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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2019

„Wohnen über Einzelhandel" in Karlsruhe-Oberreut

Perspektive

Perspektive

Anerkennung

Preisgeld: 9.333 EUR

KFWM Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Hybrider Stadtbaustein für Wohnen und Einzelhandel in Karlsruhe-Oberreut

Greenbuilding für ein attraktives und ökologisch nachhaltiges Quartier
Der gemischt genutzte Neubau vereint als zentraler Bestandteil des Ortsteilzentrums an der Ecke Rudolf-Breitscheid-/ Otto-Wels-Straße die Funktionen „Wohnen“ und „Einzelhandel“ in einem identitätstiftenden, und kompakt angelegten urbanen Stadtbaustein.
Das plastisch durchgebildete Gebäude setzt an dem besonderen Ort innerhalb von Oberreut einen angemessenen selbstbewussten städtebaulichen Akzent und zeichnet sich gleichzeitig durch einen respektvollen Umgang mit den bestehenden städtebaulichen Strukturen aus den 1960er und 1970er Jahren aus.
Die Erscheinung der hochverdichteten Gebäudestruktur wird einerseits durch ein Patchwork aus unterschiedlich strukturierten Flächen (Recycling-Klinker in verschiedenen Rottönen) und andererseits durch eine setzkastenartig angelegte Fassadenstruktur (senkrechte Pfeiler und horizontal verlaufende Bänder) geprägt.
Das Gebäude treppt sich geschossweise von seinem Hochpunkt, dem 6.-geschossigen Ostflügel, im Gegenuhrzeigersinn über den Nord-, den West und den Südflügel bis auf das Niveau des begrünten Gartenhofs im 1.OG ab. Die Südfassade erhält durch die Abfolge der vier Geschossversprünge ihre charakteristische Ausprägung.
Die Dachfläche über dem Nahversorger (Gartenhof) ist als Begegnungsfläche mit Erschließungs- und Verteilfunktion für die Wohnnutzung vorgesehen. Den Wohnungen des Nordflügels sind privat nutzbare Gärten zugeordnet.
Die Dachflächen und der Gartenhof sind naturnah und bienenfreundlich begrünt.
Der Neubau orientiert sich an den Leitgedanken der Nachhaltigkeit. Er zeichnet sich durch eine Ressourceeffizienz in den Bereichen Energie, Wasser und Material aus, um schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit und die Umwelt zu reduzieren. Dabei sollen alle Phasen des Gebäude-Lebenszyklus von der Projektentwicklung, der Planung und der Konstruktion über den Betrieb, die Wartung und die Demontage verfolgt werden.

Offenes Erschließungskonzept Wohnen (1.-5.OG)
Die beiden den Treppenhäusern zugeordneten überdachten Hauseingänge befinden sich mit den entsprechenden Briefkastenanlagen auf der Nord- und Ostseite des Gebäudes. Die gewählte Anordnung der Treppenhäuser zielt darauf ab, dass die darunterliegende Verkaufsfläche des Nahversorgers nicht perforiert wird.
Die Erschließung der Wohnnutzung im 1.-5- OG ist sparsam und gleichzeitig multifunktional angelegt: Die Vertikalerschließung erfolgt über lediglich zwei offene, mit entsprechenden Personenaufzügen ausgestattete Treppenhäuser, die über einen ebenfalls offenen und geschossweise umlaufenden Laubengang kurzgeschlossen werden.
Der Gartenhof über dem Nahversorger dient als Begegnungsfläche mit Erschließungs- und Verteilfunktion für die ab dem 1.OG beginnende Wohnnutzung. Die entsprechenden Außenräume des Gartenhofs gliedern sich in private und gemeinschaftliche Bereiche.
Durch den abgetreppten Einschnitt in die Kubatur des südlichen Gebäudeflügels öffnet sich der über dem EG befindliche Gartenhof partiell zur Stadt hin. Der Einschnitt sorgt außerdem dafür, dass das Sonnenlicht im Tagesverlauf bis tief in den Gartenhof hineingelangt.
Auf jeder der abgestuften Gemeinschaftsterrassen des Südflügels mündet geschossweise jeweils einer der offenen Laubengänge. Die Gemeinschaftsterrassen sind wiederum durch Freitreppen miteinander verbunden. Über eine auskragende Freitreppe wird man fußläufig von dem über dem EG befindlichen Gartenhof in Richtung der öffentlichen Grünanlage geführt.

