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Nichtoffener Wettbewerb | 01/2013

Neubau Evangelische Schule Robert Lansemann

3. Preis

ppp architekten + stadtplaner

Architektur

arbos landscape GmbH

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

Städtebauliches Leitbild
Das Wettbewerbsgrundstück befindet sich am Rande der Wismarer Innenstadt an der Nahtstelle von kleinteiliger durchgrünter Vorstadt, dem Industrieareal und dem Naturraum der Seenlandschaft des Wallensteingrabens. Es ist eingefasst vom Lenensruher Weg im Westen und Bahndamm im Osten.
Aufgabe und Lage am Rande der historischen Stadt legen das Leitbild einer Schule im Klostergarten nahe: geometrisch angeordnete Gärten und Baukörper fügen sich zu einem schlüssigen Gesamtbild. Der geometrisch aufgebaute Idealplan des Klosters St. Gallen aus dem 9. Jahrhundert steht prototypisch für die räumliche Ordnung von Architektur und Gärten einer christlich geprägten Gemeinschaft.
Das Leitbild der Schule im Klostergarten bietet daher einen starken Rahmen für die wachsende Schulgemeinschaft der evangelischen Schule.
Geometrisch „funktional“ angelegte Baumschulen markieren die Position zukünftiger Baukörper. Die so „geschult“ aufgezogenen Bäume finden später in Wismar und Umgebung ein neues Zuhause, wenn sie den Erweiterungsbauten Platz machen.
Der Klostergarten bietet nicht nur Platz für Nutz- und Heilpflanzen sondern dient auch als Ort von Entspannung und Kontemplation. Auf die Schule übertragen ist er das Bild für konzentriertes Lernen aber auch Spiel und Entspannung.

Bauabschnitte
Die im Endausbau 5-zügige Schule gliedert sich in drei zueinander versetzt angeordnete, annähernd gleich große Bauteile, die über Eck miteinander verkettet sind. Jeweils zwei der Körper spannen Vorplätze zum Lenensruher Weg auf, die den Ankommenden empfangen:
Der große Vorplatz vis a vis von Kindergarten und Hort führt direkt zum Haupteingang und verbindet über die Straße hinweg beide Einrichtungen. Der nördliche Vorplatz nimmt den ruhenden Verkehr auf und führt den Besucher zum Nebeneingang des zweiten Bauabschnitts und der Sporthalle. Ein großer zentraler Schulhof in der Mitte des Grundstücks wird durch die drei Baukörper eingerahmt. Nach Osten endet er in einer Sitzstufenanlage und bietet Raum für Spiel, Gottesdienste und szenische Darbietungen im Freien.

Drei Baukörper
Der kompakte Baukörper des ersten Bauabschnitts organisiert sich um eine zentrale Halle. Über eine an der nordwestlichen Gebäudeecke ansetzende „interne Straße“ werden der zweite und später auch der dritte Bauabschnitt angebunden. Letztere fügen sich um ein offenes Atrium zu dem mittleren der drei Baukörper. Am Ende der internen Schulstraße befindet sich die Sporthalle deren Erschließungsflur sich zum Schulhof öffnet. Es entwickelt sich eine Raumfolge aus innerer Halle, Atrium und Sporthalle, die für Versammeln, Kontemplation und körperliche Betätigung stehen.

