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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2019

Städtebauliche Entwicklung der "Halbinsel Kesselstraße" in Düsseldorf

3. Preis

Preisgeld: 16.000 EUR

Stefan Schmitz BDA Architekten und Stadtplaner

Architektur

die3 landschaftsarchitektur

Landschaftsarchitektur

BSV Büro für Stadt- und Verkehrsplanung Dr.-Ing. Reinhold Baier GmbH

Verkehrsplanung

Erläuterungstext

Grundgedanke der Entwurfsarbeit ist die Schaffung eines Ortes mit eigener Identität, der einerseits die Charakteristika der bestehenden Halbinselbebauungen Speditionsstraße und Zollhof aufnimmt und andererseits seine Besonderheit aus den bestehenden Gegebenheiten des Wettbewerbsgebietes entwickelt. Für die Halbinsel wird eine markante Gebäudesilhouette erzeugt, die ein vielfältiges Angebot an Gebäudegrößen, Gebäudetypen und Nutzflächen bietet.

Städtebau
Der Entwurf zeigt eine Bebauungsstruktur, die sich aus unterschiedlichen und untereinander koppelbaren Gebäudetypen zusammensetzt. Jedes einzelne Gebäude weist einen repräsentativen und hochwassersicheren Eingang von der Kesselstraße auf. Die Eingänge der westlichen Gebäude entlang der Uferstraße sind jeweils über kleine Innenhöfe erreichbar, die sich zur Kesselstraße öffnen und dort den ostwestorientierten Fußgängerwegen einen Endpunkt geben.

Das TrivagoGebäude setzt einen starken Akzent für das Wettbewerbsgebiet und bedarf einer Einordnung in den neu zu schaffenden städtebaulichen Zusammenhang. Dies geschieht durch ergänzende Bauten und einer Freiraumgestaltung östlich der Kesselstraße, die die organische Formsprache des Gebäudes übernehmen und es so als Teil eines großen Ganzen in Erscheinung treten lassen. Die streng orthogonale Bebauungsstruktur westlich der Kesselstraße steht in deutlichem Kontrast dazu und schafft ein spannungsvolles Gegenüber, was dem Ort eine besondere Charakteristik verleiht.

Nutzung
Die Baustruktur ist bestimmt durch die städtebauliche Idee nebeneinander stehender Solitäre, die zu größeren Einheiten miteinander verbunden werden können. So entsteht eine große Flexibilität hinsichtlich Nutzungsgrößen und Nutzungsvielfalt. Die Gebäude erlauben sowohl konventionelle Zeilenbüros, Kombibüros, Coworking Spaces, Forschungseinrichtungen, sowie offene Bürolandschaften auf größeren Flächen. Die Einzelhandel und Gastronomienutzungen im Erdgeschoss orientieren sich in erster Linie an den Bedürfnissen der örtlichen Nutzer und der Freizeiteinrichtungen um das Hafenbecken und sind alle auf hochwassersicherem Niveau der Kesselstraße angeordnet. An der Uferstraße sind aus Gründen der Hochwassersicherheit keine ebenerdig zugänglichen Nutzungen vorgesehen. Gleichwohl sind Außengastronomieflächen auf dem Niveau der Kesselstraße zur Uferstraße hin orientiert und über Treppen und Sitzstufen direkt mit dieser verbunden.
Für die Hotelschiffe werden zwei Anlegerplattformen in direkter Anbindung zu den Höfen vorgesehen, die Aufenthaltsmöglichkeiten sowohl für die Passagiere der Schiffe als auch für Spaziergänger entlang des Hafenbeckens bieten. Durch diese Maßnahmen erhält die Uferstraße trotz Abkopplung von ebenerdigen Nutzungen eine hohe Aufenthaltsqualität ohne in Konkurrenz zu den Nutzungsangeboten der Kesselstraße zu treten.
Das Bootshaus wird auf hochwassersicherem Niveau neu errichtet und markiert die Spitze der Halbinsel. Der südlich zugeordnete Außenbereich ist über eine Treppenanlage und Rampe direkt mit dem Anlegersteg verbunden.
Die Grenze zwischen Wirtschaftshafen und Medienhafen wird durch ein Bauwerk markiert, das eine kulturelle Nutzung aufnimmt und sich ähnlich wie das Gebäude am Hafenbecken A über eine Auskragung zum Wasser orientiert.

Verkehr
Das Ziel ist eine möglichst geringe Verkehrsbelastung der Kesselstraße vor allem im Bereich der Grünzone nördlich des TrivagoGebäudes, um die dort anliegenden Freizeit und Gastronomienutzungen nicht zu beeinträchtigen. Dementsprechend werden zwei Varianten für die Erschließung der Tiefgarage angeboten:
1. Erste Präferenz ist die zentrale Erschließung ohne Zuordnung zu Bauabschnitten. Diese verfügt über den Vorteil einer effizienten Ausnutzung des Stellplatzangebotes und damit über die Möglichkeit der Stellplatzreduzierung insgesamt.
2. Die dezentrale Erschließung kann einfacher in Zuordnung zu den Bauabschnitten bzw. Investitionseinheiten erstellt werden. In diesem Fall sollte die Erschließung des ersten Bauabschnittes im Norden über die Uferstraße erfolgen, um den nördlichen Abschnitt der Kesselstraße im Bereich der Grünzone nicht zu stören.

