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Einladungswettbewerb | 12/2019

Errichtung eines Gebäudekomplexes am Czernyring in Heidelberg

Anerkennung

Preisgeld: 8.000 EUR

D J H Architekten | Dietz Joppien Hammerschmidt GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Beide Baufelder zu einem homogenen Ganzen zusammenzuführen und als städtebaulich wirksame Gesamtfigur die Rolle des südöstlichen Brückenkopfs der Montpellierbrücke übernehmen zu lassen ist Leitidee des Konzeptes für das Gewerbezentrum am Czernyring.
Für die Nutzungsvarianten, Variante 1 - Retail, Büros, Serviced Apartments und Variante 2 - Retail, Büros, Serviced Apartments + Wohnen, soll diese Gesamtfigur in gleicher Konfiguartion und Qualität gelten. Die Baufelder 2a und 2b sind Schlüsselquartiere in der Gesamtentwicklung der Bahnstadt Heidelberg. Sie übernehmen neben der Formulierung des östlichen Entrées des Neuen Stadtquartiers eine entscheidende Rolle als raumbildendes Element innerhalb der städtische Raumfolge des Czernyrings.
In dieser zentralen Position stellt das Gewerbezentrum zugleich auch den Raumbezug zwischen den in der Höhe um 9,00 m versetzten städtebaulichen Ebenen, der Ebene Montpellierbrücke und der Ebene der geplanten Verbindung zum Hauptbahnhof (Max- Planck-Ring) auf der ehemaligen Gleisebene her.
Die Gebäudefigur stemmt sich einerseits kraftvoll gegen die Südseite der Montpellierbrücke, andererseits formuliert sie in einladender Geste den Zugang zu den Retailflächen in den Ebenen 0, -1 und -2, verbunden mit dem Auftakt zu einer Kaskade von Plätzen und Terrassen im Blockinnenbereich sowie zwischen Baufeld 2b und Ideenteil, die die Passanten elegant den immensen Höhenunterschied überwinden lässt und in einem Loop die Verbindung zwischen den Stadträumen einleitet. Die Überwindung der Höhe geschieht unmerklich und die geplante Wegeführung leitet die aus Richtung Bahnhof kommenden Passanten über die Kaskaden zum Czernyring.
Zugleich entsteht mit der von der Westseite in die Volumetrie des Blocks geführten Passage eine deutliche Formulierung des Hauptzugangs in den Retailbereich, sowie eine skulptural markante Ausprägung der für das Gesamtquartier städtebaulich bedeutenden Ecksituation.
Die exponierte Position an dieser Schnittstelle von „Verkehrstrassen“ und Bahnstadt ist eine Aufforderung an die Gebäudefigur, sich aus ihrer „Umklammerung“ zu befreien und alle Nutzer an den Qualitäten dieses besonderen Ortes bezüglich Aufenthaltsatmosphäre, Blick- und Außenraumbezügen teilhaben zu lassen.
Das Gebäudeensemble entwickelt sich aus einer zum Brückenkopf präzise geschnittener Blockstruktur, die sich, begleitet von linearen Baukörpern, in den Landschaftsraum öffnet. Der Ideenteil fügt sich hierbei schlüssig in die Konfiguration aus den Baukörpern und dem terrassierten Freiraum ein.
Unmittelbar vom Brückenkopf der Montpellierbrücke erfolgt der Zugang zu den Retailflächen im Erdgeschoß und über großzügige Rolltreppenanlagen, Treppen- und Aufzüge zu den Märkten in -1 und -2 Ebene. Die Einzelhandelsflächen gruppieren sich im EG um einen Innenhof, der sich über Treppen, Rampen und Terrassen mit einer Zwischenebene in -1 bis zur Ebene -2 entwickelt und hiermit weitere Gewerbenutzungen adressiert. Ausgehend von der Montpellierbrücke entwickelt sich damit eine städtische Raumfolge, die Brücke, Retailflächen und Freiräume über die unterschiedlichen Höhenniveaus zu einer schlüssigen Gesamtform verknüpft.
Parallel zu den Geschäftsflächen werden die Büroflächen über eine Lobby, die auch direkt zur Brückenebene orientiert, ist separat erschlossen. Die Serviced Apartments sind in beide Varianten in dem nach Nordost orientierten Flügel des Ensembles orientiert und werden direkt über den Innenhof erschlossen. Für die Variante 2 - Wohnen treten an die Stelle des südlichen Flügels des Bürobereiches die Apartments und profitieren von der Ausrichtung nach Süden. Über einen gegenüber der Variante Büro eingefügten zusätzlichen Treppenkern können zahlreiche der Wohnungen „durchwohnen“ und jeweils das Beste aus der Lage innerhalb des Gesamtensembles entwickeln.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Arbeit zeichnet sich dadurch aus, dass sie die Entreefunktion im Gesamtgefüge der Entwicklung der Bahnstadt und die exponierte Lage am Brückenkopf selbstbewusst mit einer homogenen Großform besetzt, welche in alle Richtungen reagibel auf das Umfeld einwirkt.

