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Nichtoffener Wettbewerb | 06/2009

Gestaltung des Creiler Platzes in Marl

Lageplan Phase 1

Lageplan Phase 1

2. Preis

Tanja Piening Landschaftsarchitektin

Landschaftsarchitektur

KRP Architektur GmbH

Architektur

Erläuterungstext

Analyse

Die Stadt Marl weist in ihrer aktuellen Gestalt noch heute deutliche Spuren ihrer historischen Entwicklung aus den ehemaligen Bauernschaften auf, die in späterer Zeit mit den Anforderungen aus den Industriebereichen des Bergbaus und der Chemie überlagert und verknüpft wurden: die Kleinmaßstäblichkeit der Siedlungsstrukturen der heutigen Randbereiche der Stadt wurden in den 1950er und 1960er Jahren mit prägnanten baulichen Großstrukturen und einem künstlichen See zur Definition und Belebung einer „neuen Mitte“ ergänzt. Diese „neue Mitte“ hat mit einem großzügigen und sehr selbstverständlichen Raumangebot Wohnen, Arbeiten, Kulturelle Einrichtungen und Erholungsbereiche spannungsvoll und zukunftsweisend gebündelt. Es stellt auch heute noch ein grundsätzlich tragfähiges funktionales und architektonisches Raumgerüst dar, das in den letzten Jahrzehnten jedoch wiederholt Überarbeitungen und Modifikationen des Gesamtensembles erfahren, die zu einer Verunklarung der ehemaligen Situation geführt haben und nunmehr sowohl städtebaulich-architektonisch als auch freiraumplanerisch einer Überarbeitung bedürfen.

Szenario

Der Ansatz der Verfasser möchte die ursprüngliche Klarheit und gestalterische Kraft des Gesamtkonzeptes der „neuen Mitte“ wiederbeleben, in den ehemaligen Bezügen erneut ablesbar werden lassen und gemäß heutiger Ansprüche weiter entwickeln. Mit einfachen Mitteln und deutlichen Setzungen werden die derzeit sehr stark fragmentierten Platzbereiche wieder zu einer gestalterischen Einheit zusammengefasst, die in ihrer Offenheit weiterhin vielfältige Nutzungen zulässt und neue Dialoge fördert.


Phase 1

Im Sinne dieses Szenarios werden zunächst die wesentlichen Gestaltungselemente des Freiflächenentwurfes der 50er Jahre akzeptiert und lediglich saniert: die Pflanzbereiche, die Kleinarchitekturen (Bänke, Brunnen, Mauerscheiben). Auch die Skulpturen werden als bedeutungsvolle kontemplative Elemente weiterhin auf dem Platz ausgestellt und bespielen die gesamte westliche Platzfläche im Vorfeld des Skulpturenmuseums. Der Platz versteht sich in diesem Bereich als großräumige Freiraumgalerie.

Ebenfalls erhalten werden die aus dem Stützenraster des Museums abgeleiteten Streifenbilder des Belages. Sie geben dem Gesamtraum Maßstab und Halt und heben sich gleichzeitig durch einen Richtungswechsel im Bereich der Lindenallee von den stadträumlichen Bezügen jüngerer Jahrzehnte ab.

Der Platzbereich vor dem Marler Stern kommt den Anforderung an einen Einkaufs- und Flanierbereich nach, bietet daher auch u.a. einen überdachten Fahrradunterstellplatz an, zudem entsteht ein Platz im Platz, der an besonders heißen Tagen unter einem Kronendach Schattenraum anbietet und einen Rückzugsort innerhalb der ansonsten sehr offen gehaltenen Flächen darstellt. Der Bodenbelag wird hier als Wassergebundene Decke angelegt, signalisiert durch die Haptik den Eintritt in einen anderen Bereich, ist auch taktil spürbar und geht westlich nahezu fließend in einen weiteren Sonderraum über:

im Bereich des Citysees entsteht gleichberechtigt zwischen allen Platzteilen im Aufspannungsbereich zwischen westlicher und östlicher Platzhälfte eine großzügige Terrasse am Wasser, die mit Sitzstufen an den See heranführt und einen direkten Kontakt mit diesem Wasserraum ermöglicht.

Auf der Terrasse werden skulpturale Sitzgelegenheiten angeboten, zudem wird ein Restaurantpavillon errichtet, der einen klaren Endpunkt der Platzfläche zu den angrenzenden Parkflächen definiert und das notwendige gastronomische Angebot zur weiteren Belebung des Platzes bietet. Er ist in seiner architektonischen Ausgestaltung als Blickfang vom Platz ausgebildet und wird in seiner markanten Erscheinung mit diesem Ort verbunden werden.

Eine wichtige Bedeutung kommt künftig auch der Fassade des Karstadtgebäudes zu: die Fassade wird als rückwärtige Kulisse des Platzes gesehen und erhält durch begrünte vertikale Elemente ein neues frisches Erscheinungsbild, das nachts in dieser Struktur entsprechend illuminiert wird. Neben immergrünen Pflanzen werden auch blühende Kletterpflanzen vorgesehen, die die Jahreszeiten an der Fassade ablesbar werden lassen und der ehemals düsteren Fassade eine heitere Note verleihen.


