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Offener Wettbewerb | 05/2019

Erweiterungsneubau Kreishaus Nordfriesland in Husum

Visualisierung Marktstraße Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Visualisierung Marktstraße Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

1. Preis

Preisgeld: 27.000 EUR

Winking · Froh Architekten

Architektur

Frank Kiessling landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Leitidee

Die Zusammenführung der unterschiedlichen Bauabschnitte des Kreishauses zu einem großen Ganzen ist Thema des Entwurfs. Gleichwohl sollen die unterschiedlichen Bauphasen lesbar und erlebbar bleiben.

Um die Volumetrie des Rundbaus nicht durch ein Brückenbauwerk zu stören, erfolgt die Anknüpfung des Neubaus konsequent im Bereich des bestehenden Erschließungskerns in Form eines aufgeständerten Gebäudeflügels mit Büronutzung. Die Brücke bildet eine klare Raumkante am neuen Campus. Sie schließt an einen viergeschossigen Neubau an. Alle Obergeschosse erhalten so eine direkte Anbindung an den Bestand.

Städtebauliche Einbindung, Erschließung

Der Erweiterungsbau orientiert sich an den wesentlichen städtebaulichen Vorgaben der Rahmenplanung. Platzkante und Brückenflügel erhalten jedoch einen größeren Abstand zum Rundbau, um die Belichtung der vorhandenen Räume nicht einzuschränken. Zum südlich gelegenen Pflegewohnheim sorgt ein breiter grüner Saum für ausreichend Distanz.

Durch eine skulpturale Akzentuierung des Gebäudekopfes an der Marktstraße werden die Sichtbezüge zum denkmalgeschützten Wasserturm und die Ausrichtung der Pflegewohnanlage aufgegriffen. Gleichzeitig staffelt sich der Neubau so optisch zu einer Dreigeschossigkeit, um auf die niedrige umliegende Bebauung und die Höhe des Kreissaales einzugehen.

Gebäudeeinschnitte im Bereich des Haupteingangs und am Campus stärken das formale Konzept und reagieren auf die Wegebeziehungen am Vorplatz und Campus. Es setzt sich fort in das Innere des Hauses. Der Haupteingang führt vom Eingangsplatz in eine Treppenhalle mit offenen einläufigen Treppen und Galerien als Wartezonen. Die Wartezonen können durch Glaswände auch als abschließbare Bereiche erstellt werden.

Raumkonzept

Das Erdgeschoss umfasst das Gesundheitsamt. Es erhält wie gewünscht einen baulichen Abschluss zur Treppenhalle und den anderen Abteilungen. Im 1. Obergeschoss befinden sich im Kopfbau weitere Räume des Gesundheitsamtes. Das Sozialzentrum erhält im 1. OG im Bereich der Treppenhalle seine Hauptwartezone mit Anmeldung. Es erstreckt sich bis in das 2.OG. Im 2. und 3. OG ist die Abteilung Arbeit und Soziales untergebracht. Die beiden großen Besprechungsräume in Kombination mit einem kleinen Besprechungsraum gruppieren sich im Kopfbau mit großzügigen Flurzonen als Foyer. Sie erhalten eine begehbare Terrasse mit Blick Richtung Nordsee.

Konstruktion, TGA

Das gesamte Gebäude wird schwerspeichernd als Stahlbetonskelettbau unter weitgehender Verwendung von Fertigteilen mit Flachdecken ausgeführt. Die Stützweiten wurden aufgrund der im Bestand bestehenden Geschosshöhen zugunsten flacher Deckenhöhen auf ein Minimum reduziert. Über deckengleiche Unterzüge im Verbund mit der Geschossdecke werden die Lasten im stützenfreien Bereich der Besprechungsräume in Stahlvollprofile an die Fassade geführt. Die Gebäudeaussteifung erfolgt über die Kerne und Brandwände.

Die Anlagen der Technischen Gebäudeausrüstung sind auf die Erfüllung der EnEV, die Nachhaltigkeitsziele nach BNB Gold und die architektonischen und nutzerspezifischen Low-Tech-Anforderungen ausgerichtet.