Wohnnutzung
Innovative Planungsansätze werden im Hinblick auf die Wohnungstypologien, die Nachhaltigkeit/Ökologie, die Kosten- und die Energieeffizienz verfolgt. Die Durchmischung der Mieterstruktur ist dabei bedarfsgerecht, sozialstrukturell und generationenübergreifend angelegt. Der Neubau stellt bezahlbaren Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zur Verfügung.
Im Zusammenhang mit der Konzeption der Wohnanlage wurde ein angemessenes Verhältnis gesucht zwischen Privatheit, Hausgemeinschaft und Öffentlichkeit
Es entstehen offene, lichtdurchflutete und vorwiegend durchbindende Wohnungen mit einer Wohnorientierung nach Süden, Osten und Westen und entsprechend angeordneten Freibereichen.
Die verschiedenen Wohnungstypen/-größen sind geschossweise durchmischt
Insgesamt entstehen 64 Wohnungen mit 1-5 Zimmern und Wohnflächen zwischen 45 und 105 qm.
Das gewünschte Wohnungsgemenge (19 x 1-Zi-WE, 14 x 2-Zi-WE, 10 x 3-Zi-WE, 16 x 4-Zi-WE, 5 x 5-Zi-We) wird zur Verfügung gestellt Für das im Verbund mit der Nachbarschaft angelegte Bielefelder Modell sind demnach genügend 1-Zi- und 2-Zi-Wohnungen vorgesehen
Alle Wohnungen verfügen über einen Garten bzw. über eine 5-6qm große Loggia
Innerhalb der Wohnungstypologien sind Flächendifferenzierungen vorhanden: So gibt es z.B. sowohl sparsam kompakte als auch großzügige 3-Zi-WE.
Alle Wohnungen sind barrierefrei erreichbar. Die Anforderungen der LBO an die Barrierefreiheit werden erfüllt. Der größte Teil der Wohneinheiten ist von vornherein für altengerechtes Wohnen vorbereitet (Ready-Konzept). Jede Wohnung ist über einen Aufzug, sowohl vom Hauseingang als auch von der TG aus barrierefrei erschlossen.
Die Kochbereiche sind optional offen oder geschlossen konzipiert.
Die Bäder sind zum größten Teil natürlich belichtet.
Ab der Größe einer 3-Zi-WE verfügen die Wohnungen über ein zusätzliches Gäste-WC ab der Größe einer 4-Zi-WE über ein Duschbad.
Abstellräume für Kinderwagen, Rollatoren und Rollstühle sind in ausreichender Zahl vorhanden.
Jede Wohnung verfügt im UG über einen 6 qm großen Abstellraum
Alle Wohnungen sind nach den Richtlinien des Landeswohnraum-Förderungsgesetzes. förderfähig

SB-Markt / Nahversorger
Der Kundeneingang wird durch das auskragenden Obergeschoss großzügig überdacht und befindet sich auf der Ostseite des Gebäudes.
Die Kunden-Parkebene ist mit 20 PKW-Stellplätzen auf der Nordseite ins Erdgeschoss integriert und von hier aus von der Straße her erschlossen. Der Bereich ist natürlich belichtet und aus Lärmschutzgründen geschlossen angelegt, d.h. nur im Bereich der Ein-und Ausfahrt offen.
Im Übergangsbereich von der Parkebene zum überdachten Eingangsvorbereich sind funktionsgerecht die Einkaufswagen angeordnet.
Die Warenanlieferung befindet sich ebenfalls auf der Nordseite des Gebäudes. Sie ist aus Lärmschutzgründen ebenfalls komplett abschließbar auf der Nordseite ins Erdgeschoss integriert.
Die gewünschte Verkaufsfläche ist 800 qm groß und flexibel einteilbar.

