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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2010

Universitätsstadt Gießen, Landesgartenschau 2014

3. Rang

RMP Stephan Lenzen Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

WIESECKAUE
Die Thematik und das Prinzip der Dualität von Stadt und Landschaft, Park und Naturlandschaft sind die Prämissen für den Entwurf des Bereichs Wieseckaue. Die Überlagerung dieser zwei Ebenen von Stadt und Landschaft und der sukzessive Übergang von Landschaft zu Stadt und umgekehrt definieren den Gestaltungsductus des Entwurfs.
Diese harmonische Spannung zwischen Architektur und Landschaft, zwischen Geradlinigkeit und Schwungfülle definiert den Neuen Stadtpark Wieseckaue. Die Wegeachsen der Stadt als neue Überlagerung des Erschließungssystems generieren sich aus der Fortsetzung der angrenzenden Stadt, sie verbinden die angrenzenden Stadtteile miteinander und vernetzen den Park ins Stadtgefüge. Sie sind keine radikalen oder stringenten Schneisen, sondern sie steigern durch ihren maßvollen Kontrast die Natürlichkeit der Wasserlandschaft Wieseckaue. Die Schilfflächen, Uferbereiche und die geschwungenen Wegeverläufe der zentralen Parkflächen bleiben erhalten. Sie sind zusammen mit der Wasserfläche der Charakter des Parks, den der Entwurf nicht zerstören, sondern intensivieren will.

Das neue Erschließungsprinzip initialisiert eine allseitige Vernetzung des Parks mit der Stadt. Der zentralen Verbindungsstelle mit der Innenstadt, der Fortsetzung der Gutfleischstraße, kommt eine zentrale Aufgabe zu, welche auch für den Eingangsbereich der Gartenschau vorgesehen ist. Hier befindet sich die zentrale Anbindung und die Berührungsstelle zwischen dem Stadtzentrum und dem `Tor´ zur Landschaft.
Die Entwurfsverfasser sehen auch eine zweite Anbindungsstelle, entlang der ehemaligen Befestigungsanlagen als grüne Verbindung in Richtung Stadt bis zur Lahnaue als wichtig an.
Beide Verbindungen bilden ein zentrales 'Tor' der Stadt zur Wasserlandschaft, zum Park oder zur Wieseckaue. Es leidet allerdings unter der Präsenz der reinen Infrastrukturflächen des Messeplatzes. Der Entwurf verlagert daher einen Teil des Messeplatzes, unter Erhalt der Flächenausdehnung und Funktionalität, nach Norden auf das Areal des Verkehrsübungsplatzes. Die beiden zentralen Verbindungsachsen zum Stadtzentrum werden zu einer hochwertigen Entreespange gebündelt. Der Eingang liegt so nicht hinter Parkplätzen, sondern an der Nahtstelle von Stadt und Park. Ein städtisches Motiv, Platzflächen, gefasste Rasenflächen, ein Wasserkanal und eventuell ein dauergenutzter ehemaliger Hallenschaukomplex, prägen den Eingang. Er erhält ein Gewicht und der Park eine Adresse. Der Entwurf sieht nur in dieser, im Vergleich zu einer Parkallee, starken Setzung des Eingangsbereiches die adäquate planerische Antwort auf den Stadteingang. Er rückt aus dem Hinterhof des Messeplatzes an die Stadt.
Die schmalen gefassten Wasserflächen sind mit dem Neuen Teich verbunden. Ihr Wasser soll durch Niederschlagswasser des Neuen Messeplatzes und des Gebäudes, das vor Einleitung durch eine Pflanzenkläranlage gereinigt wird, ergänzt werden. Das Wasserband wird dadurch einerseits einem ökologischen Anspruch gerecht und stärkt andererseits die Verbindung der zentralen Stelle zwischen Stadt und Wasserlandschaft.

Dieses neue Entree wird durch ein wünschenswert dauerhaft genutztes Gebäude als Folgenutzung nach dem Gartenschaujahr verstärkt. Dieser bauliche Akzent soll im Gartenschaujahr zentraler Eingang, Servicegebäude, Kasse und Hallenschau bündeln. In der Dauernutzung wäre eine attraktive Indoor-Freizeitnutzung als Kletterhalle, Schlittschuhbahn auf Teflonbelag oder Kinderspielbereich über einen privater Betreiber erstrebenswert.
Das Entwurfskonzept fällt nicht mit dem Wegfall des Gebäudes nach der Gartenschau, es wäre aber mit dem Gebäude langfristig kräftiger. Ohne Gebäude würde der städtische Bezug auch durch einen freigehaltenen Vorplatz mit temporärer Messemitnutzung erreicht. Der Vorschlag eines dauerhaften Gebäudes generiert sich aus dem Gedanken der Nachhaltigkeit von Investitionen, denn ein temporäres Hallenschaugebäude incl. Kassen-, Info- und WC-Gebäuden, würde in einer gewissen Qualität auch 500.000,00 € kosten. Diese Summe nicht nur temporär, sondern dauerhaft investiert, lockt die Betreiber und generiert eine 'win-win'-Situation für beide Seiten. Die Stadt erhält dauerhaft, aber natürlich auch für die Gartenschau, ein hochwertiges Gebäude, der Investor um 20 % geringere Investitionskosten.

