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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2009

Neubau eines Büro- und Sozialgebäudes

2. Preis

Schröder Architekten

Architektur

Horeis+Blatt Partnerschaft mbB Garten- und Landschaftsarchitekten BDLA

Landschaftsarchitektur

S3 Sasse + Sasse GmbH Beratende Ingenieure und Architekten

Architektur

Architektur- und TGA-Planungsbüro Carsten Grobe Passivhaus

TGA-Fachplanung

SICKNIFIKANT - Architektur & Mediengrafik

Visualisierung

Erläuterungstext

Der Standort im städtebaulichen und betrieblichen Umfeld

Der Standort des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Region Hannover (aha) liegt an der Karl-Wiechert-Allee im Stadtbezirk Buchholz-Kleefeld und somit ca. 8 km außerhalb der Innenstadt von Hannover.
Das ca. 6,6 ha große Betriebsgeländes des aha ist eingebunden in ein heterogenes Gewerbegebiet, dass durch den südlich angrenzenden Fernmeldeturm „Telemax“ geprägt ist.
Auf dem Planungsgelände befinden sich eine Vielzahl von Gebäuden, meist eingeschossige Solitäre, die aufgrund ihrer spezifischen Funktionen unterschiedlich ausgebildet und über ein orthogonales Straßennetz miteinander verbunden sind.

Für die Wettbewerbsaufgabe stand eine Fläche zwischen dem Technischen Dienst und der südlichen Grundstücksgrenze zur Verfügung. Die an dieser Stelle vorhandene Salzhalle muss abgerissen werden. Der im Süden unmittelbar angrenzende Technikraum bzw. die Fernwärmeübergabestation wird im Erdgeschoss des neuen Gebäudes integriert.

Der gewählte Entwurf fügt sich aufgrund seiner Kubatur und Lage in das bisherige Konzept ein.


Gebäudekonzept – Architektonische Qualität
Der Z-förmige Gebäudekörper schafft mit seinen Kopfbauten eine Orientierung zum Eingangsbereich des Betriebsgeländes und im südlichen Bereich eine Adressbildung zum stark frequentierten Wertstoffhof. Die durch den schräg verlaufenden Verbindungsteil entstehenden Zonen bilden im Erdgeschoss großzügige Freiflächen vor dem Aufenthaltsbereich bzw. dem Nebeneingang.
Hier können unter der geplanten Überdachung auch die morgendlichen Arbeitseinteilungen erfolgen.
Durch die Begrünung der Terrassen bzw. dem Gründach über dem Umkleidebereich entstehen in den darüberliegenden Geschossen kleine begrünte Bereiche, die auch zur Verbesserung des Mikroklimas in dem ansonsten stark versiegelten Gelände beitragen sollen. Das Gebäude wird mit einer Ziegelfassade ausgeführt. Der hartgebrannte Ziegel bietet durch seine Oberfläche einen guten Schutz vor mechanischen Beschädigungen, ist wartungsarm und unempfindlich gegen Verschmutzungen.
Die großzügigen Fensterbänder wickeln sich wie ein Band um die Fassade. Die transparenten Bänder sind lediglich durch antrazithfarbene Paneele unterbrochen.

Diese Paneele bieten die Möglichkeit Leichtbauwände flexibel anzuschließen, so dass Räume unterschiedlicher Größe leicht herzustellen sind.
Der Baukörper ist durchgängig dreigeschossig und somit wirtschaftlich und kompakt konzipiert. Um der Nutzung als Betriebsgebäude als auch einer Büronutzung gerecht zu werden, werden funktionale Überschneidungen im Entwurfskonzept vermieden.
Um auch den Wertstoffhof in das neue Konzept mit einzubinden, erhält dieser ebenfalls ein neues Gesicht. Entlang der Neue-Land-Straße wird eine Backsteinmauer errichtet, die unterbrochen von Sichtbetonstützen ist. Auf diesen Stützen befinden sich Aufdrucke welche Wertstoffe auf dem Recyclighof verwertet werden. Auch die Überdachung für die Gefahrstoffsammlung ist in dem Neubau integriert.

Äußere und innere Erschließung
Der Haupteingang orientiert sich zum zentralen Eingangsbereich bzw. zur internen Haupterschließungsachse. Eine kurze Anbindung an die schräg gegenüberliegende Verwaltung ist somit gewährleistet.
Der Nebeneingang ist dagegen zu den übrigen Betriebsbereichen, insbesondere der KFZ - Abstellhalle ausgerichtet um kurze Wege für die Mitarbeiter sicherzustellen.
Im Inneren des Gebäudes befinden sich zwei Erschließungskerne, die jeweils zum festinstallierten Kommunikationtresen führen.
Diese Tresen dienen dem Aufenthalt, aber sie bieten auch Raum für kurze Besprechungen. Durch die spannende Geometrie der Aufenthaltsbereiche entstehen abwechslungsreiche Räume mit einer ganz eigenen Identität.

