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Einladungswettbewerb | 11/2019

Hotelneubau Heidenkampsweg 84 in Hamburg-Hammerbrook

2. Preis

Felgendreher Olfs Köchling

Architektur

hhpberlin - Ingenieure für Brandschutz GmbH

Brandschutzplanung

KLIMAhaus Klima- und Gebäudetechnik GmbH

TGA-Fachplanung

HeGe Modellbau

Modellbau

Erläuterungstext

Städtebau
Der Neubau fügt sich selbstverständlich in die vorhandene städtebauliche Struktur ein. Die Traufen der umliegenden Gebäude werden genau aufgenommen. An der städtebaulich besonderen Ecke werden zwei Blockränder mit unterschiedlichen Höhen vereint: Die hohe Straßenflucht am Heidenkampsweg wird vervollständigt. Der niedrigere Gebäudeteil bildet gemeinsam mit dem Mercedesgebäude die Einfahrt in die Süderstrasse Richtung Innenstadt. Der auch vom Heidenkampsweg sichtbare Rücksprung im 7. Obergeschoss verweist auf die Ecke, ohne diese zu schließen. Durch diese Bezüge und Setzungen wird das große Volumen zu einem Stück der Stadt. Die offene Ecke findet sich beim Eingang ins Hotel wieder. Dieser liegt ganz selbstverständlich als Adresse an der Kreuzung. Die Gebäudeecke selbst ist frei durchwegbar wie eine Kolonnade. Dieser kleine Raum wird dominiert durch eine einzige dicke Stütze, welche die Lasten der Obergeschosse aufnimmt. Diese betont öffentliche Geste bildet nicht nur den Eingang zum Gebäude, sondern markiert gleichzeitig den Stadteingang. Von Westen kommend beginnt hier die Innenstadt Hamburgs. Hammerbrocks Potenzial liegt im Wandel von einem gewerblichen Standort zu einem durchmischten innerstädtischen Quartier. Um die Identität des Ortes zu erhalten und zu verstärken nimmt der Neubau Bezug auf die kraftvollen gewerblichen Bauten und Strukturen der Umgebung. Der direkte Bezug des Nutzers zur Stadt ist aber das Fenster. Diese großzügige horizontale, fast raumbreite Verglasung mit niedriger Brüstung entspricht ganz der Nutzung als Hotelzimmer, in dem man die meiste Zeit liegend im Bett verbringt.

Nutzung und Erschließung
Das Erdgeschoss ist weitgehend den öffentlichen Hotelnutzungen vorbehalten. Wie in historischen Referenzen großer städtischer Hotels sind die öffentlichen Funktionen, hier die Bar und die bediente Lobby entlang der Straßen angeordnet. Außen, unter den Markisen kann auch bestuhlt werden. Diese Bereiche können flexibel für die Angebote des Hotels genutzt werden. (Bar, Café, Lobby, Frühstücksplätze, Veloverleih, Treffpunkt, etc.) Im Inneren des Gebäudes, abgewendet von Stadt und Verkehr befindet sich der große Speisesaal als Herz des Hauses. Er ist über ein großzügiges Glasdach belichtet. 4 Gästelifte bringen die Besucher aus der Lobby zu einem der 350 Zimmer. Anders als in der BeVO gefordert reicht im vorliegenden Projekt im Hochhausteil ein Fluchtweg über den durchgehenden Sicherheitstreppenraum. Dieser wird im 1. Untergeschoss an der Brandwand zum nördlichen Nachbarn entfluchtet, damit Lobby und Bar freibleiben. Auf dem Dach zur Süderstrasse befindet sich die großzügige Dachterrasse Richtung Süden. Ein Pavillon mit Erschließungskern, Servicestation und einem Mehrzweckraum ergänzt die Angebote des Hotelbetriebs. Dieser Raum kann flexibel für Fitness, Konferenz, Gruppen oder kleine Veranstaltungen genutzt werden. Alternativ können stattdessen noch einmal 6 Hotelzimmer jeweils mit eigener kleiner Terrasse erstellt werden. Über die Tiefgarageneinfahrt in der Süderstrasse werden die 97 Parkplätze in den Untergeschossen erschlossen. 23 überdachte Fahrradstellplätze befinden sich in direkter Nähe zum Personaleingang. Es ist anzustreben mit der Stadt eine Verschiebung der öffentlichen Bushaltstelle zu diskutieren. Anders ist die notwendige Entflechtung von öffentlichem Bus- und privatem Hotelverkehr (Anlieferung / Busse) langfristig nicht befriedigend zu lösen.

