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Einladungswettbewerb | 01/2019

Neubau einer Dienstleistungs- und Gewerbeimmobilie in Lindau

ein 3. Preis

Preisgeld: 11.000 EUR

hammer pfeiffer I architekten

Architektur

Erläuterungstext

Konzept
Die bpm Gesellschaft für bauprojektmanagement mbh plant einen Neubau auf dem bisher unbebauten Grundstück am Kreisel Ludwig-Kick-Strasse/Kemptner Strasse. Aufgrund seiner städtebaulich prominenten Lage am Stadteingang von der B31 kommend soll der Neubau einen Akzent setzen der im Weiteren „zu einer Aufwertung des umliegenden Siedlungsbestandes beiträgt“.
Das Umfeld des Grundstücks ist geprägt durch eine sehr heterogene Bebauung. Die vorhandene Bandbreite reicht vom Einfamilienhaus im Osten über grössere Wohnblockzeilen im Süden bis zu großflächigen Gewerbebauten im Norden.
Gesucht ist also eine Lösung, die zum einen stark genug ist den Ort als Ankerpunkt zu prägen und sich gleichzeitig trotz seines grossen Volumens mit Rücksicht auf den umgebenden Baubestand einfügt.

Auf dieser Erkenntnis wird ein polygonaler Baukörper vorgeschlagen, dessen Grundform sich wie selbstverständlich an die bestehende Grundstücksform anpasst und dessen Volumetrie über eine differenzierte Höhenstaffelung und geschickt gesetzte Kantungen der Abwicklungslängen auf eine maßstäbliche Grösse herunterbricht. Somit reagiert das Gebäude sehr gezielt und individuell auf seine jeweilige Umgebung. Zum Kreisverkehr zeigt sich das Gebäude als markanter, schlanker Hochpunkt. Zu der im Süden befindlichen Wohnbebauung staffelt sich der Baukörper ab und gliedert sich in 2 untergeordnete Volumen, die sich von Ihrer Kubatur dem Bestand anpassen.
Richtung Osten rückt das Gebäude bewusst von der Strassenkante zurück, schafft somit mehr Raum zur gegenüberliegenden kleinteiligen Bebauung und bildet wie selbstverständlich einen Vorplatz. Von hier aus werden unter einem grossen gemeinsamen Vordach alle Nutzungen der unterschiedlichen Gebäudeteile erschlossen (Vollsortimenter, Büros, Praxen).
Raumhohe Verglasungen bieten schon von Weitem eine Einsicht in die Tiefe der erdgeschossigen Verkaufsfläche die sich ringförmig organisiert und im Norden in die Flächen einer vorgeschlagenen Bäckerei mündet, die durch ihre Aussenbestuhlung den Vorplatz bespielt.
Die gesamten Lagerflächen befinden sich im Süden zwischen Anlieferung und Verkaufsfläche. Die geforderten Flächen der Nebenräume sind als Zwischengeschoss über Teilen der Lagerfläche organisiert und über das Treppenhaus bzw. eine direkte Treppe aus dem Lager erschlossen.
Sämtliche Obergeschossflächen mit Büros und Praxen werden über die beiden flankierenden Treppenhäuser im überdachten Vorbereich erschlossen. Im 1. Obergeschoss entstehen grosse mäandrierende, flexibel teil- und zusammenschaltbare Flächen. Die eingeschnittenen Dachflächen werden hierbei zu hochwertigen Aussenräumen. Auch eine wie in der Auslobung angedachte gastronomische Nutzung mit entsprechender Gastterrasse ist vorstellbar.
Die darüber liegenden Geschosse sind jeweils über ein zentrales Treppenhaus mit angeschlossener Sanitäreinheit erschlossen und organisieren sich um eine gemeinsame Mitte. Auch hier sind alle Flächen flexibel teil- und zusammenschaltbar.
Die gemeinsame Zufahrt für PKW und Anlieferung befindet sich an der Südostecke des Gebäudes an der Kemptner Strasse. Die Ausfahrt liegt auf der gegenüberliegenden Südwestecke an der Ludwig-Kick-Strasse. Die vorgeschlagene verkehrliche Erschliessung innerhalb des Gebäudes führt zu einer Minimierung der Lärmbelästigung für alle Anrainer und optimiert durch den reinen Rechtsabbiegerverkehr die Anbindung an die vielbefahrenen angrenzenden Strassen.

