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Nichtoffener Wettbewerb | 04/2014

Neubau eines Ausbildungs- und Seminargebäudes für die Akademie für Internationale Zusammenarbeit (AIZ)

Anerkennung

Preisgeld: 6.000 EUR

ff-Architekten Feldhusen Fleckenstein

Architektur

TREIBHAUS Landschaftsarchitektur Berlin/Hamburg

Landschaftsarchitektur

Erläuterungstext

AIZ Neubau eines Ausbildungs- und Seminargebäudes

Situation
Das Wettbewerbsareal in Bonn-Röttgen ist durch seine besondere, landschaftliche Lage geprägt. Es markiert den Übergang des Landschaftsraums in den Ortskern. Das Lernhaus des AIZ liegt damit gleichzeitig in der historischen Mitte von Röttgen (in der Lage des ehemaligen Jagdschlosses) und am Rande des Waldes (Naturschutzgebiet Kottenforst). Diesen Übergang zu formulieren, seine Qualitäten für das AIZ zu nutzen und die baurechtlichen Rahmenbedingungen einzuhalten stellt die Herausforderung der Aufgabe dar.

Städtebauliche Strategie
Das Konzept sieht vor, die Gebäudekubatur in unterschiedliche Bereiche zu differenzieren: unter Ausnutzung der vorhandenen Topographie wird ein Sockelgeschoss ausgebildet, das sich in das Erdreich eindrückt. Dieses Basisgeschoss wird durch eine Landschaftsplatte überdeckt, die das Gebäudevolumen nahtlos in den umgebenden Landschaftsraum einbindet.

Auf der Landschaftsplatte werden zwei kreisrunde, zweigeschossige Baukörper aufgesetzt, die durch Innenhöfe mit dem Basisgeschoss räumlich verknüpft sind. Das spielerische Ensemble der beiden Baukörper bewahrt die Kontinuität des Landschaftsraums. Das Areal bleibt durch seine prägenden landschaftlichen Elemente der Waldkante des Kottenforstes sowie der Alleen im Norden und Süden charakterisiert.

Die kreisrunde Geometrie der Baukörper stellt gleichzeitig einen Verweis auf archetypische Bauformen dar, die sich in verschiedenen Kulturen und Epochen in ganz unterschiedlicher Weise entwickelt haben. Damit wird ein inhaltlicher Bezug zu den Themenfeldern des AIZ aufgezeigt, in dessen Arbeit der Blick auf verschiedene Kulturen und Traditionen dieser Welt eine zentrale Rolle spielt.

Das Basisgeschoss wird als Eingangs- und Foyergeschoss über eine geneigte Ebene (3 % Gefälle) erschlossen, die das Höhenniveau des Bestandes mit dem Eingangsniveau des Basisgeschosses verbindet. Damit entsteht ein großzügiger, verkehrsfreier Freiraum zwischen dem Gästehaus und dem Lernhaus. Dieser Bereich wird als zentraler Platz für den Empfang der Gäste des AIZ entwickelt. Dazu wird am bestehenden Restaurant eine Terrasse für eine Außenbewirtschaftung vorgesehen.

Baurechtlich ist das Basisgeschoss nicht als Vollgeschoss einzuordnen. Die Fußbodenhöhe der Decke über dem Basisgeschoss liegt bei 167.10 m und 167.30 m ü.NN. Die Bestandsgeländehöhe liegt im Bereich des Baufeldes bei 166.00 m ü.NN im Mittel. Damit liegt das Basisgeschoss deutlich weniger als 1,60 m über der mittleren Bestandsgeländehöhe. Die beiden darüber liegenden ringförmigen Bau-volumen liegen innerhalb des ausgewiesenen Baufeldes einschließlich dessen Ausweitung um 5 m in Richtung Ortskern. Das Basisgeschoss dehnt sich in Richtung Ortskern aus, überschreitet in seiner Gesamtgrundfläche aber nicht die im Bebauungsplan vorgegebene Gesamtfläche aus dem Haupt-baufeld und dem ausgewiesenen Baufeld für die Tiefgarage. Die Baufeldbegrenzung im Osten (25 m Abstand zur Grundstücksgrenze) wird ebenfalls vollständig eingehalten. (Siehe hierzu Anlage).

