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Award / Auszeichnung | 07/2008

Gestaltungspreis der Wüstenrot Stiftung 2008 "Energieeffiziente Architektur"

1. Blick von Süden auf den Riegel A und B im Originalzustand, Quelle: Baumeister, Heft 4, 1955. Alle Wohnungen besitzen zum Park hin durchlaufende Loggien.

1. Blick von Süden auf den Riegel A und B im Originalzustand, Quelle: Baumeister, Heft 4, 1955. Alle Wohnungen besitzen zum Park hin durchlaufende Loggien.

Energetische Optimierung der Boschetsrieder Siedlung in München.

Auszeichnung

Koch+Partner Architekten

Architektur

Erläuterungstext

Generalsanierung Boschetsrieder Siedlung
München-Sendling, Zielstattstraße 139-141 / 143-145

Diese Siedlung auch Siemens-Siedlung genannt, wurde in den 50iger Jahren von Architekt Emil Freymuth erbaut, in den 80iger Jahren modernisiert und erst nach dieser Sanierung als wegweisende Nachkriegsarchitektur unter Denkmalschutz gestellt.

Die kriegsbedingten Zerstörungen in der „Siemensstadt“ in Berlin waren der Grund für Verla-gerung von Werken und Verwaltung in andere Orte, unter anderem auch nach München.
Die Absicht, eine größere, einheitlich geplante, repräsentative Werkssiedlung nach moderns-ten Gesichtspunkten in Anknüpfung an die Berliner Wohntradition der Siemens Wohnungs-gesellschaft zu errichten, bestand früh.
Dem Architekten Emil Freymuth wurde der Auftrag für die Bebauungsplanung, die Entwurfs-planung und Ausführungsplanung übertragen.Es entstand die größte, geschlossene Wohn-anlage der Siemens Wohnungsgesellschaft außerhalb Berlins.
In der Zeitschrift Baumeister vom April 1955 konnte man über die Siemens-Siedlung lesen, dass sie „..... städtebaulich und wohntechnisch eine große Leistung darstellt, aber auch in sozialer Hinsicht, denn der Bauherr hat freiwillig große finanzielle Leistungen übernom-men….“.
Die Aufgabe des Architekturbüros Koch + Partner ist es nun, die Siedlung in enger Abstim-mung mit der Denkmalpflege zu sanieren und den Gestaltungsduktus der 50iger Jahre wie-der herzustellen. Es entstehen hochwertige Wohnungen die dem heutigen Standart entspre-chen.

