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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2019

Städtebauliche Entwicklung der "Halbinsel Kesselstraße" in Düsseldorf

2. Preis

Preisgeld: 24.000 EUR

New Architekten BDA

Architektur

KRAFT.RAUM.

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee GREEN DOCKS
Das Bebauungskonzept bezieht sich auf die beiden wesentlichen Charakteristika des Standorts an der Kesselstraße: die Freiraumqualität einer umlaufenden Wasserkante der Halbinsel, sowie die Typologie der Hafenbauten gegeben durch die Historie des Ortes. Dichte und Körnung ehemaliger Speichergebäude aufnehmend, konzentriert der städtebauliche Entwurf die Baumasse entlang des Hafenbeckens B und schafft Platz für den Island-Park, eine grüne Halbinsel mitten im Herzen des Medienhafens.

Städtebau
Dem Areal Kesselstraße wird die Funktion des Bindeglieds zwischen altem Industrie- und neuem Medienhafen zuteil, sowohl funktional als auch räumlich. An der Schnittstelle beider, zwischen West und Ost, positioniert sich ein länglicher Riegel analog zu der eingangs erwähnten Referenz der Speicherhäuser. Mit ihm erhält das Areal einen Teil seiner Identität sowie sein neues Gesicht. Er bedient die prominente Lage an der Wasserkante, schirmt dabei gleichzeitig das restliche Areal von Lärmemission ab. An jeweils beiden seiner Enden werden Hochpunkte als städtebauliche Marker ausgebildet. Das stabile Heck am Kopf des Hafenbeckens im Süden, gepaart mit dem schneidigen Bug im Norden als Auftakt zum Island-Park.
Die Tiefe der Baufelder lässt Höfe im Inneren des Speicherriegels mit allen Optionen von privater bis hin zu öffentlicher Nutzung entstehen. Einschnitte und Durchwegungen greifen diese Idee auf und binden die Liegeplätze der Hotelschiffe an das Areal an. Komplettiert wird die Bebauungstruktur durch Pavillonbauten, als belebende Folies frei im Park verteilt. Deren Herzstück bildet der Ruderclub in neuem Gewand an altbekannter Stelle. Café-Rondell und Hafenbüdchen stehen stellvertretend für das gastronomische Angebot, temporäre Festivalbauten fügen sich nahtlos ein und schaffen abwechslungsreichen Charakter.

Nutzung
Die großzügige Dimensionierung der Baufelder ermöglicht jegliches Spektrum gewerblicher Nutzung. Die Varianz reicht von dreiseitig umschlossenen Höfen, über Passagen hin zu vollflächiger Erdgeschossnutzung mit privatem Hof in den Obergeschossen. Es entsteht eine dichte, heterogene und somit urbane Struktur. Eine kleinteilige Parzellierung, in der jeweils zwei benachbarte Parzellen einen Hof ausbilden, bewahrt die Option kleinerer Entwicklungseinheiten ohne die Großzügigkeit des Hofzuschnitts preiszugeben. Die entstehenden C-förmigen Baukörper adressieren zum Boulevard und ermöglichen gleichzeitig die Tiefgarageneinfahrt an der Uferstraße.
Hochpunkte und Torhäuser setzen durch ihre unterschiedliche Situierung städtebauliche Anreize für spezifische Nutzungen und vermeiden eine Uniformität der Gebäudeblöcke. Öffentliche Höfe locken mit kulinarischem Angebot und Pop-Up Boutiquen, private Atrien werden Foyer und Begegnungsort der neuen Start-Up Giganten.

