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Nichtoffener und hochbaulicher Wettbewerb im kooperativen Verfahren | 11/2018

„Grand Central“ Wohnhochhaus in Frankfurt am Main

Drei eigenständige Charaktere in einer fein austarierten Gesamtkomposition

Drei eigenständige Charaktere in einer fein austarierten Gesamtkomposition

Engere Wahl

Eike Becker_Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Idee:
Das Ensemble aus einem 140 m hohen Haus und einem 61,15m hohen Haus soll gemeinsam mit dem bestehenden Posthochhaus ein städtebauliches Quartier schaffen, das für die Bewohner und die Nachbarschaft Außenräume von hoher städtebaulicher Diversität und Qualität bietet.

Die drei Hochhäuser sind dabei gleichberechtigte, eigenständige und starke Charaktere in einer fein austarierten Gesamtkomposition. Durch ihre zueinander versetzten Positionen entstehen zu allen Seiten gute, unverschattete Sichtfelder und differenzierte Außenräume für alle Nutzungen. Durch die Doppelhochhaus Lösung erhalten alle Wohn- und Arbeitsflächen bei den Gebäudeabständen und -höhen exzellente Belichtung für das Wohnen und Arbeiten. Sowohl der frei finanzierte Wohnungsbau als auch der geförderte Wohnungsbau werden in derselben Bautypologie Hochhaus geplant. Jedoch in voneinander komplett getrennten, real teilbaren Gebäuden. Dadurch ist eine Realisierung unabhängig voneinander gut möglich. Die drei Hochhäuser erhalten eingeschossige Sockel, um Fallwinde abzulenken, kleinere Läden und ein Café /Restaurant zu beherbergen und die Aufenthaltsqualität im Erdgeschossbereich zu verbessern.

Fassaden:
Fassadenbeschreibung, 140 Meter Wohnhochhaus frei finanzierter Wohnungsbau:
Im Rahmen eines gerasterten Baukastenprinzips baut sich die elementierte Fassade aus wenigen Einzelbausteinen wirtschaftlich auf. Ein hoher Vorfertigungsgrad ermöglicht eine kurze Bauzeit. Dabei werden eloxierte elementierte Fenster und gedämmte Paneele kombiniert. Die Fenster erhalten einen windstabilen schienengeführten motorischen Außenraffstore, der über Windwächter und GLT gesteuert wird. Im Raffstorekasten ist nicht sichtbar der Fensterlüfter mit Schalldämmfunktion integriert. Die geschlossenen Paneel-bereiche werden als mit mineralischer A1 -Dämmung ausgebildet. Die über Schöck-Isokorb angebundenen WU-Balkone erhalten ebenfalls die oben genannte. Blechverkleidung in Eloxal. Die Glasbrüstung ist nach TRAV im Bodenbereich eingespannt. Die seitlich hochgeführte Blechverkleidung dient zusätzlich als Wind- und Sichtschutz. Die Entwässerung ist für den Betrachter nicht sichtbar im Paneel-bereich angeordnet. Der Sockelbereich ist in einer PR-Fassade mit großen Glasformaten einladend und elegant und vermittelt proportional zum Fußgängerbereich. Hier kann Kommunikation stattfinden. Die diagonale Anordnung der Balkone gibt dem Baukörper neben dem um 90° Grad gedrehten Kubus eine zusätzliche Dynamik. Die Anordnung des Hochhausensembles ist hinsichtlich Belichtung günstig südorientiert. Durch die diagonale Anordnung sind gute Ausblickachsen gegeben.

Fassadenbeschreibung, 60 Meter Wohnhochhaus geförderter Wohnungsbau:
Die Lochfassade mit schwarz – C35 eloxierten Leichtmetall - Fensterelementen erfüllt die ENEV bei Ausführung mit farbneutraler Sonnenschutzverglasung nach Angabe Bauphysik. Die geschlossenen Wandscheiben werden als WDVS Fassade mit mineralischer Dämmung und mineralischem Glattputz sandfarben beige ausgeführt. Die Isokorb- Fertigteilbalkone mit Putz haben einen Stahlhandlauf, der messingfarben pulverbeschichtet ist. Horizontale Brüstungsstangen sind ebenfalls pulverbeschichtet messingfarben. Die Balkone mit messingfarbenem Flachstahlgeländer sind ebenfalls als WU – Isokorb - balkone geplant. Schallgedämmte Wandlüfter zur Nachströmung sind im WDVS nicht sichtbar integriert. Im Leibungsbereich ist nur ein farbgleiches dezentes Zuluftgitter angeordnet. Durch den seitlichen Versatz und das Wechselspiel zwischen geschlossenen und offen wirkenden Balkonen und die Materialität erhält die Fassade einen kontrastreichen gestalterischen Gegensatz zum 140-Meter Turm. Die zwei geplanten Hochhäuser bilden mit dem bestehenden Hochhaus ein zusätzliches Landmark für Frankfurt. Wohnungen mit fantastischem Ausblick sind heute wieder sehr gefragt.