Lernlandschaft
Zentrum und bauliche Mitte der Schule ist die innere Halle. Über ein Oberlicht erhält sie viel Zenitlicht. Sie dient als Eingangs- und Pausenhalle, und als Ort der Begegnung, wo sich Eltern, Schüler und Lehrer ohne Schwellen überwinden zu müssen treffen und austauschen können. Als hoher Raum kann sie für Andachten genutzt werden, zu denen sich die gesamte Schulgemeinschaft versammelt. Bei Schulfesten kann der gesamte Raum über alle Ebenen einschließlich der Galerien bespielt werden. Ein eingestellter Körper dient als Bühne und Altarraum. Galerien und Balkone legen sich um den zentralen Raum und bieten neben der reinen Erschließungsfunktion zusätzliche Angebote für freies Lernen. Großzügige den Raum durchspannende Treppen schaffen eine vertikale Verbindung über die Geschosse hinweg und dienen gleichermaßen als Orte der Begegnung. Die Landschaft aus Treppen, Balkonen und Galerien gewährt interessante Perspektiven und vermittelt Orientierung im Haus. Geschlossene Brüstungen und semitransparente hölzerne Raumteiler schaffen Lern- und Rückzugsorte.
Brandschutzkonzept
Der dreigeschossige Baukörper entspricht der Gebäudeklasse 4 und verfügt über hochfeuerhemmende tragende und aussteifende Bauteile. Die zentrale Halle ist aufgrund ihrer Größe und der zu erwartenden Nutzung als Versammlungsstätte zu bewerten. Die Entrauchung des Luftraums erfolgt über einen natürlichen Rauchabzug (Zuluftöffnungen in den Fassadenflächen, Abluftöffnugen in der Dachfläche) und wird so raucharm gehalten. Sämtliche Räume der Obergeschosse werden über eine offene Galerie erschlossen. Die angrenzenden Räume werden zu Nutzungseinheiten (< 400 m²) gruppiert. Prinzipiell lehnt sich die Galerie in ihrer materiellen Ausprägung an notendige Flure nach LBO an. Ausnahmen bilden hier
offene gestaltete Lern- und Kommunikationszonen (Sitzgruppen, Tische und Regale). Diese sind in schwer entflammbaren Baustoffen vorgesehen.
Die Evakuierung aller Räume erfolgt über die Halle, ein zweiter Flucht- und Rettungsweg wird als „Bypass“ innerhalb der Nutzungseinheiten unmittelbar in die notwendigen Treppenräume evakuiert. Zur Kompensation dieser Abweichungen sind feuerhemmende, rauchdichteTürelemente vorgesehen. Die Türen der notwendigen Treppenräume zur Halle hin sind rauchdicht ausgebildet.

Außenraum
Der Vorplatz leitet den Besucher bis ins Innere der Schule. Begleitet wird der Weg durch einen Streifen mit Bäumen und Rasenflächen die durch gepflasterte Streifen mit Bänken unterbrochen werden. Das Symbol des Fisches findet sich spielerisch als eingelegte Intarsien und als erhabenes Relief.
Der innere Schulhof wird durch ein Band mit Spielmöglichkeiten in zwei Bereiche unterteilt. Kletterkuben und Bodenwellen ermöglichen Aktivitäten in der Pause. Eine Baumgruppe beschirmt den Platz vor der Sitzstufenanlage, wo ein Altar für Gottesdienste im Freien aufgebaut werden kann.

Material
Helle, freundliche und natürliche Materialien prägen den Entwurf. Die gewählten warmtönigen Fußbodenbeläge der Halle korrespondieren mit dem Material des vorgelagerten Außenbereiches. Es dominieren natürliche Materialien wie Holz und Stein.
Die Baukörper werden mit einem hellverfugten blassgelben Verblendsteins bekleidet. Die Leibungen der Fenster und Loggien sind weiß verputzt.
Holzlamellen bieten Wetterschutz vor Lüftungsflügeln, die der nächtlichen Lüftung und Kühlung der Räume dienen.

Energiekonzept
Das „Low Tech Energiekonzept“ verfolgt einen maßvollen Technikeinsatz, die Minimierung des Heizwärmebedarfs durch eine hochwertige Gebäudehülle und eine sehr gute natürliche Belichtung und Belüftung. Von Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung wird aufgrund der schulspezifisch hohen internen Lasten abgesehen, da diese ein Ablüften der Wärmeüberschüsse auch im Winter erfordern und eine Wärmerückgewinnung nicht zum Einsatz kommt. Diese Maßnahmen ermöglichen geringe Unterhalts- / Bewirtschaftungskostenkosten und eine Optimierung des Wartungsaufwandes. Erreicht werden eine sehr gute Raumluftqualität und eine hohe thermische Behaglichkeit. Das Gebäude bleibt damit einfach und technisch verständlich.
Ziel ist die Unterschreitung der EnEV Anforderungen um mindestens 30%. Zur Sicherstellung geringer Betriebskosten wird ein hochwertiger Dämmstandard vorgeschlagen. Die Dämmstoffstärke soll für die Außenwände 18cm und für das Dach 24 betragen. Die Fenster werden mit einer 3-fach Verglasung ausgestattet. Auf passivhaustaugliche Rahmen wird aus wirtschaftlichen Gründen bewusst verzichtet, so dass für die Fenster U-Werte von 1,0 W/m²K erzielt werden können.
Die hohe wärmetechnische Qualität führt neben der Energieeinsparung auch zu einer deutlichen Verbesserung des thermischen Komforts für die Schüler und Lehrer. Die Raumoberflächen haben eine gleichmäßige warme Temperatur und Zugluft infolge Kaltluftabfalls wird vermieden.
Eine effiziente Lüftung erfolgt unter Ausnutzung des thermischen Auftriebs über Öffnungen im Dach der Halle.

