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Nichtoffener Wettbewerb | 08/2010

Neubau eines Seniorenzentrums mit städtebaulichem Umgriff

Anerkennung

NEUMANN & HEINSDORFF ARCHITEKTEN

Architektur

ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner Partnerschaftsgesellschaft mbB

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Die Lage in Gundelsheims Süden am Übergang der Ortschaft zur freien Landschaft lässt den Blick von den öffentlichen Bauten, wie Schule, Sportstätten, Kindergarten und Kirche schnell in die Weite der Auenlandschaft und die Ausläufer der fränkischen Schweiz schweifen. Ein schöner Ort, dessen Anbindung an das Ortszentrum wir mit der Anlage eines für Dorffeste nutzbaren Angers gegenüber der Kirche und einem abschließenden Platz mit den Eingängen zum Kindergarten und Seniorenzentrum stärken wollen. Von hier aus bildet eine neue Strasse, von uns 'Am Wiesengrund' genannt, die neue Ost-West Erschliessung des Gebiets, das so auf ganz selbstverständliche Weise in die Gemeinde eingebunden wird. Das Seniorenzentrum besetzt den prominentesten Platz im Osten der Gebiets, ihm folgt eine Reihe von locker platzierten Solitärbauten für altersgerechtes Wohnen. Sie stehen an einer Streuobstwiese, die die Bebauung entlang des Hochwasserdamms begleitet und so zum südlich gelegenen Wiesengrund vermittelt. Dieser Obstbaumhain ist ein Motiv, dessen Fortführung auf längere Sicht auch für die westlich und östlich angrenzenden Bereiche wünschenswert wäre. Die Streubobstwiese hier ist erschlossen durch einen 'Generationenpfad' mit Freiraumangeboten für alle Altersklassen. Patenschaften für die Obstbäume sichern deren Pflege, bieten einen schönen jährlichen Obstertrag und sichern die Aneignung des Gebiets. Zwischen den Häusern liegen Bürgergärten mit Pachteinheiten und Gemeinschaftsflächen, ein sehr persönlicher Treffpunkt und Regenerationsraum für die Bewohner. Die hohe Erlebnisdichte des Freiraums bietet letztlich Abwechslung nicht nur für die Kinder, Jugendliche und Erwachsene, sondern in besonderem Maße auch für Menschen mit eingeschränktem Bewegungsradius. So ist die Länge des täglichen Spazierwegs frei wählbar und das Angebot an ruhigen oder belebten Sitz- und Ruhemöglichkeiten vielfältig. Mit der Nachbarschaft der Grundschule, des Kindergartens und der Sportstätten wird das Gebiet 'Am Wiesengrund' so zu einem Ort generationenübergreifenden Austauschs.
Das Seniorenzentrum greift die besondere Situation - 'vorne' Gundelsheim, 'hinten' die weite Landschaft- auf. Es formt sich um zwei gegenüberliegende Höfe, den Eingangshof im Nordosten und den Gartenhof im Südwesten. Der Eingangshof öffnet sich zum neuen Kindergartenzugang und zur Karmelitenstrasse mit dem neuen Dorfanger. Er ist geprägt von einem breitkronigen, lichten Schatten spendenden Walnußbaum in einer steinernen Platzfläche, einer umlaufenden Bank und den Wetterschutz bietenden Vordächern und bietet so Raum zum 'vor dem Haus sitzen und ratschen'. Ein Ort der Begegnung. Der mit einer Pergola umgrenzte Gartenhof ist der private Bereich des Seniorenzentrums. Er orientiert sich zur Landschaft und steht den Bewohnern, also oft Menschen mit stark eingeschränkter Bewegungsmöglichkeit und Demenzkranken zur Verfügung. Er bietet Schutz und Rückzug, gleichzeitig vielfache Ausblicke in die Parkfläche und in den Obstbaumhain. Auf einer Wiesenfläche laden hier Gartenbeete zur selbstständigen gärtnerischen Tätigkeit ein, Hochbeete mit unterschiedlichen Materialien wie Sand, Kies, Wasser, Pflanzen helfen bei der Stimulierung der haptischen Wahrnehmung.
Wie die Höfe, so teilt sich auch das Haus in zwei sehr unterschiedliche Bereiche. Da ist zunächst das Erdgeschoss, in dem alle übergeordneten Bereiche wie Küche, Verwaltung und die zentralen Räume für die Bewohner und Besucher der Tagespflege untergebracht sind: wichtigstes Element ist hier eine lichtdurchflutete Raumfolge aus Eingangshalle, Gemeinschaftsraum und Andachtsraum, die sich entlang der Gartenfassade erstreckt und gut für größere Festlichkeiten genutzt werden kann. An den Rändern liegen die Funktionsbereiche für die Küche mit Lager auf der einen Seite, der Personal- und Technikbereich auf der anderen Seite. Ganz sinnbildlich wird das Erdgeschoss in massiver Mauerwerksbauweise mit verputzen Wänden und großzügigen Fenstern zum Gartenhof errichtet. Die Böden sind ebenfalls steinern und geben dem Ganzen einen würdigen Charakter. Auf diesem Sockel ruhen die beiden, in massiver Holzbauweise erichteten Obergeschosse. Sie nehmen jeweils zwei Wohngruppen und die dazugehörige Pflegestation auf. Während die Zimmer allesamt nach Westen oder Osten ausgerichtet sind, orientieren sich die Flure nach Norden und Süden. Sie finden ihr Ende in den Wohnzimmern mit Loggia auf der einen Seite und einer Diele mit angeschlossenem Balkon auf der anderen Seite. Die Bewohner geniessen hier Ausblicke auf bekannte Orte der Umgebung: sei es die Kirche, sei es das Rathaus oder einfach ein markanter Punkt in der Landschaft. Dies gewährleistet Orientierung und trägt ebenso wie der Geruch und die Haptik der massiven Holzwände und -decken zu einem wohnlichen und behaglichen Charakter bei.