Pädagogisches Konzept und Organisation
Entsprechend dem städtebaulichen Konzept wird das Programm in zwei unterschiedliche Lernwelten differenziert: im Basisgeschoss wird der Bereich des individuellen, selbständigen Lernens - Didaktik-zentrum mit Lernlandschaft, Mediathek und Selbstlernzentrum - sowie ein Veranstaltungsbereich mit den großen Seminarräumen in einer offenen Lernlandschaft organisiert. Das Didaktikzentrum sowie der Seminarbereich sind jeweils um einen der Innenhöfe angeordnet und durch den Eingangs- und Foyer-bereich gegliedert. Das Foyer mündet in einen weiteren großzügigen Hof, der als grüner Seminar-bereich für Veranstaltungen im Außenraum benutzt werden kann. Diese offene Lernlandschaft des Basisgeschosses bildet das Zentrum der Akademie. Die eindeutige Zonierung des Raums durch die Topographie des Bodens generiert vielfältige Situationen, die als Pausen- und Kommunikationsbereiche genutzt werden können, um Gelegenheiten zum informellen Kennenlernen und zum Austausch zu schaffen (Forum).

Über das Basisgeschoss werden zwei Lernhäuser erschlossen: das Sprachenhaus und das Seminar-haus, die sich jeweils in den zwei Obergeschossen der ringförmigen Baukörper befinden. Die Geometrie des Kreises schafft eine introvertierte, klausurartige Lernwelt. Die Ringe sind einbündig organisiert, die Erschließungsbereiche sind entlang der Höfe angeordnet, die Seminarräume nach außen als flexible Raumstruktur, die mit einfachen Maßnahmen umgebaut und angepasst werden kann. In den Seminarräumen entsteht eine hochkonzentrierte Lernsituation mit Orientierung in den hochwertigen umgebenden Landschaftsraum. Die ringförmige Erschließung mit Aufweitung im Bereich der Haupttreppe ermöglicht visuelle Bezüge über das ganze Geschoss und eröffnet qualitätvolle Kommunikations- und Pausenbereiche für die TeilnehmerInnen.


Beide Lernwelten (große Lernlandschaft im Basisgeschoss und introvertierte Lernhäuser) schaffen unterschiedliche Situationen und Lernatmosphären, die für die TeilnehmerInnen der Seminare immer wieder den Wechsel von Standpunkten und Perspektiven innerhalb des Gebäudekomplexes ermöglichen - und vielfältige Settings für unterschiedliche Lernformate erzeugen. Damit entsteht ein vielschichtiges Raumangebot, das als Ausgangspunkt für unterschiedliche pädagogische Konzepte genutzt und entwickelt werden kann.

Materialität / Konstruktion
Die offene Lernlandschaft des Basisgeschosses ist als Stahlbetonkonstruktion mit punktgestützten Geschoßdecken ausgebildet und schafft einen erdverbundenen Charakter. Die massive Bauweise mit einer Erdüberdeckung des Gründaches von 50 cm gewährleistet eine hohe Speicherkapazität des Gebäudes, die im Energiekonzept des Gebäudes genutzt werden wird. Die Atmosphären in diesem Geschoss werden durch die lichte Gestaltung der begehbaren Innenhöfe bestimmt, die durch die Offenheit und Transparenz des Geschosses überall erfahrbar sind.