Sommerlicher Wärmeschutz
Durch die hochwertige Wärmedämmung und den auf die Nutzung angepassten Verglasungsanteil werden solare Lasten reduziert. Zusätzlich werden Verschattungseinrichtungen für kritische Orientierungen eingesetzt, um die direkte solare Einstrahlung zu minimieren. Der gezielte Einsatz von Speichermasse insbesondere im Bereich der Decken reduziert die Temperaturspitzen. Externe und interne Wärmelasten werden zwischengespeichert (Amplitudendämpfung). In den Nachtstunden erfolgt eine Entladung der gespeicherten überschüssigen Wärme über eine natürliche Nachtlüftung über Flügel mit Wetterschutzlamellen.

Beurteilung durch das Preisgericht

Die Verfasser schlagen einen kompakten, dreigeschossigen Baukörper vor, der deutlich von der Straße zurückgesetzt ist. Städtebaulich reagieren sie damit auf den Gebäudebestand auf der anderen Straßenseite nur bedingt. Es wird allerdings sehr deutlich, dass sie ausgehend von der Gesamtanlage (1. und 2. Bauabschnitt) ihr stadträumliches und architektonisches Konzept entwickelt haben. Das Gebäude des ersten Abschnitts wirkt sehr vereinzelt auf dem Grundstück. Umso überzeugender ist dagegen die Gesamtkonzeption.
Eine spannungsvolle Abfolge von Gebäuden und Freiräumen vernetzt die Innen- und Außenräume auf qualitätsvolle Weise. Die Sporthalle ist integrierter Teil der Gesamtanlage mit eigener Adresse und somit besonders gut geeignet auch außerhalb des Schulbetriebs separat genutzt zu werden, obwohl sie auch innenräumlich von der Schule intern zu erreichen ist. Die innere Organisation des Schulgebäudes ist logisch entwickelt, funktional und hervorragend für den täglichen Schulalltag geeignet. Die Aula ist der zentrale Raum und Identität stiftender Mittelpunkt des kompakten Bauwerks. Die Belichtung des Innenbereiches von oben unterstützt diesen Gedanken. Räumlich geschickt wird der Essensbereich davon abgetrennt und zum Schulhof mit natürlicher Belichtung und vor allem natürlicher Belüftung orientiert. Die Verfasser weisen nach, dass durch Zusammenlegung und Abtrennung von Räumen dieser Innenbereich für Schulfeste, Pausenbetrieb, Theater und Gottesdienst hervorragend nutzbar ist. Die randständige Lage des Team- und Lehrerzimmers im Erdgeschoss entspricht nicht den Wünschen des Nutzers, der diesen Raum mehr in der Mitte erwartet hätte. Die beiden Obergeschosse sind funktional gut gegliedert. Der Wechsel von Klassen- und Differenzierungsräumen ist bestens geeignet. An mehreren Orten befinden sich „Lernlandschaften“, die diese Innenbereiche differenzieren und das Potential für eine separate, individuelle Benutzbarkeit bieten. Die Beschränkung auf wenige Materialien (unbehandeltes Holz, Mauerwerk) stärkt den ansonsten schon strengen Charakter des Gebäudes, welcher im Inneren und Außen konsequent entwickelt wurde. Der Wechsel der Ziegelverkleidung als Verblendmauerwerk und der Holzlamellen an der Fassade vermittelt einen soliden und auf Dauerhaftigkeit angelegten Eindruck. Die Verfasser benutzen damit allerdings ein bekanntes architektonisches und schon oft verwendetes Thema ohne große Finesse. Erst nach Fertigstellung beider Realisierungsabschnitte wird die Idee verschränkter Außen- und Innenräume räumlich wirksam. Die Jury kritisiert die isolierte Situation des von der Straße zurück gesetzten Gebäudes im ersten Bauabschnitt. Die Verfasser, denen dieses Manko sicherlich auch aufgefallen ist, überspielen dies, indem sie diejenigen Flächen, die später bebaut werden sollen mit einer intensiv gestalteten Außenfläche belegen. Diese muss später dann allerdings wieder zurück gebaut werden. Durch seine Kompaktheit, den sparsamen Einsatz von Verkehrs- und Erschließungsflächen und ein günstiges A/V Verhältnis liegt der Entwurf im wirtschaftlichen Bereich.