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Nichtoffener Wettbewerb | 05/2019

Städtebauliche Entwicklung des Wever-Geländes in Bad Hersfeld

3. Preis

Preisgeld: 3.000 EUR

dunkelau giebel architekten städtebauarchitekten BDA

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Prof. Anne-Christin Scheiblauer Architektur+Städtebau

Architektur, Stadtplanung / Städtebau

Erläuterungstext

Bad Hersfelder Terrassen

Revitalisierung des Wever-Geländes für Wohnen und Gärten


Lage in der Stadt - städtebauliche und verkehrliche Einbindung
Am Anfang des 19. Jahrhunderts bestand das heutige Wever-Gelände noch aus Obst- und Gemüsegärten auf schmalen langgezogenen Parzellen. Es war von der südlich anschließenden, ringförmig befestigten Altstadt nur durch den Clausgraben mit dem Geisbach getrennt, einem Wasserlauf an dem historische Mühlen standen.
Mit dem Bau der Eisenbahn entwickelte sich in der Nähe des Bahnhofs in den Gründerjahren des 19. Jahrhunderts eine große Industrieanlage, deren Wohn- und Verwaltungsgebäude durchaus einen Gestaltungsanspruch erkennen lassen. Diese stehen zum Teil unter Denkmalschutz. Mit Hilfe des Bauherren Wilhelm Wever wurde 1886 in der Mitte der Anlage, leicht erhöht, die katholische Kirche St. Lullus-Sturmius im neugotischen Stil aus Backstein errichtet mit direktem Blickbezug zur (protestantischen) Altstadt. Ihr Turm ist markantes Merkzeichen und Orientierungspunkt, sobald man aus den Mauern der Altstadt oder dem Bahnhofsgebäude tritt – neben dem noch bestehenden hochragenden Schornstein der Industriegebäude. Große Hallen und Parkierungsflächen stehen in scharfem Kontrast zu dem kleinen aber beschaulichen Kirchengrundstück mit Garten und Obstbäumen.
Die industrielle und gewerbliche Nutzung führte zu einer sehr guten allseitigen Erschließung – auch mit Buslinien – des trapezförmigen Geländes von ca. 3 ha (30.000 qm) mit der Bahnhofstraße im Süd-Osten, dem Seilerweg im Süd-Westen und Westen (mit Verbindung zum Klinikum), der Friedrich-Ebert-Straße im Norden und der Wilhelm-Wever-Straße im Osten.
Inzwischen sind die gewerblichen Anlagen minder genutzt oder liegen ganz brach. Im Sinne einer nachhaltigen Stadtentwicklung sollen die Brachflächen entsiegelt und einer neuen Nutzung zugeführt werden – insbesondere für innerstädtisches möglichst barrierefreies und bezahlbares Wohnen in der Nähe von Schilde-Park und Bahnhof, was optimale Standort-voraussetzungen für die „Stadt der kurzen Wege“ bietet. Insofern können die umliegenden Wohnquartiere mit vorwiegend freistehenden und flächenintensiven Einfamilienhäusern an dieser Stelle nicht fortgeschrieben werden. Die aus der verkehrlichen Erschließung resultierenden Immissionen müssen bei der Neuplanung Berücksichtigung finden.

