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Nichtoffener Wettbewerb | 11/2009

Wohnen für Generationen, Neuhausen auf den Fildern

Blick Vogelperspektive

Blick Vogelperspektive

3. Preis

Preisgeld: 8.500 EUR

Kauffmann Theilig & Partner, Freie Architekten BDA, Partnerschaft GmbB

Architektur

Erläuterungstext

Städtebau und Baukörper

Die Haupterschließung von der Kirchstraße ermöglicht eine zentrumsnahe Ausstrahlung und gewährleistet kurze Wege zu allen benachbarten Infrastruktureinrichtungen. In diesem Sinne bauen wir die inhaltliche Nutzungsstruktur des Quartiers auf. Das Seniorenwohnen liegt deshalb im Eingangsbereich, so dass möglichst viele städtische Angebote barrierefrei genutzt werden können. Gleichzeitig besteht eine direkte Verbindung zum Pflegeheim, das sich quasi im Herzen des neuen Gebietes befindet, bestens andienbar ist und einen direkten Bezug zum großzügigen Grünbereich des östlichen Grundstücksteiles hat.
Gegenüber vom Seniorenwohnen und Altenpflegeheim liegen ebenfalls in direktem Bezug das Haus der flexiblen Hilfen sowie das Reihenhaus zur Unterbringung von dezentralen Wohngruppen. Damit sind alle wesentlichen Funktionsbereiche stadträumlich konzentriert, jedoch nutzungsbezogen individuell konzipiert.

Eine spannende Zwischenzone, quasi eine Magistrale, führt von der Kirchstraße aus großzügig über einen vorgelagerten kleinen Grünbereich in und durch das Quartier hindurch und läuft wie selbstverständlich in den schönen durchgrünten Talauen zum Sulzbach hin aus. Dadurch wird eine interessante Sicht- und Wegebeziehung vom Stadtkern aus über die Kirchstraße durch das neue Quartier ermöglicht und dadurch dem öffentlichen/ halböffentlichen, aber auch privaten Charakter der jeweiligen Nutzung Rechnung getragen.

Die Ausformung der Baukörper nimmt, soweit möglich, die umliegende Baustruktur auf. Die Dachlandschaft ist durch die teilweise Zurücknahme der Obergeschoße differenziert gestaltet. So führt das Seniorenwohnen nahtlos die Wohnzeile entlang der Kirchstraße fort. Die Reihenhäuser und das Haus der flexiblen Hilfen orientieren sich demzufolge typologisch zum südlich benachbarten Wohngebiet hin. Das Pflegeheim sucht aufgrund seines vorgegebenen Volumens, aber auch durch eine sinnvolle Ausrichtung auf dem Grundstück, den Bezug zu den schulischen Einrichtungen im nördlichen Bereich.

Die Wohnbebauung entlang der Karlstraße wird auf dem zur Verfügung stehenden Grundstücksbereich erweitert um acht Doppelhaus- und zehnt EFH-Grundstücke. Ihre Erschließung erfolgt von der Karlstraße her. Die Anlage ist so konzipiert, dass sie das vorhandene Wohngebiet möglichst nur arrondiert und nicht eigenständig in Erscheinung tritt. So ist gewährleistet, dass eine weitgehend befreite Grünachse durch das neue Quartier verlaufen kann, und dass der intensiv genutzte Grünbereich vom Kindergarten bis zum Wohngebiet zusammenhängend bleibt.

Die bestehende Gruppe des Kindergartens St. Franziskus bleibt erhalten und wird durch zwei neue Gruppen sinnvoll und baulich eigenständig ergänzt zu einer neuen 3-gruppigen Kindertagesstätte. Sie wird von der Klosterstraße her erschlossen. Ihr seitheriger Außen-Nutzungsbereich bleibt erhalten.

Die Dächer sind als begrünte Flachdächer definiert. Dieses ermöglicht einerseits angenehme Dachaufsichten von der Umgebenen Bebauung aus (z. B. Schule) andererseits ergeben sich zusätzlich attraktive Nutzungen in Form von Dachgärten und Terassen. Das gilt auch für das neue Wohngebiet, auch hier ist es wichtig die neuen Häuser von der gegenüberliegenden Panoramastraße als eine in seiner Körnung angenehmen, tendenziell harmlosen Bebauung wahrzunehmen, welche die schönen, vorhandenen Grünflächen möglichst wenig stören.


