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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2019

Neubau eines Lehr- und Lernzentrums der Hochschule RheinMain am Campus Kurt-Schumacher-Ring in Wiesbaden

2. Preis

Preisgeld: 48.333 EUR

DFZ ARCHITEKTEN

Architektur

G2 Landschaft PartG mbB

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext

StÀdtebauliches Konzept
Unser Konzept fĂŒr den Entwurf des Neubaus leitet sich unmittelbar aus den Gegebenheiten des Ortes und den Inhalten der Aufgabe ab. Als Baustein des bestehenden HochschulgelĂ€ndes muss das GebĂ€ude in einen angemessenen Dialog mit seinem direkten - geplanten und bestehenden - Umfeld treten. Gleichzeitig ist es eigenstĂ€ndig und selbstbewusst genug, ĂŒber die ErfĂŒllung der unterschiedlichsten funktionalen Anforderungen hinaus die Inhalte des Komplexes zeichenhaft nach außen zu kommunizieren.
Die Ausformung des geplanten GebÀudekomplexes bildet das Spannungsfeld zwischen diesen beiden Polen ab, das einerseits die Bedeutung des Neubaus unterstreicht, gleichzeitig die differenzierten inhaltlichen Anforderungen respektiert.
Ziel des Konzeptes fĂŒr das neue Lehr- und Lernzentrum ist, einen qualitĂ€tsvollen und zukunftsweisenden Entwurf fĂŒr diesen zentralen Baustein des neuen Campus am Kurt-Schumacher-Ring zu schaffen.
Die QualitĂ€t des neuen GebĂ€udes bezieht sich weniger auf die Ă€ußere Form oder den Wert der Materialien, sondern sie zeichnet sich eher durch ZukunftsfĂ€higkeit, AuthentizitĂ€t, AufenthaltsqualitĂ€t, Robustheit und AnpassungsfĂ€higkeit aus. Der neue, inmitten eines heterogenen Umfeldes befindliche Baukörper ist geprĂ€gt durch klare, großvolumige Strukturen und klare Raumorganisationen, die auf sĂ€mtlichen Ebenen Barrierefreiheit gewĂ€hrleisten. Durch die effiziente Ausbildung einer kompakten Neubaustruktur werden die Funktionsbausteine optimal zusammengefĂŒhrt und mit dem Umfeld verknĂŒpft.

Freiraumplanerisches Konzept
Der neue Zugang und damit die neue Zufahrt zum Campus von SĂŒden wird – so dies mit den Nachbarn vereinbar ist- von einer Allee begleitet, und fĂŒhrt den Besucher der UniversitĂ€t ĂŒber den leicht geneigten Weg auf den reprĂ€sentativen und zeitgemĂ€ĂŸen Eingangsplatz und Vorplatz des neuen LehrgebĂ€udes fĂŒr die Studenten.
Der locker von Gleditsien in Raseninseln ĂŒberstandene Platz erhĂ€lt eine Pflasterung mit einem Großsteinpflaster aus Naturstein, welches in den hĂ€ufig zu begehenden Bereichen eine geschnittene OberflĂ€che erhĂ€lt und damit auch fĂŒr Menschen mit Gehbehinderungen gut nutzbar ist, wĂ€hrend in den Randbereichen die OberflĂ€che unbehandelt geschlagen zum Einsatz kommen kann und damit einen Übergang zu den angrenzenden Wiesen herstellt.
Auf dem Platz laden an den RĂ€ndern BĂ€nke zum Verweilen ein. Auf dem Platz kann ein LKW wenden.
Durch die leichte Neigung des Platzes gen SĂŒden schĂ€lt sich vor dem GebĂ€ude eine ĂŒber max. 3 Stufen erreichbare Eingangsplattform mit Cafeterrasse heraus.
Westlich des Platzes wird das Areal von einer 2,0 m hohen und 1,2 m breiten grĂŒnen Buchenhecke zum angrenzenden Freibad rĂ€umlich begrenzt. Die in der FlĂ€che stehenden großen BĂ€ume werden zum Teil erhalten und zum Teil durch Neupflanzungen ergĂ€nzt.
In der RasenflĂ€che bieten ‚Studienkabinette’, ca. -100m2 große Außen - RĂ€ume mit einem Rahmen einer ca. 150 cm hohen Hecke aus roten Buchen die Möglichkeit im Freien zu lesen und sich in Gruppen zu treffen. Die ‚Studienkabinette’ stellen eine Erweiterung des GebĂ€udeangebotes dar.
Nördlich des Neubaus fĂŒhrt eine Rampe mit einem maximal 12 %igen GefĂ€lle fĂŒr die Anlieferung auf die untere Ebene. Die östlich des Lernhauses angeordnete GartenflĂ€che hat einen deutlich intimeren Charakter. Auch hier in Nachbarschaft zur Bibliothek liegen etwas kleinere rot belaubte ‚Studienkabinette’ in einer Stauden- und GrĂ€serflĂ€che. Auch hier wird der Garten zur östlich angrenzenden Feuerwehr durch eine grĂŒne Buchenhecke begrenzt.
Über eine behindertengerechte Rampe gelangt man auf der SĂŒdseite des GebĂ€udes von einer die sĂŒdlich angrenzenden Nutzungen leicht abschirmenden Hochhecke aus Linden begleitet, auf den Eingangsplatz zurĂŒck.