Freiraum
Der neue Island Park bildet die grüne Lunge des Medienhafens und setzt sich mit seiner organischen, an das Astwerk eines Baumes angelehnten, Formensprache von der überwiegend präzisen Gestaltung des Medienhafens ab. Im Sinne eines vielschichtigen Freizeitangebots für jung und alt, groß und klein, schafft er eine ineinander übergehende Zonierung mit unterschiedlichen Freiraumqualitäten. Im nordwestlichen Teil der Inselspitze bietet eine grüne Parklandschaft die Möglichkeit zur Entschleunigung. Sanft terrassierte Grünflächen mit integrierten Sitzlandschaften laden zum Schlendern und Verweilen ein, und bieten dabei Ausblick über den Rhein sowie in den Medienhafen. Ein Bistro Pavillon versorgt mit Snacks und kühlen Getränken.
An seiner beheimateten Stelle gelegen, definiert der Ruderclub den Übergang zum Hafenbecken A. Dessen durch das Rudern geprägte sportliche Nutzung wird aufgegriffen und in eine Aktivitätszone bis hin zum Trivago Komplex erweitert. Hier sind Beachvolleyballfelder ebenso denkbar wie ein Basketballkorb oder eine Fitnesslandschaft. Die Ufervegetation wird eingebunden und durch Sitzstufen ergänzt, wodurch das Areal insgesamt stärker ans Wasser rückt.
Als dezente Aufweitung bildet sich zwischen den beiden Hochpunkten gelegen ein zentraler Platz aus. Er definiert das Ende des Boulevards Kesselstraße und bietet Raum für temporäre Veranstaltungen wie ein Open Air Kino oder das Hafenfest.
Ein Steg mit hölzernem Deck ersetzt das aktuelle Provisorium und ermöglicht allen Besuchern den Gang auf dem Wasser. Ergänzt wird er um mehrere Zuwege sowie ein Flussbad, um schlussendlich auch eine Abkühlung im Rhein zu finden.

Erschließung
Für das neue Areal Kesselstraße wird eine deutliche Reduzierung der rein monofunktional genutzten Erschließungsfläche angestrebt. Motorisierter Individualverkehr soll möglich sein, jedoch ohne die bis dato prägende Wirkung für den Außenraum. Stattdessen kommt ein Shared Space Konzept zum Tragen.
Die MIV Haupterschließung übernimmt entsprechend die Uferstraße auf der lärmzugewandten Westseite. Sie führt entlang der Uferbefestigung hin zur Spitze des Areals und bindet das Vorhaben Pier One ans Festland an. Gestaffelte Wendepunkte in unterschiedlicher Ausführung bieten dem Liefer- und Versorgungsverkehr kurze Wege und ausreichend Bewegungsfläche. Über einseitige Parallelparkbuchten werden Besucherstellplätze angeboten.
Im Gegenzug wird die Kesselstraße als Boulevard für Fuss-, Rad- und Scooterverkehr angelegt. Lediglich im Hochwasserfall dient sie dem motorisierten Verkehr als Noterschließung. Befestigte Flächen mit befahrbaren Belägen garantieren den eingeschränkten Anlieger- und Lieferverkehr sowie den Zugang für die Feuerwehr, und sind ansonsten als Aufenthaltsflächen nutzbar.
Über Tiefgaragen unterhalb der Baufelder wird der Bedarf an privaten Stellplätzen gedeckt. Die Größe der Baufelder ermöglicht dabei eine besonders effektive Ausnutzung. Bei geringfügiger Minderung des Stellplatznachweises sind zwei Ebenen bereits ausreichend. Ihre Ein- und Ausfahrten werden entlang der Uferstraße angeordnet. Aufgrund ihres abgesenkten Niveaus lassen sich diese ohne wesentliche Beeinträchtigung für Fassade und Hof realisieren. Eine in Reihe geschaltete Notausfahrt mit Anbindung an die Kesselstraße gewährleistet die Funktionalität über den Hochwasserfall hinaus. Öffentliches Parken wird neben den Kurzzeitparkern entlang der Uferstraße im westlichen Teil des Plangebiets angeboten. Als Stellplatzfläche für Langzeitparker wird aktuell eine Pufferzone zum Industriehafen, und auf lange Sicht eine Option zur weiteren Bebauung geschaffen.
Die Gleisschleife wird zugunsten einer Anbindung der Weizenmühlenstraße verlängert um eine höhere Effektivität des öffentlichen Personennahverkehrs zu erreichen. Zugleich ermöglicht der Rückbau der Gleisschliefe einen neuen ÖPNV Knotenpunkt, angebunden an die bestehende Straßenbahnhaltestelle. Sie wird zum E-Mobility und Sharing Standort ausgebaut und stellt neben den einzelnen Ladeflächen auch ein Mietangebot an Scootern, Fahrrädern und Autos zur Verfügung.

