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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2011

/Neue Weststadt/ Esslingen

Lageplan 1:1000

Lageplan 1:1000

Anerkennung

Preisgeld: 3.000 EUR

HL Heilbronner Lachkareff Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

SMAQ Architektur und Stadt

Architektur

Erläuterungstext

Geschichte. Das Gebiet der neuen Weststadt liegt auf vielschichtigem Terrain. Diese Vielschichtigkeit beruht auf der geographischen Lage Esslingens und den unterschiedlichen Nutzungen dieser Lage in den Entwicklungsphasen der agrarisch genutzten Flusslandschaft, der Industrialisierung und der Suburbanisierung bzw. Regionalisierung.

Situation. Das freiwerdende Güterbahnareal birgt das Potential die unterschiedlichen Schichten freizulegen (Fluss und Topographie), neu zu deuten (Gründerzeit und moderne Infrastruktur), und in eine postfossile Stadt zu überführen, die den heutigen und zukünftigen Anforderungen an Lärmschutz, Stadtklima, Ressourcenhaushalt, sozialem Freiraum und Funktionsmischung Rechnung trägt.

Konzept. Die Entwicklung der Neuen Weststadt operiert hierzu auf verschiedenen Maßstäben und Handlungsfeldern:

A - Freiräume stellen den engen Bezugs zwischen Stadt und Geographie wieder her. Weite Landschaft und engere städtische Räume werden gegenübergestellt und setzen sich gegenseitig in Wert.

Der Rossneckar wird im weiteren Mündungsbereich durch einen topographischen Freiraum freigelegt. Damit bildet die Mündung ein Pendant zur Flussgabelung im Bereich der Pulverwiesen und Villa Merkel. Der Neckarpark betont die Neckarrichtung und bildet Horizonte. Fließende Linien inszenieren den Schenkenberg und Esslinger Stadteingang am Hengstenberg-Areal. Die Linien sind als topographische Stadtkanten aus den bestehenden Höhenversprüngen herausgearbeitet und als „Kaimauern“ formuliert. Im Rossneckarpark stellt eine über die Gleise schauende Anhebung den Bezug zwischen den Schichten der infrastrukturellen Landschaft und Flusslandschaft her. Ausgehend von den naturräumlichen und kulturlandschaftlichen geprägten Biotoptypen entlang der (Ross-)Neckarniederungen werden Parkflächen über die Rossneckarmündung vernetzt und überwinden damit die Zerschneidung der Verkehrstrassierung.

B - Neue Weststadt und Hengstenberg /Kölle Areal „aktualisieren“ die Weststadt innerhalb eines verflochtenen Stadtgefüges: Die neue Struktur entlehnt ihre urbane Textur aus der Weststadt, verwertet zur (Teil-)Deckung ihres Energiebedarfs den bisher ungenutzten „Output“ der alten industriellen Infrastruktur (Abwasserkanal), und bietet im Gegenzug neue Freiräume, neue öffentliche Einrichtungen und diversifizierte Nutzerschichten. In Fortschreibung der gründerzeitlichen Struktur und Verhandlung der zukunftsorientierten mikroklimatischen und energetischen Anforderungen entwickelt sich eine Textur der offenen Dichte.

Das bestehende feingliedrige Netz der Außenräume wird weitergesponnen und erweitert: Großzügige grüne Freiflächen, öffentliche Quartiersplätze und Spielflächen, intimere Gewerbe- und Wohnhöfe und eine Vielzahl an fußläufigen Durchwegungen prägen den Freiraumzusammenhang. Das Netz verbindet Hengstenberg Areal und Innenstadt über die als grüne Fahrradstraße ausgebildete Fleischmannstraße und eine in die Rossneckarpark-gestaltung integrierten Fußgänger- und Radfahrersteg. Es verbindet Weststadt und Pliensauer Vorstadt über eine Fußgänger- und Radfahrerbrücke, die auch an den Neckarpark und die Bahnsteige anschließen. Der Brückenkopf wird dabei aktivierender Bestandteil des Quartierplatzes an der Kandlerstraße.