Städtebauliche Struktur
Ein besonderes Merkmal des Geländes ist seine Topografie, d.h. die Hanglage mit Blick nach Süden auf die Altstadt bei einer Höhendifferenz von ca. 13m zwischen Bahnhof- und Friedrich-Ebert-Straße. Aus dieser bevorzugten Situation bezieht das vorliegende Konzept seinen Entwurfsgedanken: Es soll ein Wechselspiel entstehen zwischen übereinander gelagerten Terrassen für Wohnen in Gärten und einem durchgehenden Grünzug, der den ursprünglichen Hang aufnimmt, diesen aber durch erhöhte „Plätze“ unter Pergolen wiederum auflöst, unterbricht...
Ein weiteres Merkmal ist der trapezförmige Zuschnitt des Geländes: Das kürzeste Ausmaß beträgt im Norden ca. 130m, um sich im Süden auf ca. 210m zu erweitern, die kürzeste Nord-Süd-Verbindung misst ca. 130m, die längste ca. 200m. Dadurch ergibt sich eine fächerartige Struktur mit (5) Bahnen, die sich nach Süden hin öffnen. Das Herzstück besetzt die Kirche mit ihrem kleinen Vorplatz, der durch die direkte Wegeverbindung mit der Altstadt im Rahmen der Neugestaltung des Schilde-Areals in Szene gesetzt wird. Der große Freibereich mit renaturiertem Bachlauf erinnert an die ursprüngliche Situation des Clausgrabens. Zwei einzelstehende Villen definieren bzw. umfassen den Gartenbereich des Kirchengrundstücks. Auch die Gebäude an der Bahnhofstraße weisen dieselbe Typologie auf.
Ziel des Konzeptes ist es, diese lockere Bebauung im Zentrum zu bewahren und durch einen starken Rahmen an den Straßen im Westen, Norden und Osten zu fassen, der gleichzeitig das Innere des Quartiers vor den Immissionen der Verkehrsstraßen schützt.
Die Neuplanung greift die Struktur des Geländes auf: in Nord-Süd-Richtung entstehen drei Bahnen mit Wohnbereichen, die durch einen kleinen und einen großen Grünzug voneinander getrennt sind. Entsprechend der Topografie werden die Bahnen in zwei bzw. drei Plateaus geteilt, die als Terrassen übereinander angeordnet sind und ruhige Wohnhöfe mit Gärten bilden – geöffnet zu den Grünzügen. Der Höhensprung von jeweils 3-4m wird genutzt, um unter den Terrassen kostengünstig natürlich belichtete und belüftete Tiefgaragenstellplätze anzuordnen. Es ergeben sich insgesamt fünf Wohnhöfe, die ergänzt werden durch den „Gemeinschaftshof“ mit sozialen und kulturellen Einrichtungen, der durch die Kirche, die Kita und das Gemeindehaus gebildet wird. Zwischen den Höfen führt in Ost-West-Richtung eine durchgängige ebene Wegeverbindung.
Der schon bestehende Hof des Wever-Geländes im Süden wird erhalten mit seinen denkmalgeschützten Gebäuden. Erhalten werden auch der Schornstein als Merkzeichen sowie das ehemalige Wever-Verwaltungsgebäude als Erinnerung an die industrielle Geschichte des Ortes. Das Gebäude wird im Norden freigestellt und erhält im Westen einen Anbau.

Baukörper, Bautypologie, Architektur
An den Straßen ist eine relativ geschlossene 3-4-geschossige Bebauung vorgesehen (3 Vollgeschosse + Staffelgeschoss), die aus 2-, 3- und 4-Spännern besteht. Ziel ist, ein differenziertes Wohnungsangebot zu erreichen sowie eine möglichst große Zahl von durchgesteckten Wohneinheiten, deren Wohn- und Essräume sowohl zur Straße als auch zum Gartenhof orientiert sind, d.h. eine zweiseitige Belichtung und damit auch gute Besonnung aufweisen. Auch die Treppenhäuser mit Aufzug sollen diesen doppelten Bezug erhalten, um z.B. Kindern den direkten Zugang von der Wohnung zum Spielplatz zu bieten – ohne Umweg über die Straße. An den Grünzügen erhalten die Bauten Eckrisalite mit Blickbeziehung zur Altstadt. Im Inneren sind freistehende Gebäude (Punkthäuser) mit 2-3 Geschossen angeordnet, die in der Ausformung als 2-Spänner Etagenwohnungen oder Maisonetten beinhalten, aber auch bei Bedarf als Doppelhäuser/Stadthäuser angeboten werden können.
An den Außenrändern des Planungsgebietes wird vermittelnd die Gebäudetypologie der angrenzenden Bereiche aufgenommen: Am Seilerweg sollen eher Geschosswohnungen, an der Friedrich-Ebert-Straße Doppelhäuser, an der Wilhelm-Wever-Straße Stadthäuser/ Reihen-häuser sowie Gewerbe- und Dienstleistungsbauten entstehen.
Ziel ist, insgesamt ein breites Spektrum unterschiedlicher Wohnungstypologien anzubieten - kostengünstig aber auch architektonisch qualitätvoll. Eine einheitliche und moderne Architektursprache soll die verschiedenen Gebäudetypologien verbinden. Dazu gehören begrünte Flachdächer (zumindest mit extensiver Begrünung, teilweise mit Kollektoren belegt) – sie bilden die „fünfte Fassade“ der Neubauten – ebenso Terrassen im Erd- und Staffel-geschoss, Loggien in den Normalgeschossen.
Auf dem ehemaligen Industriegelände wird eine moderate urbane Dichte erreicht. Sie variiert bei einer GRZ von 0,4 bis 0,6 zwischen einer GFZ von 1,2 bis 1,6, bezogen auf die privaten Grundstücke – die ihrerseits von den großzügigen öffentlichen Grünzügen profitieren.

