätsplatz erscheint im Vergleich zu anderen Arbeiten, geschickt durch eine Fünfachsigkeit im EG über eine Vierachsigkeit in den aufgehenden Geschossen und dreiachsig im Dach überzeugend gelöst und gibt dem angrenzenden Platz starken Halt.

Die Fassadengestaltung der Gebäudereihung (uniform durchgehaltene stehende Fensterformate) könnte in der Weiterbearbeitung variantenreicher ausfallen. Auch erscheint die Beschränkung auf Putz mit farbiger Differenzierung und so die Gebäudeteile unterstützender Farbvarianz zwar ökonomisch, aber dem Standort gegenüber der Marienkirche nicht angemessen. Hier könnte eine Gliederung durch höherwertige Materialien im Wechsel geeigneter sein. Auch die Wirtschaftlichkeit wäre durch konsequente Arbeit an der Erschließung weiter zu verbessern. Der Bischofsgang erschiene mit eher rechteckigem Schnitt doch verständlicher.

Das Gebäude ist bezüglich einer flexiblen Erdgeschossnutzung (hier ist kein Einzelhandel zu erwarten) sehr robust in der Weiterbearbeitung und Anpassbarkeit an konkrete Nutzerwünsche. Die Grundrisslösungen der Wohnungen sind unter den Bedingungen nachvollziehbar gut. Der Bauherr stellt sich aber die Möglichkeit vor, eher überwiegend abgeschlossene Küchen mit Essplatz zu realisieren. Die Erschließung der Wohnungen ist auch von den auf der Ostseite anzuordnenden Stellplatzanlagen genügend direkt und gibt den Häusern die Chance ihre Adressen zur Marienkirche zu entwickeln. Zurzeit sind diese Eingänge noch eher schwer erkennbar. Die Gebäudeostseite ist durchgestaltet, wirkt massiver, aber in sich der Struktur der Gebäudeformation angemessen.

Die Arbeit wurde trotz der kritisch anzumerkenden Punkte mehrheitlich durch ihre präzise Reaktion auf den Kontext sehr positiv beurteilt.