Das Seniorenwohnen

Die Seniorenwohnanlage mit ihren zwölf Wohnungen nach dem Konzept des betreuten Wohnens im Alter steht für einen „normalen Wohncharakter“, der behindertengerecht ist und sich im Prinzip wie die Wohnhäuser entlang der Kirchstraße verhält. Sie ist deshalb dort angeordnet. Bei optimaler Belichtung und Besonnung der Wohn-einheiten und im Wesentlichen nach Süden ausgerichtet entsteht hohe Wohnqualität. Durch das „Abklappen“ von der Kirchstraße weg, wird dem Aspekt der Lärmimmission Rechnung getragen. Ein individuelles Erschließungselement, mit Treppenhaus und Aufzug und einer entsprechenden Vorzone, ermöglicht ein attraktives Wohngebäude mit zugeschalteten Sondernutzungsmöglichkeiten, z. B. zur Pflegeeinrichtung, die geschützt auf kürzestem Weg erreicht wird. Das zurück gezogene 2. OG erzeugt einen besonderen Baukörperabschluss und reagiert damit auf die kleinteiligere Dachstruktur in der Wohnbau-Umgebung.


Das Pflegeheim

Das Pflegeheim mit seinen vier Hausgemeinschaftsgruppen auf zwei Ebenen mit je zwölf stationären Plätzen ist ausschließlich in Einzelzimmern organisiert. Zwei Hausgemeinschaftsgruppen sind speziell für demenzerkrankte alte Menschen geplant. Diese beiden Gruppen liegen im Erdgeschoss mit entsprechender Anbindung an den umschließenden, gemeinsamen, beschützenden Freibereich. Dieser öffnet sich großzügig zur Nachbarbebauung (Schule etc.) und erhält die gewünschte Blickbeziehung zur St. Petrus und Paulus Kirche.

Die klar strukturierten und wirtschaftlich organisierten Bewohner-zimmer mit möglichst kurzen Zwischenfluren gehen von einem südlich gelegenen Gemeinschaftsbereich aus, der den körperlichen und kognitiven Beeinträchtigungen der Bewohner weit möglichst Rechnung trägt, indem die nach Süden hin orientierten Wohn-, Koch- und Essbereiche so konzipiert sind, dass einerseits ein freundliches, helles Wohnmilieu entsteht, und die Essbereiche zum Garten hin liegen, andererseits können „Wanderer“ die Bereiche weitläufig durchgehen. Vom Pflegedienstzimmer der jeweiligen Gruppe aus ist ein optimaler Überblick gegeben. Das Pflegebad liegt als Solitär im Zentrum, so dass es von jeweils zwei Gruppen genutzt werden kann. Der Eingangsbereich ist hell und freundlich gestaltet, so dass sich die Besucher leicht orientieren können, unaufdringlich warten können, oder aber über Treppe und Aufzug in die nächsten Ebenen gelangen.

Die Bewohnerzimmer sind entweder ost- oder westorientiert, so dass eine rein südliche Auslegung vermieden ist. Die Kücheninseln liegen zentral und erreichen so einen größtmöglichen Kommunikationscharakter im Tagesablauf.

Der geschützte Freibereich wirkt der Weglauftendenz mancher Bewohner entgegen, wobei dem Bewegungsdrang genügend Raum gegeben wird. Er ist gut besonnt, da die angrenzenden Gebäude im Wesentlichen nur zweigeschossig sind. Die Hausgemeinschaften im 1. OG erhalten je einen Balkon, der attraktiv, nach Süden bzw. Südwesten hin orientiert ist und direkt an die Wohnbereiche anschließt. Der Multifunktionsraum dient jeder Gruppe individuell, kann aber bei Bedarf auch zusammengeschaltet werden, so dass eine großzügige Fläche für gemeinschaftliche Aktionen angeboten wird.

Die Zufahrt zum Altenpflegeheim ist so gestaltet, dass ein Krankentransportwagen in unmittelbarer Nähe des Haupteingangs abgestellt werden kann. Zusätzlich gibt es acht oberirdische Stellplätze.

Im 2. OG befindet sich die Verwaltung, die einerseits aus dem Bereich SKF besteht, andererseits aus der Verwaltung für das Altenpflegeheim. Beide Bereiche sind so geplant, dass sie zwar getrennt funktionieren, allgemeine Einrichtungen aber gemeinsam benutzen können, wie z. B. Teeküche und Veranstaltungsraum. Dieser Bereich für Begegnung und Gemeinwesenarbeit kann bei Bedarf großflächig zusammengeschaltet werden. Großflächige Dachgärten erlauben eine zusätzliche attraktive Nutzung.


