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Einladungswettbewerb | 12/2019

Errichtung eines Gebäudekomplexes am Czernyring in Heidelberg

ap88 Architekten Partnerschaft mbB
Perspektive Nutzungsszenario 1

ap88 Architekten Partnerschaft mbB Perspektive Nutzungsszenario 1

1. Preis

Preisgeld: 45.000 EUR

ap88 Architekten Partnerschaft mbB Bellm / Löffel / Lubs / Trager Freie Architekten BDA

Architektur

Erläuterungstext

Städtebauliche Leitidee
Die unterhalb des Brückenniveaus liegenden Geschosse des Baufeld M2a bilden einen Sockel für 2 polygonale Gebäudekörper, die die Außenkanten des Baublocks besetzen.
Zwischen den beiden Gebäudekörpern entsteht ein gassenartiger öffentlicher Raum, der sich nach Westen zur Montpellierbrücke öffnet und nach Osten über ein Brückenbauwerk das Baufeld M2b erschließt.
Über die Erschließungsfunktion hinaus bewirkt die Gasse, dass das auf dem Baufeld M2b geplante Gebäude städtebaulich eingebunden ist und bis zur Montpellierbrücke Wirkung entfalten kann. Somit entsteht ein Gebäudeensemble aus 3 gleichwertig erscheinenden Gebäuden.

Architektonisches Konzept
Gemeinsam ist den Gebäuden auf beiden Baufeldern die Fassadengliederung in Form einer Schichtung von verputztem Sockel und einer durch Natursteinstreifen vertikal strukturierten Fassade darüber. Eine horizontale Glasfuge in Ebene 0 bei den Gebäuden auf dem Baufeld M2a unterstützt das Thema der Schichtung zusätzlich.
Durch die kräftige Vertikalstruktur der oberen Fassadenabschnitte werden die verschiedenen Nutzungen architektonisch in ein gestalterisches Gesamtkonzept integriert, ohne die funktionsbedingt unterschiedlichen Achsbreiten ignorieren zu müssen.

Erschließungskonzept
Von der Montpellierbrücke gelangt man aufgrund ihrer Neigung teils über Stufen, teils ebenerdig zur „Gasse“, dem zentralen Erschließungselement des Ensembles auf Ebene 0.
Auftakt der Gasse bildet eine platzartige Situation, die durch die hier vorgesehene Gastronomie Aufenthaltsqualität bietet.
Vis-à-vis befindet sich der Eingang zu den großflächigen Retailbereichen Decathlon und Mediamarkt, die von hier über Rolltreppen direkt erreichbar sind. Dieser Bereich stellt einen abgeschlossenen Erschließungsraum dar, der von der Ebene 0 bis in die Tiefgarage durchbindet und auch einen ebenerdigen Zugang von der bahnseitigen Erschließungsstraße bietet.
Die Zugänge von der Montpellierbrücke zu den Büros befinden sich jeweils an den Gebäudeecken.
Im weiteren Verlauf sind beidseits der Gasse die Eingänge der Ladeneinheiten zu finden, bevor man über eine Brücke zum Baufeld M2b gelangt.
Über eine Außentreppe erreicht man den ein Geschoss tiefer liegenden Innenhof des Gebäudes auf Baufeld M2b, wo sich die Eingänge zu den Wohnhäusern befinden. Der Innenhof hat an der südlichen Gebäudeecke einen weiteren barrierefreien Zugang zum Czernyring.

Retail
Die Gewerbeeinheiten orientieren sich explizit zur Gasse und sind mit einer großzügigen Raumhöhe geplant, die eine Galerieebene zulässt. Die Galerieebene ist wie die Ebene 0 rückwärtig jeweils an den Erschließungskern der Büros angeschlossen. Somit ist der 2. Rettungsweg gesichert und eine Anbindung an die Tiefgarage gegeben.
Die Retailbereiche Decathlon und Mediamarkt sind durch die Anordnung der Treppenhäuser an den Außenwänden des Gebäudes einfach und übersichtlich einzurichten. Aufgrund der Fluchtweglängen sind unterhalb der Ebene 0 zwei weitere Treppenräume notwendig, die auch der Evakuierung der Tiefgarage dienen.

Büro
Die Büroflächen sind über Erschließungsräume erschlossen, die so an den Außenkanten des Baublocks liegen, dass sie nur minimal in die darunter liegenden Gewerbeflächen hineinragen. Die Treppenräume sind als Sicherheitstreppenräume geplant, die den 1. Und 2. Rettungsweg darstellen.
Pro Gebäude und Geschoss ist eine Einteilung in bis zu 3 Mieteinheiten von ca. 300 bis 390 qm möglich. Die Mietbereiche sind auf einem Grundraster von 1,35 m frei aufteilbar.
Dort, wo die Gebäude zu tief wären, gewährleisten hofartige Gebäudeeinschnitte Licht und Luft und bieten den Büroeinheiten außerdem Freiflächen mit Aufenthaltsqualität.