Freiräume:
Der zentrale Quartiersplatz verbindet die diversen Gebäude und Außenräume miteinander.
Die Verkehrswege für Fußgänger, Radfahrer und PKWs werden sauber von den ruhigeren Aufenthaltsbereichen getrennt. Eine Sonnenterrasse für die Kaffeetrinker als möglicher Nachbarschaftstreffpunkt, Spielflächen für die Kinder und die Kindertagesstätte sowie ein repräsentativer Platz mit Wasserspiel und Vorfahrten für das Hotel/Bürogebäude, den geförderten und den freifinanzierten Wohnturm verbinden und separieren die unterschiedlichen Nutzergruppen zugleich. Durch die sanfte Anhebung des Geländes um 1,70 m und eine zusätzliche Fußgänger- und Radfahrerbrücke über die Hafenstraße wird eine deutlich verbesserte Anbindung des Wettbewerbsgebietes zum Bahnhof erreicht. Dadurch kann der Anliefer- und Entsorgungsverkehr für die beiden Hochhäuser direkt von der Hafenstraße erfolgen und beeinträchtigt die öffentlichen Platzflächen nicht. Auch die Zufahrt zur Tiefgarage von der Adam-Riese-Straße befindet sich innerhalb des Gebäudesockels auf dem eigenen Grundstück. Explizite Rückseiten sind vermieden worden. Öffentliche Räume bieten Kommunikations- und Aufenthaltsmöglichkeiten zu allen Seiten. Die Dachflächen auf den Gebäudesockeln werden als Außenräume genutzt. Die Freiflächen der Kita sind teilweise auf der Dachterrasse im 1. Obergeschoss des geförderten Wohngebäudes vorgesehen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Vorgeschlagen werden zwei Hochhäuser von 140 m bzw. rund 60 m, die sich zusammen mit dem ehemaligen Posthochhaus zu einem Ensemble fügen sollen. Die Häuser erhalten je eine individuelle Ausdrucksform hoher Plastizität und sind – so der Verfasser – gleichberechtigte, eigenständige und starke Charaktere ‚in einer fein austarierten Gesamtkomposition‘. Das Preisgericht sieht dies jedoch eher als einen Versuch, mit Solitären zu arbeiten, deren Verwandtschaft nicht erkannt werden will. Nachvollziehbar ist die Aufnahme von Bezugslinien aus dem baulichen Umfeld, die die Versätze in der Horizontalen und in der Höhe erklären, wobei die Verdrehungen im Wohnturm willkürlich erscheinen. Jedenfalls sind die zitierten Blickbeziehungen als Begründung für die Verdrehungen nicht nachvollziehbar.

Jedes Hochhaus ist zweiseitig von einem ‚Kranz‘, d.h. einem Sockelbau umfasst und erhält auf den anderen beiden Seiten Bodenkontakt. Dem Posthochhaus ist analog ein Sockel zum Adam-Riese-Platz vorgelagert. Letztlich sind es wohl diese Entscheidungen, die die Wirkung des Ensembles als Ensemble einschränken, da der Wohnturm in eine Art Hinterliegerlage gerät. Zudem entstehen Engstellen. Der Adam-Riese-Platz wird durch das weit in den Platz gerückte kleinere Hochhaus eingeengt: er wirkt klein und reduziert sich eher auf eine opulente Treppenanlage.

Positiv sind die öffentliche Durchwegung des Areals, die unterschiedlichen Plätze mit ihren unterschiedlichen Qualitäten und die geschickte Anbindung der neuen Brücke an das Bahnhofsareal.

Nutzungszonierung und Grundrisse lassen ausreichend Spielraum, die Anforderungen zu erfüllen.

Insgesamt weist der Entwurf zu wenig Selbstverständlichkeit, ein zu großes Bemühen auf und lässt im Detail noch einiges an ernsthafter Auseinandersetzung vermissen.