Haus der flexiblen Hilfen

Die ambulante und stationäre Jugendhilfe ist im Haus der flexiblen Hilfen untergebracht. Diese ist in seiner Lage ebenfalls so konzipiert, dass sie zum einen gut und zentral von der Stadt aus erreichbar ist, andererseits aber auch das Netzwerk zu den weiteren Nutzungs-einheiten aufbauen kann. Zusammen mit dem daneben liegenden Reihenhaus zur Unterbringung von dezentralen Wohngruppen, ist diese familienähnliche Wohnstruktur auf eigenen Grundstücksparzellen gelegen. Dies erlaubt eine spätere anderweitige Nutzung oder Veräußerung. Sowohl die Reihenhäuser, als auch das Haus der flexiblen Hilfen ist in der Fassaden-charakteristik so ausgebildet, dass es größtmögliche Beziehung zum Thema „Wohnen“ aufnimmt, andererseits aber - z. B. im Gegensatz zum Seniorenwohnen - nach außen offener wirkt und nicht zuletzt dadurch ein individuelles „Gesicht“ erhält. Dieser spezielle, eigene Wohn- und Kontaktbereich erhält auch im Freibereich besonders zugeordnete Elemente, wie Tischtennis, Basketball, Boccia etc. Feste und Feiern der Kinder- und Jugendhilfe finden entweder hier statt und/oder zusammen mit dem Bereich der „Villa Kunterbunt“. Darüber hinaus kann der intensiv gestaltete Grünbereich (Zentralpark) im östlichen Wettbewerbsgebiet genützt werden.


Kindertagesstätte

Die bestehende Gruppe des Kindergartens St. Franziskus bleibt erhalten und wird durch zwei neue Gruppen zu einer 3-gruppigen Kindertagesstätte erweitert.

Durch die erdgeschossige Anbindung entsteht eine lebendige und Licht durchflutete Raumfolge, die über den einladenden und kommunikativ wirkenden Zugangsbereich von Norden (Klosterstraße) erschlossen wird. Die eingeschossige Bauweise erlaubt Dacheinschnitte, die einerseits den Gebäudekörper von dem Bestand lösen, andererseits für größtmögliche Tageslichtverhältnisse sorgen.

Im Obergeschoss ist die Kinderkrippengruppe für die unter 3-Jähr-igen untergebracht, zusätzlich ein Schlafraum. Damit ist dieser etwas ruhigere Gebäudeteil nutzerspezifisch abgetrennt.


Erschließung und Außenanlagen

Zentrum des Quartiers sind gemeinsam genutzte Verkehrsflächen und Platzfolgen für alle Bewohner und Nutzungen.

Kinder- und Jugendhilfe mit „Haus der flexiblen Hilfen“, Reihenhäusern mit Wohngruppen und Villa Kunterbunt sind südlicher Anlieger des Platzraumes. Auftakt an der Kirchstraße bildet ein umgrenzter Gartenraum mit Bauerngarten und Aufenthaltsbereichen, der sich besonders für Kontakte zum gegenüberliegenden Seniorenwohnen eignet, den Abschluss im Osten bildet der geschützte Gartenbereich zwischen Villa Kunterbunt und neuer Wohnbebauung mit Grillstelle, Pavillon und Spielangeboten, dem sich die neue Festwiese auf dem Plateau zwischen Bebauung und Hangkante anschließt. Alle Flächen der Jugendhilfe können auch intern durch einen südlich der Gebäude geführten Weg erschlossen werden.

Das Pflegeheim bildet mit dem Seniorenwohnen die nördliche Platzkante. Der geschützte Freibereich des Pflegeheims öffnet sich zur Kirche St. Petrus und Paulus, die Eingangszone im Süden lädt zum Verweilen und zu Gespräche zwischen den Generationen ein. Von hier kann man den Generationenweg als Rundweg über die Festwiese zur Aussichtterrasse laufen, weiter entlang der Hangkante Richtung Kirche vorbei an Kindergarten und Pfarrhaus. Eine Verbindung zum Schulgelände ermöglicht einen kürzeren Rückweg.