Architektur- und Gestaltungskonzept
Das ĂŒbergeordnete Gestaltungskonzept des Neubaus bildet durch die nutzungsbezogene Anordnung und die Materialisierung eine ansprechende klare GebĂ€udestruktur aus, die all das ermöglicht, was den Studierenden das Studieren möglich macht.
Die GebĂ€udekubatur wird, neben der stĂ€dtebaulichen Einbindung, von der Nutzung des GebĂ€udes bestimmt. Als GebĂ€ude, das von den Studierenden „in Besitz“ genommen werden soll, erhĂ€lt der Neubau ein zeitgemĂ€ĂŸes, urbanes, einladendes Erscheinungsbild, dass auf eine klare und selbstbewusste Formensprache zurĂŒckgreift. Eine eigene, neue Gestaltgebung wird erzeugt, die prĂ€gend fĂŒr die anstehende Sanierung auf dem gesamten Campus sein wird.
Ein scheinbar „simples“ GebĂ€ude entsteht, das durch eine Stapelung der Geschossplatten und dazwischenliegenden transparenten Nutzungsebenen gebildet wird. Ein inhaltlich wie gestalterisch offenes Haus wird geschaffen, dass sein Inneres nach außen trĂ€gt und einladend wirkt. Somit ist keine Fassadenseite als RĂŒckseite ausgebildet. Lediglich in Teilbereichen und im Norden wechseln sich aus bauphysikalischen GrĂŒnden z.T. transparente GlasflĂ€chen mit opaken ab. Haptische und ebenso „einfache“ wie in der OberflĂ€che „warme“ Materialien Holz und seidenglatter Sichtbeton prĂ€gen das Ă€ußere und innere Erscheinungsbild und verleihen dem Neubau einen robusten Charakter eines öffentlichen Arbeitshauses fĂŒr Studierende.

Gebrauchs- und NutzungsqualitÀten, einschl. Barrierefreiheit
Die Nutzungseinheiten werden der geplanten GebĂ€udekonfiguration unter der PrĂ€misse „kurze Wege“ zusammengefasst und ablesbar und selbsterklĂ€rend positioniert. Eine zeitgemĂ€ĂŸe und attraktive Lernumgebung fĂŒr studentisches Lernen, einzeln und in Gruppen entsteht.
Eine starke Nutzungsmischung im GebĂ€ude insbesondere fĂŒr den Bereich des Lernzentrums entsteht durch das starke VerschrĂ€nken der Nutzungseinheiten. Die im Zentrum befindliche Bibliothek als WissenstrĂ€ger wird umspielt von den unterschiedlichen Bereiche, wie Gruppen-/EinzelarbeitsplĂ€tzen und BĂŒros von Service-Einrichtungen. Kleine verglaste Höfe zonieren, belichten und belĂŒften diesen fliessenden Raum, zudem bieten Sie z.T. zusĂ€tzliche Aufenthaltsmöglichkeiten an, z.B. als aussenliegender Lern- und KommunikationsrĂ€ume im Sommer. Durch die geplante Nutzungsmischung werden FlĂ€chen optimiert, Flure sind grĂ¶ĂŸtenteils nicht notwendig. Durch die Wahl der GebĂ€udetypologie und des einheitlichen GebĂ€ude- und Konstruktionsrasters wird ein hoher Grad an FlexibilitĂ€t und MultifunktionalitĂ€t im GebĂ€ude auf lĂ€ngere Sicht gewĂ€hrleistet.
Der gemeinsame Eingangsbereich liegt gut auffindbar am geplanten großen Vorplatz im Westen des Neubaus. Das Raum- und Funktionsprogramm ist so ausgelegt, dass der Bereich B) Arbeiten und Lernen separat verschlossen werden kann. Dieser Bereich wird im Ostbereich ĂŒber zwei Ebenen konzentriert, so dass der Seminarbereich darĂŒber hinaus ĂŒber einen zweiten Zugang auf der tiefergelegenen Ebene (UG) des Innenhofes getrennt direkt erschlossen werden kann.

Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit
Die Auswahl von dauerhaften Materialien dient der Nachhaltigkeit und den damit zusammenhĂ€ngenden positiven EinflĂŒssen auf langfristige Unterhaltungskosten. Entsprechend den vorgegebenen Inhalten werden angemessene konstruktive und haustechnische Systeme ausgewĂ€hlt, die einer positiven wirtschaftlichen Bilanz Rechnung tragen.
Durch die Positionierung der beiden Fluchttreppen aussen an den Fassadenecken wird ein vorgelagerter Fluchtbalkon benötigt, der das GebĂ€ude umlaufend rahmt. Zugleich wird den Studierenden von fast jeder Stelle der Fassade eine Austrittsmöglichkeit angeboten, die zusĂ€tzliche AufenthaltsqualitĂ€ten bietet und die Kommunikation fördert. DarĂŒber hinaus bilden diese VorsprĂŒnge einen passiven und effizienten Sonnenschutz aus, so dass auf ein zusĂ€tzliches aussenliegendes System verzichtet werden kann. Eine einfache Reinigung der Fassade von aussen ist damit ebenso sicher gestellt. So entsteht ein optimal belichtetes und weitgehend natĂŒrlich belĂŒftetes GebĂ€ude, dass wirtschaftlich und wartungsarm betrieben werden kann.

Baukonstruktion einschliesslich Fassaden und Sonderbauteilen
Der Einsatz von elementierten Halbfertig- und Fertigteilen ist zum Erreichen einer wirtschaftlichen Bauweise möglich. Es wird angestrebt, den Neubau ab dem 1.OG in Holzverbundbauweise zu realisieren. Die Ebenen UG und EG werden in klassischer Stahlbetonbauweise geplant.
Die Deckensysteme werden hierbei als Fertigteile, bestehend aus Stahlbetondecken mit 8cm StĂ€rke und darunterliegenden LeimtrĂ€gern im Achsabstand 1,25 – 1,40m ausgebildet. Ebenengleiche UnterzĂŒge in den Achsen des Hauptrasters ermöglichen die gewĂŒnschten Spannweiten. Im Bereich des Hörsaals werden diese aus Stahlbeton realisiert. Die GebĂ€udeaussteifung erfolgt horizontal ĂŒber die Geschossdeckenkonstruktion, vertikal ĂŒber die SanitĂ€rkerne. Der bauliche Brandschutz wird ĂŒber technische Nachweise mit Abbrandraten ausgewiesen. FĂŒr die GrĂŒndung gehen wir zum jetzige Zeitpunkt von Einzelfundamenten im StĂŒtzenbereich, Streifenfundamenten im Wandbereich und einer Ă€ußeren, durchlaufenden FrostschĂŒrze aus.