Konstruktion + Material
Die statische Konzeption des Gebäudes basiert auf einer Stahlbetonkonstruktion aus tragenden Wandscheiben mit Pendelstützen . Die Wände im Erdgeschoss sowie die Erschliessungskerne im Obergeschoss werden hierbei zur Aussteifung des Gebäudes herangezogen. Dieser Primärkonstruktion ist eine horizontal gegliederte, zweischalige Fassade aus abwechselnd durchlaufenden Fenster- und Deckenstirnbändern vorgelagert, die die verschiedenen Geschosse abbildet. Raumhohe Verglasungen mit aussenbündiger Prallscheibe und integriertem Sonnenschutz erfüllen die Anforderung an den Schallschutz bei gleichzeitiger Fensterlüftung im betrieblichen Alltag. Diese stehen im Wechsel mit Deckenbändern aus dunkelbronze eloxierten Aluminiumpaneelen, die das Tageslicht je nach Lichteinfallswinkel in verschiedenen Farbnuancen reflektieren.
Eine Filterschicht aus vertikalen Metalllamellen bindet den Sockel zusammen und formuliert über grosszügige Öffnungen die Zugänge, Ein- und Ausfahrten. Zusätzlich präzise gesetzte, aussenbündige Fensterelemente ermöglichen gezielte Ein- und Ausblicke in die dahinterliegende erdgeschossige Verkaufsfläche.
Das Grundprinzip der polygonalen Gebäudegliederung im Zusammenhang mit der horizontalen Teilung der Fassade erzeugt mäandrierende Bänder und generiert aus jeder Perspektive spannungsvolle Blickwinkel für den Betrachter. Die flächenbündige Ausführung der Fassade mit ihren hochwertigen Oberflächen verleiht dem Gesamtensemble hierbei eine schlichte, zeitlose Eleganz und zeichenhafter Prägnanz.


Aussenanlagen
Dem in der Auslobung geforderten Wunsch auf Erhaltung der bestehenden Bäume wird Rechnung getragen. Hierfür weicht das Gebäude auf seiner Südwestseite mit entsprechendem Abstand (Gebäude ausserhalb der Baumkrone) von der Grundstücksgrenze zurück. Die charakteristische, strassenbegleitende Baumpflanzung der Umgebung wird im Bereich der Kemptner Strasse aufgegriffen und mit 3 weiteren Bäumen fortgesetzt.
Der bestehende Radweg entlang der Ludwig-Kick-Strasse bleibt erhalten und wird konsequent um das Haus in die Kemptner Strasse weitergeführt. Im Bereich des Vorplatzes weitet sich dieser Radweg zur Vorplatzfläche an dessen südlichem Ende sich in zentraler Lage die geforderten Fahrradabstellplätze befinden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Platzierung des Baukörpers mit dem Hochpunkt zum Kreisverkehr und einer guten Gliederung des Bauvolumens ist insgesamt gelungen. Kritisch wird allerdings die Engstelle zur südlich angrenzenden Wohnbebauung gesehen, die im Hinblick auf den Abstand zwischen dem dreigeschossige Gebäudeteil und der Wohnbebauung als zu eng eingestuft wird. Als Eingangssituation zu den Verkaufsflächen, kann die gezeigte großzügige Platzaufweitung zur Kemptener Straße hin überzeugen. Die Entwurfsidee, einen ‚Ankerpunkt’ als städtebauliches Entree mit differenzierter Höhenstaffelung im heterogenen Umgebung zu schaffen, ist nachvollziehbar und erscheint gelungen. Jedoch zieht die funktionale Gliederung der Nutzungen im Inneren drei Erschließungskerne für die Hauptnutzungen nach sich, was in Kombination mit einer zusätzlichen Erschließung der Ladenflächen doch überzogen erscheint. Die Grundrisse der Büronutzung sind hinsichtlich einer kleinteiligen Aufteilung nicht flexibel genug, die Belichtung der Erschließungsflächen der Büroetagen ist unbefriedigend. Flächen für die Gastronomie sind nicht dargestellt und nur textlich als Option im 2. OG. beschrieben. Die Fassadengestaltung mit gebänderter Vollverglasung wirkt monoton und wenig zeitgemäß und wirft Fragen hinsichtlich des Anschluss von Trennwänden und Möbelierung im Inneren auf. Die Funktionalität der Ladenflächen ist gegeben und die Anlieferung gegenüber der Wohnbebauung durch die Einhausung schalltechnisch gut gelöst. Stellplätze für Pkw und Fahrräder sind nicht ausreichend bemessen. Die Tiefgaragenausfahrt und Ausfahrt der Anlieferung muss mindestens drei Meter vom querenden Geh- und Radweg abgesetzt werden um eine gefahrlose Querung für Fußgänger und Radfahrer zu ermöglichen. Der erhalt der Baumreihe an der Ludwig-Kick-Strasse ist begrüßenswert, ebenso sowie die Anordnung der Baumreihe parallel zur Kemptener Straße.
Insgesamt zeigt diese Arbeit einen städtebaulich gelungenen Ansatz, jedoch können die Fassadengestaltung und der hohen Erschließungsaufwand nicht überzeugen.