Das Bauteil A und das Bauteil B verschmelzen zu einer mäandrierenden Form und werden durch das Bauteil C so ergänzt, dass ein Fehlen oder ein späteres Hinzufügen des Bauteils C nicht als unvollendete Lücke wahrgenommen wird. Auch die programmatische Integration des überdachten Raumes unterhalb der Montpellierbrücke trägt zur positiven städtebaulichen Verflechtung bei.

Die Aktivierung der Flächen entlang der Bahnkante im Bauteil B wird städtebaulich ebenso positiv bewertet wie die Anbindung des unteren Stadtraumes über die kaskadenartig ansteigende innere Erschließung bis hinauf zum Brückenkopf. Die Überbauung der Planstraße bildet auf Straßenniveau jedoch einen unattraktiven Tunnelraum aus, dem es an Tageslicht und Nutzbarkeit mangelt.

Das mäandrierende Band, welches sich brückenartig über die Planstraße hinweg erstreckt kann auf dem komplexen Grundstück mit seiner klaren Gliederung und Orientierung überzeugen. Der innere Erschließungsweg vermeidet enge Hofsituationen, verbindet die Stadträume auf selbstverständliche Art und erzeugt sinnvolle Adressbildungen. Es wäre zu prüfen, ob das letzte Obergeschoß im Bauteil A auf der Bahnseite wegfallen könnte, um die Baufigur noch besser in den Stadtraum einzufügen. Der Eingangsbereich am Brückenkopf sollte durch seine räumlich architektonische Ausprägung deutlich einladender in den Stadtraum hineinwirken.

Die innere Erschließungspassage vom Brückenkopf bis hinunter zur Gleisebene bildet eine übersichtliche und attraktive Adressen für die verschiedenen Nutzungen im Gebäude. Am Brückenkopf fehlt es jedoch an offener Höhe und großzügiger Breite, dies gilt auch für die Eingangszone zu den beiden dort richtigerweise angesiedelten großen Retailbereichen in den darunter liegenden Geschoßen. Anlieferung und TG-Zufahrt sind richtig angeordnet und können unabhängig zum Bauteil C realisiert werden.

Die Außentreppe vom Gleisniveau hinauf zum Brückenkopf, parallel verlaufend zu den innenliegenden Rolltreppen, wird positiv bewertetet, könnte aber noch großzügiger ausfallen um die zu erwartenden Fußgängerströme umzulenken.

Es spricht für programmatische Flexibilität der Arbeit, dass sich beide Nutzungsszenarien mit ähnlichen Erschließungsschemata bei gleicher Baukörperausbildung realisieren lassen. Die Servicewohnungen im Bauteil B sind von der inneren Erschließung her gut angelegt.

Die Programmflächen sind linear über alle Nutzungsbereiche gesehen übererfüllt und erzeugen eine etwas zu große Baumasse auf dem Grundstück, sowohl in der Höhe (Bauteil A und C), als auch in der Tiefe (Brückenbau über der Planstraße). Auch der Stellplatzbedarf kann entsprechend geringer ausfallen. Eine Reduktion der Programmflächen sollte jedoch nicht ausschließlich auf Kosten der zusätzlichen Retailflächen im Bauteil B erfolgen, eher durch Höhenreduktion im Bauteil A auf der Bahnseite und generell im Bauteil C. Die Retailflächen auf der Ebene 0 am Brückenkopf sind zu kleinteilig und sollten in Teilen zusammengefasst werden.

Die Fassadengliederung und die Materialität entsprechen den dahinter liegenden Nutzungen und lassen eine zurückhaltende, aber sorgfältige architektonische Ausprägung erwarten. Das klar erkennbare gläserne Sockelgeschoß signalisiert die Zugänge zu den Ladenzonen. Die tektonischen Varianten in den Wohnnutzungen im Gegensatz zu den Büronutzungen müssen in der Tiefe durch die Loggien noch überzeugender ausformuliert werden.

Die Bautypologie, deren Erschließungsstruktur und die Fassadenausbildung lassen eine angemessene Wirtschaftlichkeit hinsichtlich Erstellung und Betrieb des Gebäudes erwarten. Hinsichtlich den zu erwartenden hohen Schallschutz- und Wärmeschutzanforderungen fehlt es der Arbeit noch an detaillierten Aussagen, es sind jedoch diesbezüglich keine strukturellen Defizite zu erkennen.