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Nichtoffener Wettbewerb | 02/2012

7. Sächsische Landesgartenschau 2015

Blick von der Gartenschaubrücke

Blick von der Gartenschaubrücke

1. Preis

Station C23 - Büro für Architektur, Landschaftsarchitektur und Städtebau

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Das Landesgartenschaugelände auf dem ehemaligen Bahnhofsareal in Oelsnitz besitzt durch seine ausgeprägte Lage, Topographie , Eisenbahnrelikte und Pioniervegetation bereits jetzt einen starken Charakter. Mit dem Entwurf sollen die vorhandenen Potentiale weiterentwickelt und in einem neuen Landschaftspark nutzbar gemacht werden.


1. Städtebauliche, landschaftsarchitektonische und funktionale Konzeption

Die besondere Lage des Bahnhofs als flache, schmale Ebene in einer bewegten Topographie wird als „Linie in der Landschaft“ aufgegriffen, es entsteht ein linearer Park mit einem längs durchgehenden Hauptweg, welcher sich an den Punkten mit guter Aussicht zu dieser hinbewegt - der „Erzgebirgsbalkon“. So werden vielfältige Aussichtspunkte entlang dieser „Linie“ inszeniert und die Bergbaulandschaft erlebbar gemacht.

Zusätzlich greifen wir das Motiv der Teichketten auf, ein für die Gegend typisches Landschaftselement, welches die Täler in terrassenartige Landschaften verwandelt, von den Staudämmen blickt man jeweils über das Tal. Analog dazu wird der neue Park längs der Achse des alten, fast nicht mehr wahrnehmbaren Baches mit neuen Terrassen in ähnlicher Form gegliedert. Diese verknüpfen die natürliche Topographie des kleinen Tälchens mit der künstlichen der Bahnkörper.

Als höchster Punkt im Park - neben der Gartenschaubrücke - wird der „Rosenhügel“ zum Aussichtpunkt entwickelt. Hier führte einst eines der vielen Anschlussgleise zu einer der Schachtanlagen über eine Brücke. Die Rampe ist noch vorhanden und wird als Aussichtspunkt im Park genutzt. Die Hänge sind mit wilden Rosensorten bepflanzt und sind so wiethin im Gelände sichtbar. Die markante alte Eiche auf dem Damm wird erhalten. Die nach Süden geneigte Böschung wird für Wechselflor und einen sonnigen Spielplatz genutzt, und ist bereits von der Gartenschaubrücke als auch vom fahrenden Zug aus gut einsehbar!

Längs des Hauptweges von der Innenstadt durch das Gartenschaugelände nach Hohndorf wird die östliche Einfassung des Weges – zur Aussicht hin – als Betonkante mit eingegossenen Informationen zur Entstehung der Steinkohle versehen. So kann auf der gesamten Länge des Weges von ca. 1,4 km die Entstehung der Steinkohle vom Perm bis heute maßstäblich an einer Art Zeitstrahl nachvollzogen werden. Neben den Zeitangaben finden sich hier Informationen über die Flora und Fauna der erdgeschichtlichen Zeitalter, und vielleicht sogar eingegossene verkieselte Baumstämme und Abdrücke von Fossilien. Der Steinkohlenweg soll in Zusammenarbeit mit dem Naturkundemuseum Chemnitz ausgestaltet werden.

Vom östlichsten Punkt des neuen Parkes, dem Staudamm des Pferdeteiches, blickt man direkt auf die Deutschlandschachthalde mit der Landmarke „Glückaufturm“, davor erkennt man den „Rosenhügel“ mit dem alten Stellwerk. Diese Blickbeziehung wird offen gehalten und verbindet die identitätsstiftenden Themen „Teichlandschaft“, „Bahnhofspark“ und „Bergbaulandschaft“. Entlang dieser Achse spannt sich im neuen Park der intensiv gestaltete, zentrale Teil und verbindet so ebenfalls diese drei Themen.




2. Nachhaltigkeit und Konzeption der Dauernutzung

Der neue Park wird nach der Landesgartenschau zu einem Landschaftspark entwickelt. Er wird aus wenigen intensiv gestalteten, und größtenteils extensiv zu entwickelnden Flächen bestehen. Die bestehende Topographie strukturiert den Park bereits stark, zusammen mit den Relikten der Eisenbahn wie Rampen, Gleisen Gebäuden und Leuchten ist die Grundstruktur gegeben.