Innenhof, Begrünung
Das aus vier ungleichen Schenkeln bestehende Gebäude erzeugt auf der Innenseite einen ruhigen Gartenhof,
Hier sind qualitätvolle Freiräume mit privaten und hausgemeinschaftlichen Nutzungen vorgesehen. Sie werden durch ein gemeinsames Gestaltungskonzept mit verschiedenen Baumsorten und Stauden-Gräser-Pflanzungen, durch mit Steinbelägen versehene Geh- und Aufenthaltsflächen und durch ein Mobiliar aus Massivholz definiert
Die privaten Gärten sind zum Gartenhof hin abgeschirmt.
Die Kinderspielfläche ist in die Struktur des Hofes integriert
Für die Dachflächen wird eine intensive Bepflanzung vorgesehen. Dabei werden nektarspendende bienengerechte Sortenmischungen vorgezogen und auf eine Pflanzzusammenstellung geachtet, welche das Spektrum von früh- bis spätblühend abdecken und so auch das ganze Jahr über ein attraktives Erscheinungsbild abgeben.

Parkierungskonzept PKW, Fahrräder, Müll
In der natürlich belüfteten Tiefgarage ist im UG für jede Wohnung ein PKW-Stellplatz nachgewiesen. Insgesamt stehen 64 PKW-Stellplätze zur Verfügung (36 PKW-Stellplätze und 28 Doppelparker-PKW-Stellplätze).
Die erforderlichen Fahrradstellplätze für die Wohnnutzung sind im Untergeschoss nachgewiesen. Zur Bereitstellung der notwendigen Fahrrad-Abstellplätze ist jeweils ein Fahrrad-Abstellplatz pro WE in dem der WE zugeordneten Abstellraum vorgesehen.
Die entsprechenden Kunden-/Besucher-Fahrradstellplätze sind in die Außenanlagen integriert
Ein zentraler Müllbehälterraum ist im EG an der südwestlichen Ecke in die Kubatur des Gebäudes integriert.

Wirtschaftlichkeit, ökölogische Nachhaltigkeit, Energieeffizienz
Die offenen, unbeheizten Erschließungssysteme (Treppenhäuser Laubengänge) sorgen für eine Reduzierung des Heizvolumens.
Die Kompaktheit der Bauvolumen, die Stapelung weitgehend identischer Geschosse, die Minimierung der Anzahl an Treppenhäusern, Aufzügen und Haustechnik-Schächten ermöglichen ein wirtschaftliches Bauen.
Das Sichtmauerwerk aus Abbruch-Recycling-Klinkern (Patchwork) nutzt bestehende Graue Energie, altert würdevoll und schön und ist weitgehend wartungsfrei.
Die Umsetzung einer nachhaltigen Energieversorgung ist in Kombination mit dem vorhandenen Fernwärmeanschluss problemlos möglich.

Lärmschutz
Die geplante Kubatur schirmt den Innenhof von den Hauptlärmquellen (Straßenverkehr und Straßenbahn) ab und bildet somit einen aktiven Lärmschutz. Die zum Innenhof orientierten Aufenthaltsbereiche sind dadurch als ruhiger Freizeitbereich nutzbar. Bei den lärmzugewandten Fassaden an der Ost- und Südseite wird eine Schall-reduzierung durch temporär öffenbare verglaste Loggien erreicht. Wohnungen mit direkter Orientierung zur Lärmquelle erhalten entsprechende Schallschutzfenster. Sämtliche Wohnungen erhalten mechanische Lüftungen als Abluftsystem mit Luftnachströmung über schallgedämmte Außenluftdurchlässe in der Außenwand. Dies gewährleistet, auch bei geschlossenen Schallschutz-Fenstern, die Umsetzung des nach EnEV und DIN 1946-6 erforderlichen fensterunabhängigen Lüftungskonzepts.

