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Nichtoffener Wettbewerb | 12/2018

„McGraw-Gelände“ Neugestaltung eines Wohnquartiers in München

2. Preis / STÄDTEBAULICHES KONZEPT

Preisgeld: 6.000 EUR

zanderroth

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

friedburg & Co.

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Randbedingungen sind extrem: Industriehallen, ein Gefängnis, mehrstöckige Infrastrukturknoten, Einfamilienhäuser. Wie in diesem Spannungsfeld aus unterschiedlichsten Maßstäben und Geschwindigkeiten zur Ruhe kommen, wie wohnen? Harter Rand, weicher Kern und das Dazwischen.

Harter Rand
Zu den lauten Straßen halten Gebäudebarrieren den Lärm fern.

Dazwischen gibt es Raum für Öffentlichkeit und langsamere Bewegung. Im südlichen Bereich zwischen Wohncampus und Siedlung urbanes Leben mit Geschäften und einer Abfolge öffentlicher Platz- und Straßenräume, ansonsten gemeinschaftliches Leben auf den Eingangsplätzen der Hausgruppen.

Weicher Kern
Im Inneren entsteht ein ruhiger Park, der offen für alle ist, für die Bewohner, die an ihm wohnen, für die Bewohner des Wohncampus und für die Nachbarschaft.

Wohncampus
Die Ecke Tegernseer/ Stadelheimer Straße am Mc Graw-Graben wird durch einen Hochpunkt städtebaulich betont. Eine Gastronomie und das Foyer des großen Wohnheims sind passende lebendige Nutzungen für die verkehrlich geprägte Situation. Die Ecke Warthof/ Stadelheimer wird durch das Zurückbleiben der Bebauung gefasst: Es entsteht ein einladender Platz mit Außenbestuhlung, einem Kiosk, Bäcker, dem Eingang zum Supermarkt und einem weiteren Zugang zum Wohnheim. Der Platz ist ein städtischer Platz mit Bäumen, Sitzmöglichkeiten, diversen Aktivitäten und Fahrradabstellanlagen und bildet den Auftakt zum McGraw Park.

Das Wohnheim an der Stadelheimerstraße ist viel mehr als ein Gebäude, es ist ein lebendiger Campus. Das Erdgeschoss mit seinem Angebot an Waren und Dienstleistungen des täglichen Bedarfs und dem städtischen Platz bildet die Schnittstelle zwischen dem neuen Viertel, den Bewohnern des Wohnheims und der Umgebung.
Zwei große Freitreppen führen ins 1. Obergeschoss, wo eine Rue Superieure die 3 Höfe des Wohncampus erschließt. Die Kleinstwohnungen der Polizeischüler sind in Clustern um Gemeinschaftsräume, wie Küchen und größere Wohnräume angeordnet. Zusätzlich gibt es weitere gemeinschaftliche Angebote wie Fitnessräume, Kicker-/ Billardzimmer, Medienräume und Waschküchen. Alle Individualräume haben Kontakt zu den innenliegenden begrünten Höfen, die Ruhe bieten. Das Dach kann für vielfältige Aktivitäten genutzt werden. Niemand wohnt zur Straße, trotzdem kommuniziert das Gebäude nach außen. Die schallschützende Doppelfassade ist teils geschlossen, teils transparent, teils transluzent und lässt das Leben dahinter durchscheinen.

Der Wohncampus ist in vier Brandabschnitte unterteilt. Aus jeder Wohnung sind zwei gebaute Rettungswege zu erreichen. Die Erschließung der Ebene im 1. Obergeschoss liegt im Außenbereich.

Wohncluster
Die Dichte der Zeilenbauten entlang der Tegernseer Straße und die Durchlässigkeit und Lockerheit der Einfamilienhausbebauung an der Warthofstraße kommt in den Wohnclustern für Staatsbedienstete zusammen. Diese werden vom Dazwischen erschlossen, Straßenräume mit wenig bis gar keinem Verkehr, die als Shared-Spaces ausgebildet werden, Räume, in denen sich Autos, Fußgänger und Fahrradfahrer gleichberechtigt und in Langsamkeit begegnen. Jeder Wohncluster hat einen gemeinschaftlichen Hof, von dem aus die Häuser erschlossen werden, man begegnet sich, man trifft sich. Zusätzlich gibt es einen Gemeinschaftsraum, der von allen 3 Häusern erreicht werden kann und auf zwei Dachflächen Gemeinschaftsdachterrassen.

Die Gebäude sind so konzipiert, dass die Geschosse flexibel in unterschiedliche Wohnungsschlüssel aufgeteilt werden können: 4x 3-Zimmer, 2x 2-Zimmer und 2x 4-Zimmer oder 2x 1,5-Zimmer und 2x 5-Zimmer oder 2x 1-Zimmer und 2x 6-Zimmerwohneinheiten.

Die Wohnungen der Wohncluster sind zum großen Teil anleiterbar. Um eine maximale Flexibilität des Wohnungsschlüssels zu erreichen werden die Treppenhäuser als sog. vereinfachte Sicherheitstreppenräume ausgebildet, wie sie mittlerweile bei Wohngebäuden unterhalb der Hochhausgrenze in einigen Bundesländern mit landesrechtlicher Regelung zum Einsatz kommen.