QualitĂ€t und PlausibilitĂ€t des geforderten Konzeptes zur technischen GebĂ€udeausrĂŒstung, Energieeffizienz
Das GebĂ€ude ist so ausgerichtet, dass lediglich ein mittig angeordneter Brandabschnitt, der linear und ĂŒbereinanderliegend ĂŒber sĂ€mtliche Geschossebenen verlĂ€uft, ausgebildet wird. DarĂŒber hinaus sind die Nutzungsbereiche und Raumzonierungen ebenso ĂŒbereinander liegend angeordnet, so dass die Technische GebĂ€udeausrĂŒstung bei hoher Raum-VariabilitĂ€t effizient und entsprechend wirtschaftlich zu realisieren ist. Abgesehen vom innenliegenden Hörsaal sind sĂ€mtliche Bereiche an Aussenfassaden angeordnet, so dass der Bedarf an mechanischer BelĂŒftung stark eingeschrĂ€nkt ist.
Auf der DachflĂ€che wird eine extensive DachbegrĂŒnung und Photovoltaik vorgesehen.
An die gebÀudetechnische Ausstattung des Neubaus sind neben den gesetzlichen Anforderungen, resultierend aus der EnEV bzw. dem Erneuerbaren Energie WÀrmegesetz (EEWÀrmeG) hohe ökologische und ökonomische Anforderungen zu stellen, deren wesentliche Merkmale nachfolgend dargelegt werden.
Im Planungsprozess wird eine Optimierung – z.B. ĂŒber eine Simulationssoftware im Rahmen einer Wirtschaftlichkeitsberechnung - zwischen GebĂ€udehĂŒlle und Anlagentechnik angestrebt, die sowohl die Investitionskosten wie auch die spĂ€teren Betriebskosten berĂŒcksichtigt. Aufgrund der sehr guten WĂ€rmedĂ€mmung und der luftdichten GebĂ€udehĂŒlle ist der WĂ€rmebedarf der GebĂ€ude sehr gering. Die Grundstruktur des GebĂ€udes erlaubt in den außenliegenden FlĂ€chen die klassische FensterlĂŒftung. Der CafĂ©bereich kann prinzipiell mit einer freien LĂŒftung betrieben werden. Dieses fĂŒhrt jedoch in der kalten Jahreszeit zu einem erheblichen WĂ€rmebedarf. Es wird daher in diesen Bereich eine LĂŒftungsanlage mit einer hocheffizienten WĂ€rmerĂŒckgewinnung empfohlen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen kompakten Baukörper vor und platzieren diesen geschickt mit Abstand zur bestehenden Bebauung. Die Setzung ist deutlich und prĂ€zise, sie lĂ€sst eine angemessene und maßstĂ€bliche Entwicklung fĂŒr den Campus erwarten. Die starr anmutende Gestaltung der vorgeschlagenen Heckenkabinette im Außenraum auf der Westund Ostseite wird im Preisgericht kritisch diskutiert. Sie erscheint im Widerspruch zur flexiblen Grundrissfigur des GebĂ€udes zu stehen. Der Eingang ĂŒber einen Vorplatz auf der Westseite sowie die Ausbildung des Foyers mit angrenzendem CafĂ© können ĂŒberzeugen. Die Vertikalerschließung in die Obergeschosse des Lernzentrums ist funktional mit einem zentralen Treppenhaus gelöst. Die vorgeschlagene flexible Lernlandschaft mit eingestreuten Lesehöfen, Bibliotheks- und RĂŒckzugsbereichen wird sehr positiv bewertet. Es besteht jedoch im Freihandbereich ein deutliches FlĂ€chendefizit. Das rĂ€umliche Angebot in den Obergeschossen wird der Idee eines zukunftsfĂ€higen und flexiblen LerngebĂ€udes vollauf gerecht.
Diesem positiven Eindruck steht der Seminar- und Hörsaalbereich im Erd- bzw. Sockelgeschoss entgegen. Die Erschließungs- und SammlungsflĂ€chen wirken nicht ausreichend dimensioniert. Es fehlt an Außenraumbezug und AufenthaltsqualitĂ€t. Das GebĂ€ude bezieht seine Gestalt durch die vierseitig umlaufenden LaubengĂ€nge. Die Anmutung wird im Preisgericht eingehend diskutiert. Die Fassadenausbildung erscheint konsequent wirft aber hinsichtlich der Nutzung im Alltag viele Fragen auf. In wie weit lassen sich die LaubengĂ€nge vor dem Hintergrund sicherheitstechnischer Belange der Bibliothek tatsĂ€chlich nutzen? Dies gilt auch fĂŒr die ZugĂ€nglichkeit der außenliegenden Treppen im Erdgeschoss. Die vorgeschlagene Stahlbetonkonstruktion im Erd- und Sockelgeschoss erscheint schlĂŒssig. Die Holz-Beton-Verbundbauweise der Obergeschosse ist wenig konkret in der Darstellung und mĂŒsste auch hinsichtlich der brandschutztechnischen AusfĂŒhrung ĂŒberprĂŒft und konkretisiert werden. Die NutzflĂ€che (NUF 1-6) des Entwurfes liegt ĂŒber dem Wert der Vorgabe. Der TechnikflĂ€chenanteil liegt deutlich unter dem Durchschnitt und ist nicht ausreichend. Die hessischen Vorgaben zur Energieeffizienz können im Rahmen des Entwurfs gut eingehalten werden. Die WĂ€rmeversorgung soll durch die anliegende FernwĂ€rme erfolgen. Die Stromversorgung soll durch eine Photovoltaik-Anlage ergĂ€nzt werden. Die vorgeschlagene GrĂ¶ĂŸe schöpft das Potential der DachflĂ€chen nicht vollstĂ€ndig aus. Der erhöhte GlasflĂ€chenanteil in der Fassade erlaubt den Schluss, dass das GebĂ€ude zumindest in TeilflĂ€chen mechanisch gekĂŒhlt werden muss. Die Relation von Investitionskosten zu Energieeinsparpotential wird als angemessen bewertet. Insgesamt handelt es sich um einen besonderen Beitrag im Verfahren. Der Entwurf ĂŒberzeugt hinsichtlich seines Ausdruckes als Lernzentrum, weist aber die genannten MĂ€ngel im Bereich der LehrflĂ€chen (SeminarrĂ€ume und Hörsaal) auf.