Serviced Apartments / Wohnen
Die Serviced Apartments sind mit dem Wohnungsbau zu einem Block zusammengefasst, der einen Innenhof umschließt. Über ein Brückenbauwerk kommt man von der Gasse des Baufelds M2a zu einem Vorplatz, der in einem 2-geschossigen Durchgang liegt. Hier befindet sich der Eingang zu den Serviced Apartments. Die Lobby ist 3-geschossig mit durchgehendem Luftraum geplant, so dass man übersichtlich von der Ebene 0 sowie von Tiefhof und Garage einen barrierefreien Zugang hat.
Vom Innenhof erreicht man die jeweiligen Adressen der Wohnhäuser.

Ruhender Verkehr
Auf dem Baufeld M2a befindet sich eine 2-geschossige Tiefgarage, deren Zufahrt sich auf der den Bahngleisen zugewandten Seite befindet.
Die Retailbereiche Decathlon und Mediamarkt sind über Rolltreppen an die Tiefgarage angebunden, die Büroflächen zusammen mit den sonstigen Retailbereichen über eigene Treppenhäuser.
Das Gebäude auf dem Baufeld M2b erhält eine 2-geschossige Sockelgarage, die als Split-Level-System organisiert ist. Auf diese Weise kann die Neigung der Erschließungsstraße und die Tatsache, dass der Bodenaufbau im Hof für die Bepflanzung wesentlich größer ist, optimal genutzt werden. Darüber hinaus können die Rampen, weil kürzer, besser integriert werden.
Der nordöstliche Bereich der Garage ist den Gästen der Serviced Aparments vorbehalten, der Rest dem Wohnungsbau.
Die LKW-Andienung für die Retailbereiche Decathlon und Mediamarkt befindet sich auf der Nordostseite. Die Andienung der Retailflächen der Ebene 0 erfolgt ebenso von der Nordostseite über einen Lastenaufzug, der sich im Bereich der Rolltreppen befindet.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Idee, ein Ensemble aus zwei Einzelbaukörpern zu bilden, deren Fuge passagenhaft überleitet in den östlichen Baublock wird begrüßt, zumal er in Korngrösse und funktional den Block wohltuend gliedert. Auch die flächenhafte Anbindung dieses Niveaus an die Montpellierbrücke erscheint in diesem Zusammenhang überzeugend. Die gewählte Anbindung an den östlichen Block ist auch für eine seine Ausbildung als Riegel im ersten Bauabschnitt möglich.

Gut gelöst ist der Auftakt zu dieser Fuge mit dem platzartigen Vorbereich, der durch Zurücknahme des südlichen Baukörpers positiv entsteht, an der auch die Gastronomie an dieser Stelle richtig platziert ist.

Die Anordnung der Gewerbeflächen an der entstehenden Gasse ist gelöst, wenn auch die Konzeption mit Galerien und Lufträumen für diese Einheiten kontrovers diskutiert wird. Gut platziert erscheinen hingegen die Zugänge zu den beiden Hauptmietern auf die unteren Ebenen. Die einfache Auffindbarkeit der Bürozugänge an den beiden Seiten, - weg von dem Passageneingang - ist gut, wird jedoch in ihrer Ausbildung kritisch gesehen. Fraglich erscheint hier jedoch hauptsächlich die Nutzung der oberen Geschosse als Büros für die gewählte Gebäudetiefe.

Die Erschließung der Serviced Appartements ist gut gelöst. Unglücklich erscheint hier die rigide und lange Korridorerschließung, welche durchaus zu überarbeiten wäre. Zu überdenken wäre in diesem Zusammenhang auch die lochartige Perforierung dieses Bauteils mit dem Steg, dem mehr Raum oder auch die Fortsetzung der Fuge gut tun würde. Die spätere Erweiterbarkeit dieses Riegels durch die Wand ist grundrisslich ohne Probleme umsetzbar, wobei auch die Alleinstellung dieses Riegels eine stadträumlich gute Lösung darstellt.

Nachvollziehbar und übersichtlich angeordnet sind die Einfahrt der Tiefgarage sowie die Anlieferung der Gewerbeeinheiten von Norden; nicht realisierbar hingegen ist der auf dem Bahngrundstück nachgewiesene Zugang der Tiefgarage des östlichen Bauteils.

Die Einsparung der Verbindung der Bauteile bei dem alternativen Nutzungsszenario wird vom Preisgericht hinterfragt. Hingegen erscheinen die Umsetzung der Eingänge für die Wohnnutzung richtig platziert, wie auch der vorgeschlagene gut auffindbare Eingang der Hauptmieter direkt am Eingang. Die separate Erschließung der Büros im Osten wird nachvollzogen, weiterhin sieht das Preisgericht einen guten Ansatz in der Anordnung und Dimensionierung der drei Einzelwohnbaukörper im Ideenteil.

Die architektonische Klarheit bei der Umsetzung in die verglaste Hauptebene, den massiv ausgebildeten Sockelbereich und die darüber liegenden Fassaden der Büro- oder Wohnnutzung wirken angenehm und richtig proportioniert für diese Aufgabe und lassen eine angemessene Wirkung im Stadtbild erwarten. Die Synchronisierung über alle Bauteile hinweg erscheint richtig und nachvollziehbar.

Insgesamt handelt es sich um einen innovativen und gut durchgearbeiteten Beitrag mit hohem Entwicklungspotential.