Beide Varianten erlauben die Ausbildung der nördlichen Kesselstraße als „shared space“ mit gleichberechtigter Nutzung für alle Verkehrsteilnehmer. Die sog. „Notstraße“ nördlich des Trivago-Gebäudes wird als ein befahrbarer Fußweg gestaltet, der sich aus dem Zusammenhang der übergeordneten Freiraumgestaltung entwickelt und die gradlinige Geometrie der Straße auflöst.

Mobilitätskonzept
Das Ziel ist die Schaffung eines vielfältigen Mobilitätsangebotes, das eine möglichst weitgehende Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs zur Folge hat. Folgende Maßnahmen werden dazu geplant:
1. Verlegung der Stadtbahnhaltestelle direkt an den Beginn der Kesselstraße um möglichst kurze Wege für den Fußgänger zu ermöglichen. Diese Maßnahme erfolgt nach Verlegung der Gleisschleife.
2. Die Schaffung eines Mobilitätszentrums gegenüber der Straßenbahnhaltestelle mit Angeboten zu Bike-Sharing und Car-Sharing (integriert in Tg).
3. Zur Reduzierung des Lieferverkehrs innerhalb der Halbinsel ist eine Abhol- und Paketstation am Mobilitätszentrum vorgesehen. Die Verteilung der Waren erfolgt innerhalb des Quartiers über Elektrofahrzeuge und Lastenfahrräder. In diesem Zusammenhang sollte geprüft werden, ob dafür ein zusätzlicher ampelgeregelter Rechtsabbieger direkt von der Holzstraße sinnvoll und möglich ist.
4. Optional: On-demand Angebot mit autonom fahrenden Fahrzeugen für die Erschließung der Halbinsel mit Anbindung zur Straßenbahn-Haltestelle.

Freiraum
Der Grünraum um das Hafenbecken wird über zwei umlaufende Fußwege in unterschiedlichen Höhenlagen erschlossen, die die vorhandenen Fußwege aufnehmen und weiterführen. Der untere Weg ist an die Sandfläche des Stadtstrandes angeschlossen, welcher über steinerne Sitzstufen mit der Wasserfläche verbunden ist. Je nach Wasserstand treten mehr oder weniger Sitzstufen in Erscheinung. An dem oberen Weg sind Außengastronomieflächen und gestaltete Freibereiche mit Sitzbänken angeschlossen von wo aus ein weitläufiger Blick über das Hafenbecken möglich ist.

Das Gastronomiegebäude bewirtet die unmittelbar anliegenden Außenflächen und den Stadtstrand und ist über Treppen und Podeste direkt mit diesem verbunden. Eine weitere Sandfläche wird auf der Grünfläche vor dem Bootshaus als Beachvolleyballplatz angeboten. So werden für die Halbinsel Kesselstraße weitere Freizeitnutzungen zum Thema „Wasser“ angeboten, die die vorhandenen Nutzungen gut ergänzen und zu Synergieeffekten führen. Mit den sportlichen, gastronomischen und der Erholung dienenden Freizeitangeboten entsteht eine Vielfalt und städtische Lebendigkeit, die nicht nur für die Beschäftigten im unmittelbaren Umfeld, sondern auch für die Düsseldorfer im größeren Einzugsgebiet anziehend wirken.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das städtebauliche Gerüst ist linear aufgebaut und in drei Teilbereiche gegliedert. Die Grundeinheit ist ein ‚Stadtbaustein‘, eine bauliche Einheit, die dreiseitig geschlossen, mit der offenen Seite stadträumliche Bezüge aufbaut. Die Bezüge zum Industriehafen und zum Freiraum am Ende der Halbinsel sind richtig gewählt. Der nördliche Ab-schluss der Bebauung ist ein Hochpunkt, auf den die verkehrliche Erschließung der Kesselstraße von der Holzstraße ausgeführt und an dem der Verkehr Richtung Hafenbecken B / Pier One umgelenkt wird. Am Kopfende des Hafenbeckens B sind eine hallenartige Bebauung und ein weiterer Hochpunkt vorgesehen. Die hier vorgeschlagene Nutzung ‚Marktplatz‘ an der Nahtstelle zum Industriehafen wird kritisch bewertet. Die Grundstruktur des ‚Stadtbausteins‘ scheint in seiner räumlichen Ausbildung starr und wenig flexibel auf zukünftig sich verändernde Anforderungen; die Gliederung durch Vor- und Rücksprünge sowie die Höhenentwicklung werden als unruhig und stadträumlich schwierig bewertet. Die Gebäude mit öffentlichen und freiraumbezogenen Nutzungen auf der Ostseite der Hafeninsel in das Gelände einzugraben, wird für diesen Ort als wenig überzeugende Lösung angesehen. Durch die vorgeschlagene Geländegestaltung werden – abgesehen von der Gefahr der Überflutung bei Hochwasser – auch die Freiraumpotentiale unnötig eingeschränkt: Weite Teile des Grüns liegen auf Dächern, andere große Bereiche müssen für die erforderlichen Erschließungs- und Versorgungsflächen versiegelt werden.