Eine Morphologie der Mischung im Klein-, Groß-, und Mittelmaßstab entwickelt die Blockstruktur der Weststadt in ihrer heterogenen Körnung weiter und sorgt für ein sozial vielfältiges und in Abschnitten realisierbares Nutzungsgefüge aus Wohnen, Gewerbe, kleinen Läden, Gaststätten und öffentlichen Einrichtungen. Grundprinzip der städtebaulichen Mischung ist eine um einen „Baumraum“ gruppierte Hoftypologie, die sich aus unterschiedlich großen Gewerbe- und Wohnbausteinen zusammensetzt. Jeder Baustein ist für sich lärmkompatibel. Die Dimensionierung der Höfe berücksichtigt die durch die Nutzung solarer Einträge entstehenden Abstände. Die Höfe tragen zur Vermeidung von Hitzeinseln bei und bieten einen nachbarschaftlich gemeinschaftlichen Aufenthaltsort für alle Altersschichten.

Die entwickelte Textur steht im Spannungsfeld zweier unterschiedlich ausgeprägten Seiten. Die quartiersbezogene Fleischmannstrasse ist mit 4-geschossiger Bebauung (plus Dachgeschoss) kleinmaßstäblich ausgeprägt. Die Bebauung an der übergeordneten (dem Lärm ausgesetzte) Bahnhofsstraße/ Südtangente arbeitet mit ihrer Sichtbarkeit. Sie ist 5-geschossig, mit Hochpunkten strukturiert, überwiegend geschlossen und repräsentativ; an der wichtigen Mettinger Straße ist Gewerbe angesiedelt, während die Rossneckarseite des Hengstenberg Areals durch eine kleinteilige Wohnbebauung ausgebildet ist.

Thematische Schwerpunkte gliedern den Städtebau und sind Anker in der schrittweise Realisierung: Der Bereich Technik mit der HS Esslingen liegt als „Tor“ regional gut erreichbar und die Biegung Südtangente formulierend in der Mitte des Entwicklungsgebiets. Gebiets- und Stadteingänge mit stadtweiter Ausstrahlung werden über 1. Umwelt und Energie (Energieberatung und Reparaturzentrum im Zollamt) und Stadthotel am Bahnhofsplatz und 2. Gesundheit (mit dem Life Science Center) und dem „Hotel am Weinberg“ am Stadteingang Hengstenberg formuliert. Soziales und Bildung mit Volkshochschule auf der einen Seite und Seniorenzentrum auf der anderen bilden Pole jeweils mit Bezug zum Rossneckar. Der Kandlerplatz mit Brücke zur Pliensauer Vorstadt dient als Bewohnerschwerpunkt. Zwischen diesen Ankern erstreckt sich eine kleinteilige Textur aus Wohn- und Gewerbenutzungen mit kleinen Läden, nicht-störendem Handwerk und Gaststätten in den Erdgeschosszonen.

C - Die Neue Weststadt basiert auf einem integralen Nachhaltigkeits- und Energiekonzept, in dem naturnahes und stoffstromgetrenntes Wassermanagement, Vegetation und solare Ausrichtung ineinander greifen und die städtebauliche Struktur bestimmen und weitestgehend regenerative Kreisläufe formen.

1. Eine umfassende Ressourceneinsparung wird durch Dichte und Kompaktheit der Baustrukturen, Orientierung der Gebäude (passive Nutzung der solaren Einträge), Raumwärmerückgewinnung durch Passivhausprinzip sowie vegetative Verschattung (Reduktion der Kühllast des Gewerbes) und das Mikroklima stabilisierende Baumbestandene Höfe erreicht. Retentionsmulden halten das Regenwasser auf der Oberfläche, die Verdunstung trägt ebenfalls zu einem stabilen Mikroklima bei. Insgesamt wird der Energiebedarf gegenüber den bestehenden Anforderungen der EnEV 2009 um mehr als die Hälfte reduziert.

2. Der Bedarf an Energie wird zu ca. 50% auf dem Grundstück, ca. 25% aus der Nachbarschaft und ca. 25% Offsite gedeckt. Lokal: Photovoltaische Energiedächer und -fassaden decken den Strombedarf für die Wohngebäude. Das Gewerbe wird durch Verdunstungskühlung mittels des anfallenden Regenwassers klimatisiert. Nachbarschaft: Der Wärmebedarf wird durch Abwasser-Wärmerückgewinnung (Kanal Fleischmannstraße) gedeckt. Durch die Trennung des Schwarzwassers im Neubau und anaerobe Abwasserreinigung kann (unter Zugabe der Küchenabfälle) ein Biogas-Wärme-Kraft-Koppelung betrieben werden. Es deckt 10 % des Wohnwärmebedarfs und einen Anteil Strom. Offsite: Da die effiziente Nutzung der Solarmodule in energetisch-wirtschaftlicher Hinsicht im Vordergrund steht, wird auf die vollständige Deckung des Strombedarfs vor Ort verzichtet und der Rest des benötigten Stroms über regenerative Kraftwerksbetreiber bezogen.