Brandschutz
Für die Wohnnutzung sind die beiden notwendigen Rettungswege nach §12 AVO baulich, d.h. über zwei durch offene Laubengänge, miteinander verbundene offene Treppenhäuser nachgewiesen. Eine Verrauchung der Fluchtwege ist ausgeschlossen.
Für das 5.OG des Ostflügels ist der 2. Rettungsweg über das Dach und die anschließende Freitreppen-Kaskade nachgewiesen.
Eine Anleiterung über Steckleitern oder Drehleiterfahrzeuge ist demnach für das gesamte Gebäude im Brandfall nicht erforderlich.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser bilden den neuen Stadtbaustein als einen aufgebrochenen Blockrand plastisch und skulptural anmutend aus. Geschickt gelingt es so, nach Osten über dem zentralen Eingang des Nahversorgers eine städtebauliche Akzentuierung auszuformulieren und dem Gebäude an dieser Stelle eine Adresse zu verleihen.

Auffallend und gestaltprägend für das Gebäude ist die im Süden ausgebildete Zäsur und der davor positionierte Treppenaufgang. Über diesen wird ein repräsentativer Zugang in den Gartenhof über dem Nahversorger geschaffen. Der angebotene Kaskadenweg über die in ihrer Höhe gestaffelten Dachflächen wird vom Preisgericht positiv bewertet, lassen diese doch zusätzliche Angebote für die Bewohner und Qualitäten erwarten. Mit der vorgelagerten Sockelfreitreppe wird allerdings das Baufeld im EG überschritten.

Der Zugang zu den Wohnungen erfolgt über zwei Treppenräume die auf der Nord- und Westseite des Gebäudes positioniert sind. Die vorgeschlagenen Antrittssituationen im Erdgeschoss sind jedoch durchgängig jeweils zu knapp bemessen und tragen nicht zur Ausbildung einer angemessenen Adresse der Hausaufgänge bei. Die Erschließung der Wohnungen ist in den Geschossen konsequent und ausschließlich mittels Laubengängen organisiert, was im Preisgericht kontrovers diskutiert wird. Im Sinne der LBO ist zu überprüfen ob die ab dem 1. Obergeschoss offenen Treppenräume auch als notwendige Treppen hergestellt werden können.

Trotz der Laubengangerschließung gelingt es den Verfassern, sinnvoll orientierte und gut strukturierte Wohnungen auszubilden die ein qualitätsvolles Wohnen erwarten lassen.

Der Eingang zum Nahversorger befindet sich richtigerweise auf Ostseite des Gebäudes. Über den in der Gebäudekubatur zurückversetzten Eingangsbereich gelangen die Kunden vom Parkplatz gut und trockenen Fußes in die Verkaufsfläche.

Die Zufahrt der Kundenparkplätze sowie die Andienung erfolgt, nachvollziehbar angeordnet, von Norden. Die am Kopfende ausgewiesenen Stellplätze sind jedoch nicht gut anfahrbar. Die Andienung des Nahversorgers scheint beengt und sollte einer genaueren Überprüfung unterzogen werden.

Der vorgeschlagene Entwurf bietet etwas mehr Wohneinheiten als der Durchschnitt der Wettbewerbsarbeiten. Die Kennwerte zu Bruttogeschossfläche und Bruttorauminhalt im wirtschaftlichen Bereich.

Der Ausdruck des Gebäudes wird maßgeblich durch seine Plastiziät getragen und stellt einen starken konzeptionellen und urbanen Ansatz zu der gestellten Bauaufgabe dar. Die von den Verfassern vorgeschlagene Fassade aus recycelten Ziegeln erscheint ist jedoch möglicherweise zu fremd für diesen Ort.
Lageplan

Lageplan

Erdgeschoss

Erdgeschoss

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

4. Obergeschoss

4. Obergeschoss

5. Obergeschoss

5. Obergeschoss

Nutzungsschlüssel

Nutzungsschlüssel

Schnitt A-A

Schnitt A-A

Schnitt B-B

Schnitt B-B

Ansicht Nord

Ansicht Nord

Ansicht Ost

Ansicht Ost

Ansicht Süd

Ansicht Süd

Detailansicht und Fassadenschnitt

Detailansicht und Fassadenschnitt

Perspektive

Perspektive