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Nichtoffener Wettbewerb | 09/2011

Campus Goethe-Gymnasium Gera / Rutheneum seit 1608

3. Preis

MOSAIK architekt:innen bda

Architektur

GrünPlan Landschaftsarchitekten

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext



Der prominente Standort erfordert einen klaren und sensiblen Eingriff, der das Gebäudeensemble und den Schulcampus des Goethe-Gymnasiums zur Geltung bringt und die Spuren der Stadtgeschichte Geras lesbar lässt.

Der Leitbildgedanke Geras als einer kompakten und grünen Stadt wird auf diesen Standort heruntergebrochen. Der kompakte Baukörper des Neubaus nimmt den Gedanken des 1820 abgerissenen Südflügels des Reußischen Regierungsgebäudes auf und arrondiert den Ehrenhof neu. Unter der Traufhöhe des Regierungsgebäudes bleibend, orientiert sich der neue Südflügel an den Baufluchten der Reichs- und Burgstraße und bildet die Raumkante zum südlichen Campus, in den zu einem späteren Zeitpunkt die Sporthalle eingefügt wird. Die Wegeverbindung zwischen Reichsstraße und Burgstraße verläuft dazwischen.

Der südliche Campus ist vom Grün geprägt und verbindet zwischen den als Internat umgenutzten gründerzeitlichen Gebäuden an der Florian-Geyer-Straße und dem Schulgebäude. Der Campus als grünes Tor zur Altstadt signalisiert Offenheit, Modernität und die Verknüpfung von Bildung, Kultur, Sport und Freizeitaktivitäten mit der Altstadt.

Von Süden aus der Reichsstraße gibt die spitze Ecke des Kinocenters den Blick auf das grüne Tor zur Altstadt frei. An der Hangkante staffeln sich -im lichten Grün eingebettet- die horizontal lagernden Neubauten vor der historischen, vertikal gegliederten Altstadtkulisse.

Über zwei Bindeglieder an den Giebelwänden wird das ehemalige reußische Regierungsgebäude mit dem Ruthenium Johannisplatz 6 und dem neuen Südflügel zu einer Schule durchgängig und barrierefrei verbunden.

Der neue Südflügel erhält am zentralen Ehrenhof einen repräsentativen Hauptzugang. Auf der Südseite im Untergeschoss, gegenüber der Sporthalle, befindet sich ein Nebeneingang, dessen kleine Eingangshalle sich mit der zweigeschossige Pausenhalle des Haupteingangs verbindet und über die Innenraumverknüpfung eine Sichtachse zwischen Ehrenhof und Freizeithof erzeugt. Die Halle ist der zentrale Innenraum im Südflügel. Er rückt die barocken Fassaden am Ehrenhof ins Bild und bezieht als Geschossverbindung auf die entsprechenden Räume der Vestibüle und Treppenanlagen in den Altbauten.

Der Mehrzweckraum ist mit der Eingangshalle zusammenschaltbar als Ort für Veranstaltungen. Untergeschoss und Erdgeschoss im Südflügel nehmen die Naturwissenschaftlichen Räume auf. Die Allgemeinen Unterrichtsräume liegen im ersten und zweiten Obergeschoss.

Im Erdgeschoss des ehemaligen Reußischen Regierungsgebäudes ziehen die Bibliothek und Mediathek in den repräsentativen Saal des Westflügels ein, der Speisesaal in den ebenfalls gewölbegedeckten ehemaligen Pferdestall des Nordflügels mit Orientierung auf den Ehrenhof. Die vorhandenen Niveauunterschiede werden denkmalgerecht ausgeglichen, so dass barrierefreie Zugänge entstehen. Zentral und leicht erreichbar wird die Verwaltung im ersten Obergeschoss des Westflügels untergebracht, auf der gleichen Ebene im Nordflügel der Ganztagsbereich der Schüler. Im zweiten Obergeschoss fügt sich der Musisch -Technische Bereich in die historische Raumstruktur des Denkmals ein. Im dritten Obergeschoss nimmt der Westflügel die verbleibenden weiteren vier Allgemeinen Unterrichtsräume auf, während der Dachraum im Nordflügel nicht ausgebaut wird. Dies gilt auch für den Raum unter dem höheren Mansarddach des Kopfbaus, der von der neuen Treppe nicht erschlossen werden kann und natürlich auch für den oberen Dachraum im Westflügel.