Die CO2-Neutralität der Neuen Weststadt ist damit gegeben. Dies beinhaltet selbst die Kompensation des, trotz guter Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, dem Konzept der kurzen Wege und Elektro-Car-Sharing, anfallenden CO2-Ausstoßes durch herkömmliche PKWs durch die vorgeschlagene Vegetation (1130 Bäume inkl. Neckarpark – 1 Baum kompensiert ca. 100 Auto-Kilometer).

D - Typologien (Wohnen in der Neuen Weststadt)
Das Angebot vielfältiger Typologien reflektiert die Bedürfnisse unterschiedlicher sozialer Gruppen, Haushaltstypen und Lebensphasen und bietet eine Mischung aus Miet- und Eigentumswohnungen. Entlang der Fleischmannstrasse finden sich tiefere Apartmentgebäude (Kompaktheit) mit kleineren Wohnungen im Geschosswohnungsbau für u.a. Berufanfänger sowie Stadthäuser, die durch Baugruppen realisierbar sind. In den Wohnhöfen werden Gartenhäuser für Familien mit Kindern vorgeschlagen, weitere Stadthäuser finden sich am Quartiersplatz Kandlerstraße. Ein Seniorenzentrum und betreutes Wohnen wird am Quartierspark am Rossneckar vorgeschlagen, auf der gegenüberliegenden Flussseite befinden sich Stadthäuser für hochwertiges Wohnen am Wasser.
Neckarseitig wird neben studentischem Wohnen in Gruppen und Einzelapartment qualitätsvolles Wohnen u.a. für Personen die mit ihren pflegebedürftigen Eltern zusammenleben wollen (zuschaltbare Einlieger-Apartments), durch eine besondere Typologie angeboten, welche die Anzahl ruhiger Schlaf-/Wohnräume zum grünen Gartenhof im Plan und Schnitt maximiert und durch großzügige Öffnung der Wohnungen nach Süden einen Ausblick über die Gleise hinweg auf den Neckar bietet und die passiven solaren Gewinne maximiert. Der Schallschutz wird durch vorgelagerte Wintergärten gewährleistet. Durch verschiedene Koppelungen und Zusammenschaltungen können die Wohnungen uminterpretiert und den sich ändernden Bedürfnissen angepasst werden.

Im Detail wird die Neue Weststadt wird über ein 10 Punkte Programm entwickelt:
* Flächenschonende Dichte, energieeffiziente Kompaktheit, solare Orientierung
* Funktionale und soziale Vielfalt, öffentliche und gemeinschaftliche Einrichtungen
* Freiflächenangebot und -Vernetzung
* Kurze Wege (Umweltschonende Transportmittel)
* Gesundes Mikroklima
* Artenvielfalt / Biodiversität
* Zukunftsorientiertes Energiekonzept mit positiver CO2 Bilanz
* Stoffstromgetrennter Wasserkreislauf
* Dauerhafte Material - und Lebenszyklen
* Flexible Entwicklungsstufen

Team:
SMAQ: Andreas Quednau, Sabine Müller, Robert Gorny, Anna Kostreva, Urs Kumberger, Nicola Gnes, Paola Bagna, Marie-Louise Raue
HL: Florian Heilbronner, Nil Lachkareff
Happold Ingenieurbüro GmbH: Susan Draeger, Christian Wiezorek, Afroditi Fotiou
Lageplan

Lageplan

Lageplan

Lageplan

Neckarpark

Neckarpark

Ausschnitt Kandlerplatz

Ausschnitt Kandlerplatz

Kandlerplatz

Kandlerplatz

gemeinschaftlicher Hof

gemeinschaftlicher Hof

Ressourcen Flußdiagramm

Ressourcen Flußdiagramm

Nutzungsverteilung

Nutzungsverteilung