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Nichtoffener Wettbewerb | 03/2009

Philipps-Universität Marburg - Bauwerksplanung Universitätsbibliothek sowie städtebauliche Planung von Teilbereichen des Campus Firmanei

2. Preis

pbr Architekten Ingenieure

Architektur

Kuttner und Kahl Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Erläuterungen

Konzeption
Die Arbeit versucht, den vom Auslober angesprochenen Zielkonflikt zwischen maßstäblicher, städtebaulicher Einfügung einerseits und uneingeschränkter Funktionstüchtigkeit der neuen Bibliothek andererseits aufzulösen. Die Grundüberlegungen, die die Verfasser bereits in der 1. Wettbewerbsphase vorgetragen haben, werden beibehalten und vor dem Hintergrund der vom Auslober gegebenen Überarbeitungshinweise weiterentwickelt.
Die neue Bibliothek bildet das Herzstück, das geistige Zentrum des Campus Firmanei, der sich am nördlichen Rand des Botanischen Gartens, im Übergang zwischen Park und urbanem Stadtraum befindet.
Die Auseinandersetzung mit Lage, Größe und Maßstäblichkeit der Bibliothek hat die vorgeschlagene Konzeption maßgeblich beeinflusst. Es ist das Ziel der Verfasser, die beachtliche Baumasse der Bibliothek nicht als trennendes Bauwerk in Erscheinung treten zu lassen, sondern unter Beachtung der städtebaulichen Körnung die räumliche Durchlässigkeit des Gesamtareals sicher zu stellen. Die Bibliotheksnutzungen werden deshalb in drei einzelnen, oberirdisch getrennten Baukörpern untergebracht, die in der erforderlichen Weise sinnfällig auf verschiedenen Ebenen intern miteinander verknüpft werden. Zusammenhängende Funktionsbereiche werden in unmittelbarer räumlicher Nähe angeordnet und weniger frequentierte Bereiche räumlich getrennt.

Städtebau
Die drei Gebäudeteile der Bibliothek – das Magazin am Pilgrimstein, die Verwaltung in der ehemaligen Hautklinik und das eigentliche Bibliotheksgebäude im Osten – umfassen zusammen mit dem neugotischen Altbau des Botanischen Instituts den neuen Campus Firmanei. Es entsteht ein spannungsreiches Ensemble von sich gegenüberliegenden denkmalgeschützten Altbauten und Neubauten, die einen wohlproportionierten Platzraum mit urbanem Leben und hoher Aufenthaltsqualität umgeben.
Die Fugen und Freiräume zwischen den einzelnen Baukörpern ermöglichen die Vernetzung mit dem städtebaulichen Umfeld. Alle Wege münden auf dem Platz, dessen Gliederung mit den eingestellten Campuskissen die diagonalen und sich kreuzenden Verbindungen räumlich und freiraumgestaltend widerspiegeln.
Der Campus Firmanei wird ein herausragender Ort für die Öffentlichkeit und eine neue Adresse der Exzellenz-Hochschule.

Gebäudeidee
Die Gestaltfindung der neuen Baukörper wurde von verschiedenen Leitbildern beeinflusst. Zum einen sollte mit der Aufnahme vorhandener Traufhöhen – am Pilgrimstein, an der Hautklinik – die städtebauliche Verträglichkeit und die maßstäbliche Einfügung in die Nachbarschaft sichergestellt werden. Zum anderen sollte in der Faltung der Baukörperhüllen die heterogene und prägende Dachlandschaft der Umgebung zeitgemäß weitergeführt werden. Diese wird durch vielfältig geneigte Ebenen unterschiedlichster Baukörper charakterisiert.
Die gewählte Form ist also nicht Selbstzweck – in der Fortführung räumlich wirksamer Kanten, durch die Aufnahme von Bestandshöhen und -breiten, den fließenden Übergängen von Wand- und Dachflächen schmiegen sich die neuen Baukörper in das städtische Gefüge, die Baumassen werden optisch reduziert.

