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Einladungswettbewerb | 07/2012

Markgrafenstraße – Reichenaustraße

1. Preis

Preisgeld: 14.000 EUR

Rogg Architekten BDA DWB

Architektur

w+p Landschaften

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Konzept
Die Sanierung, Verdichtung und Freiflächengestaltung in der Wohnsiedlung an der Markgrafenstraße und Klingenbergstraße wird zum städtebaulichen Initial einer qualitätsvollen Wohnraumerweiterung. Sowohl die Verdichtung als auch die Freiraumplanung nehmen die bestehenden Qualitäten auf und bestärken diese. Die Stärkung und Weiterentwicklung des Vorgefundenen ist übergeordnetes Anliegen. Die bestehende Bebauung an der Markgrafenstraße mit ihren atmosphärisch dichten Freiräumen benötigt keine neue Planung, sondern nur eine Klärung und Einbettung in ein Gesamtkonzept.
Die regelmäßige Abfolge der giebelständigen Gebäude mit ihrem markanten Baumbestand ist prägendes Element der Markgrafenstraße und ist als solches zu erhalten.

Städtebauliche Einbindung
Das Areal besteht aus den unterschiedlichsten Wohntypologien. Der Eingriff in das Wettbewerbsgebiet Markgrafen - Klingenberger – Alemannen und Reichenaustrasse nimmt die bestehenden Muster und Größenverhältnisse auf und verdeutlicht diese: Verdichtung an der Markgrafenstraße, Schließung des Blockrandes an der Reichenaustraße.
Die neuen Gebäudekörper in den Gartenhöfen haben jeweils ein freies Erdgeschoss und schaffen dadurch neue Beziehungen und Perspektiven. Die Durchgrünung der Gartenhöfe wird zu einem eigenständigen Thema, und bestärkt die vorhandene Identität.

Sanierung der Wohnungen
Der Wohnwert der Bestandsgebäude soll mit wenigen Eingriffen erhöht werden. Die einzelnen Wohnungsgrundrisse können verschieden ausgebildet werden. Für das erste Gebäude an der Klingenbergerstraße und das letzte Gebäude an der Alemannenstraße werden durchbindende Wohnräume in ost –west Richtung vorgeschlagen. Für die dazwischenliegenden Gebäude sollen
die Wohnräume eine klare Ausrichtung auf den jeweiligen Gartenhof nach Westen erhalten.
Das Bad wird saniert, die Küche zum Wohnbereich geöffnet, um ein großzügigeres Wohnen zu ermöglichen. Abtrennungen können durch Möbel ausgebildet werden.
Die Außenwände der Bestandsgebäude erhalten einen außenliegenden Vollwärmeschutz mit verputzten Oberflächen.

Neubauten / Aufstockung / GartenRäume
Neubauten, Aufstockungen und Erweiterung sprechen dieselbe gestalterische Sprache, um die Einheit der Siedlung zu unterstreichen.
Die Aufstockung wird als leichte, vorfabrizierte Holzständerbauweis auf die vorhandene Konstruktion aufgesetzt. Die Längsfassaden werden als verglaste Fuge mit Falt-Schiebeläden ausgebildet, um die Höhenentwicklung optisch zu reduzieren und die Maßstäblichkeit beizubehalten. Giebelseitig werden die verputzten Außenwände bis unter das Dach geführt.
Der neu gewonnene Raum im Dachgeschoss wird als Maisonette ausgebildet und erlaubt dadurch größerer Wohneinheiten anzubieten.
Die den Bestandsgebäuden vorgelagerten Tragstrukturen mit den frei, als „Nester“ eingeschobenen, „GartenRäumen“ führen zu vielfältig nutzbaren Freiräumen mit hohen räumlichen Qualitäten.
Das neue Element des vorgelagerten „GartenRaumes“ kann als eine Übersetzung der traditionellen Gartenlaube interpretiert und gleichzeitig als Antwort auf die große Qualität der bestehenden Gartenhöfe gesehen werden. Sie bieten unterschiedlichste Möglichkeiten das Wohnen im Grünen erlebbar zu machen.
Sowohl der Neubau parallel zu den bestehenden Baukörpern als auch der Neubau im Gartenhof des Ideenteils reagieren auf ihre Sonderstellung mit einem offenen, durchlässigen Erdgeschoss, welches die räumliche Verbindung der Gartenbereiche ermöglicht.
Offene Erschließungen als eingeschnittene Treppenräume im Ost-West-Typ, die zugleich eine zu den Wohnräumen hin orientierte Freifläche beinhalten und Laubengangerschließung im Nord-Süd-Typ die an Ihrer Erschließungszone halböffentliche Freiflächen anbieten ermöglichen und fördern den Nachbarschaftlichen kontakt.
Im ersten Bauabschnitt wird auf eine Tiefgarage verzichtet, da der notwendige Eingriff in die vorhandene Struktur als unverhältnismäßig erachtet wird. Die notwendigen Stellplätze werden unter dem Neubau in ausreichendem Umfang nachgewiesen.
Der Bau einer Tiefgarage wird im Zuge des 2. Bauabschnittes (Ideenteil) vorgeschlagen, da dies zu einer umfassende Lösung für das Quartier führen wird.

