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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2020

Entwicklung des Bahnhofsquartiers in Radolfzell am Bodensee

Radolfzell

Radolfzell

2. Preis

Preisgeld: 19.000 EUR

lohrer.hochrein landschaftsarchitekten und stadtplaner gmbh

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept | Die Altstadt an den See - aus diesem ĂĽbergeordneten Gedanken entwickelt sich das Konzept in mehreren Schritten:

• Der See „brandet“ wellenförmig in changierenden Wellen an die Altstadt. Diese Wellen prägen in Anlehnung an die natürliche Uferabfolge von grünem Gürtel, feinen Strand und groben Gestade den jeweiligen freiräumlichen Charakter
• Sichtachsen von der Altstadt zum See öffnen über Landungssteg artige „Platzteppiche“ den Blick zum See und gliedern das Bahnareal in dazwischen liegende mögliche Baufelder
• Die Baufelder sind weitgehend „osmotische Strukturen“, die unter Ausnutzung der Topographie wiederum einen guten Dialog Altstadt / See gewährleiten.
• Die Bebauung ist Teil der anbrandenden Wellenstruktur und baut nicht die Altstadt weiter
• Die Verkehrsflächen integrieren sich gestalterisch in die Abfolge der Platzflächen
• Ruhender Verkehr wird nicht sichtbar in Parkgaragen gewährleistet.

Baufelder | „Hafenbasiliken“ besetzten die Baufelder. Ein hallenartiger Sockel bietet innerhalb einer verbindenden wie durchlässigen Hülle flexibel Raum für unterschiedliche Nutzungen wie Handel, Gewebe, Co-Working, Events. Containerartige Holzboxen auf dem begrünten Dach bieten Raum für ergänzende Flächen und Wohnen mit gutem Blick über den See.

Verkehr | Der Stadtring wird funktionell beibehalten. Der Parkverkehr wird sowohl im Westen wie im Osten frühzeitig in TG abgefangen um den Durchgangsverkehr über die zentrale Achse zu minimieren. Gegliedert durch die in den Sichtachsen eingeschobenen „Platzteppiche“ entsteht vor der Altstadt für den Fußgänger perspektivisch ein verbindendes Gesamtbild von Flächen. Im Bereich der zentralen Achse wird eine Begegnungszone in Anlehnung an österreichische und schweizer Vorbilder gestaltet. Rinnen und schwere Einbauten wie Brunnenblöcke geben dabei dem querenden Verkehr die erforderliche sichernde Orientierung.

Ein groĂźzĂĽgiger Radstreifen begleitet beidseitig die Fahrbahn.

In der Vorfahrt zum Bahnhof wird die Kiss + Ride Spur straßenbegleitend angeordnet. Taxen nutzen eine Mischverkehrsfläche nördlich des Mobilitätshubs. Die Ausfahrt erfolgt ohne Kreuzung des Fuß- und Radverkehrs in Richtung Mobilitätshub.
Im Mobilitätshub sind Fahrräder weitgehend im Untergeschoß mit ebenerdiger Anbindung an die Bahnunterführung angeordnet. Im EG finden sich Mobilitätsaffine Dienstleistungen wie Fahrradservice, Car Sharing etc. In den oberen Etagen entstehen Gewerbeflächen mit schönem Blick über den See.

Der Busbahnhof entwickelt sich um eine umlaufende und aus beiden Richtungen gut anfahrbare Schleife. Die Bahnsteiglänge erlaubt eine flexible Weiterentwicklung. Die kleineren Fernbusse sind in der südöstlichen Ecke angeordnet.

Parken | Zur Vermeidung von Suchverkehr ist Parken nur in unterirdischen Parkdecks möglich. Dem schwierigen Baugrund wird durch die durchgängige eingeschossige Anordnung Rechnung getragen. Das Deck unter dem Klostergarten nützt Topographie und historische Einfassung um auch dieses Angebot landschaftlich unscheinbar zu intergrien.

Stadtboden | Aus dem Kiesbild des groben Strandes entwickelt sich des Bild des Stadtbodens. Mit ausgewaschenen Ortbetonflächen und gegrindeten Farbasphalt entsteht ein sowohl technisch belastbar wie auch gestalterisch lebendiges Bild eines vor die altstadt gelegten lang gestreckten Teppichläufers.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schaffen ein durchgängiges, schmales Band mit einer weitestgehend gleichen Baukörpertypologie. Eine lineare, eingeschossige Handels- /Gewerbefläche in 5 addierten Rechtecken mit aufgesetzten, von den Traufen abgerückten, gleichförmigen Wohnkubaturen.

Die durchgängig maßstäbliche Höhenentwicklung wird sehr positiv bewertet, die Durchblicke von der Stadt zum See als auch umgekehrt sind ebenso gelungen.

Demgegenüber wird die doch sehr schematische städtebauliche Konfiguration als alles überlagernde Struktur kontrovers diskutiert.

Richtig ist die funktionale Bündelung aller Mobilitätsanforderungen in der Mitte des Bandes, bestehendes Stellwerkgebäude, Mobilitätszentrum, mit Fahrrädern im Unterge-schoss, Bahnhofsgebäude und ZOB in Reihe. Der Flächenverbrauch des ZOB scheint zu mächtig, jedenfalls fällt das Band an dieser Stelle städtebaulich auseinander. Die nicht übermächtigen Überdachungen der Bussteige werden hingegen positiv bewertet.

Am östlichen Ende des Bandes definieren die Verfasser aufgrund des Grundstücks-zuschnittes eine Gebäudesonderform, die ein erfrischender Abschluss der ansonsten gleichformigen Typologie darstellt. Die hier fast profilgleiche Fortführung des Kapuziner-weges der lediglich in einem Wendehammer endet, ist städtebaulich zu hinterfragen.

Eine logische Abfolge von kleinen, sehr massstäblichen Plätzen gliedert den Strassenraum Friedrich-Werber-Strasse / Kapuzinerwerg, konsequent in den Sichtachsen aus der Altstadt zum See.

Die geschnittenen Platanen als Stadtgrün wird im Zusammenhang mit der vorgeschla-genen Aufwertung des Gehweges und der durchgängigen Baureihe entlang des Bandes sehr positiv gesehen. Insgesamt scheint der Anteil am öffentlichen Grün zu knapp.

In fünf einzelnen Tiefgaragen bilden die Verfasser die geforderten KFZ-Stellplätze ab. Die Unterbauung des Klostergartens schränkt die realistischen Bepflanzungsmög-lichkeiten – vor allem von Baumstandorten – deutlich ein, ebenso scheint die offene Rampe in diesem Bereich wenig attraktiv.

Alles in allem ein städtebaulicher Beitrag, der keine strukturellen Fehler macht, durch seine schematische Anmut jedoch nicht vollumfänglich oder gar zukunftsweisend überzeugt.