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Offener Wettbewerb | 06/2010

Parklandschaft Tempelhof / Tempelhof Parkland

Teilnahme / Wettbewerb

Kamel Louafi Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

ErlÀuterungstext


Plantastic Voyage

Ankunft in Berlin-Innenstadt: Vom Start- und Landepunkt fĂŒr ferne Gefilde kehrt der Landschaftsraum zurĂŒck, entwicklungsoffen orientiert auf die Zukunft. Der Prozesscharakter der Raumausgestaltung wird kombiniert mit dem Thema sich durch Wachstum verĂ€ndernder Landschaften im Wechsel der Jahreszeiten. Die in der Zeit sich wandelnden Landschaften, ihre Wahrnehmung und Gestaltung sind bestimmendes Moment des Tempelhofer Feldes. Die Bewegung im Landschaftsraum gleicht einer Reise, auf der die Spuren der ehemaligen Nutzungen die Geschichte des besuchten Ortes bedeuten. Deren ĂŒber den Flugbetrieb hinausreichende Vielschichtigkeit wird im Raum aufgezeigt und teilweise fortgesetzt. Ohne weit fahren zu mĂŒssen, ergeben sich dabei QualitĂ€ten eines Ausflugs ins Umland inmitten der Stadt: Der Luxus des weiten Blicks auf Wiesen, Felder und freistehende BĂ€ume, gĂ€rtnerische und landwirtschaftliche AnbauflĂ€chen, örtliche Fauna und Nutztiere - viel Freiraum. In der Kombination mit Freizeitsport, Spiel-RĂ€umen, Kulturveranstaltungen, Kunst, Gastronomie, sozialen Treffpunkten, nachhaltig konzipierten Sonderarchitekturen und an den Flugbetrieb und seine Historie gekoppelten Interventionen entsteht kontinuierlich eine einzigartige, weitrĂ€umige und doch urbane Parklandschaft. Das HerzstĂŒck der Anlage, die offene Wiese, ist verflochten mit an den Ring angegliederten Inseln und Feldern, deren Nutzung variabel sein kann. Der innerstĂ€dtisch ungewöhnliche Steppencharakter des ehemaligen Flugfeldes wird zu einem Ensemble verwoben mit klassischen Garten- und Parknutzungen, individuell und gemeinschaftlich gestaltbaren Bereichen und zeitlich begrenzten oder dauerhaften Agrarnutzungen. Mit dem nach Innen weicher werdenden Bild - dem Übergang von geometrischen zu foral-fließenden Formen, die auch an FlĂŒgelprofile und die sie umgebenden aerodynamischen Fließbewegungen erinnern - bleibt die faszinierende Weite des Parkinneren, der „Himmelsboden“ oder das ‘Wiesenmeer’ erhalten; punktuelle Interventionen wie Sonderarchitekturen und SonnendĂ€cher sowie umgebaute vorhandene GebĂ€ude bieten darin Ruhepole und geschĂŒtzten Aufenthalt. Raumdifferenzierungen erfolgen mit landschaftsgestalterischen Elementen, z.B. am ehemaligen Flughafen-GebĂ€ude mit Hilfe einer WasserflĂ€che und eines Wassergrabens als ‚Aha’ anstelle eines Zaunes. Mit dem dabei anfallenden Erdaushub werden große ‘Himmelspyramiden’ entlang des Ringes als Landmarken und Aussichtspunkte errichtet.