Konstruktion,
GartenRäume, Neubauten und Aufstockung sollen in der gleichen Konstruktionsweise, als Stahl- / Holzkonstruktion, erstellt werden, um dadurch die Zusammengehörigkeit hervorzuheben.
Die kompakte Bauweise des Neubaus in Verbindung mit einem klaren Stahlskelett als Tragkonstruktion bietet größtmögliche Freiheit bei der Grundrissgestaltung.
Die geschlossenen Fassadenbereiche der Giebel und der nach Westen orientierten Längsfassaden des neuen Gebäudes sollen aus transluzenten Dämmelementen erstellt werden.
Die nach Osten, zum Garten orientierte Fassade soll mit großzügig zu öffnenden Verglasungen ausgestattet werden.
Das Gebäude wird mit einer Holzlamellenstruktur umschlossen die zur Gartenseite als bewegliche Falt-Schiebekonstruktion ausgebildet wird.
Mit ihrer reduzierten Ausgestaltung, ihrer Anmutung mit Holzlamellen als Filter und Vorhang sollen die neuen Ergänzungen an Gartenlauben erinnern.

Materialität und Atmosphäre

Die Putzfassade der Bestandgebäude inklusive der Aufstockung sollen weiß gestrichen werden, um somit eine Zusammengehörigkeit der Gebäude zu erzeugen – Farbe im Außenraum soll ausschließlich dem natürlichen Grün vorbehalten bleiben.
Die ursprüngliche Fassadenfarbe wird stattdessen in den jeweiligen Treppenhäusern aufgenommen, welche die Stimmung der Erschließungsräume prägen und an die ursprünglich vorhandenen Fassadefarben erinnern.
Der neue Baukörper in der Markgrafenstraße erhält durch seine Transparenz und Materialität die Ausstrahlung einer Laterne.

Etappierbarkeit
Die bestehende Wohnungen werden im Bad- und Küchenbereich saniert, und durch Abbruch einer Zimmertrennwand der Wohnraum vergrößert. Diese Umbauarbeiten lassen sich auf die einzelnen Wohnungen reduziert, bei Bedarf, durchführen.
Die den Bestandsgebäuden vorgelagerte Stahlstruktur mit den eingeschobenen „ Nestern“ kann ebenfalls abschnittsweise erstellt werden, in die sich die „GartenRäume“ nach und nach einnisten.
Die neuen Baukörper sind unabhängig zu realisieren.

Grünkonzept
„Nachbarschaften“
Das Entwurfskonzept zur Formulierung von einem zukunftsfähigen Wohnraum in einer Lage mit sehr guter Verkehrsanbindung zeichnet einen städtebaulichen Baustein, der sich außenräumlich in den Kontext der Nachbarschaft einfügt, sich aber auch gleichermaßen durch Stärkung der Raumkanten als Erneuerung darstellt.
Bei der Ausdifferenzierung der Hofräume wird der Baumbestand beachtet, als besondere Qualität verstanden und als großzügige „durchgrünte Mitte“ weiter ausgeformt. Ebenfalls wird die leichte Höhenstaffelung im Gelände bestärkt. Sitzterrassen zum Verweilen und Küchen-und Kräutergärten sind locker in die Blumenwiesen eingelassen. Jeder Hofgarten soll dabei seine eigene Identität erhalten und gemeinsam mit den Bewohnern ausgestaltet werden.
Die neue Blockrandbebauung entlang der Reichenaustraße formt einen Innenhof als „ruhige Oase“ für das Kinderspiel und als Treffpunkt für die Begegnung im Grünen. Durch die unauffällige Abgrenzung zwischen halbprivatem und öffentlichem Raum entstehen insgesamt differenzierte Aufenthaltsqualitäten in unterschiedlichen Größen und Geometrien.
Bestehende Architekturstrukturen werden aufgegriffen und zusammen mit dem Freiraum zu einer homogenen Einheit. Durch Enge und Weite entstehen durch die neue Freiflächengestaltung grüne Höfe als besondere Wohngärten für die Bewohner und ihre Gäste.