Nutzungskonzept
Insgesamt soll ein kleinteiliges gemischt genutztes Quartier entstehen für Singles aller Altersgruppen, Paare, Familien und Senioren-Wohngemeinschaften. Geförderter Wohnraum ist an der Wilhelm-Wever-Straße geplant, studentisches Wohnen am Schilde-Park. Die sozialen Einrichtungen der Kirche werden erneuert und ergänzt. An der Stelle des bisherigen Gemeindehauses wird ein Kindergarten mit 4 Gruppen errichtet, von denen jeweils zwei übereinander angeordnet sind. Sie werden ergänzt durch die entsprechenden Neben-, Multifunktions- und Personalräume.
Der Eingang erfolgt sowohl vom „Kirchgarten“ im Süden als auch von der zentralen Gasse im Norden – und ist somit von allen Wohnungen im Quartier gut erreichbar. Dem Kindergarten sind die erforderlichen Freiflächen im Süden direkt zugeordnet – daneben stehen zusätzliche Angebote in den öffentlichen Grünzügen zur Verfügung. Ein überdeckter Gang, der auch als Spielbereich dienen kann, begrenzt das Grundstück im Osten und verbindet mit den Gemeinschaftsräumen des Gemeindehauses. Dieses weist im Erdgeschoss einen Versammlungsraum für 150 Personen auf, eine Küche und ein Café mit Freisitzen im Osten (unter Pergola) und im Süden am großen Auftaktplatz. Im 1. Stock des Gemeindehauses sind Gruppenräume angeordnet, im 2. Stock Wohnungen für den Pfarrer, Verwalter....
Das neue Eckgebäude an der Bahnhofstraße sollte wieder eine Apotheke aufnehmen und zusätzlich ein Ärztehaus. Im Altbestand sind soziale und kulturelle Einrichtungen vorgesehen. Die „Alte Weberei“ soll im Bestand unbedingt erhalten und erweitert werden, z.B. durch ein zusätzliches Geschoss über den Bestandsgaragen. Das ehemalige Wever-Gebäude soll Ausstellungs- und Verkaufsräume anbieten, Gemeinschaftsbüros für Start-up-Unternehmen und ein kleines Museum, das die Geschichte des Ortes aufzeigt. Im anschließenden Neubau sind im Erdgeschoss ein Restaurant mit Freisitz und Büros vorgesehen, in den Obergeschossen weitere Büros oder besondere Wohnformen. An der Bahnhof- und Wilhelm-Wever-Straße sollen im Osten die gründerzeitlichen Altbauten mit den entsprechenden Nutzungen erhalten werden (z.B. Tanzstudio, Vereine), ebenso sollen anschließend kleinteilige und dienende Infrastrukturangebote in Neubauten entstehen – u.a. auch ein kleiner Supermarkt für die Versorgung des Quartiers.
Es bietet sich an, auf dem zentralen Quartiersplatz im Süden von Kirche und Gemeindehaus einen Wochenmarkt für Erzeuger einzurichten. Die Sondernutzungen sind bevorzugt an der Schnittstelle zur Altstadt und zum Schilde-Park angelegt, um eine möglichst große Zahl von Besuchern anzuziehen. An der Ecke Seilerweg und Friedrich-Ebert-Straße wird der überdimensionierte Kreuzungsbereich reduziert, um Platz für einen Kiosk zu bieten, der als Halte- und Erfrischungspunkt u.a. für Radfahrer dienen soll – aber auch als Mobilitätsstation für den Verleih von Rädern und Autos, die von der Nähe des Parkhauses profitiert.