Der neue zentrale Eingangsbereich ist im Entwurf im Wesentlichen autofrei, da die Zufahrt zum Stellplatz des Hallenbades nach Süden und die Zufahrt für die außerhalb der Messenutzung vorgesehene dauerhafte Parkplatznutzung nach Norden verschoben wird. Die Parkplatzreihe an der Ringallee nördlich der Gutfleischstraße wird während der Gartenschau als Bushaltestelle für Reisebusse genutzt.

Dieser architektonische Akzent ist Auftakt und neuer Mittelpunkt im Freizeitrand der Stadt und des Parks. Der Entwurf sieht in der Sequenz von intensiv zu extensiv, von Stadt über einen freizeitgenutzten Parkrand zur Wasserlandschaft, den adäquaten ausgefüllten Stadtübergang in die Landschaft. Der zentrale Parkbereich ist ruhig und introvertiert, der westliche äußere Rand extrovertiert, sportlich und vermeintlich jung.

Das Nutzungskonzept ergänzt neben den vorhandenen Nutzungen von Schwimmen, Skaten und Spielen insbesondere die optionale Indoornutzung, Bolzplätze für jedermann und einen multifunktionalen Messeplatz, der in der Alltagsnutzung Streetsoccer, Streetball und andere Sportarten aufnimmt. Sein beschichteter Asphaltbelag ermöglicht eine reibungslose Messenutzung, ist aber durch temporäre Vorrichtungen wie Körbe, Tore, Netze und entsprechende dauerhafte Markierungen eine zeitgemäße Freizeitfläche, die nach Bedarf auch eine Messenutzung aufnimmt.
Die nördlich gelegenen Kleingartenvereine werden durch Verbindungsachsen in Nord-Süd-Richtung perforiert, erhalten öffentliche Aufenthaltsbereiche, Spielbereiche und öffnen sich zum Park. Sie bilden einen Filter zur Stadt, werden aber Bestandteil des Parks.
Das Auwäldchen bleibt unberührt. Es erhält nur eine Akzentuierung mit Blick ins Natura 2000-Gebiet als ökologisches Bildungszentrum, das 'ehemalige grüne Klassenzimmer'.
Auf eine neue Verknüpfung zum Philosophenwald durch das Natura 2000-Gebiet wird verzichtet. Diese Anbindung erfolgt über die Fortsetzung des Fußweges am Schwanenteich entlang der Eichgärtenallee.
Das Areal des Schwanenteichs wird nach Nordosten erweitert und stärkt damit die visuelle Verbindung zwischen Schwanenteich und Neuem Teich. Die Ränder des Schwanenteiches werden durch Aufenthaltsbalkone akzentuiert. Eine Bootsanlegestelle generiert die Bootsnutzung der Wasserfläche und setzt ein Pendant zum Eingang. Somit setzt der Entwurf die Vielfältigkeit des Wassererlebens in gebauten Situationen von Steg, Balkon, Treppe oder Plattform um.

Das Ausstellungskonzept der Landesgartenschau 2014 erhält auch entsprechend der Entwurfshaltung für die Dauernutzung eine klare Struktur. Die intensiven Ausstellungsbereiche werden in den stadtnahen Parkrand verortet, der innere Parkbereich um den Neuen Teich bleibt weitgehend ruhig und wird durch drei akzentuierte, sehr vegetativ geprägte Ausstellungthemen betont. Beide Bereiche schließen an den achsenförmig verlaufenden Rundweg an. Der Charakteristik des Ortes folgend bleibt bis auf wenige Akzente am Wasser die innere Ruhe des Parks auch während der Landesgartenschau bewahrt. Angst vor der Leere der Mitte, wenn sie von einer solchen Naturschönheit gebildet wird, wäre unbegründet. Neben den erwünschten Gartenschauinhalten wird seitens der Entwurfsverfasser insbesondere auf das Gartenlabyrinth und das Wasserthema, das “Gold des 21. Jahrhunderts“ hingewiesen, wo in Themengärten die Faszination, Verschwendung und Problematik des Wassers in der Welt dargestellt wird.

FREIBAD
Das Ideenkonzept für den Außenbereich des Freibades ist sehr zurückhaltend und nur ordnend. Es gliedert den Außenraum in vier Zonen, den Schwimmbereich, den Kinder- und Familienschwimmbereich, die neu gestaltete Liege- und Sonnentopografie sowie den Minigolf und Beachvolleyballbereich an der Nahtstelle zum Park. Insbesondere aber die Ausstattungselemente Bank, Abfallbehälter und Spielgeräte werden erneuert. Der Teilbereich angrenzend an den Park wird als Ausstellungsfläche dem eingezäunten Landesgartenschaubereich zugeschlagen. In der Nachnutzung soll hier im Zuge der Hallenbaderweiterung ein Saunagarten entstehen. Die Nutzung des Freibades ist für den Besucher im Eintrittspreis der Landesgartenschau inbegriffen. So kann jeder der Schwimmen will dies nutzen, da das Gelände aber außerhalb der Gartenschau liegt, wird kein Badegast von Gartenschaubesuchern besichtigt. Temporär können besondere Veranstaltungen und Events zum Thema Wasser auf dem Gelände oder innerhalb des Hallenbades stattfinden.