Der Bau besticht durch eine hohe Kompaktheit, wodurch die Außenflächen reduziert und der Energiebedarf minimiert wird. Der Fensterflächenanteil liegt bei unter 50%. Die eingesetzten Baumaterialien bieten durch ihre Speicherfähigkeit positive Voraussetzungen für eine Abpufferung kurzzeitig auftretender Wärme- und Kältelasten. Zusätzlich dient die Treppenhalle als Pufferzone. Über den Obergarden und Zuluftöffnungen im Bereich des Haupteingangs erfolgt in den Sommermonaten eine natürliche Nachtauskühlung der
Gebäudemasse. Hinzu kommt ein hocheffizienter windgeschützter Sonnenschutz innerhalb der Fenster.

Das Energieversorgungskonzept sieht die Versorgung, soweit vorhanden, über die bestehenden Medien vor. Die Elektroenergie wird vom Energieversorger bezogen. Das Gebäude erhält eine unterstützende kontrollierte Be- und Entlüftung der innenliegenden Nutzflächen. Die natürliche Belüftung erfolgt über die öffenbaren Fenster. Alle Lüftungsanlagen werden mit einer Energierückgewinnung ausgestattet.

Form, Farbe, Material, Nachhaltigkeit

Aus der konsequenten Umsetzung des Ausbaurasters (1,375 Meter) und eines wirtschaftlichen Konstruktionsrasters wurde für die Büronutzung eine vertikal gegliederte geschosshohe Lochfassade mit massiven Fensterbrüstungen entwickelt.

Das Material- und Farbkonzept des Erweiterungsbaus orientiert sich sowohl an den Ziegelbauten der Umgebung, den hellen Putzfassaden des Pflegeheims und den bedruckten Glasfassaden des sanierten Kreishauses. Es führt sie zusammen, ohne auf eine Lesbarkeit und Eigenständigkeit zu verzichten.

Das Fassadenmaterial ist eine Vormauerschale aus grauen geschlämmten Ziegeln. In Analogie zu den geplanten Glasfassaden des Bestandes erhalten die Fensterbrüstungen bedruckte Glaspaneele in Muscheloptik. Die Umwehrungen sind wie die Schiebeläden des Altbaus in Streckgitter geplant.

Die Fenster sind als Holzverbundfenster mit anthrazitfarbener Deckschale und zwischengeführtem Lamellenraffstores für Sonnen- und Blendschutz geplant.

Brandschutz

Das Gebäude gliedert sich in drei Brandabschnitte mit entsprechenden Nutzungseinheiten. Neben dem vorhandenen Treppenhaus des Altbaus sind zwei notwendige innenliegende Treppenhäuser geplant. Die Rettungswege im Bereich der offenen Treppenhalle führen als Bypass durch die benachbarten Büroräume. Die Treppe der Halle ist als offene nicht notwendige Treppe geplant. Die Entrauchung der Halle erfolgt über Öffnungen im Obergarden des Glasdachs. Für die Herstellung des direkten Ausgangs ins Freie ist im Erdgeschoss ein Brandschutzvorhang geplant.

Freianlagen

Der steinerne Vorplatz des Kreishauses wird an den Neubau und das Brückenbauwerk geführt. Der Campus ist ein kleiner Park mit einem zentralen Platz. Ihn durchzieht ein Wegenetz das die unterschiedlichen Eingänge auf kürzestem Wege miteinander verbindet. Die Hauptwegeachse führt nach Süden zum Schloßpark und weiter in die Innenstadt.

Unter dem Brückenbau und an der rückwärtigen Zufahrt befinden sich wettergeschützte eingangsnahe Fahrradstellplätze. Die Zufahrt zum Kreishaus für Fahrzeuge erfolgt von Osten getrennt von der Erschließung für Fußgänger und Radfahrer. So bleibt der grüne Campus autofrei.