Beurteilung durch das Preisgericht

Architektur und Städtebau:
Das Charakteristische der bestehenden Wohnsiedlung liegt in dem Seriellen, wodurch
für alle Wohnungen annähernd gleiche Qualitäten erreicht wurden. Der
Anspruch an diese gleichen Wohnbedingungen prägte den Baustil und prägt heute
das landschaftliche, gärtnerisch hochwertige Wohnumfeld.
Der vorliegende Entwurf zeichnet sich dadurch aus, dass er diese Qualitäten nicht
mit neuen Vorstellungen konfrontiert, sondern die Verdichtung und Wohnwertver
besserung unter Wahrung der ursprünglichen Siedlungsidee einbringt. Dadurch
erklären sich die Planungsmaßnahmen alleine durch zwei maßgebliche Impulse:
- ein weiterer linearer Baukörper im Rhythmus des Bestandes
- ein viertes Geschoß und ein neues Dach auf den bestehenden Bauten.
Diese Strategie ist derartig konsequent, dass man sich zunächst mit einem eindeutigen
Bekenntnis zum lupenreinen Zeilenbau nicht nur als Erbstück, sondern
auch als zeitgemäße Wohnform, konfrontiert sieht. Die Diskussion zeigt, dass die
Qualitäten durch dieses Einfügen / Einordnen in diese stadträumliche Idee sowohl
bauhistorisch als auch für die Wohn- und Lebensräume sehr hoch bewertet werden.
Dem Verfasser gelingt über die Gestaltung der neuen Bauteile und deren Materialität
gleichzeitig das Alte und Bestehende mit einer atmosphärisch frischen, heiter
spielerischen (Balkon- und Aufstockungs-)Ebene zu überziehen, die das Alte bewahrt
und in das Zeitgemäße hinüber rettet - ein feines Handwerk!
Die Wohnungen in dem neuen, schmalen Gebäude sind allerdings sehr speziell,
schön - aber nicht die gängige Konfektionsware. Es fehlen Balkone, der Neubau
ist nicht behindertengerecht (Lift). Der Freiraum hin zum Bestandsgebäude im
Westen ist knapp und müsste sorgfältig überprüft und gestaltet werden.
Unverständlich ist, warum man auf die Tiefgarage verzichtet und die Autos oberirdisch
auf das Gelände bringt (- mit all den Störungen und Belastungen). Vielleicht
nur ein Interim? Um später die Autos in eine Tiefgarage im Süden zu integrieren?
Der südliche Riegel (- der diesen Namen nun tatsächlich verdient) im Ideenteil ist
allerdings auch aufgeständert? Darüber hinaus wirkt die bauliche Empfehlung für
diesen Planungsteil ziemlich schematisch, rückt die kleine, private Villa in ein
Zentrum und entzieht ihm auf diese Weise jede Privatheit. Die bauliche Verdichtung
über diesen Riegel im Inneren des gesamten Wohnareals ist in dieser Form
nicht akzeptabel.
Ein überzeugender Beitrag, der einige flüchtige Irritationen verursacht, der im Gesamten
eine hohe Qualität erzielt.
Die Arbeit liegt im wirtschaftlichen Bereich. Die Bauphasen werden erschwert
durch die Aufstockung und die massive Störung durch die Bauarbeiten.
Freiraum:
Das Konzept schont die vorhandenen Freiräume in maximaler Weise. Durch die
ruhige Architektursprache und Farbgestaltung werden die grünen Innenhöfe inszeniert
und in ihrer Qualität betont. Die Aufwertung und Weiterentwicklung der
tiefer liegenden Hofgärten durch Sitzterrassen und kleine Gärtchen sowie die
Stärkung der Höhenstaffelung sind gute Ansätze der Verbesserung der Nutz- und
Gestaltungsqualität, bedürfen aber noch der planerischen Vertiefung.
Auch der südliche Quartiersinnenbereich kann hohe Freiraumqualitäten entwickeln.