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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2019

Neubau Stadthaus Bergisch Gladbach

Anerkennung / 5. Rang

Preisgeld: 10.000 EUR

HPP Architekten GmbH

Architektur

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

ZWP Ingenieur-AG

TGA-Fachplanung

Pirlet & Partner Ingenieurgesellschaft mbH

Brandschutzplanung, Tragwerksplanung

ISRW - Institut für Schalltechnik, Raumakustik, Wärmeschutz Dr.-Ing. Klapdor GmbH

Bauphysik

Erläuterungstext

Mittelpunkt der städtebaulichen Konzeption bildet die Erweiterung des bereits bestehenden Platzes der Partnerstädte über die gesamte Länge des Kopfbahnhofes in Richtung Nordwesten. Auf diesem Stadtplateau in unmittelbarer Nähe zur Fußgängerzone befinden sich die Gebäude der Stadtbibliothek und des Stadthauses.
Während die Stadtbibliothek als prägnanter achtgeschossiger Solitär den neuen Stadteingang für die Bahnreisenden formuliert, leitet das neue Stadthaus die Bebauung entlang der Jakobstraße ein. Die städtebauliche Anordnung eines Hauses auf einem Platz lässt keine Rückseiten entstehen und belebt somit die neu entstandenen Außenräume gleichermaßen. Die Fuge zwischen den beiden Gebäuden an der Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße bildet den Auftakt für einen Stadtboulevard, welcher sich bahnseitig entlang der Bebauung der Jakobstraße aufspannt. Die Bebauung entlang der Jakobstraße wurde in vier Baukörper unterteilt, die der Vorgabe der Auslobung zur Freistellung der Sichtachsen (historischer Blick auf die ehemalige Hauptverwaltung der Firma Zanders und zum Kalkofen) und einer ausreichenden Durchlässigkeit des gesamten Areals Rechnung tragen. Leicht mäandrierend definieren diese IV bis VI -geschossigen Gebäude das Raumprofil der Jakobstraße und entlasten mit Rücksprüngen die niedrigere Bebauung des Gegenübers. Bahnseitig dieser Bebauung liegt der genannte Stadtboulevard. Er formuliert mit langgezogenen Sitzstufen und Rampenanlagen eine barrierefreie Höhenüberwindung hin zu den Bahnsteigen. Nach Süden hin ausgerichtet entsteht eine sehr hohe Aufenthaltsqualität und ein hochwertiger Raumübergang zum Bereich der Gleisanlagen. Die unterirdische barrierefreie Querung der Bahngleise verläuft diagonal und verbindet zwei landschaftlich angelegte Bereiche für Carsharing, Kiss & Ride-Parkplätze und ergänzende Fahrradstellplätze.
Die Stadtbibliothek, die Meldehalle, der Veranstaltungsraum, die Shops und das Café liegen erdgeschossig zum Boulevard und Platz orientiert. Die Verwaltung ist über die drei Gebäude hinweg durch Verbindungsbrücken verknüpft. Ein öffentlicher Zugang in das Stadthaus liegt zentral am Empfang unmittelbar neben der Meldehalle. Die Beratungsangebote im Obergeschoss werden über diesen Zugang erreicht. Zugänge für die Verwaltung liegen in der Fuge am Hochhaus und auf der Jakobstraße für die weiteren Gebäude.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Baumasse wird auf drei Gebäude aufgeteilt. Den städtebaulichen Akzent zur Stadt und zum Bahnhofsbereich bildet das achtgeschossige Kopfgebäude. Die Gestaltung der drei Baukörper ist im architektonischen Ausdruck gleichartig und bezüglich der Nutzung wenig differenziert.

Die gleichförmige Ausbildung insbesondere der Sockelzone wird kritisch gesehen. Die Eingänge zum Stadthaus sind wenig attraktiv und schwer auffindbar im Zwischenbereich an der Johann-Wilhelm Lindlar-Straße. Die Bibliothek ist prominent in den ersten drei Geschossen des Hochhauses untergebracht, aber somit nicht besonders akzentuiert.

Durch die dem Bahnareal zugewandte Erschließung der Verwaltungsgebäude und die Lage des Mobilitätszentrums und des GL-Shops am neuen Endbahnsteig wird eine zusätzliche Belebung und Urbanisierung des Bahnhofsbereichs generiert. Dieser Aspekt wird durch die große Durchlässigkeit zwischen den Gebäuden noch verstärkt.

Die Zusammenführung der öffentlichen Freiräume in ein „Gefüge an Platzflächen“ ist nachvollziehbar. Die Ausgestaltung des bahnbegleitenden Boulevards wird allerdings als übermöbliert empfunden. Die Behandlung der Höhenunterschiede mit Hilfe von Treppen und Rampen in der Johann-Wilhelm-Lindlar-Straße stört diese wichtige Verbindung. Die Unterführung im Westen ist aufgrund der Beschränkung auf eine Aufzugslösung wenig geeignet für Radfahrer.

Die Gliederung in verschiedene Baukörper, die jeweils lediglich in einer Ebene durch Glasbrücken miteinander verbunden sind, bedeutet weite Wege innerhalb des Gebäudes. Eine flexible Anordnung der verschiedenen Nutzungseinheiten wird erschwert bzw. ist teilweise unmöglich. Insbesondere der Westflügel ist für die Anordnung von Nutzungen mit Publikumskontakt nicht geeignet. Die vorgeschlagenen Lösungen für die Anlieferung und die interne Logistik haben erhebliche Mängel.

Die barrierefreie Anbindung des Westflügels aus den anderen Gebäudebereichen kann nur mittels Hublift gewährleistet werden. Die Unterbringung von Polizei und Ordnungsdienst im 3. und 4. Obergeschoss ist wenig funktionsgerecht. Die Darstellung der Nutzungsvarianten des Verwaltungsbereichs als Alternative zu den Einzelbüros vermag nicht zu überzeugen.

Die Überschreitung der Hochhausgrenze belastet die Wirtschaftlichkeit des Entwurfes. In Verbindung mit den überdurchschnittlichen baulichen Kennzahlen birgt das Projekt wirtschaftliche Kostenrisiken in Erstellung und Betrieb.

Die Arbeit bietet in brandschutztechnischer Hinsicht einen im Wesentlichen schlüssigen Lösungsansatz mit punktuell kleineren Mängeln, zum Beispiel ist der Zugang zum Treppenraum Hochhaus nicht ausreichend abgeschottet.

Das gebäudetechnische Konzept für den Neubau ist im Wesentlichen umsetzbar. Allerdings ist die Anzahl der Technikflächen im Hinblick auf die Umsetzung von drei Einzelgebäuden sehr hoch. Auch die vorgeschlagene Anordnung der Technikflächen vermag nicht zu überzeugen. Nachbesserungsbedarf besteht auch im Hinblick auf das Energiekonzept. Die angestrebten Zielvorgaben - insbesondere Versorgung mit Eigenstrom aus Photovoltaik - sind nur teilweise umsetzbar.

Insgesamt handelt es sich um einen sympathischen Vorschlag, dessen städtebauliche Qualität jedoch mit erheblichen Mängeln aus Nutzersicht erkauft wird.