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Realisierungswettbewerb | 03/2020

Neubau Kindertagesstätte in Velten-Süd

Blick in "Grünes Zimmer"

Blick in "Grünes Zimmer"

2. Preis

Preisgeld: 11.385 EUR

bfa I büro für architektur

Architektur

nuko

Landschaftsarchitektur

Transsolar Energietechnik GmbH

TGA-Fachplanung

Erläuterungstext

Einleitung
Dieser Wettbewerbsbeitrag schlägt eine funktionale, eingeschossige Kindertagesstätte vor, die sich in seiner Form und Positionierung als Fortführung der bereits vorhandenen Bildungseinrichtungen entlang der Hermann-Aurel-Zieger-Straße versteht. Zur Einbindung in den städtischen und landschaftlichen Kontext werden vor allem orts-spezifische Elemente verwendet, die einen Bezug zum Tonabbau und zur Ofenherstellung haben.

Städtebauliches Gestaltungskonzept
Das Grundstück liegt im Zentrum der Großwohnsiedlung „Velten Süd“, direkt an der Ost-West-Erschließungsachse, die das Quartier im Westen mit einem Kiefernwäldchen und im Osten mit Kleingärten verbindet. Die Hauptverbindung zwischen dem historischen Ortskern und Velten Süd stellt allerdings die nach Norden ausgerichtete Nauener Straße dar, um die sich in Zukunft auch ein weiteres Wohnquartier entwickeln wird. Um die Erschließung der Kita in Richtung Nauener Straße zu orientieren, wurde das Gebäude im Westen des Grundstücks platziert und ihr Haupteingang zu einem neuen Quartiersplatz mit Anbindung der benachbarten Sporthalle ausgerichtet. In diesem Zuge entsteht auf dem östlichen Grundstück ein öffentlicher Naturspielplatz, der sowohl von der Kita aber auch von allen anderen Kindern der Nachbarschaft zum fantasievollen Spielen und Bauen in der Natur genutzt werden kann. Der Weg zwischen Kita und Naturspielplatz verbindet auch die Wohngebäude im Norden mit dem Bürgerpark und Skatepark. Die zukünftig anstehende Umgestaltung und Aufwertung der Hermann-Aurel-Zieger-Straße könnte einige Stellplätze durch neue Baumgruppen ersetzen, um den Bezug zum Kiefernwäldchen herzustellen und die Gehwege an das Wegesystem im Wäldchen anzuschließen. Im Seitenstreifen zwischen Straße und Kita ist die Kiss-and-Go Zone in der Nähe des Haupeingangs untergebracht, um ein einfaches „Absetzen“ der Kinder zu ermöglichen.

Konstruktion und Material
Durch die Anordnung aller Räume im Erdgeschoss entsteht ein sehr kindorientierter und nutzerfreundlicher Baukörper, der sich besonders einfach und schnell als Holzbau in vorgefertigter Modulbauweise realisieren ließe. Alle gewählten Baumaterialien, wie das Konstruktionsholz (Douglasie), das Holz des Innenausbaus, die Farben und Lasuren, der Bodenbelag (Linoleum), sind als nachhaltig und schadstofffrei einzuordnen.

Funktionalität und Wirtschaftlichkeit
Das gesamte Gebäude sowie die Freianlage sind komplett barrierefrei und funktionieren ohne Treppenanlagen oder kostenintensive Aufzüge. Auch der „Pötterberg“ als Klettertopografie ist über eine barrierefreie Rampe erlebbar. Die Kita ist in übersichtliche „Häuschen“ gegliedert. Zwischen diesen „Häuschen“ liegen die sogenannten „grünen Zimmer“, die den Kindern einen direkten und beschützten Aufenthalt im Freien ermöglicht. In den „Häuschen“ sind konsequent alle Bereiche der sogenannten „Grundmodule“ untergebracht: Gruppenraum, Nebenraum, Sanitär, Garderobe und Lager. Auch der Bewegungs- bzw. Mehrzweckraum mit Küche und der Bereich des Personals ordnet sich dem Prinzip der „Häuschen“ unter. Diese Bereiche können von Besuchern am Eingang der Kita leicht aufgefunden werden. Das Gebäude selbst hat ein Minimum an Erschließungsflächen, alle Bereiche bieten Aufenthaltsqualitäten für die Kinder und für die Besucher der Kita an. Der zentrale Erschließungsflur ist gestalterisch und räumlich wie „eine Gasse“ zwischen den „Häuschen“ ausgebildet. Einige Nischen am Flur bieten Spiel- und Aufenthaltsqualitäten und Einblicke in die „grünen Zimmer“ an. Insgesamt entsteht im Inneren eine kommunikative „Landschaft“, die Rückzugsmöglichkeiten in die „Häuschen“ zulässt.