Der Entwurf für den neuen Campus des Goethe-Gymnasiums basiert auf dem geforderten offenen Freiraumkonzept, an der Schnittstelle zwischen der Altstadt Geras und dem Grünraum der „Vogelinsel“.

Die Schulgebäude, entlang der ehemaligen Stadtmauer orientiert, werden von Osten aus, über die befestigten Flächen der verkehrsberuhigten Burgstraße erschlossen. Nach Westen hin prägen, nach Abriss der beiden Gebäude Burgstraße 1a / 1b, die vorhandene Hangkante und die erweiterten, parkartigen Grünflächen den städtischen Raum. Der neue Campus erstreckt sich somit als zusammenhängender, weitgehend öffentlicher Freiraum, zwischen Reichsstraße, Johannisplatz und Stadtgraben. Die Burgstraße wird, wie bereits der Johannisplatz, in den durch die Schulgebäude geprägten Freiraum integriert. Ausgehend vom Johannisplatz differenziert sich der Campus in drei platzartige Freiräume, die die Eingangsbereiche der Schulgebäude und der Sporthalle definieren.

Beurteilung durch das Preisgericht

Der Entwurf zeigt einen kompakten Campus, der großzügig im Westen und Süden vom Grünraum umrahmt wird. Der dem Stadtinneren zugewandte Campus wird folgerichtig als städtischer Platz verstanden. In selbstverständlicher Weise führen die Neubauten die westliche Baukante fort und bilden nach Süden einen großzügigen Stadteingang in die Burgstraße. Der neue Kubus vervollständigt als Südflügel die barokke Anlage und würdigt in zurückhaltender Kubatur die historische Bausubstanz. Dadurch wird der Ehrenhof in seiner ursprünglichen Dimension weitgehend nachempfunden und bildet zugleich einen der geforderten Schulhöfe. Die unterschiedlichen Niveaus der beiden Bestandsgebäude werden geschickt über einen Erschließungstrakt verbunden und gewährleisten den barrierefreien Zugang.
Regierungsgebäude und Neubau sind wohlproportioniert über eine Glasfuge miteinander verbunden und halten gleichzeitig respektvoll Abstand. Der Neubau mit seiner klaren Geometrie und minimalistischer Formensprache tritt selbstbewusst, aber nicht auftrumpfend zu den denkmalgeschützten Gebäuden. Einzelne Linien werden sensibel aber bestimmt aufgenommen. Die baulichen Eingriffe in den Altbau konnten dank der intelligenten Neubaulösung auf ein vertretbares Maß reduziert werden. Allerdings wird die Unterbringung von Fachunterrichtsräumen in den Altbau als problematisch eingeschätzt.
Die Sporthalle wurde so als eigenständiger Baukörper platziert, dass sie das Ensemble ergänzt und zugleich unkompliziert als späterer Bauabschnitt realisiert werden kann. Zwischen dem neuen Schulgebäude und der Sporthalle verläuft folgerichtig die gewünschte öffentliche Durchwegung zwischen Reichs- und Burgstraße ohne den Schulbetrieb zu beeinträchtigen. Weitere abgegrenzte Höfe, der Pausenbalkon sowie der Schulgarten befinden sich auf der Westseite mit guter und direkter Verknüpfung zum Freiraum der Vogelinsel. Allerdings wirkt die mäanderförmige Durchwegung der Vogelinsel zu wenig differenziert.
Auch wenn die Verkehrsflächen im Neubau relativ knapp bemessen sind, erscheint die Funktionalität gewährleistet. Trotz großzügiger Öffnung des Haupteingangs zum Ehrenhof wird die Belichtung des Erschließungsraumes in den Obergeschossen teilweise als nicht ausreichend erachtet. Augrund der Kompaktheit des Neubaus und der relativ geringen Flächeninanspruchnahme kann eine wirtschaftliche Realisierung erwartet werden.