Als Gegensatz zu dem mineralischen Charakter des Baisgeschosses sind die kreisförmigen oberirdi-schen Bauteile sind als Holzkonstruktion geplant. Tangential verlaufende, regelmäßig durch filigrane Pfosten unterstützte kreisförmig gebogene Brettschichtbinder bilden die Unterkonstruktion für trapez-förmige blütenblattähnlich geschnittene Brettsperrholzplatten (Vollmassivholz) mit einer Dicke von ca. 20 cm. Diese konisch geformten Platten werden im Werk passgerecht nach digitalem Vorbild geschnit-ten und auf die Baustelle geliefert. Zum Innenhof kragen die Platten über den inneren Ring aus und werden am Ende der Auskragung durch eine ringförmige Aufkantung gefasst. Treppenhaus und Aufzugschacht in Stahlbeton bilden die aussteifenden Kerne der oberirdischen Gebäudeteile. Die aus den „Blütenblättern“ zusammengesetzten Deckenelemente werden an den Stößen so mit einander verbunden, dass sie eine kreisförmige, horizontal aussteifende Scheibe bilden, welche die Windlasten an die aussteifenden Kerne übergibt. Die relativ leichte oberirdische Konstruktion kann relativ flexibel auf der gut tragfähigen Unterkonstruktion aus Stahlbeton positioniert werden. Mit der vorgesehenen Fertigteilbauweise wird eine effiziente Bauweise mit einem ressourcenschonenden Baustoff vorgeschla-gen, der eine regionale Verfügbarkeit gewährleistet und damit die Vorraussetzungen für schadstoff- und emissionsarmes Bauen schafft.

Die Atmosphären der Innenräume des Seminar- und des Sprachenhauses werden durch holzsichtige, warme Oberflächen bestimmt. Die Glasfassaden (Holzelementfassade) schaffen einen leichten, lichtdurchfluteten, angenehmen Raumeindruck mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Durch außen liegende, vertikale Holzlamellen lässt sich der Sonnenlichteintrag - und der Außenbezug - der Seminar-räume raumweise einstellen, so dass der Öffnungsgrad an die Tageslichtsituation und an die Anforde-rungen der jeweiligen Nutzung angepasst werden kann. Im Winter kann über das automatische Schließen der Lamellen die Auskühlung des Gebäudes in der Nacht reduziert werden.

Es entsteht ein lebendiges Erscheinungsbild, das sich zwischen Offenheit / Transparenz und Intro-vertiertheit bewegt - je nach Tageszeit, Jahreszeit und Lichtsituation. Die vertikalen Holzlamellen korrespondieren in der Ansicht der Waldkante, die den Hintergrund für die Gebäudeansicht darstellt.

Landschaftplanung
Als Übergang zwischen Landschaftsraum und Ortskern ist das Areal des AIZ durch eine durchgängige und extensiv gepflegte Wiesenlandschaft geprägt. Mit ihr wird der Schlossplatz, die Alleen, das Gebäudeensemble des AIZ und der Kottenforst miteinander verbunden. Gegliedert wird dieser „durchgängige“ Raum von Großbäumen und Baumgruppen. Durch ihren Habitus und Setzung lenken sie, im Zusammenspiel mit der Topographie, den Blick und inszenieren das AIZ mit gezielten Ein- und Ausblicken. Das Areal ist so nur in Teilen einsichtig, ohne sich jedoch nach Außen hin abzuschotten. Ergänzend wird durch die extensive Pflege der Wiesen und den daraus resultieren Wuchshöhen eine zusätzliche räumliche Distanz geschaffen. Als Verzahnung mit dem angrenzenden Quartier werden als Option zwei Bouleflächen in der südlichen Achse vorgeschlagen. Hierdurch bietet sich die Möglichkeit, dass sich Besucher wie Anwohner treffen und ins Gespräch kommen.

Zentraler Freiraum auf dem Areal ist der Platz zwischen Lern- und Gästehaus. Er ist alltäglicher Treffpunkt sowie Aufenthaltsort für die Lehrenden und Lernenden. Geprägt wird der Platz durch seinen durchgängigen Betonbelag. Dieser verbindet, durch das Basisgeschoss des Lernhauses hindurch, die unterschiedlichen Freiraumtypologien miteinander. Wechselnde Oberflächenbearbeitungen differenzieren unterschiedliche Bereiche und Nutzungen auf dem Platz, hierzu gehört beispielsweise der Außenbereich der Mensa.

Als Orte des Lernens im Freien werden im unmittelbaren Anschluss an das Basisgeschosses ein Lernhof und das grüne Seminar vorgesehen. Hier kann in unterschiedlich großen Gruppen oder alleine gearbeitet, sich über das Gelernte ausgetauscht oder kleine Veranstaltungen ausgerichtet werden.