Der „Terrassenpark“ entlang der Achse Bahnhof - Pferdeteich ist während der Landesgartenschau der zentrale Bereich und bleibt langfristig der intensiv gestaltete Teil des neuen Landschaftsparks. Dieser Bereich umfasst die drei für den Ort bestimmenden landschaftlichen Themen Bergbaulandschaft, Bahnhofspark und Teichlandschaft, und verknüpft diese räumlich miteinander. So entsteht ein kompakter, aber vielseitiger intensiver und nutzbarer Park. Der überwiegende Teil des Geländes geht als Landschaftspark teils fließend in die umgebende Landschaft über.

Intensiv gepflegt wird im Dauerkonzept der zentrale Bereich „Terrassenpark“ sowie der Spielplatz nördlich der Blumenhalle, extensiv und mit Einsatz großer Technik sowie Beweidung werden Teile des Bahnhofsparks und die Teichlandschaft gepflegt. Teile des Gleisparkes werden als Ruderalflächen nur minimal von zu großem Bewuchs freigehalten.

Die Blumenhalle kann dauerhaft als Werkstatt für Behinderte genutzt werden. Mitten im neuen Park können hier die hergestellten Waren direkt verkauft werden, vielleicht ist auch echte erzgebirgische Handwerkskunst dabei.


3. Ausgestaltung des Landesgartenschaugeländes

Der Hauptweg wird in seinem Verlauf nördlich der Gartenschaubrücke von einer niedrigen Mauer begrenzt (Höhe 45 cm bis 80 cm) welche als Sitzmauer dienen kann, und gleichzeitig den Park von der Biotopfläche und den in Betrieb befindlichen Gleisen trennt. Auf der Biotopseite sind in die Mauer Stein- und Holzpackungen als „Insektenhotels“ integriert. Gleichzeitig wird der leichte Höhensprung von ca. 50 cm genutzt.

Das alte Stellwerk am „Rosenhügel“ wird teilweise erhalten und zu einem offenen Balkon umgebaut. So hat man einen Blick über den Park und die Umgebung, aus dem Blickwinkel den die Eisenbahner einst hatten, als sie hier oben ihren Dienst versahen. Benötigt werden nur die Grundmauern bis zum Obergeschoss, das kaputte Dach wird entfernt und der Boden wird als offene Terrasse mit leichter Überdachung ausgebildet.

Das kleine Tälchen, welches den zentralen Bereich des Parkes mit den umliegenden Straßen über den Tunnelweg verbindet, wird als offener Kleingartenpark umgestaltet. Der noch vorhandene und erkennbare Ring einer alten Drehscheibe wird zum Anlass genommen, die Kleingärten räumlich neu zu organisieren: sie liegen als einzelne, kreisrund umschlossene Inseln (Mustergärten) in einer offenen Obstwiese, welche zur Landesgartenschau als Obstsortenschau angelegt wird. Rasenwege führen durch die Gärten hindurch. Die Anordnung der Gärten ist eine Referenz an den Kleingartenpark Nærum (DK) von Carl Theodor Sørensen aus dem Jahr 1952.

Wir schlagen vor, die Gartenschaubrücke am Bahnhof leicht abzuwandeln, und in Richtung Erzgebirgsbalkon über eine großzügige Treppe in das Gelände herabzusteigen. Von der dadurch etwas verlängerten Brücke hat man einen Blick bis zum Turm des Bergbaumuseums, sowie über das gesamte Gartenschaugelände. Die historischen Gleise können so unter der Brücke hindurchgeführt und erhalten werden, und von einer erhöhten Perspektive in ihrer faszinierenden Linienführung betrachtet werden. Die Maße der geplanten Brücke (Längen, Höhen) bleiben insgesamt nahezu unverändert. Die behindertengerechte Erschließung ist durch die Rampen parallel zu den Gleisen gesichert.