Energiekonzept, Nachhaltigkeit & Energieeffizienz
Der Energiestandard KFW-Effizienzhaus 70 kann mit der vorgeschlagenen Holzbaubauweise problemlos eingehalten werden. Hochgedämmte Gebäudehülle: Die Fenster sind dreifachverglast, ein hoher Standard bei der Wärmedämmung Holzfaserplatten) wird umgesetzt. Die Heizung wird an das lokale Fernwärmenetz angeschlossen, für die Aufenthaltsräume ist eine Fußbodenheizung vorgesehen. Das Warmwasser wird zentral und dabei energiesparend mit Frischwasserstationen erzeugt. Die individuellen Sanitärräume in den „Häuschen“ können mit einfacher Technik aus dem Wohnungsbau mit Wärmerückgewinnung entlüftet werden. Hier wäre eine Koppelung mit den Gruppenräumen denkbar, um in den Wintermonaten ein höheres Einsparpotential bei den Heizkosten zu erzielen. Photovoltaik auf dem Dach alternativ zur Dachbegrünung ist möglich. Die Beleuchtung soll in LED Technik ausgeführt werden. In den Höfen wird ein textiler Sonnenschutz verwendet, der wie Segel zwischen die „Häuschen“ gespannt wird.

Freiraumkonzept und Materialität
Drei landschaftliche „Fundstücke“ aus der Geschichte Veltens (besonders aus der Ausstellung im Ofen- und Kachelmuseum) haben das Freiraumkonzept maßgeblich bestimmt: die Pötterberge, die Kacheln und das Holz, welches für die Produktion aus den umliegenden Wäldern verarbeitet wurde.
Aus den strengen geometrischen Pötterbergen, die durch das Abgraben der Felder für den Tonabbau entstanden, haben wir Topografien und Böschungen entwickelt, die wir sowohl für die Umgrenzung des Kitageländes als auch für die Gestaltung einer Spieltopografie im Osten nutzen. Auch andere Geländemodellierungen wie der Rodelberg auf dem Naturspielplatzgelände und die Topografie zwischen Parkplatz und Eingangsbereich sind mit ähnlichen Böschungen im Winkel von ca. 30-40° geformt. Hauptgestaltungselement des Kitageländes ist dabei der Pötterberg, in den vielzählige Spielelementen integriert sind: Offene Rutschen, Tunnelrutschen, Kletterhilfen wie Seile und Griffe, verschieden steile Kletterflächen in Kunstrasen, Netzflächen, Trampoline und ein Kletterturm. Zusätzlich befinden sich vier Schaukeln, eine Nestschaukel und ein kleines Ballspielfeld in der offenen Rasenfläche zum Toben und Bewegen. Für alle ruhigeren und gärtnerischen Aktivitäten stehen die „Grünen Zimmer“ innerhalb der Gebäudestruktur zur Verfügung. Hier können die Kinder in der Nähe der Gruppenräume in kleineren Gruppen an Hochbeeten gärtnern, mit Bauklötzen oder in Sandkisten spielen.
Die Kacheln haben die Rasterung der Platzfläche inspiriert. Dabei wurden die Dimensionen der „Kacheln“ allerdings dem städtischen Kontext angepasst, so dass großformatige hellgraue Betonplatten den Quartiersplatz prägen. Der nachwachsende und lokale Rohstoff Holz kommt im Freiraum in verschiedener Form vor: als Lärchenbretter für die Terrassen, als Brüstung entlang des begehbaren Einschnitts im Pötterberg und als Vertikalbohlen für die Zäune zwischen den Topografien.