Erschließung:
Verkehrsflächen, Anbindung, ruhender Verkehr, Fuß- und Radwege
Das Quartier benötigt wegen der ausgezeichneten äußeren Verkehrserschließung nur wenige innere Erschließungsflächen. Diese sind als Mischflächen („shared space“) ohne Abgrenzung der Verkehrsmittel gestaltet: Kleine Stichstraßen (Breite ca. 6m) dienen als ebenerdige Zu- und Abfahrten der fünf Tiefgaragen, die unter den Plateaus/Terrassen angeordnet sind. Vom zentralen Grünzug sind sie durch Poller abgegrenzt. Die niveaugleiche Verbindung von Seiler-weg und Wilhelm-Wever-Straße kann nur fallweise für Berechtigte (Müll- und Umzugs-
fahrzeuge, Feuerwehr) als Überlauf benutzt werden. Die privaten PKW queren somit nicht (oder nur in Notfällen) das Wohngebiet.
Für jede Wohnung der Gartenhöfe wird 1 Stellplatz in einer Tiefgarage (Klein-/ Mittelgaragen) unter den Plateaus nachgewiesen. Die ebenerdigen Zufahrten benötigen keine Rampen und sind damit für viele Personen angstfrei. Die Garagen können natürlich belichtet und belüftet werden. Sie bieten direkten barrierefreien Zugang zu den Wohnungen über Treppenhäuser und Lifte. Besucherstellplätze befinden sich in Parkbuchten an den Straßen, Stellplätze für Car-Sharing sowie Ladestationen für e-bikes und e-cars neben den TG-Zufahrten an den Stichstraßen. Weitere Stellplätze sind den Bestandsbauten zugeordnet.
Die Radwege am Seilerweg werden beidseits ausgebaut (hier wird auf Parkbuchten verzichtet). Sie bieten eine Verbindung von Altstadt und Bahnhof über das neue Quartier zum Klinikum. Um Störungen zu vermeiden, wird die Bushaltestelle nach Süden verlegt, wo eine großzügige Haltebucht angeboten werden kann.

Fußgänger haben im Innenbereich des Quartiers Vorrang – insbesondere im zentralen Grünzug, der mit einer leichten Steigung von ca. 6% von der Bahnhof- zur Friedrich Ebert-Straße führt. Sie können zahlreiche Wegebeziehungen und Vernetzungen von vielfältiger,
abwechslungsreicher Ausprägung benutzen: direkte, kurze Wege am Hang oder auf ebener Fläche, über Rampen und Treppen, im öffentlichen oder halböffentlichen Bereich. Die Attraktivität der Quartiersmitte soll die „Bewegungslust“ der Bewohner aktivieren und den Verzicht auf die Benutzung des eigenen PKW erleichtern. Dazu soll auch die Verknüpfung mit vorhandenen Wegen der Randbebauung beitragen.

Grün- und Freiflächen
Das Quartier bietet Wohnen im Grünen mit privaten, halböffentlichen bzw. gemeinschaft- lichen und öffentlichen Freiflächen. Die Quartiersmitte bildet ein langgezogener „Westentaschenpark“ mit einer rein fußläufigen Spiel- und Wegeachse, die eine Breite von 12-18m nicht übersteigt und somit auch nachts (mit entsprechender Beleuchtung) als sicherer Ort wahrgenommen werden kann. Er ist gegliedert durch kleine Aussichts-Terrassen mit Sitzgelegenheiten unter Pergolen als Ruhe- und Aufenthaltszonen, die von Norden her ebenerdig und von Süden über Treppen und Rampen zu erreichen sind. Es ergibt sich so ein Wechsel von oben und unten, von niveaugleich (für Boule-Bahnen) und geneigt, von Ruhe und Bewegung...
Ein Kinderspielplatz (Abenteuerspielplatz) wird im westlichen Grünzug dem Kindergarten zugeordnet. Die öffentlichen „Terassen“ sind mit den Gemeinschaftsbereichen der Wohnhöfe verknüpft. Sie sollen zum informellen Treffpunkt und Kommunikationsort im Quartier werden. Der Auftaktsplatz in der Fortsetzung des Clausgrabens hat durch Café und Gaststätte mit Freisitzen einen anderen, öffentlicheren Charakter. Er steht in Verbindung mit dem anschließenden „Wever-Hof“.
In den Wohnhöfen werden den privaten Wohnbereichen Terrassen zugeordnet, die vom halböffentlichen Gemeinschaftsbereich abgegrenzt sind. Diese sind für Spiel- und Aufenthaltszonen differenziert gestaltet.
Auch die Freiflächen des Kindergartens sind in Spiel- und Gartenzonen gegliedert. Sie bieten Zugang zu dem bestehenden Obstgarten an der Kirche und dem anschließenden Abenteuer spielplatz, der auch den anderen Bewohnern zugänglich sein sollte.
Die Freiflächen zwischen den Gebäuden sind weitgehend begrünt. Vorhandene Großbäume auf dem Baugrundstück sind in das Freiflächenkonzept eingebunden und bleiben erhalten. Sie werden mit einheimischen Laub- und Obstbäumen ergänzt. Die Wege sind als gepflasterte Oberflächen angelegt.