Raumprogramm und Funktionsabläufe
Durch den Z-förmigen Grundriss ergeben sich auf den einzelnen Etagen verschiedene Zonen. So entstehen in den beiden Köpfen jeweils eine zusammengehörende Abteilung und in dem diagonalen Verbindungsteil eine Weitere. Diese Differenzierung findet sich auch in den Grundrissen wieder. So sind Abteilungen oder Sachgebiete nicht verstreut über einen langen Flur angeordnet, sondern finden sich in einzelnen Grundrissabschnitten zusammen.

Auch im Erdgeschoss wurde dieses System beibehalten. Die Disposition bildet den Kopf des Gebäudes. Durch den Haupteingang gelangt man in den zentralen Flur mit Informationstresen und Wegweiser. Dieser Tresen bildet funktional eine Analogie zu den Kommunikationstresen in den Obergeschossen – er dient als Treff- und Orientierungspunkt.
An diesen Bereich gliedert sich auch der Aufenthaltsraum an. Er orientiert sich zum Innenhof und verfügt über eine großzügige Fensterfront. Der Innenhof bietet mit dem vorgesehen Holzdeck und den Grünflächen Aufenthaltsmöglichkeiten im Freien.
Die Umkleiden werden sowohl über den Haupteingang, als auch über den Nebeneingang erschlossen. Durch die Anordnung der Umkleidekabinen an der Ostseite des Gebäudes –in Richtung der Fahrzeughallen – ist ein effizienter und kreuzungsfreier Arbeitsablauf gewährleistet.

Wirtschaftliches Konzept und Flexibilität
Durch die Reduzierung des Tragsystems auf tragende Außenwände und Stützen mit Unterzügen, ist ein äußerst flexibler Grundriss möglich.

Die raumbegrenzenden Leichtbauwände können beliebig ver- bzw. gesetzt werden. Da die Fensterbänder allseitig um die Fassade laufen, sind auch Raumanordnungen an den Stirnseiten des Gebäudes denkbar. So könnte beispielsweise ein Großraumbüro über die gesamte Gebäudetiefe verlaufen.
Um den Anschluss der Leichtbauwände an die Fassade möglich zu machen, sind Paneele so angeordnet, dass sie die Trennwände von Räumen unterschiedlicher Größe aufnehmen können.

Energiekonzept

Grundlagen
Das massive 3-geschossige Gebäude ist im Passivhausstandard geplant. Der Passivhausstandard stellt kurz- bzw. mittelfristig den wirtschaftlichsten energetischen Gebäudestandard dar. Der Grundsatz liegt auf hochwertiger aber reduzierter Gebäudetechnik gegenüber einer sehr hochwertigen und vor allem langlebigen Gebäudedämmung, die maßgeblich zum Komfort des Gebäudes beiträgt – nach dem Motto „Dämmung ist langlebiger und daher wirtschaftlicher als Gebäudetechnik“.
Aufbauend und erweiternd zum Passivhausstandard sollen weitere Schwerpunkte auf die Vermeidung von inneren Lasten durch effektive Beleuchtung, Lichtlenkung und passive Kühlung gelegt werden.

Durch eine hochwertige Be- und Entlüftungsanlage mit passiver Kühlung und CO2-Steuerung soll eine hochwertige Raumluftqualität erreicht werden.

Gebäudehülle

Gründung
Die Dämmung im Gründungsbereich soll aus Schaumglasschotter hergestellt werden. Schaumglasschotter besteht aus 98% recyceltem Glas, das in der Weiterverarbeitung von Glas nicht weiter eingesetzt werden kann und zu 2% aus rein mineralischen Zuschlagstoffen. Das Material ist bei entsprechender Verdichtung druckfest, so dass auf Streifenfundamente und Frostschürzen verzichtet werden kann. Dadurch werden Kosten reduziert und es wird gleichzeitig eine sonst kaum vermeidbare Wärmebrücke umgangen.

Fassade
Gewählt wurde eine reduzierte Lochfassade, da bei einem Bürogebäude im Passivhausstandard der Energiebedarf für die Kühllast meist höher ist als die Heizlast im Winter. Als Wärmedämmung wird ein System aus ca. 26-30cm Dämmung mit Klinkerriemchen verwendet.
Die Fensterbänder bestehen aus Passivhausfenstern mit integriertem Sonnenschutz und Lichtlenkfunktion, um die erforderliche künstliche Beleuchtung möglichst weit zu reduzieren.