Bepflanzung
Im Gegensatz zu den Nord-südorientierten Straßen mit ihren städtischen Alleencharakter, schlagen wir Kiefern für die Ost-West orientierten Hermann-Aurel-Zieger-Straße sowie für das Kitagelände vor, um einen Bezug zum angrenzenden städtischen Kiefernwäldchen, aber auch zu den großflächigen Kieferforstbeständen im östlichen Stadtgebiet herzustellen. Diese Kiefern sind in Gruppen mit unterschiedlichen Baumgrößen angeordnet, und schaffen Schatten sowie (im Gegensatz zu den Laubbaum-Alleen) einen natürlichen waldähnlichen Charakter. Zusätzlich zu den Kiefern und den großzügigen Rasenflächen gibt es am südlichen Grundstücksrand noch Versickerungsbeete, die mit artenreichen Gräsern und Stauden bepflanzt werden. Diese Beete verstehen sich als Aufweitungen von flachen Gräben, in die das Regenwasser über das Geländefälle hingeleitet wird. Auch das Regenwasser des neuen Quartiersplatzes und der Dachflächen kann in diese Versickerungsbeete eingeleitet werden und dort entweder (je nach Bodencharakteristik) verdunsten oder versickern.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Anlage des Haupteingangs an der Westseite des Gebäudes in Verbindung mit der Schaffung eines großen und gut nutzbaren Quartiersplatzes mit hoher Aufenthaltsqualität, wird von dem Preisgericht als sehr gut gelungen bewertet. Dadurch erhält die Kindertagesstätte eine signifikante Adresse und einen repräsentativen Haupteingang.
Das Preisgericht würdigt grundsätzlich die Anlage eines neuen Quartiersplatzes, der darüber hinaus auch ein Gelenk und eine gute Erschließung zum südlich gelegenen Abenteuerspielplatz ermöglicht.

Durch die Kompaktheit des Gebäudes und seinen flächenmäßig kleinen Fußabdruck verbleibt auf dem östlichen Grundstücksteil eine große, zusammenhängende Grünfläche, die sowohl der Kita wie an der NO-Ecke als öffentlicher Naturspielplatz dem gesamten Quartier zu Gute kommen kann. Der tiefe Baukörper lässt auf der Südseite allerdings nur ein schmal geschnittenes Band übrig, das jedoch mit den direkt angeschlossenen grünen Zimmern einen wichtigen funktionalen Bezug zu den großzügigen Kita-freiflächen im Osten darstellt. Insgesamt erscheint das Freiflächenangebot in seinen Dimensionierungen schlüssig.

Es ist wirklich erstaunlich, wie es dieser Arbeit gelingt alle erforderlichen Module in den geforderten Raumgrößen und richtigen Funktionszusammenhängen in dieser kompakten, eingeschossigen, teppichartigen Bebauung anzuordnen. Das von den Entwurfsverfassern vorgeschlagene Bebauungskonzept überzeugt durch seine einfache, selbstverständliche, gestalterisch disziplinierte und ruhige Art. Die alternierend im Grundriss angeordneten ´grünen Zimmer´ belichten nicht nur die Gruppenräume und Flurbereiche in einer bemerkenswert guten Weise, sie schaffen darüber hinaus auch eine kindgerechte Maß-stäblichkeit und Orientierung in den als ´Häuschen´ benannten Gruppenräumen und Aufenthaltsflächen im Freien, die ein wertvolles Angebot im täglichen Kindergartenalltag schaffen.

Die Breite des Flures wird bemängelt, ein Meter mehr hätte einen räumlichen Gewinn geboten. Ermöglicht ein direkter Zugang der Gruppenräume an der Gartenseite den Zugang zum Garten, so wird dieser den an der Nord-Straßenseite gelegenen Gruppenräumen verwehrt. Dieser wird, trotz aller Knappheit in der Tiefe der Parzelle, am Bürgersteig der Herrmann-Aurel-Zieger-Straße vermisst. Ein schmaler Gartenweg würde die Erreichbarkeit zur großen Spielfläche im Osten ermöglichen und die Fassade von der Grundstücksgrenze in den eingefriedeten Bereich rücken. Auch wird die Nähe des Gebäudes zur Straße in Bezug auf Sicherheitsfragen sehr kritisch bewertet.
Das Preisgericht würdigt im Besonderen die Fassadengestaltung, die mit ganz geschlossenen und weit geöffneten, aber einblickgeschützten Flächen, vermutlich eine schöne Ruhe und Kraft für die aufregende Nutzung im Kitaleben bieten kann.
Quatiersplatz mit Eingangsbereich

Quatiersplatz mit Eingangsbereich

Lageplan 1:500

Lageplan 1:500

Grundriss 1:200

Grundriss 1:200

Schnitte und Ansichten

Schnitte und Ansichten