‚urban agriculture’ inspiriert von den Inka und landschaftlich-fließende Grundformen
Die Offenheit der Entwicklung in den Randbereichen bedingt einfach verĂ€nderbare Strukturen. Entsprechend der Zukunftsorientierung des Standortes auf eine ressourceneffiziente, partner-schaftliche Entwicklung sind hier ‚urban agriculture’, ‚urban gardening’ und andere Zwischennutzungen geplant. Inspiration dafĂŒr bieten die Inka: Sie wirtschafteten mit einer gebĂ€udenahen Landwirtschaft bei kleinteiligen GartenbauflĂ€chen in HausnĂ€he und grĂ¶ĂŸeren AckerbauflĂ€chen etwas weiter entfernt. Dieses Sinnbild der ‚urban agriculture’ ist Anregung fĂŒr eine Struktur, die einen Teil der zukĂŒnftigen Baufelder und des inneren Parkrings ĂŒberspannt. Nach dem Prinzip der Aufweitung von der Basis zum Rand entsteht ein Raster mit verschiedenen ParzellengrĂ¶ĂŸen (Feld-Spirale). Die daraus resultierende Parzellierungsstruktur, mit ihrer zentralen Verdichtung, öffnet sich jeweils zum Park und zur stĂ€dtischen Umgebung. Dadurch entsteht ein harmonischer, stetiger Übergang von den intensiv gestalteten FlĂ€chen entlang des Weges, zu den extensiven WiesenflĂ€chen im Inneren. Die Felder sind jeweils um die „Pyramiden-HĂŒgel” im inneren Parkring gruppiert. Die Geometrie der Felderschließung korreliert mit den zukĂŒnftigen Baufeldern. Sie ermöglicht eine variabel nutzbare Parzellierung fĂŒr groß- und kleinflĂ€chige Garten- und Landwirtschaft ebenso wie Pioniernutzungen bei gleichzeitiger VerknĂŒpfung mit dem stĂ€dtischen Umfeld ĂŒber Wegverbindungen und Sichtbeziehungen.

Das Thema der nachwachsenden Rohstoffe und Zwischennutzungen setzt sich inhaltlich und formal ins Innere des ehemaligen Flugfeldes fort und geht dort in eine wellenartig-florale Struktur am Rand des ‚Wiesenmeeres’ ein. Diese ‚Inseln’ oder ‚FlĂŒgel’ Ă€hneln Laminarprofilen von TragflĂ€chen. In fließenden Bewegungen formen sie ein variationsreiches Bild öffentlich frei verfĂŒgbarer Bereiche sowie individuell oder gemeinschaftlich gestaltbarer FlĂ€chen. Mit der prozessualen Gestaltung und Definition der Inhalte ist eine Entwicklung von einem intensiv gestalteten Norden zu einem extensiv gestalteten SĂŒden möglich. Die Umrisse regeln die rĂ€umliche Begrenzung der verschiedenen Nutzungen. Da TeilflĂ€chen nicht realisiert werden mĂŒssen, können bei Bedarf z.B. auch Großspielfelder in die umgebende Feldstruktur oder in den floralen Ring eingebunden werden. Die wie durch Strömung geformte Struktur zeigt ein gestalterisches Landschaftsthema und bietet ĂŒber die Assoziation von ‘TragflĂ€chen’ zugleich einen Bezug zum Flughafen. Sie bildet einen weichen, wellenartigen Übergang zum ‚Wiesenmeer’. Den fließenden Figuren können mannigfaltige Inhalte zugeordnet werden, von intensiv bis extensiv, kĂŒnstlich bis natĂŒrlich und geschlossen bis offen (Insula varia). Die ‘Inseln’ beherbergen zum Beispiel öffentliche GĂ€rten und Parkelemente, Spielbereiche, SportflĂ€chen wie Basketball, Baseball (Kleinspielfeld), Strandvolleyball etc., GemeinschaftsgĂ€rten, interkulturelle GĂ€rten oder auch KleingĂ€rten, dezentrale VersickerungsflĂ€chen, Naturerfahrungs- und erlebnisrĂ€ume, NaturschutzflĂ€chen, dog-run, Gastronomiestandorte, parkgerechte Unternehmungen wie Fahrradwerkstatt, Drachen- oder Skating-Verleih etc.



Verfasser: Kamel Louafi

Mitarbeit: Kamel Louafi, Dörte Eggert-Heerdegen, Patrick Dorsch, Martin Steinbrenner, Geraldine Radjeb, Karen Zaspel, Nil Lachkaref

Architekten: Ruth Schroers, Julia Neubauer, Berlin
Stadtplaner: Dipl. – Ing. Andrea Louafi, Berlin