Der geschlossene Vegetationsbestand am Talhang wird im Bereich FlSt. 458 soweit ausgelichtet, dass ein freier Blick auf die Sulzbachaue und die gegenüberliegende Hangkante frei wird. Zwischen Festwiese und Aussichtterrasse überbrücken Rasenwellen die Höhendifferenz zur wichtigen Wegeverbindung zwischen Karlstraße, neuem Wohngebiet und dem Kirchplatz. Die Rasenwellen laden ein zum Picknick und Spielen. Als Fußweg in die Talaue kann der nördliche Erschließungsweg der neuen Wohnbebauung genutzt werden.

Der Freibereich für die Kirchengemeinde bleibt erhalten. Durch die Erweiterung der Kindertagesstätte gehen Freiflächen verloren, der Spielwiesenbereich der KiTa kann durch leicht demontierbare Einfriedungen bei Veranstaltungen mitgenutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die städtebauliche Leitidee des Projektes zielt auf eine räumliche Vermittlung zwischen den privaten Wohnbauten und den sozialen Wohnnutzungen mittels eines die Sulzbachaue großzügig begleitenden Grünzugs.
Diese konsequente Entscheidung der räumlichen Entflechtung der beiden Wohnnutzungen mündet in der Grundfrage nach dem angemessenen Maß und der Art der Verknüpfung, die im Preisgericht kontrovers diskutiert wird.
Die stadträumliche Zuordnung der privaten Wohngebäude zu den angrenzenden Wohnquartieren sowie die Orientierung der sozial genutzten Wohngebäude zu den öffentlichen Gebäuden wie Schule und Gemeindehaus unterstreicht die konzeptionelle Idee.

Eine Gruppe aus vier einzelnen Kuben für alle sozial orientierten Nutzungen mit einer gelungenen Integration der Villa Kunterbunt bildet ein eigenständiges Ensemble. Das neue Quartier wird als architektonisch signifikantes System aus geometrisch geknickten Elementen konfiguriert, das auf ein eigenes Raumbild zielt und abwechslungsreiche Platz-, Frei- und Straßenräume generiert.
Die Entfaltung dieser Raumidee wird durch die heterogene und intensive Anlagerung von Parkplätzen deutlich gestört.
Die Struktur für die privaten Wohnbauten ist unklar definiert, woraus Flächendefizite, eine ungünstige Stichstraßenerschließung und die Störung der Kontinuität des Grünzugs resultieren. Die Wegevernetzung mit den Stadträumen wurde sinnfällig entwickelt.
Die geschützten Naturräume werden vollständig erhalten.
Das Seniorenwohnen ist in seiner Position an der Strasse sowie der direkten südlichen Zuordnung der Parkplätze in seiner Attraktivität erheblich eingeschränkt. Die gewünschte Verbindung zur Pflege wurde nicht berücksichtigt.
Die hohe funktionale Qualität der Pflegeeinrichtung basiert auf einem großzügigen Raumfluss von Strasse über innere Aufenthaltsbereiche in den Garten sowie eine konsequente Ost-Westausrichtung der Individualräume.
Die Struktur des Hauses der flexiblen Hilfen weist im Bereich der Flure und Kommunikationszonen und hinsichtlich der Umsetzung der Raumprogramm-anforderungen räumliche Mängel auf.
Die Reihenhäuser für die Jugendlichen entbehren des Bezuges zu den Freibereichen, weisen im Inneren keine attraktiven Raumfolgen auf und sind nicht separat nutzbar.
Die Erweiterung des Kindergartens greift zu stark in die Freiflächen ein, wurde aber funktional gut gelöst.

Die architektonische Gestaltung der einzelnen Elemente zeichnet sich durch klar strukturierte Fassaden aus, die sich zu den Stadträumen großzügig öffnen.
Über die Formung der Baukörper entwickeln sich interessante und überraschende Blick- und Raumbeziehungen innerhalb des Quartiers und in die Freiräume.
Die Konzeption des Projektes wird durch eine klare städtebauliche wie architektonische Haltung geprägt, deren konsequente Interpretation von Nähe und Distanz der privaten zu den sozialen Wohnnutzungen eine sehr interessante und wichtige Fragestellung aufwirft.
Lageplan

Lageplan

Perspektive/Rendering

Perspektive/Rendering

Grundriss EG + Ansicht

Grundriss EG + Ansicht

Grundriss 1. OG + Ansicht

Grundriss 1. OG + Ansicht

Grundriss 2. + 3. OG + Schnitt

Grundriss 2. + 3. OG + Schnitt