Der Verzicht auf eine Unterkellerung, die kompakte Bauform und die Errichtung der Obergeschosse in massiver Holzbauweise, womöglich unter Vorfertigung ganzer Raumzellen, lassen einen zügigen und präzisen Bauablauf und damit eine wirtschaftliche Realisierung erwarten.

Beurteilung durch das Preisgericht

Bemerkenswert ist die einfühlsame städtebauliche Integration des Vorhabens, vor allem in Bezug auf die benachbarte Kirche und den Kindergarten (z. B. Begegnungsmöglichkeiten von „Jung“ und „Alt“ über einen gemeinsamen, freiräumlichen Eingangsbereich). Gut gelöst ist die freiräumliche Konzeption des Angers, welcher eine geeignete Grünverbindung nach Süden eröffnet und zugleich der Kirche einen adäquaten Freiraum gibt.
Die grundsätzliche Erschließung über die Verkehrsfläche „Am Wiesengrund“ ist positiv zu bewerten (z. B. Parkplätze an zentraler Stelle / Erschließung betreutes Wohnen). Problematisch ist die Entsorgungssituation „Am Wiesengrund“ aufgrund der Verkehrssituation und befürchteter Gefahren für die Verkehrsteilnehmer (z. B. Kinder).
Der Gebäudetyp (Seniorenzentrum) ist sorgfältig durchgearbeitet, insbesondere die kompakte Gesamtlösung mit den beiden Freibereichen „Eingangshof“ und „Gartenhof“ überzeugen. Kritisch gesehen wird die vorgeschlagene Dreigeschossigkeit, da hieraus resultiert, dass die begrenzt verfügbaren Mitarbeiter auf mehrere Stockwerke verteilt werden müssen. Hinzu kommt, dass mit nur einem Aufzug eine Engpass-Situation vorprogrammiert ist.
Des Weiteren sind die Räumlichkeiten für Tagespflege nicht „integriert“ in den Wohngruppen untergebracht, sondern separat im Erdgeschossbereich (d.h. personalintensivere Betreuung). Die räumliche Zuordnung zahlreicher Sanitär- und Nebenräume im Erdgeschoss mit dem Andachtsraum erscheint problematisch (gilt auch für Gemeinschaftsraum). Die räumliche Trennung des Mülltonnenplatzes von den Wirtschaftsräumen im Verbund des Gesamthauses ist aufwändig. Positiv zu bewerten sind die Grundrisse der beiden oberen Geschosse, insbesondere die Anordnung der Aufenthaltsräume und Terrassen. Gut gelöst sind die abgegrenzten Versorgungsgruppen.
Die gestalterische Konzeption, insbesondere der Fassaden und Freianlagen, zeigt Qualität.
Die vorgeschlagene Lösung (Wettbewerbsbeitrag) verspricht Wirtschaftlichkeit bei Investition und Energiekosten (auch nachhaltig). Dem stehen wirtschaftliche Auswirkungen in der Funktion und den betriebswirtschaftlichen Folgekosten gegenüber.
lageplan

lageplan

ansicht von süden

ansicht von süden

geländeschnitt

geländeschnitt

schnitt durch gartenhof

schnitt durch gartenhof