Energieversorgung, Energieeinsparung
Kern der Wärmegewinnung ist ein mit Biogas betriebenes Blockheizkraftwerk (BHKW) mit Spitzenlastkessel, alternativ eine Holzpellets-Heizanlage im Untergeschoß, unter den Terrassen in der Parkebene. Das gesamte neue Quartier wird mit Wärme zur Beheizung und Warmwasserbereitung versorgt. Dieses Blockheizkraftwerk wird im Betrieb durch einen professionellen Partner im Contracting-Verfahren betrieben. Die Medienerschließung erfolgt unter den Fuß- und Fahrwegen zu den einzelnen Häusern.
Die Wärmedämmung aller Häuser erfolgt mindestens gemäß EnEV und den Anforderungen des KfW-Effizienzhaus 55- bzw Effizienzhaus 40-Standards. Für die Wegebeleuchtung wird moderne LED-Technik eingesetzt. Die Solitäre, Block-, Zeilen- und auch Reihenhausbauten erhalten die Möglichkeit Photovoltaikanlagen einzusetzen.
Zur Wärmerückgewinnung kann auch eine kontrollierte Wohnraumlüftung eingesetzt werden, ebenso eine Abwasserwärmetauscheranlage mit Wärmepumpen.

Regenwasser - Entwässerungskonzept
Extensiv begrünte Dächer auf den Geschoßwohnungsbauten und großflächig begrünte Höfe und Gärten verwerten anfallendes Regenwasser zu großen Teilen auf dem jeweiligen Grundstück. Die Solitäre- und Reihenhäuser erhalten unterirdische Zisternen zur Gartenbewässerung. Bei Starkregen überlaufende Restmengen werden zurückgehalten und verzögert in die Kanalisation eingeleitet. Ergänzend kann auch ein Entwässerungskonzept über Rigolen in den beiden Grünzügen vorgesehen werden, die das natürliche Gefälle benutzen – mit einem gut gestalteten Auffang-Wasserbecken.

Immissionsschutzrechtliches Konzept
Aktive Schallschutzmaßnahmen sind laut Ausschreibung nicht nötig. Das städtebauliche Konzept mit einer relativ geschlossenen Blockrandbebauung an den Straßenrändern erzeugt ruhige Innenhöfe auf der Lärmabgewandten Seite. An den Straßenfassaden sollen schall-gedämmte Fenster und Lüftungselemente sowie eine kontrollierte Wohnraumlüftung zum passiven Schallschutz beitragen. An Loggien und Terrassen können verschiebbare Verglasungen eingesetzt werden.