Dazu wurde ein Sanierungskonzept entwickelt, das einen Konsens zwischen den gestalteri-schen Belangen des Denkmalschutzes und den energetischen, bauphysikalischen und bau-technischen Erfordernissen schaffen soll und somit letztendlich den Erhalt und die nachhalti-ge Aufwertung des Bestands für die Zukunft sichert.
Wichtige gestalterische Aspekte wurden vor Beginn der Baumaßnahme mit dem Landesamt für Denkmalpflege und der unteren Denkmalschutzbehörde anhand von Detailzeichnungen und Bemusterungen festgelegt. Das Farbkonzept der Siedlung wurde anhand von Bestands-untersuchungen und Befundssicherung durch einen Restaurator rekonstruiert. Eine Solar- bzw. Photovoltaikanlage auf den Dächern wurde von den Denkmalpflegern abgelehnt.
In den 80iger Jahren wurde die noch nicht unter Denkmalschutz stehende Siedlung bereits von außen modernisiert, die Gebäude jedoch außen komplett verändert. Die feine Grafik der 50iger Jahre war damit nicht mehr erkennbar. Im Innenbereich wurden im Laufe der Jahre die einzelnen Wohnungen von den jeweiligen Mietern saniert. Die Grundrisse wurden jedoch nicht verändert.
Bei der Sanierung durch K+P wurden die Grundrisse optimiert. Die für die 50iger Jahre typi-sche Fenster-Tür Kombination in den Wohn- und Schlafzimmern wurde durch ein Fassaden-element (bodenbündige Festverglasung aus 3-fach Verglasung und danebenliegenden Bal-kontüre) ersetzt, zur Verbesserung des Lichteinfall in den Räumen und einer großzügigeren Wirkung der Wohnräume. Ausstattung aller Wohnräume: hochwertiges Vollholz Stäbchen-parkett aus Eiche, weiß lackierte Türen, teilweise mit Glaseinsatz.
Vorgabe des Bauherrn war bei den ersten Wohnzeilen eine Sanierung nach ENEV -30%, bei den weiteren Zeilen eine Sanierung nach ENEV -50%, um sich bei dem Modellvorhaben „Niedrigenergiehaus im Bestand“ der Deutschen Energieagentur (DENA) beteiligen zu kön-nen.
Es wurde eine hoch wärmegedämmte Gebäudehülle – mineralisches Wärmedämmverbund-system – aufgebracht und in den neuen Zeilen 3-fach-Verglasung eingebaut.
Um die dadurch entstehenden tiefen Fensterlaibungen zu vermeiden, wurden die Fenster vor das Bestandsmauerwerk gesetzt. Der Sockel wurde entsprechend dick gedämmt um einen maximalen Rücksprung von 2 cm zu erhalten. Auch die Kellerfenster wurden nach vorne versetzt. Zudem wurde großer Wert auf die Detailplanung gelegt, um nahezu alle Wärme-brücken zu vermeiden. Ergebnis ist die Anerkennung durch die DENA.
Sehr wichtig bei der Fassadengestaltung war das Wiederherstellen der für die 50iger Jahre typischen schmalen Dachkante. Das vorhandene Dach wurde komplett rückgebaut, die Dachsparren aus den 80iger Jahren zu einer neuen Dachkonstruktion umgebaut und mit entsprechenden Dämmmaßnahmen wieder auf die vorhandene Betondecke gesetzt. Als Dachdeckung wurde Edelstahl gewählt, damit das anfallende Regenwasser über Rigolen versickern kann.
Aufgrund der zusätzlichen Wärmedämmung verschmälerte sich der Dachüberstand. Um dies auszugleichen und das Originalmaß von 50 cm wieder herzustellen, wurde der Dachüber-stand verlängert und zusätzlich eckige Regenrinnen eingeplant. Das lässt die Dachkante noch schmäler wirken.
Als eines der wenigen Originalelemente aus den 50iger Jahren stellte sich die Treppenhaus-fassade heraus. Sie wurde fachgerecht restauriert und mit einer VSG Verglasung versehen. Außerdem wurden die Hauseingänge durch eine großzügig verglaste Türkonstruktion er-setzt. Die Aufteilung und Farbgebung wurde an den Gestaltungsduktus der Originaltüren angelehnt. Die Putzoberflächen und Farbgebung von Fassade und Fenster wurden vor Ort bemustert und zusammen mit der Denkmalpflege festgelegt.
Die weiße Siemens Siedlung wird so nach und nach wieder zum Leben erweckt.
Wichtiges Gestaltungselement sind die zweifarbigen Fenster. Die moosgrau gestrichenen Fensterrahmen lassen die Profile noch schlanker erscheinen als sie sind und entsprechen somit den Original Abmessungen und Teilungen der Fenster.
Da die Gebäude hoch gedämmt und luftdicht werden, kann auf Wohnraumlüftung in Form von Zuluftautomaten, die einen dauerhaften Hygieneluftwechsel gewährleisten, nicht verzich-tet werden. So können Feuchteschäden in den Wohnungen vermieden werden.
K+P konnte eine energetisch hochwertige Sanierung von Gebäuden der 50iger Jahre unter Berücksichtigung aller Anforderungen des Denkmalschutzes erzielen.
Trotz Wärmedämmverbundsystem und neuer Fenster konnte den Gestaltungszielen von Architekt Freymuth entsprochen werden. Schmale Kanten, schmale Profile, Farbigkeit und Materialität der 50iger Jahre wurden rekonstruiert, originale Bauteile wie z.B. die Treppen-hausfassade, Handläufe und Balkongeländer wurden renoviert.
Dass die Optik der 50iger Jahre wieder hergestellt wurde, bestätigten auch Mieter, die seit Entstehung der Siedlung dort leben.
2. Die sanierten Riegel A und B im ebenfalls wieder angelegten Park, 2008

2. Die sanierten Riegel A und B im ebenfalls wieder angelegten Park, 2008

3. Ostseite des Riegel B mit Hauseingängen, Wiederherstellung des Gestaltungsduktus der 50iger Jahre.

3. Ostseite des Riegel B mit Hauseingängen, Wiederherstellung des Gestaltungsduktus der 50iger Jahre.

4. Loggien der Süd-/Westfassade. Originalgetreuer Nachbau der Aluminiumwelle der Balkonverkleidungen vor WDVS.

4. Loggien der Süd-/Westfassade. Originalgetreuer Nachbau der Aluminiumwelle der Balkonverkleidungen vor WDVS.

5. Haustüreingangselement - Wiederherstellung des Gestaltungsduktus der 50iger Jahre.

5. Haustüreingangselement - Wiederherstellung des Gestaltungsduktus der 50iger Jahre.

6. Ostseite des Riegel B mit Hauseingängen. Verlagerung der Fenster in die vordere Ebene – Unsichtbares Wärmedämmverbundsystem.

6. Ostseite des Riegel B mit Hauseingängen. Verlagerung der Fenster in die vordere Ebene – Unsichtbares Wärmedämmverbundsystem.