Baustufen
Über die Realteilung der Baufelder ergibt sich eine große Varianz in der Blockgestaltung. Ebenso entsteht dadurch, neben finanzstarken, etablierten Entwicklern und Firmen, auch die Option auf kleinere Akteure.
Die Rahmenplanung der Tiefgarage sollte im Sinne der Effizienz im Vorfeld verbindlich festgelegt werden. Dies betrifft im Wesentlichen die gemeinsame Durchwegung der Notausfahrt, die Realteilung der Baufelder bleibt davon uneingeschränkt.
In Anbetracht der bisherigen Entwicklung scheint der Ausbau der Straßenbahnlinie zur besseren Anbindung der Weizenmühlenstraße am ehesten zukünftigen Potenzialen gerecht zu werden. Alternativ, bei bestehenbleibender Nutzung der Gleisschleife, ergibt sich die Möglichkeit, die gleiche Baumasse in einem weiteren Hochpunkt unterzubringen. Gelegen an der Haupteinfahrt markiert dieser dann den Auftakt des Areals Kesselstraße.

Beurteilung durch das Preisgericht

Besondere Kennzeichen des Entwurfes sind seine städtebauliche Klarheit und der konsequente Verzicht auf eine Vielzahl von Höhenpunkten. Eine weitgehend ge-schlossene Blockbebauung mit durchgehend fünf bis sechs Geschossen wird lediglich vor Kopf des Hafenbeckens und am nördlichen Ende mit jeweils 16 geschossigen Hochhäusern akzentuiert. Damit entsteht einerseits ein klarer Abschluss des Medien-hafens und anderseits ein städtebaulich und baustrukturell angemessener Übergang zum Industriehafen. Die Anordnung der wenigen Hochpunkte führt nicht zu einer Konkurrenz zum Trivago-Hochhaus, sondern belässt ihm seine solitäre Wirkung. Die architektonischen Anleihen zur Speicherstadt und dem Kontorhausviertel sind nach-vollziehbar. Die Prägnanz dieses städtebaulichen Vorbildes wird allerdings durch die Idee, sie zu einer geschlossenen Bebauung zu konzentrieren, falsch interpretiert. Eine angemessene Durchlässigkeit zum Wasser fehlt. Durch die Konzentration der Bau-masse ergibt sich ein großer unbebauter Raum an der Spitze der Halbinsel, der aller-dings durch seine konkrete Ausgestaltung an Großzügigkeit einbüßt, man wünschte sich auch hier als Pendant zur Architektur mehr Ruhe und weniger Fragmentierung im Zusammenwirken mit dem Städtebau. In diesem Freiraum sind die Bootshalle und das Schwimmbad gut positioniert, wobei das Schwimmbad in einem Nutzungskonflikt zur nahen Bootshalle steht. Die dem Industriehafen zugewandte Promenade hat zu wenig gestalterische Zuwendung erfahren. Dies ist auch der Tatsache geschuldet, dass die Uferstraße die Haupterschließungsstraße ist, von der auch sämtliche Tiefga-ragen erschlossen werden; dadurch erfährt dieser Raum ein Schattendasein. Es ist zwar aufgezeigt, wie eine Realteilung funktionieren könnte, sie hat jedoch in der mo-mentanen Planungsphase keine große Plausibilität. Der Nachweis der Nutzungsviel-falt ist hingegen gut nachvollziehbar. Der Vorschlag zur Materialität ist überzeugend und bietet genügend Raum für Kreativität. An der Schnittstelle Holzstraße zur Ufer-straße erscheint die Wegeführung zu versetzt, mit zwei Anschlüssen verkehrstech-nisch problematisch und der Parkplatz als Verlegenheitslösung. Der Erhalt der Wen-deschleife ist möglich, aber nicht dargestellt und eine optionale Verlängerung nicht dargestellt.