Magazin
Das Magazingebäude befindet sich am westlichen Campusrand und vermittelt zwischen dem Platzniveau und der Straße am Pilgrimstein. Auf fünfeinhalb Geschossen werden die Bestände in Kompaktanlagen untergebracht. Der Baukörper ist auf seiner südlichen Seite auf dem oberen Straßenniveau eingeschnitten – von der Oberstadt kommend, nähert sich der Besucher dem Campus wie durch ein Tor. Die sich aufweitenden Treppen eröffnen von oben einen Blick auf den Platz und die Bibliothek gegenüber.
Von unten mündet die parkbegrenzende Allee über die breite Treppenanlage in der Kerbe auf dem Baukörper. Am Einschnitt liegen das zentrale Treppenhaus mit Eingang und die Nebenräume, die dadurch natürlich belichtet werden können.
Im Untergeschoss befinden sich der Verteilerraum, der durch ein Oberlicht natürlich belichtet wird, und der Bahnhof der Buchförderanlage, der auf der Ebene -1 mit den beiden anderen Gebäuden verbunden ist.

Hautklinik
Das Gebäude der ehemaligen Hautklinik wird saniert und umgenutzt. Hier befinden sich die Bibliotheksverwaltung mit eigenem Personalzugang und einige Sonderräume. Das Untergeschoss des südlichen Flügels wird dabei ausgebaut und mit dem eigentlichen Bibliotheksgebäude verbunden. Eine weitere Anbindung befindet sich ebenengleich im 1. Obergeschoss.

Neue Bibliothek
Der Neubau besetzt im Anschluss an das Altgebäude das östliche Baufeld. Der Haupteingang mit großzügigem Foyer ist dem Campus zugewandt, in der Übergangszone zum Altgebäude liegt das Cafe mit Außengastronomie am Platz.
Im Eingangsbereich werden auf zwei Ebenen zunächst die öffentlich zugänglichen Nutzungen organisiert. Nach dem Passieren der Kontrollstelle beginnt der interne Bereich, der sich auf sechs Ebenen verteilt. Eine den Baukörper umgebende Lichtfuge versorgt dabei in Verbindung mit den Deckenöffnungen das Untergeschoss mit reichlich Tageslicht.
Die Aufstellflächen der Regale folgen der Längsausrichtung des Gebäudes – die Lesebereiche sind dabei am äußeren Rand, vorzugsweise nach Süden mit Blick in den Park ausgerichtet. Ein durch alle Geschosse führender Einschnitt mit Treppenanlage und Dachoberlicht versorgt den Baukörper auch im Inneren mit Tageslicht. Dieser Lichtgraben dient gleichsam der besseren Orientierung im Haus und der schnellen internen Verbindung.

Material und Konstruktion
Bibliotheks- und Magazingebäude folgen den gleichen konstruktiven und gestalterischen Grundsätzen. Sie bestehen aus einem konventionellen Stahlbetontragwerk mit aussteifenden Decken, Kernen und Wandscheiben. Wo sich die Gebäude zum Außenraum öffnen sollen, werden die geschlossenen Wände durch ein System stählerner Tragrahmen ersetzt, die an den Deckenrändern gehalten werden und die Lasten der Fassaden und Dächer aufnehmen. Die mittlere Lichtöffnung im Bibliotheksgebäude wird dabei mit einem Fachwerkträger überdacht.
Die Fassaden des Magazingebäudes sind überwiegend geschlossen, die der Bibliothek sind in weiten Teilen großflächig mit einer Pfosten-Riegel-Konstruktion verglast. Die Dachflächen werden mit einer Foliendichtung und einer Alu-Verbundblecheindeckung versehen. In gleicher metallener Oberfläche wird vor den Glasfassaden ein permanenter Sonnenschutz befestigt. Dieser besteht aus einem Metallgewebe, durch das man wie bei einer Gardine semitransparent hindurchschauen kann. Die Lese- und Arbeitsplätze werden dadurch optimal ausgeleuchtet, die Bücher vor Sonneneinstrahlung und übermäßiger Erwärmung geschützt und der Blick in den Botanischen Garten nicht eingeschränkt. Der Sonnenschutz ist hochwirksam, nachhaltig und wartungsarm.
Die geschlossenen Erdgeschosszonen werden mit einer zweischaligen Sichtbetonfassade ausgebildet, auf der die metallische Fassaden- und Dachkonstruktion wie eine Haube aufsitzt. Durch die einheitliche Materialwahl und Faltung der Gebäudehülle wird der Übergang zwischen Wand und Fassade aufgehoben. Die fünfte Fassade , von der Oberstadt aus großflächig einsehbar, wird zu einer ruhigen und homogenen Erscheinung.
Im Inneren werden schalldämpfende Weichbeläge und schallabsorbierende Decken- und Wandpaneele mit gelochten Holzoberflächen eingesetzt.