Beurteilung durch das Preisgericht

Auf die äußerst sensible räumliche Situation am Übergang zwischen Ortskern und Wald reagiert der Entwurf mit einer ungewöhnlichen Intervention. Unter Ausnutzung der vorhandenen Topographie wird ein von Vegetation überdecktes Sockelgeschoss gebildet, das über eine lange, sanfte Rampe erreicht wird. Darüber erheben sich zwei zweigeschossige Zylinder, die den Blick in den Landschaftsraum freigeben und versuchen, sich in ihrer ruhigen geometrischen Gestalt der Umgebung unterzuordnen. Dies gelingt nur bedingt. Vermisst werden Angemessenheit an den Standort und eine räumlichgestalterische Auseinandersetzung mit den Nachbarn.

Auch die Rampe zum Eingang des Neubaus wirkt in ihrer Beziehung zum Bestand fremd. Sie schneidet empfindlich in die Topographie ein. Einmal im Sockelgeschoss angekommen, erschließt sich allerdings eine faszinierende Welt. Gegenüber dem Eingang befindet sich ein ebenfalls abgesenkter, großzügiger und dabei dennoch intimer Lernhof. Beidseits erschließen sich, um zwei Höfe gruppiert, die Welt des individuellen Lernens mit sehr attraktiven, die Konzentration fördernden Raumsituationen sowie der Veranstaltungsbereich. Die beiden Zylinder darüber beherbergen das Sprachenhaus und das Seminarhaus. Bei aller notwendigen Konvention für die letztgenannten Bereiche ist auch hier ein angenehmes räumliches Klima zu erwarten. Die ebenfalls kreisrunden Innenhöfe und der Rampeneinschnitt geben auch hier Orientierung und individualisieren die Raumgruppen. Eine Zweitverwendung der Obergeschosse, etwa für bestimmte büroartige Nutzungen, erscheint möglich, während das Sockelgeschoss für ständige Arbeitsplätze nur in Teilen geeignet sein dürfte.

Die beiden Untergeschosse des Gebäudes sind in Stahlbeton, die aufgehenden Zylinder in Holz-Massivbauweise mit großen Spannweiten vorgesehen. Die angebotene, von der Himmelsrichtung unabhängige Fassadengestaltung ist aufwändig und unter energetischen Gesichtspunkten, was solare Einträge in Konkurrenz zur Tageslichtversorgung anbelangt, fragwürdig.

Im Außenraum erfolgen durch die Absenkung des Gebäudes starke Eingriffe, die deutlich zwischen dem Sockelgeschoss zugeordneten, stark gestalteten Freiräumen und den restlichen, teilweise unterbauten Wiesenflächen unterscheiden. Die Dimension dieser Eingriffe scheint sehr hoch - das damit verbundene Zerschneiden des Freiraumes und Fokussieren auf nur einzelne Teilbereiche ermöglicht keine Aufwertung des gesamten Freiraums. Die Baukosten liegen im Vergleich zu den weiteren Beiträgen im oberen Bereich mit Tendenz nach oben. Als kostenauslösend werden hier u.a. Baugrube, Verbau und Geländemodulation, Herstellung Brandschutz, Konstruktion Gebäude und Fassade gesehen.

Der Holzbau reduziert die verfügbaren Speichermassen in den hochverglasten Rundbauten, die Nachtlüftung über die Innenhöfe ist vorstellbar. Die ringförmigen Oberlichter sowie die punktförmigen Oberlichtquellen für das Sockelgeschoss weisen keinen sommerlichen Wärmeschutz nach. Eine effiziente Trassenführung der Haustechnik ist kompakt in den Flurbereichen der Rundbauten nachgewiesen.

Insgesamt handelt es sich um einen sehr eigenständigen Beitrag mit attraktiven inneren Qualitäten. Hinsichtlich seiner Wirkung im Landschaftsraum wie auch seines Auftritts hätte man sich für diese Bauaufgabe jedoch etwas mehr Zurückhaltung gewünscht.
Foyer mit Blick in die Lernlandschaft

Foyer mit Blick in die Lernlandschaft

Lageplan

Lageplan

1. Obergeschoss

1. Obergeschoss

Basisgeschoss

Basisgeschoss

Schnitt

Schnitt

Ansicht Westen

Ansicht Westen