Es gibt zwei grundsätzliche Wegesysteme im neuen Park – lineare, flach geneigte Wege, welche den Linien der Gleise folgen und in Längsrichtung das Gelände durchlaufen, und dazu quer verlaufende, mit Treppen und Rampen ausgestattete Wege, welche die verschiedenen Höhenniveaus auf kurzem Wege miteinander verbinden. Die Längswege sind sämtlich so flach geneigt, dass sie alle behindertengerecht sind. Der Hauptweg ist als durchgehender Radweg ausgebaut.

Während der Landesgartenschau können die Wege so kombiniert werden, dass vielfältige Runden und Schleifen gelaufen werden können. So können verscheiden lange Wege zusammengestellt werden, welche für jede Altersgruppe passend sind, und an denen entlang alle wichtigen Ausstellungsschwerpunkte erreicht werden.

Die unter Denkmalschutz stehenden, charakteristischen alten Bahnleuchten werden erhalten und wenn nötig (Brückenstandort) etwas versetzt. Sie sollen als funktionstüchtige Leuchten erhalten bleiben, und mit moderner, energiesparender Technik ausgestattet, können sie den neuen Park im Winter und am Abend beleuchten.

Die noch vorhandenen Gleise werden weitestgehend erhalten. Im zentralen Bereich wird der Gleiszwischenraum zusätzlich mit Boden angefüllt, so dass die Gleisköpfe noch sichtbar sind. Im „Gleispark“ blieben sie so, wie sie vorgefunden werden. Die vorhandene Ruderalvegetation wird ausgedünnt und wenn nötig in „geordneter“ Form nachgepflanzt. Zwischen den Gleisen werden neue Stauden- und Gräserbänder, welche für diese trockenen Standorte geeignet sind, gepflanzt. So sollen die charakteristischen Eigenschaften der bestehenden Landschaft erhalten und verstärkt werden. Abseits der Hauptwege bestehen zwischen den Gleisen kleine Schotterpfade, auf denen man die Spuren der Eisenbahn direkt erleben kann.

Der Platz um die Blumenhalle dient während der Landesgartenschau als Veranstaltungsplatz sowie als Freisitz für die Gastronomie. Ein weiterer Schwerpunkt für die Gastronomie während der Landesgartenschau mit Festzelt und Biergarten wird direkt am Zugang für Lieferanten unterhalb des Parterres am bestehenden Weg geplant. Die Fläche kann später als Schotterrasenfläche für Sport und Spiel genutzt werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Das Motto „Linie in der Landschaft“ wird überzeugend, spannungsvoll und konsequent als Leitidee auf das Gesamtgelände angewandt. Dabei folgt der Hauptweg keiner stur vorgegebenen Linie, sondern strukturiert durch geschickte Seitenwechsel erlebbare Raumabschnitte. Die Ausbildung der Teichlandschaft bleibt im Duktus der gewählten Zartgliedrigkeit und findet über die Art der gestaffelten Terrassierung eine interessante Ausarbeitung des räumlichen Knackpunktes.

Das Aufgreifen der gegebenen Qualitäten und ihre Steigerung gelingen sehr angemessen und werden der Spezifik des Ortes gerecht. Die naturnahe Bepflanzung des Gleisparks bildet einen durchgehaltenen Kontrast zu der im räumlichen Mittelpunkt angeordneten intensiven Wechselbepflanzung. Funktionale Vorgaben sind eingehalten. Die Kombination Bühne / Blumenhalle ist geschickt, auch unter dem Aspekt der Nachnutzung. Es wird damit der Veranstaltungsschwerpunkt der gärtnerischen Mittel gegenübergestellt. Die runden Gärten werden als Idee und von der Nutzung als etwas fraglich angesehen. Ökologische Vorgaben sind vorbildlich eingebunden, die Freihaltung des Teichbiotops von intensiven Nutzungen wird begrüßt.

In der Nachnutzung konzentrieren sich die zu unterhaltenden Einrichtungen am Stellwerk 2, die extensivierten Flächen profitieren weiterhin von der interessanten Raumstruktur. Es ist wenig Rückbau erforderlich, die Pflege kann auf wenige Bereiche beschränkt bleiben (Wiesen / Rosenhügel). Der Entwurf überzeugt durch sein sensibles und dabei spannungsvolles Eingehen auf die Spezifik des Ortes, die klare Herausarbeitung von räumlichen und funktionalen Schwerpunkten und die unkomplizierte Nachnutzung.
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