Für die Wege wird ein oberflächenbehandeltes, ebenes und nachhaltiges Naturkleinsteinpflaster analog dem vorhandenen Pflaster in Passe-Verband vorgeschlagen. Die netzartige Struktur dieser Natursteinpflasterung ergibt eine lebendige Oberfläche.
Durch die ungebundene Verlegeweise ist die Pflasterung ein wasserdurchlässiges System, so dass eineteilweise Fugenversickerung stattfinden kann.
Der zentrale Plätz erhält eine wassergebundene Wegedecke als Belag.
Die Dächer der Gebäude werden extensiv begrünt und dienen der Regenwasserrückhaltung.

Die weitere Entwässerung findet über kombinierte Zisternen/Rigolen in Einzelbereichen in der Nähe der Gebäude statt. Das dort gesammelte Wasser kann zur Bewässerung der Gärten genutzt werden. Regenwasser wird bevorzugt in die anschließenden Grünflächen versickert. Wo das nicht möglich ist, erfolgt die Entwässerung über Hofeinläufe und Rinnen.

An den jeweiligen linearen Erschließungen werden spezifische Blütenbäume als Bienenweiden und Ergänzung der vorhandenen Bäume gepflanzt. Die erhaltenswerten Bäume bleiben weitgehend unberührt.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit überrascht mit einem ungewöhnlichen städtebaulichen Konzept. Die Anbindung
an das Bestandsgebäude erfolgt nicht über Brücken zur Rotunde, sondern durch
einen 4-geschossigen, winkelförmigen Baukörper, der im Durchgangsbereich, im Erdgeschoss, geöffnet wird. Durch diesen Kunstgriff gelingt ein selbstverständliches Weiterbauendes bestehenden Kreishauses.
Die Anordnung der Fahrräder unter der Brücke ist allerdings nicht überzeugend.
Die Architektur des Neubaus ist einfach und gleichzeitig der Aufgaben und dem Ort
angemessen.

Der Haupteingang des Gebäudes ist gut ausgebildet. Allerdings erscheint der Eingangsbereich im Erdgeschoss etwas knapp dimensioniert. Der Empfang für das Sozialzentrum sollte auch im Eingangsbereich des Erdgeschosses angeordnet werden.
Grundsätzlich ist die zentrale Treppe jedoch ein feines und raffiniert gestaltetes architektonisches Element.
Energetisch weist die Arbeit keine Probleme auf und die Kennzahlen des Entwurfes,
hinsichtlich BGF und BRI, sind im wirtschaftlichen Bereich. Allerdings werden die Geschosshöhen als zu niedrig eingeschätzt. Die Nutzfläche weist einen Überhang von ca.
600 m² auf.
Insgesamt ist der Entwurf ein sehr interessanter und gelungener Beitrag, den man sich
an diesem Ort gut vorstellen kann.

Außenanlagen
Die Gebäudeplatzierung definiert Freiräume unterschiedlichen Charakters: westlich
erstreckt sich zwischen Alt- und Neubau bis an die Marktstraße ein steinerner Platz.
Vorschläge zur differenzierten Nutzung und Gestaltung der sehr großen befestigten
Platzfläche werden im Lageplan vermisst. Aufenthaltsmöglichkeiten sollten differen-
zierter herausgearbeitet werden. Der östlich der Gebäude liegende Campuspark setzt
die Grünverbindung aus Schlosspark und Stadtpark auf selbstverständliche Weise fort
und bindet die Gebäude gut an.
Um den räumlichen Zusammenhang zwischen Vorplatz und Campuspark zu stärken,
sollte auf Fahrradständer in der Passage verzichtet werden.
Lageplan

Lageplan

Lageplan Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Lageplan Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Ansicht West mit Bestand Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Ansicht West mit Bestand Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Grundriss Erdgeschoss Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Grundriss Erdgeschoss Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Schnitt A-A Erweiterungsneubau Kreishaus Husum

Schnitt A-A Erweiterungsneubau Kreishaus Husum