Freiraum
Der Freiraum um die Bibliothek ist der Ort an dem sich die öffentliche und die universitäre Sphäre durchdringen.
Der Höhensprung, der den Block durchzieht wird in Form von großzügigen Rasenstufen am Pilgrimstein abgefangen.
Säulenhainbuchen gliedern die Randbereiche des Bibliotheksforums und leiten entlang der Wegebeziehung auf den Platzbereich. Der Alte Botanische Garten wird hierbei als Lesegarten ein Ort des Lernens und der Kontemplation.
Die Folge der Freiräume wird als Kontinuum verstanden, das die solitären Gebäude umfließt und die historische Kernstadt mit dem Bibliotheksforum verknüpft. Gestalterisch formuliert und zusammengehalten wird das zentrale Bibliotheksforum durch ein überlagerndes Ordnungsprinzip, das in Ausrichtung und Achsmaßen vom Hauptgebäude ausgeht. Diese lineare Rasterung wird in verschiedener Weise interpretiert: in der Bepflanzung und Möblierung, vor allem aber in seinem markant linierten Stadtboden: Tradierte und moderne Materialen werden darin zu einem vornehm zeitlosen Teppich verwoben.
Eine Gliederung erhält das Bibliotheksforum durch große „schwebende Rasenkissen“ und einen Wasserspiegel. Zwei in das große Rasenkissen eingeschnittene Promenadenwege erlauben eine diagonale Querung der Platzfläche. Integrierte lange lineare Bänke an der Aufkantung der Rasenkissen sind Treffpunkt am Bibliotheksforum. Die Wiesenfläche der Kissen sollen ebenfalls als Liege- und Sitzfläche genutzt werden können. Große aufgeschlagene Bücher dienen als Holzliegen, andere als Sitzpodeste. Ein filigraner Schleier der schmalblättrigen Esche (Fraxinus oxycarpa) ist Schattenspender an heißen Sommertagen.
Schmale Lichtbänder in der Schattenfuge der Aufkantung der Rasenkissen lassen diese in den Abendstunden schweben. Integrierte Oberlichter versorgen die darunterliegenden Nutzungsbereiche mit Tageslicht.
Im Himmelsspiegel der Wasserfläche reflektieren sich die vorbeiziehenden Wolken ebenso, wie das Lichtspiel der neuen Bibliotheksfassade

Buchförderanlage
Das logistische Konzept für den innerbetrieblichen Buchtransport wird durch eine Förderanlage unterstützt. Über die Förderanlage werden die drei Gebäudeteile der Bibliothek verbunden.
Dabei erfolgt die Anlieferung der Bücher an zentraler Stelle im Altbau in der Nahtstelle zum Bibliotheksbaukörper. Nach ihrer Erfassung können die Bücher auf kurzem Wege in die Bibliothek oder weiter ins Magazin gebracht werden. Über Senkrechtförderer werden in allen Gebäudeteilen die betreffenden Ebenen erschlossen. Die Hauptverteilerebene befindet sich im Untergeschoss und mündet im Verteilerraum des Magazingebäudes. Die Verbindungswege unterhalb des Platzes werden über Oberlichter mit Tageslicht versorgt.
Die Bücher werden in Kunststoffbehältern auf besonders geräuscharmen Gurtförderern transportiert. Im Bibliotheksbaukörper befinden sich die Förderer in den Randbereichen der Servicezonen und werden nur in Ausnahmefällen unter der Decke der Lesebereiche geführt.