Konstruktion und Technik
Die Tragstruktur des Neubaus besteht aus Fertigteilstützen und Ortbetondecken. Optimierte Spannweiten und ein durchgehender vertikaler Lastabtrag machen die Konstruktion sehr wirtschaftlich. Auf störende Unterzüge kann größtenteils verzichtet werden, sodass die Haustechnik dicht an der Decke geführt und die lichten Raumhöhen maximal ausgenutzt werden. Die Struktur ist im Inneren ablesbar, die runden Stützen bleiben sichtbar. Trennwände sind in Leichtbau und Kalksandstein ausgeführt. Das System gewährleistet auch langfristig eine hohe Flexibilität. Die präzise Trennung aller Bauteile in der gesamten Konstruktion führt zu sauberen Schnittstellen zwischen den Gewerken. So wird nicht nur die Energiebilanz der Materialien berücksichtigt, sondern auch die Rückbaubarkeit und Trennung aller Bauteile. Der hohe Grad an Vorfertigung bei Rohbau und Fassade gewährleistet zudem einen zügigen Bauablauf. Nahezu die gesamten Technikflächen werden im ersten Untergeschoss untergebracht. Lediglich die Rückkühler für die Kälteanlage werden verdeckt in den Pavillon integriert. Dadurch können die Dachflächen frei bespielt werden. Auf dem hohen Gebäudeteil werden Solarpanelle angeordnet, auf dem niedrigen die Dachterrasse und weitere Gästenutzungen. Alle haustechnischen Medien werden vertikal über die Steigzonen in die Zimmer verteilt. Im Erdgeschoss und 1. Untergeschoss ist ausreichend Raumhöhe vorhanden, um die Leitungen zu den Technikräumen im 1. Untergeschoss zu verziehen. Zusätzliche vertikale Steigzonen für ELT und Frischluft liegen an den Erschließungskernen. Die Fortluft der Lüftungsanlagen im 1. Untergeschoss mit verbleibender Restwärme wird auf direktem Wege in die Tiefgarage abgeleitet und sorgt gerade im Winter für komfortable und trockene Parkbedingungen.

Fassade
Der Ausdruck des Hauses leitet sich aus dem Ort ab. Das Materialkonzept aus grauem Backstein, Beton und Aluminium unterstreicht den Bezug zu gewerblichen Funktionsbauten. Robuste Materialien und einfache Details reduzieren die Erstellungs- und Unterhaltskosten für die Fassade. An den errichteten Rohbau werden vollflächig hoch gedämmte Fenster-Rahmen-Elemente aus Aluminium montiert. Die Scheibe selbst ist fest verglast, darüber befinden sich zwei opake Kippflügel zum Lüften. Diese können per Handhebel manuell vom Hotelgast bedient und zu Reinigungszwecken ausgehängt werden. Die Rahmen und die 3-fach verglaste Scheibe gewährleisten den erforderlichen Schall- und Wärmeschutz. Innenliegend sind Vorhänge als Sicht- und zusätzlicher Sonnenschutz vorgesehen. Im Erdgeschoss betonen kräftig-blaue Markisen die öffentlichen Funktionen des Hotels. Die massive Fassade besteht aus vorgehängten Betonfertigteilen, verblendet mit hellgrauen Backstein-Riemchen und zementgrauen Vormauermörtel. Die einzelnen, immer gleichen Elemente können effizient im Werk vorgefertigt und auf der Baustelle montiert werden. Die Verlegerichtung des Backsteins auf Brüstungen und Lisenen ist um 90 Grad gedreht um die gerüsthafte Erscheinung des Gebäudes zu stärken und sichtbare Dehnungsfugen zu vermeiden. Die halbrunden vertikalen Lisenen verfeinern die rigide Struktur und lassen das Gebäude je nach Blickwinkel und Sonnenstand ebenso städtisch erscheinen. Ähnlich der Vorgängerbauten wie dem Leder-Schüler-Haus oder den ehemaligen Speichern in der Umgebung entsteht ein „veredelter Rohbau“ als angemessene Antwort auf die Bauaufgabe und den Ort.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Neubau fügt sich unaufgeregt und sehr selbstverständlich in die Umgebung ein. Durch eine sensible Ausformung des Volumens und einen ebensolchen Umgang mit den Materialien entwickelt der Bau seine besondere Stärke und Klarheit. Das elfgeschossige Volumen am Heidenkampsweg springt kurz vor der Gebäudeecke auf sieben Geschosse zurück, nimmt so Bezug auf den gegenüberliegenden Mercedes-Bau und leitet in die Süderstraße hinein.

Die Fassade aus hellgrauem Backstein, Beton und Aluminium entwickelt mittels halbrunder Lisenen und horizontaler Beton- und Backsteinelemente eine angenehme Plastizität, sie skaliert den großen Baukörper und reagiert angemessen auf den unmittelbaren Nachbarn. Der Umgang mit den Fassadenmaterialien ist sehr differenziert und detailliert. Die Erschließung erfolgt über die Gebäudeecke, die zweigeschossig ausgebildet und mit einer freistehenden Stütze betont wird.

Die Positionierung publikumswirksamer Funktionen entlang der Straßenseiten wird positiv bewertet, die Separierung des Frühstückssaals dagegen kritisch diskutiert.

In den Hoteletagen könnte ein Außenbezug bzw. Tageslicht für die Flure eine Aufwertung bedeuten. Die „Panoramafenster“ der Hotelzimmer werden positiv gesehen. Die Dachterrasse mit Pavillon auf dem niedrigen Gebäude stellt ein interessantes Zusatzangebot dar.

Die klare Logik der Konstruktion wird sehr positiv bewertet.