Innovationspotential „Smart city“, Ökologie, Ökonomie
Das städtebauliche Konzept berücksichtigt die vorhandenen bahnenartigen Grundstücks-zuschnitte. Die relativ kleinteiligen Hofbebauungen lassen zudem eine Realisierung in Bauabschnitten und eine schrittweise Überplanung zu.
Eine größere Zahl bestehender Bauten wird in das Konzept integriert, was Abbrüche auf das Notwendigste reduziert. Die Altbauten stellen einen Bezug zur industriellen Geschichte des Geländes her, sind also Elemente der Erinnerung.
Gleichzeitig verweisen die langgezogenen Grünzüge auf die landwirtschaftliche und gärtnerische Vorgeschichte des Bereiches vor den Toren der Stadt - eine von vielen vergessene Schicht - im Sinne eines „ Designs des Unsichtbaren “.
Die Berücksichtigung der Topografie, insbesondere bei der Anlage der Tiefgaragen / Parkdecks, führt zu wenig Aushub und zu einem kleinstmöglichen und damit wirtschaftlichen Eingriff. Die um Höfe gruppierten Bauten staffeln sich hangabwärts mit guter Besonnung und Blickbeziehung zur Altstadt.
Der große Anteil an Grün führt zu einer geringen Flächenversiegelung. Die verkehrsgünstige Erschließung des Grundstückes führt zu kurzen Wegen. Gleichzeitig wird auf eine großzügige Wegevernetzung mit Anbindung an die umliegenden Quartiere geachtet.
Durchgeplante Außenanlagen mit Baumpflanzungen und Plätzen sorgen für eine sehr gute Aufenthaltsqualität (Kommunikation) sowie für erhöhte Akzeptanz bei den Bewohnern und somit für große Nachhaltigkeit.
Das innovative Mobilitätskonzept, das von der Nähe zum Bahnhof und dem neuen Parkhaus am Schilde-Park profitiert, wird in den Kapiteln Nutzungskonzept und Erschließung behandelt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Qualität, Identität, Nachhaltigkeit
Die Verfasser entwickeln in Form von Terrassen ein städtisches Quartier unter sensiblem Gebrauch der topografischen Begebenheiten. Unaufgeregt und klar verständlich wird der Entwurf aus den vorhandenen historisch wichtigen Bestandteilen des Quartiers entwickelt. Die historische Achse vom Bahnhof auf das Wever-Areal wird identitätsstiftend aufgegriffen. In der Integration der kirchlichen Einrichtungen liegt die besondere Stärke der Arbeit, hier wird nicht „großstädtisch“ inszeniert, sondern in ausgewogenem Verhältnis eine Perspektive aufgezeigt.
Städtebauliche Struktur und Gestalt
Die fünf einzelnen Höfe garantieren eine abschnittsweise Realisierbarkeit. Die gewählte Baustruktur signalisiert die Realisierung unterschiedlicher Wohn- und Eigentumsformen.
Freiflächenkonzept
Der Topografie folgend organisieren sich die öffentlichen Grünflächen entlang zweier Achsen in NordSüd-Richtung hin zur Talaue der Geis, welche nicht durch Fahrerschließung oder ruhenden Verkehr, sondern durch gemeinschaftliche Freiflächennutzungen geprägt sind.
Funktionserfüllung
Plausibel ist durch die Aufteilung in fünf Kleinquartiere die bauliche Realisierung in Abschnitten, Realteilungen sind gewährleistet. Die städtebauliche Dichte ist dem Siedlungsentwicklungspotenzial entsprechend zurückhaltend gewählt, müsste aber bedarfsorientiert in wesentlichen Teilbereichen der inneren Blockstruktur überarbeitet werden zugunsten höherer Dichte. Die Erschließungskonzeption nebst dem ruhenden Verkehr unter minimiertem Eingriff in die Topografie folgt der Leitidee einer nachhaltigen Stadtentwicklung. Gleichwohl muss die Erschließung der Tiefgaragen überdacht werden, um Verkehr aus dem Quartier konsequent herauszuhalten. Der Entwurfsbeitrag zeigt einen ökonomischen Umgang mit den öffentlichen Verkehrsflächen zugunsten eines ausgewogenen Verhältnisses von öffentlichen und privaten Freiräumen.
Einbindung Umfeld
Sensibel entwickelt sich der Entwurf in sein städtebauliches Umfeld und bindet so das neue Quartier in den vorhandenen Kontext ein.
Immissionsschutz
Die Geländetopografie wird genutzt, um die Schallemissionen des tangierenden Verkehrs zu minimieren.
Smart City
Ein Ansatz zum Thema Smart City findet sich lediglich in der Platzierung einer Mobilitätsstation.
Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Entwurf einen ausgewogenen, dem Standort angemessenen und zugleich innovativen Wettbewerbsbeitrag darstellt. Der Teilbereich des Wochenmarktes als Gelenkfunktion sollte in der Bearbeitung weiter qualifiziert werden.