Dachdämmung
Für die Dachdämmung wurde eine ökologische Mineraldämmplatte gewählt, die nicht brennbare Eigenschaften vorweist und wie der Schaumglasschotter bezogen auf den Energiebedarf von der Herstellung bis zur Entsorgung im Vergleich zu anderen Dämmstoffen eine positive Lebenszyklusbetrachtung hat.
Statisch ist die Dachfläche so konzipiert, dass eine Photovoltaik-Anlage in das energetische Gesamtkonzept mit eingebunden werden kann.

Gebäudetechnik

Kontrollierte Be- und Entlüftungsanlage
Vorgesehen ist eine hochwertige Lüftungsanlage mit bis zu 90% Wärmerückgewinnung, welche über CO2-Sensoren eine hohe Raumluftqualität garantiert. Der Fachplaner hat bereits gute Erfahrungen bei einem schon erstellten Passivhaus-Bürogebäude sammeln können, in dem die Funktionen Lüften, Heizen und Kühlen nicht mehr aus drei aufwändigen teuren Systemen bestehen, sondern über ein einziges Rohrsystem verteilt werden. Diese aus der Kältetechnik bekannte luftgeführte Bauteilaktivierung reicht bei diesem Passivhausgebäude aus, um auch die gesamte Heizlast des Gebäudes abzudecken.

Mittels Geothermie bzw. solarbetriebener Absorptionskälteanlage werden die Betonmassen vorgekühlt. Mit einer Nachtlüftung kann eine Grundlast der Gebäudekühlung abgedeckt werden. Vorteil dieses Systems ist, dass keine kalten Raumlufttemperaturen unter 20°C im Sommer im Kühllastbetrieb in den Raum eingeblasen werden, wie es bei herkömmlichen strombetriebenen Kälteanlagen der Fall ist.

Bei hohem und ausreichendem Grundwasserstand kann die Bereitstellung der Kälte mittels Geothermie durch dieses passive System überwiegend ohne aktive Nachkühlung erfolgen.

Die Kombination der herkömmlichen Systeme Heizen, Lüften, Kühlen in nur einem System spart erhebliche Baukosten bei gleichzeitiger Steigerung der Raumluftqualität. Diese Einsparungen sollen in die hochwertige und langlebige Gebäudehülle investiert werden.

Heizungssystem
Der geringe Heizwärmebedarf erfolgt über die Fernwärmeversorgung. Da Fernwärme in Hannover einen sehr hohen KWK-Anteil besitzt, ist dies durchaus ein hochwertiger ökologischer Ansatz. Die Ausführung von Heizkörpern kann dann auf eine sehr reduzierte Anzahl beschränkt werden.

Beleuchtung
Durch den Einsatz von Verschattung mit Lichtlenkfunktion, den Einsatz von LED-Technik in der Beleuchtung sowie den Einsatz von Tageslichtkaminen mit Prismen – sogenannten Lichttubes – im Flurbereich des Obergeschosses sollen die indirekten Wärmegewinne durch die Beleuchtung reduziert werden, um so eine rein passive Kühlung zu ermöglichen. Gleichzeitig sollen möglichst viele innenliegende Bereiche mit Tageslicht versorgt werden, die sonst lediglich mit Kunstlicht beleuchtet werden könnten.

Eine tageslichtabhängige Beleuchtung und, z.B. in Sanitärbereichen, Bewegungsmelder mit manueller Übersteuerungsmöglichkeit sollen den Strombedarf weiter reduzieren. Der Vorteil gegenüber klassischen Bewegungsmeldern liegt darin, dass die Beleuchtung zuerst manuell eingeschaltet werden muss, dann aber mittels Bewegungsmelder erkennt, ob noch Bedarf an Licht besteht.

Zusammenfassung
Der Passivhausstandard stellt nur einen Baustein des Energiekonzeptes dar. Die Vermeidung von internen Lasten, der Einsatz natürlicher und über den Lebenszyklus betrachtet ökologischer Baustoffe, Dachbegrünung, Regenwasserversickerung, Grauwassernutzung vor allem aber die Betrachtung der passiven Kühlleistung sollen in dieses Konzept ebenso einfließen wie die Betrachtung des Heizwärmebedarfs.

Ziel ist ein Gebäude mit hohem Nutzerkomfort, ein wirtschaftliches Gebäude mit langfristig niedrigen laufenden Nebenkosten und ein Gebäude mit hohem Werterhalt, das gleichzeitig einen Beitrag zum Umweltschutz leistet.