Phase 2

Für den östlichen Teilbereich des Platzes schlagen die Verfasser eine weitere Ausbauphase vor. In dieser Phase soll das Vorfeld des Marler Sterns durch eine bauliche Fassung ergänzt werden, die diesen besonderen Ort am Wasser zusätzlich beleben und stärken soll und durch weitere Angebote an Gastronomie und Wohnen den Dialog mit dem Gesamtensemble intensivieren könnte.

Eine Arkade ist begleitend zur Allee der Josefa-Lazuga-Straße vorgesehen. Als Nutzung ist für das Erdgeschoß eine großräumige Gastronomie mit Veranstaltungsräumen und z. B. einer Bowlingbahn angedacht. Für die oberen Geschosse sind „Townhouses“, d.h. großzügige individuelle Wohnungen möglich, die sich durch ihre besondere Lage (Seeblick und Zentrum) und ausgezeichnete Infrastruktur (Einkaufen und Parken) auszeichnen. Diese Wohnnutzung schließt die Lücke zwischen den bereits vorhandenen Wohnzeilen und könnte das Gebiet nachhaltig und zeitgemäß aufwerten.

Höhensituation

Die Platzflächen werden weitgehend innerhalb ihrer bestehenden Höhensituation belassen, lediglich im Bereich des Holzpodestes werden die bestehenden Flächen überbaut und auf das angrenzende Platzniveau angehoben, die Abfangung des Plateaus zu der südwestlich angrenzenden Parkanlage erfolgt über eine verdeckte Mauerkante.

Material- und Farbkonzept

In stilistischer Anpassung an den Bestand wird eine Ausführung der Platzflächen in Beton- oder Betonwerkstein der Formate 20/20 cm vorgeschlagen, es soll ein einheitliches Gesamtbild in einem hellen weißlichen Farbton entstehen, eingespielt werden eingefärbte Einzelsteine in bläulichen Nuancen, die dem Auge spannungsvolle Abwechslung und ein lebendiges Gesamtbild aus der Sicht der oberen Stockwerke der umgebenden Hochhäuser bieten: der Platz kann in der Aufsicht aus der Entfernung als ein abstraktes Farbenbild gelesen werden. Die Streifen des Belages werden rein weiß gehalten, sie bestehen aus gegossenem Beton oder aus Platten der Formate 60/ 80.
Die Treppenanlagen zum See werden ebenfalls aus Beton- oder Betonwerkstein in Blockstufen angelegt, die Seeterrasse versteht sich als Holzdeck aus einheimischer Robinie, die Sitzskulpturen sind wahlweise in Beton oder ebenfalls mit Holzauflage vorstellbar.
Die östliche Platzfläche erhält in Verlängerung der Seeterrasse einen haptisch abgesetzten Bereich aus wassergebundener Decke mit einer weißen Abstreuung aus Naturstein.
Die Bänke sollen als Betonkuben mit einer Holzauflage ausgestaltet werden.
Das Baumdach dieses Platzbereiches ist als Platanendach vorstellbar, sowohl gezogene Kronen als auch ein natürlicher Habitus erscheinen uns denkbar.
Die Begrünung der Karstadtfassade soll mittels Wildem Wein, Efeu und Blauregen erfolgen, farblich weißlich und bläulich nuanciert.

Die Beleuchtung erfolgt über Mastleuchten in Fortführung der bereits in den Anschlussplanungen festgelegten Standorte, wünschenswert wäre eine Vereinheitlichung des Typ in stilistischer Abstimmung auf das Platzkonzept, was für die Anschlussflächen aus Sicht der Verfasser stellenweise eine Typveränderung begrüßenswert werden ließe.

Beurteilung durch das Preisgericht

Es gelingt dem Verfasser in hervorragender Weise, die räumliche Beziehung zwischen Museum und Marler Stern herzustellen. Vor allem durch die Gliederung mit der als Fuß- und Radwegeverbindung wichtige Josefa-Lazuga-Straße ist funktional und gestalterisch der Raum überzeugend aufgeteilt. Die Anordnung des Hochdecks mit Pavillon ist an der richtigen Stelle.Das Herausheben der harten Seekante durch die winkelförmige Treppenanlage bildet einen angemessenen Übergang zur Urbanität des Platzes. Das Platanendach bildet mit dem Holzdeck eine gestalterisch nachvollziehbare Einheit mit unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten. Es gliedert den Platz nochmals nach Osten. [...]
Die Entwicklung einer grünen Fassadengestaltung als Zwischenlösung wird positiv bewertet. Vor allem die Realisierbarkeit der 1. Phase zeichnet den Entwurf aus. Die Überlegung der 2. Phase, vor dem Marler Stern eine Gebäudezeile zu platzieren, ist städtebaulich sehr nachvollziehbar. [...]
Die Lösung bietet optional je nach Nutzungsgefüge eine interessante Variante.
Blick vom Platz Richtung Pavillon und Baumgruppe, Phase 1 (oben) und Richtung Townhouses Phase 2 (unten)

Blick vom Platz Richtung Pavillon und Baumgruppe, Phase 1 (oben) und Richtung Townhouses Phase 2 (unten)

Lageplan Platzgestaltung Phase 1

Lageplan Platzgestaltung Phase 1

Lageplan Phase 2

Lageplan Phase 2

Schnitte A-A und B-B Phase 1

Schnitte A-A und B-B Phase 1

Details Platzflächen

Details Platzflächen