McGrawPark
Die Wohncluster stehen am Park, nicht im Park. Sie nutzen seine Weite und Freiraumqualität ohne ihn zu privatisieren. Der Park ist für alle direkten Anwohner, für die Bewohner des Wohncampus, für die Nachbarn der Umgebung gleichermaßen. Durch eine klare Trennung der privaten Freiräume von den öffentlichen Freiräumen werden Konflikte vermieden. Am Übergang zum Stadtplatz an der Stadelheimer Straße gibt es intensivere sportliche Aktivitäten wie Calisthenics oder Basketball, während das eigentliche Zentrum des Parks großflächig und extensiv ist. Spielangebote für Kinder sind in den intimeren Randbereichen untergebracht. Im Nordosten wird die geforderte Grünverbindung entlang der Alzstraße umgesetzt, genauso wie eine Anbindung der Halle 19 an den McGrawPark angedacht ist.

Beurteilung durch das Preisgericht

Städtebaulich reagiert das Konzept kraftvoll auf die städtische Achse der Stadelheimer Straße im Süden mit einem großen und tiefen Baukörper, der das Wohnheim sowie den Vollsortimenter beinhaltet. Dieser kompakte Baukörper setzt im Norden ein großes Feld für die Wohnbauten frei, die sich überzeugend um einen gemeinschaftlichen parkartigen Freiraum gruppieren. Durch die offene Bauweise und durch die Dreiergruppierung der Einzelhäuser entsteht eine Kleinteiligkeit und eine gute Vernetzung zur Nachbarschaft:

Die Einrichtungen der Kindertagesstätten sind jeweils in zwei Gebäudecluster auf der Westseite der großen Freianlage angeordnet. Die Außenbereiche sind in die Grünflächen überzeugend integriert und sollen als Teil des Parkraums gelesen werden. Ob an den vorgeschlagenen Standorten die Anforderungen der KITAs hinsichtlich der geforderten Geschoss- und Freiflächen und -qualitäten erfüllt werden können lässt sich aus den Unterlagen nicht zweifelsfrei ablesen und wäre im Weiteren zu prüfen. Die sich fast nahtlos in den Kontext der kleinteiligen Nachbarschaft einbindende Punkthausstruktur hat hohe Qualitäten. Durch die Gruppierung der Baukörper schaffen sich kleinteilige Nachbarschaftsräume im Eingangsbereich. Diese gliedern den Straßenraum angenehm und vermitteln als Übergangsbereich zum Wohnraum. Die Fragestellung des Brandschutzes über einen möglichen Brandüberschlag zwischen den Baukörpern ist ungeklärt. Folgen für die Durchlässigkeit sowie die positive Einbindung in die Nachbarschaft sind somit nicht abschätzbar.

Der Freiraum lebt von seiner Großzügigkeit und von der Durchlässigkeit zwischen den Baukörpern. Die Ablesbarkeit dieses Raumes als „öffentlicher“ Raum ist grundlegend für die Funktion des Grünraums als Naherholungsbereich für das gesamte Quartier. Der Ausführung der Eingangsbereiche in den Grünraum wäre hier bei einer vertieften Betrachtung große Beachtung zu geben.

Der Baukörper zur Stadelheimer Straße stellt eine städtebauliche Großform da, die sich jedoch den unterschiedlichen Seiten gegenüber differenziert verhält und so sehr viel leistet. Die Fassadenstruktur des Gebäudes ist zur Straße selbstbewusst und differenziert gestaltet. Im Kontext der Stadelheimer Straße sowie der Tegernseer Landstraße wird dies positiv bewertet.

Die Erdgeschossnutzungen des Supermarktes sind durchgesteckt, rückwärtig zur Querstraße ergibt sich so eine zweite aktive Fassade, die dem Quartier positiv dient. Zur Warthofstraße tritt der Baukörper leicht zurück und öffnet damit eine Platzfläche. Diese Öffnung bildet ein angenehmes Entree nicht nur in das neue Quartier, sondern auch zu den Bestandsbauten längs der Straße. Durch den Rücksprung des Baukörpers ist der Lärmschutz allerdings hier nicht gewährleistet. Die Auswirkungen auf die rückliegende Wohnbebauung sind nicht abschätzbar.

Gen Norden öffnet sich die Parkstruktur zur Halle 19, die ebenfalls starke Lärmemissionen verursacht. Die Lärmschutzfrage zu den angrenzenden Wohnbauten ist nicht gelöst, es ist daher von starken Beeinträchtigungen der Wohnungen auszugehen. In der Diskussion über die langfristige Nutzung der Halle könnte der heutige Zustand auch als temporär betrachtet werden, der später ein Vorteil für eine städtebauliche Weiterentwicklung bieten könnte.

Die Anlieferung des Supermarktes über die Querstraße kann gut funktionieren, belastet die Qualität des Straßenraums als Quartiersraum mit der aktiven Fassade des Gebäudes.

Das städtebauliche Konzept überzeugt durch die Einfachheit und Klarheit der Struktur. Der große Wohnheimkörper zur Stadelheimer Straße schafft es, obgleich seiner städtebaulichen Dimension das Quartier angenehm zu strukturieren. Dahinter fügt sich die Punkthaussiedlung sehr angenehm in den Siedlungskontext ein. Die offenen Fragestellungen zum Lärmschutz sowie zum Brandschutz für die Punkthaussiedlung beeinträchtigen leider das positive Gesamtbild.